Depression

Was ist eine “Depression”?

“Die grösste aller Gefahren, sich selbst zu verlieren, kann sich in der Welt ganz leise ereignen, als ob es gar nichts wäre. Kein anderer Verlust kann so leise eintreten; jeder andere Verlust – ein Arm, ein Bein, fünf Euro, eine Frau, usw. – wird sicher bemerkt werden.” (Kierkegaard) – Meine neue Lieblingsdefinition von “Depression” (im Moment).

Das Problem mit der Depression beginnt schon vor der Diagnose, nämlich bei der Definition, was eine Depression ist. Die Krankheit Depression wird aufgrund von Symptomen definiert und kann nicht aufgrund somatischer Marker definiert werden (Ausnahme: Entzündungsmarker?). Es könnte also auch sein, dass Ärzte die diagnostischen Kriterien etwas anders gewichten als die, die diese Kriterien erstellt haben.
Zudem ist es schwierig auf einer kontinuierlichen Skala, die bei jedem Menschen zwischen “überhaupt nicht depressiv” und “schwerst depressiv” liegt, den Punkt festzulegen der Depression von Nicht-Depression unterscheidet.

Disease Mongering

Mit der Definition von allen psychischen Krankheiten verhält es sich ähnlich. 2013 enthielt das neue DSM 5, die international geltende «Bibel der psychischen Erkrankungen», zahlreiche zusätzliche Leiden und hatte bei vielen anderen die Hürde für eine Diagnose gesenkt. ADHS zum Beispiel erforderte nicht mehr sechs Symptome, sondern nur noch fünf. Dass sich psychische Erkrankungen fast immer nur an Symptomen orientierten und diese dann auch noch subjektiv interpretiert würden, komme «so in kaum einem anderen Bereich der Medizin vor», kritisiert der langjährige Direktor des amerikanischen National Institute of Mental Health (NIMH), Thomas Insel, seit Jahren. Er spricht gar von «Zuständen wie in vorwissenschaftlichen Zeiten».

Tatsächlich gleichen viele Diagnosen eher eine Art Definitionsfrage. Und so wird aus der herkömmlichen Schüchternheit eine soziale Phobie oder aus der Trauer, die nach dem Tod eines nahestehenden Menschen länger als zwei Wochen andauert, eine Depression. Denkt man diese Entwicklung konsequent weiter, ist – überspitzt formuliert – irgendwann überhaupt niemand mehr psychisch gesund.

Dass bereits eine “Miese Stimmung” eine “Depression” und damit krankhaft sein soll, davon ist hier also nicht die Rede. Ich plädiere dezidiert gegen das Diktat des “positiven Denkens“! Ich glaube sogar, dass diese “miese” Stimmung zu einem grossen Teil durch das “positive Denken” einer ganzen Kultur mitverursacht wird. Ich meine hier nicht nur die Methode des positiven Denkens, sondern gesellschaftlich immer weiter verbreitete Werte wie Spass, Fröhlichkeit, Zwangs-Optimismus (siehe dazu auch das sehr aktuelle Buch von Arnold Retzer (Miese Stimmung. Eine Streitschrift gegen positives Denken. S.Fischer, Frankfurt 2012).

Auch der neue Hype des sogenannten “Manifestierens” beschönigt die gleiche verblendete Logik, die behauptet, Armut sei eine Wahl, und die vielen politischen Desinformationen zugrunde liegt. Wenn die Realität nur das ist, was wir aus ihr machen, dann werden die Skrupellosesten die meiste Macht haben, die Zukunft zu gestalten. Weiterlesen >>>

Menschen suchen nach Glück und Zufriedenheit. Doch auch Trübsinn hat Vorzüge:
“Das Vergnügen traurig zu sein!”.

Was tun? >>> direkt zu den Therapieansätzen

Wie die Evolution unsere Biologie formt

 Oder: In welchen Situationen ist eine gedrückte Stimmung nützlich?

Randolph Nesse gilt als Mitbegründer der evolutionären Medizin. Der Psychiater erforscht, wie die Evolution den Menschen geformt – und für bestimmte Krankheiten anfällig gemacht hat. Er schrieb ein Buch mit dem bekannten Evolutionsbiologen George Williams, war Gründungsdirektor des Centers for Evolution and Medicine an der Arizona State University. Mit ZEIT ONLINE spricht er 12/2022 über sein neuestes Buch „Good Reasons for Bad Feelings“.
zeit.de/gesundheit/2022-12/mentale-gesundheit-depression-angst-evolution-randolph-nesse

Seiner Ansicht nach kann Niedergeschlagenheit ein Hinweis darauf sein, dass wir gerade Energie verschwenden. Zum Beispiel, wenn wir ein Ziel verfolgen, das nicht zu unserer Lebenslage passt. Oder wenn das Erreichen des Ziels aussichtslos erscheint, wir aber nicht davon lassen können. Wenn wir in einer Sache blockiert sind. 

