Autor: Dr. med. Thomas Walser

  • Unsere natürlichen Rhythmen

    Unsere natürlichen Rhythmen

    Rhythmus prägt unser Leben: Atmung, Herzschlag, Stoffwechsel, das vegetative Nervensystem. Unsere natürlichen Rhythmen folgen dem Wechsel von Kontakt und Rückzug, Aussen und Innen, Spannung und Entspannung, Aktivität und Ruhe, Essen und Fasten, Genuss und Selbstkontrolle, Arbeit und Freizeit, Sprechen und Schweigen, Ein- und Ausatmung.

    Auch die biologischen Rhythmen des Menschen sind entscheidend. Die Natur gibt den Takt vor: Mondphasen, der Wechsel von Tag und Nacht, die Jahreszeiten.

    Halten wir im Tages-, Wochen- und Jahresverlauf die nötigen Erholungspausen ein, synchronisiert unser Organismus seine Funktionen wie ein Computer beim Neustart. So gleicht er Abweichungen vom Sollzustand aus, etwa das unkontrollierte Wachstum von Zellen, das das Immunsystem bekämpft. Vernachlässigen wir diese Pausen, vergrössern sich die Abweichungen, und der Organismus verliert die Fähigkeit, sich selbst zu ordnen.

    Unsere biologischen Rhythmen dauern tagsüber etwa neunzig Minuten, ähnlich den Tiefschlafphasen. Ideal wäre, alle 60 bis 90 Minuten eine 5- bis 15-minütige Pause einzulegen. So finden wir vom „Hamsterrad“ zurück zur heilsamen Ruhe und stärken unser Immunsystem.

    Zyklizität dieser Rhythmen vs. Linearität unserer Wirtschaft

    Die Welt des Lebendigen mit seinen Rhythmen und Zyklen (Atmung, Puls, Tag/Nacht, Jahreszeiten…) steht nun im Widerstreit mit dem modernen Projekt des linearen Fortschritts und des unaufhörlichen Wachstums unserer Wirtschaft, also mit unserer Arbeit. Es braucht einen neue Versöhnung dieser gegensätzlichen Prinzipien, eine Arbeitswelt, in der auch die zyklische Regeneration von uns Menschen, aber auch der Natur um uns Platz hat.

    Der Philosoph Byung-Chul Han nennt dies „Lücken“ im Leben: „Glück heisst ursprünglich „Gelücke“. Es hat mit Lücken zu tun. Vielleicht ist die Lücke sogar wesentlich für das Leben…“

    aus „Making Space“ von Paola Quintavalle und Miguel Tanco

    – und weiter: „Kommunikation ohne Lücke ist Lärm. Wir ertragen heute keine Lücke, keine Stille mehr.“
    Jede Lücke wird sofort mit dem Zücken des Smartphones gefüllt. Man verträgt keine Lange-Weile mehr.

    aus „Making Space“ von Paola Quintavalle und Miguel Tanco

    Lücken kann man auch durch Frühlingsputz und Ausmisten schaffen >>>

    Die Zwischenräume im Alltag sind Lücken >>>

    Leicht reisen >>>

    Licht und Nahrung synchron

    Ein geregelter Tagesablauf mit festen Essenszeiten ist entscheidend. Licht und Nahrung steuern unsere innere Uhr und sollten idealerweise im Einklang stehen. Deshalb empfiehlt es sich, täglich eine Hauptmahlzeit und ein bis zwei kleinere Mahlzeiten zu festen Zeiten einzuplanen. Am besten essen wir nur bei Tageslicht, da sich mit Einbruch der Dunkelheit der Stoffwechsel verlangsamt und Fett sowie Kohlenhydrate schwerer abgebaut werden.

    Ein gut abgestimmter Tagesrhythmus, besonders ausreichend Schlaf, spielt eine zentrale Rolle im Umgang mit chronischer Müdigkeit, Stoffwechselstörungen und Übergewicht. Übermüdung beeinträchtigt das Frontalhirn und fördert unkontrolliertes Essverhalten, während zu viel Schlaf Bewegungsmangel begünstigt. Studien zeigen, dass ein Schlafpensum von 7 bis 8 Stunden pro Nacht das Normalgewicht unterstützt. Schlafmangel hingegen steigert das Hungerhormon Ghrelin und senkt das Sättigungshormon Leptin – mit der Folge, dass der Appetit zunimmt.