Er plädiert dafür, auch mal aufzugeben und nicht verbissen an etwas festzuhalten, das uns offensichtlich gar nicht guttut: „In meiner Karriere gelangen mir allerdings einige der größten Heilungen, als ich Menschen geholfen habe zu realisieren, dass sie etwa seit fünfzehn Jahren an dieser Ehe arbeiten, aber eigentlich gar nicht mehr daran glauben, dass sie sie noch retten können. Dass sie jetzt den Status quo entweder akzeptieren müssen oder unter Schmerzen einen Schlussstrich ziehen. Im Aufgeben liegt oftmals der Schlüssel, um eine Depression zu überwinden.“

Nur gute Menschen werden depressiv!

Im Ansatz der Persönlichkeitstheorie tönt dies so:
“Damit sich natürliche Traurigkeit in eine Depression verwandelt, muss man sich nur selbst die Schuld an dem Unglück geben, das einem widerfahren ist!” (Dorothy Rowe)

Wenn wir damit aufhören könnten, uns selbst die Schuld für schlimme Ereignisse in unserem Leben zu geben, würde die Depressionsrate rapide sinken, lautet Dorothy Rowes Prämisse. Und ihre Therapieerfolge sprechen für sich. Normalerweise wachsen wir in der Überzeugung auf, dass es in der Welt gerecht zugeht und uns Gutes widerfährt, wenn wir uns entsprechend verhalten. Doch was bedeutet das im Umkehrschluss? Wenn wir davon überzeugt sind, dass die Guten belohnt und die Schlechten bestraft werden, kommen wir zwangsläufig zu dem Schluss, dass wir für alles Schlechte in unserem Leben selbst verantwortlich sind.
In solchen Situationen fragen wir oft: “Warum passiert das ausgerechnet mir?” Wir blicken zurück, um herauszufinden, was wir beigetragen haben, selbst wenn es um eine Naturkatastrophe geht. Irrationale Schuldgefühle, Hilflosigkeit und Scham entstehen, eine Depression kann die Folge sein. Rowe ist der Ansicht, dass wir unsere Überzeugungen selbst erschaffen. Sobald uns das klar geworden sei, könnten wir uns von dem Glauben an eine gerechte Welt verabschieden und negative Erfahrungen, z.B. einen Jobverlust, rationaler verarbeiten. Katastrophen widerfahren uns nicht, weil wir zum Unglück verdammt sind oder sie verdienen. Wir sollten damit aufhören, Ereignisse persönlich zu nehmen, und uns darüber klar werden, dass Schlimmes einfach geschieht! (Nur gute Menschen werden depressiv – aus “Das Psychologie-Buch”, Dorling Kindersley, London, 2012)

Weiterlesen: Auch “Einsamkeit” muss nicht zur Depression führen.

Ursache ist wohl schwache Plastizität unseres Hirns und nicht ein Mangel an Botenstoffe (v.a. Serotonin)

Dauerstress und Depression

Auf diesen starken Zusammenhang kam Forscher nun wieder bei der Enträtselung der antidepressiven Wirkung der psychodelisch wirkenden Drogen, wie Ketamin. Diese Droge verbessert die Übertragung von Informationen zwischen den Hirnzellen, stellten die Forscher fest. Sie lässt sogar neue Verbindungsstellen, Synapsen, entstehen. Herkömmliche Antidepressiva tun das auf Umwegen auch. »Plastizität« nennen Fachleute dieses Phänomen. Es ist entscheidend für das Lernen.
Eine neue Hypothese war geboren: Depressionen entstünden, wenn diese Plastizität unseres Hirns sinke. Erhöhe man sie, lasse sich die Krankheit lindern.

Für diese Vermutung spricht einiges, denn Stress senkt die Plastizität. Und Stress entsteht durch akute oder chronische Überlastungen genauso wie durch frühe Traumata – alles bekannte Ursachen von Depressionen. Wenn Menschen aber nicht mehr so gut Neues lernen können, bleiben sie leichter in Grübelschleifen hängen, ziehen sich zurück. Die Verbindungen (Synapsen) im Gehirn leiden, die Verbindungen im Leben ebenfalls.

Eine weitere Erklärung für den Zusammenhang von Dauerstress und Depression führt über unseren Darm und sein Mikrobiom: Der Stress lässt unsere Darmflora massiv verarmen, was wiederum zur Depression führen kann (siehe weiter unten).

Mangel an Botenstoffe?