    Frauenzyklen

    Frauen kennen ihre rhythmischen Lebensveränderungen um Menstruation und Eisprung. Werden Sie sich diesen Zyklen bewusster und leben Sie mehr danach.
    (Literatur dazu: „Back to the roots – zyklisch leben mit immenser Freude“ von Josianne Hosner, Quittenduft-Verlag)

    Im 3in3-Rhythmus – mässig, aber regelmässig und im Wechsel mit kurzen Intensivbelastungen – gesund werden

    In vielen medizinischen Studien hat man entdeckt, dass erst eine gewisse Dauer an moderater Bewegung – und zwar nur „rhythmisch“ (mässig und regelmässig) – die Voraussetzung für Prophylaxe und Heilung bei Krankheiten schafft:

    Die Gesamtdauer beträgt immer ungefähr 3 Stunden (150-180 Min) pro Woche mässige Bewegung und regelmässig auf mindestens 3 Portionen verteilt.
    Deshalb nenne ich die daraus folgende Regel „3in3“ oder besser den „3in3-Rhythmus“, will heissen: 3×1 Stunde oder 6×30 Minuten, …
    Es sollte nicht intensiver und lang dauernder Sport sein, sondern die Bewegung kann kurz und moderat, jedoch dann täglich und häufig sein – dies aber noch besser im Wechsel mit schnellen, kurzen Intensivbelastungen von nur 10 bis 20 Sekunden Länge (Treppe raufrennen, kurze Sprinteinlagen – auch nur auf der Stelle daheim oder im Büro).

    Bewegung in Rhythmen lassen besser denken

    Schon in den antiken Wandelhallen, dann in der Kreuzgängen der Klöster, auch Schüler, die im Gehen Vokabeln büffeln, Schauspieler, die beim Rollenlernen herumlaufen – alle sie wussten es, was nun in den Neurowissenschaften benannt werden kann, dass im Gehen gewisse Hirnregionen (vor allem der Hippocampus) besser arbeiten können.
    Der Rhythmus, vor allem regelmässige von mittlerer Geschwindigkeit sind gut zum Lernen geeignet. Regelmässige, langsame für Meditation und tranceartige Zustände.
    Man kann sogar behaupten, dass das abstrakte Denken nur eine verfeinerte Nutzung der praktischen Funktionen unseres Gehirns ist, die darin besteht, den Körper in angemessener Art und Weise zu bewegen. Deshalb ist die Affinität des Denkens zur Bewegung und des Gehens vorhanden.
    (Mehr darüber hier >>>)

    „Sozialer Jetlag“

    Wer am Wochenende einen völlig anderen Schlafrhythmus hat als unter der Woche, kann leicht eine chronische Müdigkeit entwickeln. Somit gerät auch sein Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht.
    Je grösser dieser „soziale Jetlag“ ist, desto grösser ist auch das Übergewichtsrisiko. (Deutsche Studie mit Analyse von Schlafmuster und  BMI von rund 65’000 Menschen: Social Jetlag and Obesity, Till Roenneberg et al, Current Biology – 10 May 2012)

    Gesund werden heisst häufig unser Leben „Rhythmisieren“

    Letzte Woche waren fünf Menschen bei mir zum Gespräch über ihr Leben – und alle fünf litten an „Rhythmusstörungen“:

    Unsere Gespräche drehten sich um Ernährung: zentral dabei die Essens- und Fastenzeiten, um den Rhythmus von Kontakt und Rückzug, Spannung und Entspannung, Aktivität und Ruhe, Lärm und Stille, Trennung und Liebe, Standhalten und Nachgeben, Arbeit und Pause,…

    Häufig reicht auch, allem etwas mehr Raum zu geben:
    Atempausen, Zeit um Auszuatmen, Schauen was ist…
    Leben ist das langsame Ausatmen der Vergangenheit und das tiefe Einatmen der Gegenwart, um Luft für die Zukunft zu haben.