Lange Zeit glaubte man, dass ein Mangel an Botenstoffen, insbesondere an Serotonin, die Ursache für Depressionen sei. Diese Annahme beruhte auf der Wirkweise herkömmlicher Antidepressiva, die die Konzentration von Serotonin zwischen den Hirnzellen erhöhen. Obwohl sie vielen Patienten helfen, wirken sie nicht bei allen. Inzwischen ist klar, dass diese Serotonin-Hypothese nicht ausreicht. Vor mehr als 20 Jahren fiel Ärzten auf, dass es manchen depressiven Menschen nach einer Operation unter Vollnarkose mit dem Mittel Ketamin deutlich besser ging. Anfang des Jahrtausends bestätigten erste Tests an Patienten mit Depressionen die Wirkung des Stoffs. Es zeigte sich, dass Ketamin die Übertragung von Informationen zwischen den Hirnzellen verbessert und sogar neue Verbindungen – Synapsen – spriessen lässt. Fachleute nennen diesen Mechanismus “Plastizität”. Die neue Hypothese besagt, dass Depressionen dadurch entstehen, dass ebendiese Plastizität sinkt. Ein Gehirn, das sich nur noch wenig verändern kann, wird krank. Wenn bei Menschen mit Depressionen dieser Prozess gestört ist, lernen sie nicht mehr so gut Neues und bleiben in den immer gleichen Grübelschleifen hängen. Dazu passt, dass typische Auslöser einer Depression wie frühe Traumata und akute oder chronische Überlastung Stress verursachen – und dass Dauerstress wiederum die Plastizität senkt (siehe weiter oben).

Ketamin gegen Depression

Ketamin ist ein vielversprechendes Mittel gegen Depressionen. Die dissoziative Wirkung von Ketamin ist nicht entscheidend für seinen antidepressiven Effekt. Eine Übersichtsarbeit von 2020 ergab, dass nur in drei von acht Studien überhaupt ein Zusammenhang zwischen dissoziativen Symptomen und der antidepressiven Wirkung bestand. Und auch in diesen Fällen erklärten die rauschhaften Erfahrungen nur 12 bis 21 Prozent der Unterschiede in der Wirkung auf die Depression. Das unterscheidet Ketamin wahrscheinlich von psychedelischen Drogen wie Psilocybin und MDMA; bei ihnen ist der Rausch tiefgreifender und deshalb wohl wichtiger für die Wirkung.

Plastizität an sich hilft aber noch nicht. Sie schafft nur die Möglichkeit, dass sich etwas ändert. Ob es besser wird oder sogar schlechter, hängt von der Umwelt ab. Damit Menschen mit Depressionen von der wiedergewonnenen Flexibilität im Hirn profitieren, brauchen sie hilfreiche Erfahrungen, wohltuende Begegnungen – und meist eine Psychotherapie.

Symptome einer Depression

“Wahre” Schwere Depressionen gehören zu den quälendsten Leiden überhaupt: Kranke, die den jähen Schmerz eines Herzinfarkts und eine Depression erlebt hatten, hielten im Nachhinein die Depression für weitaus unangenehmer.
Gemeinsam ist fast allen Depressionen die gedrückte, traurige Grundstimmung, die die Zukunft meist sehr schwarz und negativ aussehen lässt. In vielen Fällen ist der Zustand des Kranken in den Morgenstunden am schlechtesten – Sie können auch frühmorgendlich zwei oder mehr Stunden vor der gewohnten Zeit erwachen. Abends hellt sich die Stimmung wieder etwas auf.
Nur wenige Depressive denken überhaupt nicht an Selbstmord.
Interessenverlust, Unzufriedenheit, Lustlosigkeit und Freudlosigkeit, verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit, vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, Schuldgefühle, Gefühle der Wertlosigkeit, Negativ-pessimistische Zukunftsperspektiven, Suizidale Gedanken oder Handlungen, Ein- bzw. Durchschlafstörungen mit Schlaflosigkeit oder vermehrter Schlaf, Müdigkeit und Energielosigkeit, Appetitlosigkeit – auch mit Gewichtsverlust (mehr als 5% des Körpergewichts im letzten Monat), deutlicher Libidoverlust,  Entscheidungsschwierigkeiten, Leere und Reizbarkeit. Psychomotorisch kann eine Hemmung oder eine Agitiertheit bestehen.

Jedes der folgenden Symptome verdoppelt etwa die Wahrscheinlichkeit einer Depression: Schlaflosigkeit (Insomnie), Müdigkeit, chronische Schmerzen, Veränderung in den Lebensumständen, ungeklärte physische Symptome, mäs­sige bis schlechte ­Gesundheit in Selbsteinschätzung der Patienten.

Es gibt viele Screening-Methoden, der PHQ-9 («Patient Health Questionnaire-9») scheint am weitesten verbreitet zu sein und gute Qualitätscharakteristika aufzuweisen (Sensitivität/Spezifität bei je 85%). > www.depressionscreening100.com/phq

Berechneter SkalensummenwertSchweregrad der Depression
1-4Minimale depressive Symptomatik
5-9Milde depressive Symptomatik
10-14Mittelgradige depressive Symptomatik
15-27Schwere depressive Symptomatik

…und für Männer bestehen zudem oder alternativ noch andere Symptome: siehe hier

Körperliche Symptome, die eine Depression maskieren können (sogenannte “larvierte Depression”)

  • Kopfschmerzen
  • Nacken-Schulterschmerzen (siehe gleich unten)
  • Rückenschmerzen
  • Atembeschwerden
  • Herzbeschwerden
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Rheumatische Beschwerden
  • Unterleibsbeschwerden

Steifer Nacken, trübe Gedanken?

Können unelastische Faszien zu Depressionen führen? Forschende haben den Zusammenhang in zwei Studien untersucht.

Gibt es eine Wechselwirkung zwischen dem Fasziengewebe im Nacken- und Schulterbereich und der Neigung zu negativen Gedanken? Für diese Frage interessierten sich der Forscher Johannes Michalak und sein Team von der Universität Witten-Herdecke in zwei Studien. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34955570/)

Das Ergebnis: Womöglich haben Menschen mit Depressionen steifes, unelastisches Fasziengewebe. Das könnte es ihnen erschweren, negative Gedankenschleifen zu beenden.

Für die erste Studie wurde zunächst die Steifigkeit des Fasziengewebes von 80 Depressiven und Nichtdepressiven gemessen. An der zweiten Studie nahmen 69 Personen teil, bei denen eine Depression festgestellt worden war. Rund die Hälfte massierte sich 30 Sekunden lang selbst Schultern und Nacken, indem sie über eine Faszien-Schaumstoffrolle hin und her rollten. Die Kontrollgruppe legte sich mit Nacken und Schultern auf die gleiche Rolle und bewegte sich nur auf und ab, sie massierten sich also nicht richtig.

Anschliessend wurde allen eine Liste mit positiven und negativen Begriffen vorgelesen, die sie sich merken sollten. Diejenigen, die Schultern und Nacken mit der Schaumstoffrolle „geknetet“ hatten, merkten sich deutlich mehr positive Wörter. Die Autorinnen und Autoren betonen, dass es eine kurze Behandlung und ein vorübergehender Effekt war.
(Susanne Ackermann, 15. Sep 2023 in PSYCHOLOGIE HEUTE)

Angst und Depression

Angst vor dem Kommenden, vor der Zukunft – und Niedergeschlagenheit angesichts des Gewesenen, vor der Vergangenheit: Die Angst und Depression sind zwei Seiten derselben Medaille, ängstliche Menschen sind nicht selten auch depressiv und umgekehrt. Im Persönlichkeitsmodell der “Big Five” sind Ängstlichkeit und Niedergeschlagenheit zwei Facetten ein und derselben Grundeigenschaft, des “Neurotizismus”, der emotionalen Labilität. Besonders frappant ist die Verkoppelung bei der “generalisierten Angststörung”, bei der sich die Angst verselbständigt hat und frei von Auslösern kommt und geht, wie sie will.
Meist kommt erst die Angst im Leben, und wenn sie nicht vergehen will, gesellt sich in späteren Jahren die Depression hinzu.
Auch Studien haben nun ergeben, dass Menschen während einer Depression ihr Denken auf die Vergangenheit fokussieren. Haben Menschen hingegen Angst, so gehen ihnen vor allem zukünftige Ereignisse durch den Sinn, die sie als Bedrohung empfinden. Vergangene Dramen stimmen also eher depressiv, künftige ängstlich!
(A.Pomeranz, P.Rose: Is depression the past tense of anxiety? Int Journal of Psych, DOI: 10.1002/ijop.12050).

Ängste sind wie Rauchmelder, die zu sensibel eingestellt sind. Sie schrillen schon bei sehr wenig Rauch los und stellen uns auf Alarm – bis zur Panikattacke.

Therapeutische Folgerungen zeigen zeitlich in die Mitte: Das achtsame Fokussieren auf die Gegenwart, auf das, was gerade in diesem Moment, im Hier und Jetzt geschieht, hilft sowohl gegen Angst als auch gegen die Depression!  Die verschiedensten Meditationsformen sind dazu ein fantastisches Instrument, jedoch auch Yoga, Tanzen, Singen und Spaziergänge in der Natur.

Demütigungen und Kränkungen

Neuere Studien zeigen, dass Demütigungen und Kränkungen zu den häufigsten Ursachen von Depressionen zählen.
Wie schaff ich in solchen Situationen “Distanz zu mir”?

Macht mein verarmtes Mikrobiom im Darm mich depressiv?!

In diesem interessanten Zusammenhang wird die Ernährung und die Entzündung bei der Depression immer wichtiger: Lesen Sie dazu weiter unten!
Dies übrigens eine weitere Erklärung für den Zusammenhang von Dauerstress und Depression: Auch der Stress lässt unsere Darmflora massiv verarmen, was wiederum zur Depression führen kann.