    Menschen mit einem „Burnout“, der Seuche unserer lückenlosen Zeit, rate ich auf 80 Prozent Arbeit zurück zu gehen – und zwar mit der mitt-wöchlichen „Lücke“: also jeden Mittwoch ganztags frei zu nehmen. Der Rhythmus von Einatmung (Mo/Di Arbeit), Ausatmung (Mi), Ein (Do/Fr) und Aus (Sa/So) macht uns erst wieder lebendig, gesund und glücklich.

    Es wäre sinn- und wertvoll, für sich einen guten Rhythmuswechsel zu finden, bei dem man sich gesund, fit und wohl fühlt. Rhythmen können helfen, dass sich Körper, Geist und Seele immer wieder entspannen und wir fliessend mit unserem ureigenen Lebensrhythmus mitgehen.
    Dies heisst also nicht, sich ständig zu kontrollieren, ob diese Rhythmen streng eingehalten werden – denn damit verliert man zum Schluss weitgehend seine Lebenslust.

    Weiterlesen
    zu Schlafrhythmen: www.dr-walser.ch/schlaf/
    zu Nahrung und Licht: www.dr-walser.ch/ernaehrung/
    zu Stoffwechselrhythmusstörungen: www.dr-walser.ch/metabolisches_syndrom/
    Rhythmen im Gehen/Wandern/Flanieren aktiviert unser Hirn zum Denken und zum Meditieren: gehen-spazieren-flanieren/
    Übergänge und Zwischenräume im Alltag
    Im Takt des Gartens, der Natur: Gärtnern hat etwas Therapeutisches, denn es verankert uns im Rhythmus des Lebens. Gartenarbeit folgt dem Takt der Jahreszeiten -und es ist schon deshalb eine Auszeit vom Sprint auf dem Zeitstrahl (in Psychologie-Heute).

    Veröffentlicht am 01. Februar 2020 von Dr. med. Thomas Walser
    Letzte Aktualisierung:
    08. Januar 2025

  • Was gefährdet unsere Gesundheit wirklich?

    Was gefährdet unsere Gesundheit wirklich?

    Gefühlte versus reale Risiken für die Gesundheit! Beispiel: „Pestizide in Lebensmittel machen mich krank…“

    Welche Themen für uns persönlich und subjektiv die grössten gesundheitlichen Risiken darstellen, sind meist überhaupt nicht die wahren Gefahren! Wahrnehmungsunterschiede sind vor allem abhängig von Medienberichten darüber, Gewöhnlichkeit des Risikos (der häufigen Dinge, wie Rauchen, Strassenverkehr, …) sowie Schrecklichkeit des Ereignisses. Deshalb sind für uns die terroristischen Anschläge und die Angst vor dem Terrorismus immer so drastisch und eindrücklich (Panikmache in den Medien, Schrecklichkeit der Ereignisse) :

    (aus Tagesanzeiger vom 26.03.2016, Constantin Seibt, Fürchte dich nicht)

    Es zeigt sich also deutlich, man stirbt nicht an den Dingen, vor denen man sich fürchtet.

    1 Mikromort = 1:1’000’000 Wahrscheinlichkeit zu sterben.

    Ein Mikromort ist eine Masseinheit für Risiko und bezeichnet eine Wahrscheinlichkeit von eins zu einer Million, dass man stirbt. Wie riskant eine Tätigkeit ist, kann man in Mikromort angeben. Man kann als Beispiel 40 Kilometer mit dem Motorrad fahren oder 15 Kilometer auf dem Rad oder 43 Kilometer zu Fuss gehen, und schon erreicht man ein Mikromort. Weitere Beispiele:

    • Fallschirmspringen? Sieben Mikromort pro Sprung.
    • Bergsteigen im Himalaja? 12’000 Mikromort.
    • Ein Kaiserschnitt schlägt mit 170 Mikromort zu Buche.
    • Drei Zigaretten täglich rauchen: ein Mikromort.

    Am Steuer mit dem Handy telefonieren ist so gefährlich wie mit 0,7 Promille im Blut fahren. Neugeborene und Greise haben übrigens für einen Tag das gleiche Sterberisiko: 1300 Mikromort. Das hat damit zu tun, dass die Geburt so gefährlich ist.

    risiko2

     

    Screenshot
    Katja Berlin, Torten der Wahrheit, DIE ZEIT

    Die grossen Risiken für unsere Gesundheit

    • Zu schnelles und abgekürztes Denken!
    • Völlerei
    • Bewegungsmangel
    • Rauchen und
    • der alltägliche Strassenverkehr (Im Jahre 2011 starben in Deutschland im Strassenverkehr 3991 Personen = 11 Tote durch PKW-Unfälle täglich – „So etwas passiert anderen, nicht mir!).

    Was mindert diese wahren Risiken?

    Wir können weitgehend selbst bestimmen, wie wir altern
    Was unterscheidet Menschen, die im Alter von 60 bis 80 zufrieden und gesund sind (happy-well) von den traurigen Kranken (sad-sick) fragten sich George E. Vaillant (Untersuchung der Harvard Medical School, 60 Jahre Beobachtung (Grant Study of Adult Developement): Aging Well.). Sieben Faktoren sind wichtig: 

    Primär können Sie all dies also weitgehend selbst verändern! Sie sind dabei Ihr eigener Super-Spezialist oder sollten es unbedingt werden. Und wir Hausärzte haben Sie dabei schon immer begleitet. Dies gehört zu unserem Kerngeschäft, das wir in unserer jahre- bis lebenslanger Betreuung immer schon einfliessen liessen.

    Ein gewaltiges „Musterbeispiel“ einer Risikofehleinschätzung ist die Impfverweigerung bei Covid-19. Hier fallen sehr viele in einen der häufigsten Denkfehler des heutigen Menschen, dem Glaubenssatz, dass alles „Natürliche“ (eben auch eine Covid-Erkrankung) immer besser ist, als etwas „Wissenschaftlich-Technisches“ (die Impfung dagegen…): Siehe zum Beispiel unter Long-Covid! Und… „Post Vac“: Long-Covid-Verläufe nach Impfungen kommt 500mal weniger häufig, als nach einer Covid-Erkrankung!

    Die gefährlichsten Dinge in Haus und Garten:

    1. Treppen – v.a. mit Lastentragen kombiniert (gemäss SUVA-Statistik: 30’000 Fälle/Jahr in der Schweiz)
    2. Betten, Badewannen, Tische, Stühle, Schränke  (Anstossen, Einklemmen, Runterfallen…) (22’000/Jahr)
    3. Stolper- und Sturzunfälle – v.a. mit Lastentragen kombiniert (14’000/Jahr)
    4. Scherben und Geschirr (13’000/Jahr)
    5. Handwerkzeuge (Messer, Scheren, Schraubenzieher, Zangen…) (13’000/Jahr)
    6. Tiere! (11’000/Jahr)

    Weiterlesen über qualitativ gutes Leben und Lebensverlängerung >>> hier und hier

    Letzte Aktualisierung durch Thomas Walser:
    30. Januar 2025

  • Das Leben improvisieren

    Das Leben improvisieren

    Improvisieren heisst spontan sein, offen für das was auf mich zu kommt, für die Offenbarungen des Moments – bereit sein auch für Wechsel.

    Wechsel existieren im Leben auf den verschiedensten Ebenen, welche stets um uns sind. Wechsel lassen uns wandeln, lassen uns wachsen und das Gewohnte verändern. Wir wollen diese Veränderungen jedoch oft nicht gerne geschehen lassen, da sie uns auch Halt nehmen, uns verunsichern, uns durchschütteln. Veränderungen durch Wechsel können uns jedoch auch beschenken, weil sie Unbekanntes in uns hervor bringen und uns damit neue Horizonte öffnen. Dies schenkt uns die Möglichkeit, weiter zu werden und mehr von uns selbst zu erleben, uns noch tiefer kennen zu lernen. Das bedeutet auch, aus gewohnten Situationen auszusteigen und sich auf Neuland einzulassen.

    In der Beziehung können Veränderungen durch einen Wechsel aus der Komfortzone in einen sogenannten Wachstumszyklus geschehen (David Schnarch: Die Psychologie der sexuellen Leidenschaft). Dies macht Angst, da Sicherheiten wegfallen und es zu Entwicklungen kommt, in denen auch eine gewisse Distanz entstehen kann. „…Sie können sich auch ein Beispiel an Christoph Kolumbus nehmen: Man kann die Neue Welt nicht erreichen, ohne den sicheren Hafen zu verlassen. Spannende Erlebnisse, Entdeckungen und Abenteuer liegen ausserhalb des Komfortzyklus…“

    Also auch mal raus aus der Komfortzone, sich selbst oder den andern neu erwecken. Etwas zusammen tun, was man sich nie vorgestellt hat, sich herausfordern mit unbekannten Dingen…sich überraschen, den andern überraschen.