Besonderes bei der Frau

Während der depressiven Episoden treten bei Frauen häufiger chronische Müdigkeit, gesteigerte Schläfrigkeit und eine psychomotorische Verlangsamung auf.
Literatur: Kelly Brogan: “Die Wahrheit über weibliche Depression. Warum sie nicht im Kopf entsteht und ohne Medikamente heilbar ist.” >> daraus: Die Depression ist ein Symptom. An irgendeiner Stelle im Körper gibt es eine Unausgewogenheit…

Besonders bei Frauen hilft eine Ernährung, die reich an Gemüse und Ballaststoffen ist und Fleisch, Fast Food und Zuckerprodukte minimiert.
Frau sollte aber ihr Eisen und Vitamin B12 im Blut messen lassen: zu tiefe Werte können auch depressive Symptome (Müdigkeit…) verursachen.

Besonderes beim Mann

Männer hingegen berichten eher von Schlaflosigkeit, motorischer Unruhe und gesteigerter körperlicher Erregbarkeit (auch chronische Schmerzen gehören hier dazu).
“Male Depression”: Eine Depression äussert sich bei Männern oft untypisch. Männer, die ihre Depression “externalisieren”, versinken weder in Schwermut, noch wirken sie niedergeschlagen oder ziehen sich zurück. Sie nehmen zwar einen starken inneren Druck wahr, fühlen sich aber nicht psychisch krank. Vielmehr fallen sie auf, weil sie plötzlich und uncharakteristisch für ihren Charakter verärgert und gereizt sind, rasch die Be-herr-schung verlieren oder hohe Risiken eingehen, etwa im Strassenverkehr. Solche Auffälligkeiten werden – wenn überhaupt – als Persönlichkeitsstörung oder Neurose fehlinterpretiert. Männer kompensieren häufig durch verstärkten Konsum von Suchtmitteln wie Zigaretten und Alkohol, auch Sex und auch durch starke körperliche Aktivitäten wie Sport. Männer drücken ihr gesundheitliches Befinden weniger differenziert aus, verarbeiten ihre Beschwerden weniger introspektiv, funktionieren weiterhin im Alltag und suchen seltener Hilfe als Frauen.

  • vermehrter sozialer Rückzug, der oft verneint wird.
  • berufliches Überengagement, das mit Klagen über Stress maskiert wird.
  • Abstreiten von Kummer und Traurigkeit.
  • zunehmend rigide Forderungen nach Autonomie (in Ruhe gelassen werden).
  • zunehmende Intensität oder Häufigkeit von Wutanfällen, Impulsivität.
  • Hilfe von anderen nicht annehmen: das “Ich kann das schon allein”-Syndrom.
  • ab- oder zunehmendes sexuelles Interesse.
  • vermehrter bis exzessiver Alkohol- und/oder Nikotinkonsum.
  • anderes Suchtverhalten: TV, Sport, Glücksspiel, Internet etc..
  • ausgeprägte Selbstkritik, bezogen auf vermeintliches Versagen, Versagensangst.
  • andere für eigene Probleme verantwortlich machen.
  • verdeckte oder offene Feindseligkeit.
  • Unruhe und Agitiertheit
  • Chronische Schmerzen (siehe dazu diesen eindrücklichen Bericht bei Piqd www.piqd.de/gesundheit/manner-suchen-seltener-nach-hilfe-das-muss-sich-andern “Frauen suchen Hilfe – Männer sterben!” Das ist der beunruhigende Titel einer Forschungsarbeit an der Universität Innsbruck. Dahinter steckt die These, dass Depressionen bei Männern oft nicht erkannt werden, weil Männer seltener Hilfe suchen.

    Männliche Vegetarier könnten ein höheres Risiko für Depressionen haben als Männer, die Fleisch essen! Darauf deutet eine Studie der USamerikanischen National Institutes of Health (NIH) mit mehr als 9.600 Männern hin: Vegetarische Kost bei Männern mit mehr Depressionen assoziiert.

    Ein Beispiel männlicher Depression: Nick Kyrgios und seine Ausraster!
    Der australische Tennisstar spricht in einem Interview 10/2020 über den ständigen Druck auf der Profi-Tour.

Tennisspieler Nick Kyrgios hat seine Ausraster auf dem Platz mit seinem Kampf gegen innere Dämonen erklärt. Er habe Probleme mit Depressionen, sagte der 25-Jährige. «Ich bin eines Tages in Schanghai aufgewacht, es war vier Uhr am Nachmittag, und ich lag immer noch bei gezogenen Vorhängen im Bett. Ich wollte das Tageslicht nicht sehen», berichtete Kyrgios, der für sein temperamentvolles Verhalten berüchtigt ist. Er sei «an einem einsamen, dunklen Ort» gewesen. «Ich fühlte mich, als wäre niemand an mir als Person interessiert. Alle sahen mich nur als Tennisspieler und wollten mich benutzen. Ich verlor die Freude am Spiel und geriet ausser Kontrolle.» Der ständige Druck habe ihn in die Depression getrieben. Zuletzt im 2020 war Kyrgios im Tennisgeschäft die Stimme der Vernunft im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Er verzichtete auf die Teilnahme an den US und den French Open.