    Wichtig erscheint mir auch der Wechsel in der Sexualität: Hier ist es der Wechsel von Slow Sex (Sich-Nähren, weich, warm, totale Hingabe) zu starkem offensiven, auch forderndem Verlangen. Bleiben wir im körperlichen Zusammensein stets nur auf der einen Seite, vergeben wir uns die immense Kraft, die aus dem Wechsel von weich/stark, von „Nehmen und Genommenwerden“ hervorgeht und uns mit neuer Energie bereichern und nähren kann.

    Hierfür ist die Improvisation ein wunderbares Werkzeug. Es soll etwas sein, was täglich und immer wieder auch spontan möglich ist und Platz hat, auch wenn der Alltag uns fordert. Auf die Idealbedingungen können wir lange warten. Zu improvisieren mit dem, was gerade da ist, schenkt uns viel Lebendigkeit, Freude und Verbindung zueinander.

    Täglich und ständig begegnen wir Improvisationsmöglichkeiten. Wie bereit und offen sind wir wirklich für sie? Finde ich es einfach noch interessant, als spontan-improvisierender Mensch zu wirken, weil es gerade hip ist? Oder lebe ich es und ertrage ich es wirklich, auch wenn es mich herausfordert und die Situation es verlangt, mich auf etwas Ungeplantes einzulassen?

    Es braucht Alltagsmut, Bereitschaft, Toleranz auch, sich von Geplantem zu lösen, das Momentane zu sehen, wahrzunehmen und das Kontrollierende, welches auch zur Planung gehört, aufzugeben.

    Wissen, wie es genau kommt, tun wir nie. Deshalb ist die Improvisation eine wunderbare Möglichkeit, im Augenblick zu leben. Es sind nicht die grossen Entscheidungen gemeint, vielmehr also die kleinen Impro-Schritte im Alltag, das Etwas-Anders-Handeln-Als-Gewohnt, das Beweglichbleiben. Hineinspringen und staunen, was sich bewegt, sich zeigt, wo es mich ungeplant hinzieht… Mehr intuitiv, nicht unbedingt lustbezogen und auch nicht mit dem Kopf, der meist lieber planen und die Kontrolle behalten will.

    IMG_1003-1

    Betrachten wir auch den Tempowechsel in der Kommunikation: Zuhören, Reden, Mitdenken und dann auch mal einen Einschub in einem Dialog zulassen, auch wenn der andere noch nicht ganz geschlossen hat – da ist Feuer drin und Kraft. Wenn es dann wieder ins harmonische Zuhören wechselt, gibt es zwischen den Menschen viel Bewegung und Energie.

    Jahreszeitenwechsel und auch bereits ein Wechsel des Wetters (vom Regen zur Sonne!) tut uns nachweislich sehr gut und belebt uns ungemein.

    Wechsel wie der Fluss, der mal ruhig fliesst und dann wieder über Stromschnellen mit vielen Turbulenzen, schnell und langsam…

    Beim starken Improvisieren und Wechseln pendeln wir manchmal von einem Extrem ins andere – so ist das Leben. Ich habe gelernt, dass ich dann nicht auf das Pendel schaue, sondern auf die Aufhängung:

    So komm ich vermehrt vom „aber“ zum „und“ und vom „entweder/oder“ zum „sowohl-als-auch“.

    Aktualisiert durch Thomas Walser:
    27. Januar 2025

  • Hohlkreuz

    Hohlkreuz

    Es ist ein falscher Mythos, dass das sogenannte Hohlkreuz (die Lendenlordose) immer schlecht sei, wie dies viele Körperarbeiter und Physiotherapeuten annehmen. Bereits zur Stabilität beim Sitzen benötigt man zum Beispiel ein (entspanntes) Hohlkreuz, damit man vor den Sitzbeinhöckern zu sitzen kommt und damit auf den flachen Beckenboden.