Und seine emotionale Wendung:
Im Verlaufe des Frühjahrs 2022 begann er konstanter zu spielen. «Ich hatte es einfach satt, die Leute im Stich zu lassen», sagte er nun. «Ich war sehr egoistisch. Ich war deprimiert, bemitleidete mich die ganze Zeit. Das wollte ich ändern. Ich schaute die Menschen um mich herum an, ich wollte sie nicht mehr enttäuschen. Jetzt mache ich sie stolz. Jetzt werden nicht mehr so viele negative Dinge über mich gesagt. Ich wollte das Narrativ verändern.»
Die Liebe spielt dabei eine wichtige Rolle. Seit vergangenem Dezember ist er mit einer wunderbaren Frau zusammen. Nach seinen Matchs lässt er kaum eine Chance aus, sich bei ihr im Platzinterview zu bedanken.
Der Unterschied zu früher ist bei Kyrgios, dass er es nun schafft, sich nach seinen Wutausbrüchen und Schimpftiraden wieder schnell zu beherrschen. Er verliert die Kontrolle nicht mehr. Der Ärger geht nicht mehr tief.

Genau dies berichtet auch der Dalai -Lama, dass selbst er manchmal Ärger verspürt – diesem aber keinen grossen Platz gewährt, so dass dieser nicht tief gehen kann und schnell wieder weg ist.

Weiterer prominenter Mann: Kevin-Prince Boateng

Der frühere Fussballprofi fiel während seiner Karriere in eine Depression. Er sagt, wie er diese erlebte – und wie er seinen Stolz beiseitelegen musste, um sie zu überstehen.

Copyright Tagesanzeiger

„Solche psychischen Probleme sind natürlich tricky, weil sie sich ganz langsam in dein Leben schleichen. Es gibt nicht den Moment, in dem du sagst: Hier habe ich die Depression gefühlt. Sie kommt langsam, nimmt dir Kraft und Energie oder deinen Willen, irgendetwas zu tun. Und irgendwann sass ich dann da und war komplett leer.“

Ausdruck einer anderen Krankheit oder einer Medikamenten-Nebenwirkung?!

Immer muss ausgeschlossen werden, dass diese depressive Symptomatik nicht durch organische Erkrankungen bzw. die Einnahme von Arzneimitteln (Anabolika, Interferon, Isotretinoin, Kortikosteroide, Antibabypille, Antiepileptika) oder Drogen  (Alkohol, Amphetamine, Barbiturate, Benzodiazepine, Kokain, Halluzinogene, Narkotika) verursacht werden.

Abzugrenzen ist (v.a. beim älteren Menschen) eine Demenz (Alzheimer z.B.), die auch obige Symptome aufweisen kann. Die Orientierung ist bei der reinen Depression jedoch meist normal und in der Demenz gestört. Und die Psychomotorik ist beim Depressiven oft verändert und bei der Demenz meist normal (Genaueres dazu siehe auch hier).
Ein sehr hilfreiches Instrument dazu ist die Cornell-Skala. Dieser Test umfasst 19 Items, welche Veränderungen der Stimmung, des Verhaltens, vegetativer Funktionen wie Appetit und Schlaf sowie weitere Störungen erfassen. Von anderen Depressionsskalen unterscheidet sich die Cornell-Skala dadurch, dass sie nicht nur durch ein Gespräch mit dem Patienten erhoben wird, sondern sich vor allem auf Beobachtungen der Pflegenden stützt, die im Zeitraum von einer Woche erhoben werden.

Dann auch Neurologische Erkrankungen wie Zerebrovaskuläre Erkrankungen, Epilepsie, Hydrocephalus, Infektionen (inkl. HIV und Neurosyphilis), Migräne, Morbus Huntington, Morbus Parkinson, Morbus Wilson, Multiple Sklerose, Narkolepsie, Neoplasmen (Krebs), Schlafapnoe, Neurologisches Trauma.

Dann Internistische Erkrankungen:
Endokrinologische: Hyperaldosteronismus, Hyper- bzw. Hypoparathyreodismus, M.Cushing, M.Addison, PMS, Schilddrüse (Hypo-, Hyperthyreose).
Infektionen und rheumatische Erkrankungen: Borreliose, HIV, Hepatitis B, Lues; Rheumatoide Arthritis; Polymyalgia rheumatica; Sjögren Syndrom, Systemischer Lupus Erythematodes; Tuberkulose.
Diverse: Porphyrie, Urämie; Vitamindefizite (C, B12, Folsäure, Niacin, Thiamin), Eisenmangel.

Depression (MDD) scheint durch Entzündungen mitverursacht oder verschlechtert (Entzündungsmarker sind regelmässig pathologisch).
(J Neurol Neurosurg Psychiatry 2012;83:495-502: Depression: an inflammatory illness? Rajeev Krishnadas, J.Cavanagh; a review)
Bei der Depression findet man auch meist eine Neuroinflammation, eine Entzündung der Nerven und des Hirns, was in einer grösseren Reizbarkeit für Schmerzen, in Hypersensibilitätszustände mündet. Deshalb findet man zusammen mit depressiven Zuständen auch häufig somatische Symptomenkomplexe, wie Reizdarm, Reizblase, Unterleibschmerzen (Beckenschmerzen), Kopfschmerzen – also Schmerzzustände aller Art.
Man kann sich mit der Neuroinflammation auch erklären, weshalb mässige, aber regelmässige Bewegung die Depression stark bessert, da durch die Muskeltätigkeit ausgelösten Stoffwechselvorgänge die Neuroinflammation wesentlich vermindern.

(Copyright Prof. Jürgen Sandkühler, Zentrum für Hirnforschung, Medizinische Universität, Wien; http://chr.meduniwien.ac.at)

Dein Smartphone macht Dich depressiv.

Generation „Kopf unten“ aufgepasst. Wer sein Smartphone häufig benutzt (also fast jeder), riskiert ernsthafte Depressionen.
Das haben Forscher der University of Auckland festgestellt.
Der Grund ist ganz einfach: Wer viel textet und surft, lässt auch viel den Kopf hängen. Buchstäblich.

Wir bekommen nicht nur bei Selbstwertproblemen und mieser Stimmung eine schlechte Körperhaltung, sondern auch anders herum – eine schlechte Körperhaltung krümmt unseren Geist und dämpft unser Selbstwertgefühl.
Nichts anderes passiert, während wir aufs Handy schauen: Kopf runter, Schultern runter. Nimm einem, der so da steht, das Smartphone aus der Hand und er sieht aus, als wäre er verdammt deprimiert. Dem Gehirn reicht diese Haltung als Signal, es zieht seinen Schluss aus dieser Haltung.
Diese Körperhaltung ruiniert neben der Laune auch unser Selbstvertrauen und unsere Leistungsfähigkeit in Tests sowie die generelle Produktivität, ausserdem fällt es uns so schlechter, uns an gute Dinge zu erinnern, während sich die schlechten nur so aufdrängen.
Über die Therapie dieser Haltungsstörung siehe hier auf dieser Website!

Und… zum Digital-Detox hier in meinem Blog

Die Arbeitswelt macht depressiv

Die Welt des Lebendigen mit seinen Rhythmen und Zyklen (Atmung, Puls, Tag/Nacht, Jahreszeiten…) steht im Widerstreit mit dem modernen Projekt des linearen Fortschritts und des unaufhörlichen Wachstums unserer Wirtschaft, also mit unserer Arbeitswelt. Dies kann depressiv machen und in ein Burnout führen.
Es braucht einen neue Versöhnung dieser gegensätzlichen Prinzipien, eine Arbeitswelt, in der auch die zyklische Regeneration von uns Menschen, aber auch der Natur um uns Platz hat.
Vertiefen >>> Sternstunde Philosophie, 01/24 mit Thomas Fuchs, Psychiater und Philosoph

Spätaufstehen macht depressiv

Um 23% liesse sich das Risiko einer Depression verringern, wenn Spätaufsteher eine Stunde früher aufstünden (und zu Bett gingen). Zu diesem Ergebnis kommen Forscherinnen und Forscher nach der Auswertung von Daten aus mehreren Studien. Würden Spätaufsteherinnen es schaffen, zwei Stunden früher aus dem Bett zu kommen, liesse sich das Risiko weiter senken. Sie sollten tagsüber möglichst viel Licht bekommen. (Iyas Daghlas u.a.: Genetically proxied diurnal preference, sleep timing, and risk of major depressive disorder. JAMA Psychiatry, 2021)

Antibabypille und Depression

Spätestens seit 2016 wird die Depression bei jungen Frauen untrennbar mit der Pille verbunden. Damals zeigte eine grosse Untersuchung aus Dänemark, dass Frauen, die mit der Pille verhüteten, ein um 80 Prozent höheres Risiko hatten, in eine Depression zu rutschen. Die Selbstmordrate war sogar dreimal so hoch wie in der Kontrollgruppe (die absoluten Suizidzahlen lagen mit 71 Fällen unter den 500.000 Befragten allerdings auf sehr niedrigem Niveau).
Den negativen Einfluss auf die Stimmung bestätigte aber zuletzt im Juni 2023 nochmals eine grosse Studie mit britischen Daten: Hier war das Risiko depressiver Symptome bei Patientinnen, die sich in ihrer Jugend für die Pille entschieden hatten, um 130 Prozent erhöht.

Diagnostik-Test

Sich selber testen: PHQ-Test!