    Das Hohlkreuz eignet sich zudem kaum als Bild für den Patienten, da wir im Rücken wenig spüren. Stattdessen sollten wir uns auf die bewusste Vorderseite des Körpers konzentrieren, die lang und entspannt sein muss, besonders die oberflächliche Bauchwand, also der Rektusmuskel. Dafür brauchen wir, wie gegen den Rundrücken, die drei Bedingungen des Gleichgewichts:

    A) Tiefe aktiv und Oberfläche entspannt

    Unser Gleichgewicht profitiert, wenn tiefe Strukturen im Körper aktiv werden und Stabilität schaffen, während sich die oberflächlichen Muskeln entspannen. Diese tiefen Strukturen, auch „tiefe Rumpfstabilisatoren“, „lokale Muskeln“ oder „Core“ genannt, umfassen den Psoasmuskel, den Beckenboden (M. Pubococcygeus), den M. Transversus abdominis, die Mm. Multifidi und Mm. Rotatores, den M. Serratus und den M. Longus colli.

    Jede optimal ausgeführte Alltagsbewegung und -haltung beginnt mit der Aktivierung dieses lokalen Systems, also der tiefen Rumpfstabilisatoren. Erst wenn sie aktiv sind, können die globalen, oberflächlichen Muskeln effizient und entspannt arbeiten.

    B) Hüftachse hinter dem Lot

    Für das Gleichgewicht ist es wichtig, dass die Hüften vor den Knien aktiv werden. Wenn wir in die Knie gehen, verbessert es unser Gleichgewicht, wenn die Hüften zuerst nach hinten gleiten. Man beugt also zuerst die Hüften und erst danach leicht die Knie.

    Als schönes Beispiel hierfür gilt die „Halbe Hocke“, die vor allem aus den Hüftgelenken kommt.

    Dann auch die Federung aus der Hüfte beim Gehen (nur möglich bei Hüftachse hinter der Schulterachse) – oder die leichte Faltung beim Stehen, …

    Um die Hüftachse hinter das Lot zu bekommen, sollte das Becken wie eine „gut geölte Schublade“ nach hinten gleiten (und nicht kippen). So bleibt die Lendenwirbelsäule lang und es entsteht nie ein Hohlkreuz.

    C) Vorne lang und konvex

    Eine lange Mittel- und Frontallinie des Rumpfs, von Kinn bis Schambein, fördert die Balance und die beiden genannten Qualitäten. Diese Linie schafft einen langen Innenraum im Oberkörper, den man durch eine vorne konvexe Mittellinie erreicht. Dabei bleibt das Brustbein senkrecht, und das Schambein liegt hinter dem Lot. So können Schultergürtel und Kopf auf dem Rumpf balancieren.

    Studien zeigen, dass die aufrichtenden Muskeln der Wirbelsäule, die Mm. Multifidi, nur aktiv werden, wenn die Mittellinie des Rumpfs vorne konvex ist. Bei einem Rundrücken, der hinten konvex ist und das Becken vor das Lot bringt, bleiben sie inaktiv.

    Diese drei Regeln oder Merkmale bedingen und fördern sich gegenseitig.

    Dieses „Gleichgewicht“ kann man im Rolfing lernen.

    Letzte Aktualisierung von Dr.med. Thomas Walser:
    30. Januar 2025

  • Placebo

    Placebo

    Müssen Sie Medikamente einnehmen? Mit welchen Emotionen nehmen Sie ihre Medikamente ein? Nehmen Sie sie mit optimistischen Heilserwartungen an oder eben nicht?

    Machen Sie aus den Pillen ein Placebo („sie gefallen mir“) oder ein Nocebo („sie gefallen mir nicht“)

    Ideal wäre, dass die Einnahme der Medikamente stimmig und richtig für Sie ist – ein Placebo. Dann ist ihr Kohärenzgefühl stark.

    Von welchen Faktoren hängt dieser Placebofeffekt ab – und wie kann ich selbst oder wie kann meine Ärztin dies positiv beeinflussen?

    Wenn es einem Arzt gelingt, den Patienten davon zu überzeugen, dass eine Behandlung wirksam sein wird, dann tritt häufig tatsächlich Besserung ein – ganz gleich, ob der Arzt eine Therapie einleitet oder nicht. Die blosse Überzeugung, so scheint es, vermag die Medizin dann zu ersetzen. Ärzte können den Placebo-Effekt nutzen, um erstaunliche Veränderungen im Körper anzustossen. So vermag allein die Gabe von Scheinmedikamenten (die keinerlei Wirkstoffe enthalten) den Blutdruck zu verändern oder das zentrale Nervensystem anzuregen, körpereigene Schmerzmittel auszuschütten. Placebos sind dann besonders häufig wirksam, wenn nicht nur der Körper leidet, sondern auch die Psyche – etwa bei Depressionen, Schlaflosigkeit, Parkinson und bei den verschiedensten Arten von Schmerz, v.a. auch bei Migräne.

    Besonders empfänglich für den Placeboeffekt sind Menschen, die generell zu Optimismus neigen. Denn wer die Dinge meist von ihrer guten Seite sieht, hört aus den Aussagen des Arztes eher das für ihn Positive heraus – und erhöht so die Chance, dass der Effekt eintritt. Wer dagegen eher die Risiken einer Behandlung wahrnimmt, Nebenwirkungen erwartet oder auch nur wenig Zutrauen zur Therapie hat, ruft womöglich das Gegenteil hervor: Je eher der Patient vom schlechten Verlauf einer Behandlung ausgeht, desto eher wird sie auch tatsächlich nicht wirken.

    Doch welche Erwartung ein Patient hat, hängt nicht allein von seinem Naturell ab. Inzwischen konnten Forscher etliche weitere Faktoren ausmachen. So trauen Patienten Originalpräparaten eher als nachgeahmten Produkten (Generika), obwohl die Inhaltsstoffe gleich sind. Auch die Menge beeinflusst die Erwartung: Von vier Tabletten täglich versprechen sich Kranke mehr als von einer. Und wer viel Geld für eine Arznei bezahlt, glaubt an einen grösseren Effekt. Und: Wir sind sogar von der Wirkung einer Behandlung eher überzeugt, wenn sie besonders unangenehm ist. Eine Spritze hilft deshalb häufig besser, als Tabletten. Den wohl grössten Einfluss auf unsere Erwartung aber hat der Arzt. Kranke versprechen sich mehr von einer Behandlung bei einem Professor als bei einem Assistenzarzt; sie glauben an die Wirkung eines Medikamentes eher, wenn es ein Mediziner verabreicht und nicht ein Krankenpfleger.

    Selbst der weisse Arztkittel scheint grosse Hoffnung zu wecken. Forscher vermuten, dass diese Ehrfurcht vor dem Heiler auch vielen alternativmedizinischen Verfahren zum Erfolg verhilft, etwa Homöopathie, Chiropraktik oder selbst Bioresonanz.

    Der Placebo-Effekt könnte also künftig genutzt werden, um die Wirkung wissenschaftlich erforschter Behandlungen zu ergänzen, vielleicht sogar zu vervielfachen – indem Mediziner ihren Patienten gezielt vermitteln: Ich umsorge dich, verstehe dich und gebe dir ein wirksames Mittel gegen dein Leiden. Der Arzt ist selbst ein Heilmittel, wenn er seine Macht zu nutzen weiss; wenn er Einfühlungsvermögen und Verständnis zeigt, Wissen und Vertrauen vermittelt. Darauf beruht die Heilkunde seit Jahrtausenden – seit besondere Menschen in der Steinzeit begannen, Gebrechen durch Zauber zu behandeln. So sehr die Medizin seither zur Wissenschaft geworden ist: Auch heute noch profitieren die Patienten von viel Magie – und damit eigentlich von ihrer ureigenen Selbsthilfe!

    Nutzen Sie also diesen „Placeboeffekt“, diese Selbsthilfe auch, indem das Nehmen der Medikamente für Sie im besten Fall stimmig und richtig, d.h. ihr Kohärenzgefühl dabei hoch ist und Ihre „Lebenskraft“ damit  gesteigert wird! Umso mehr Heilung ist möglich, umso mehr helfen Sie sich selbst.

    Weiterlesen >>>

    Letzte Aktualisierung von Dr.med. Thomas Walser:
    30. Januar 2025