…und eher für Fachkräfte:

Sehr hilfreich zur Abgrenzung gegen eine Demenz (Alzheimer) ist die oben beschriebene Cornell-Skala, die sich vor allem auf Beobachtungen der Pflegenden stützt.

Die Hamilton-Skala (Hamilton Rating Scale of Depression – HRSD) ist ein standardisiertes diagnostisches Instrument für den Arzt zur Beurteilung des Schweregrades einer Depression. Die Hamilton Skala dient insbesondere dazu, die Wirksamkeit verschiedener Therapien, z.B. von Medikamenten in Zulassungsstudien, zahlenmässig exakt zu erfassen. Die Skala wurde 1960 von dem deutschstämmigen englischen Psychiater Max Hamilton (”Himmelschein”) eingeführt.
In der ursprünglichen, auch heute noch oft verwendeten Fassung, werden 21 Symptomenkomplexe systematisch vom Untersucher mit Punkten bewertet.
Untersuchungspunkte sind z.B. die depressive Stimmung (Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Hilflosigkeit, Wertlosigkeit), Schuldgefühle, Selbstmordgedanken, Schlafstörungen, körperliche Beschwerden, Sexualität, Gewichtsverlust.
Die Bewertung erfolgt aus dem Punktetotal. Je höher die Punktzahl, um so stärker ist die Depression. 66 ist die höchste, 0 die niedrigste erreichbare Punktzahl. Es gibt keinen “Normalwert”, aber es hat sich eingebürgert, ab 10 Punkten von einer leichten, ab 20 von einer mittelschweren und ab 30 von einer schweren Depression zu sprechen.
Die Hamilton Scale in Englisch zum Download – Testinstrument für Ärzte, ungeeignet zur Selbstdiagnose!

Kardiovaskuläre Erkrankungen und Depression

Diese zwei Krankheiten scheinen häufig gekoppelt zu sein. Nach einem Herzinfarkt besteht ein 6-fach erhöhtes Risiko für eine Depression und nach Hirnschlag ein 3-faches oder höher (Lesperance et al. Psychosomat Med 1996; Morris et al. Am J Psychiatry 1993).

Depression fördert gestörte Schmerzwahrnehmung im Darm und damit den Reizdarm

Depression und Angststörungen sind häufige, d.h. in etwa 40% Komorbiditäten des Reizdarmsyndroms. Aktuelle Daten weisen nun in Richtung einer gestörten Verarbeitung viszeraler Schmerzreize in den Gehirnen von IBS-Patienten (Neuroinflammation). Diese Auffälligkeiten sind umso ausgeprägter, wenn Patienten deutlichere Anzeichen einer Depression zeigen. Sie sind weniger gut in der Lage, Schmerzsignale aus dem Darm zentral zu unterdrücken.

Zudem gibt es einen klaren Zusammenhang einer verarmten Darmbesiedlung (ungünstiges Mikrobiom) mit der Depression: siehe hier: Mikrobiom-und-Depressionen.pdf!

Es existiert aber das Paradoxon!
Männliche Vegetarier könnten ein höheres Risiko für Depressionen haben als Männer, die Fleisch essen! Darauf deutet eine Studie der USamerikanischen National Institutes of Health (NIH) mit mehr als 9.600 Männern hin:
Vegetarische Kost bei Männern mit mehr Depressionen assoziiert.pdf

Familiär gehäuft

Es gibt Dispositionen zur Depression (gehäuft in Familien). Es existiert dann der Aspekt einer sog. Vererbung. Ich sage “sogenannt”, da genauso bei einer familiären Situation das Erleben der Nichtkontrolle von Unangenehmen eine Verringerung der Motivation, eine Passivität, eine Hilflosigkeit hervorrufen kann (also doch keine “Vererbung”).

Das erschöpfte Selbst

Die heutige Häufung von Depressionen und Suchtkrankheiten aller Art führt man auch auf die Überforderung des heutigen Menschen zurück, in Erfüllung des Versprechens der autonomen Persönlichkeit jederzeit für alles selbst verantwortlich sein zu sollen. Depressiv wird der Mensch demnach nicht, weil ihm Möglichkeiten verwehrt bleiben, sondern weil er die Illusion ertragen muss, dass ihm alles möglich ist. Unter diesem Druck fällt er empfindungslos zusammen und explodiert in der Sucht nach Reizen.
Drückte Menschen früher eher die Tatsache nieder, dass sie keine (oder kaum eine) Wahl hatten – wobei sie eben darin Statussicherheit, eventuell auch Seelenruhe finden konnten – wird nunmehr die Wahl die Norm und die Unsicherheit ihr Preis.

Bewegungsarmut und Depression

Sicher 40% aller leichten Depressionen kommen ursächlich aus einem Bewegungsmangel im Alltag! Das Risiko ist um das Dreifache verglichen mit der Durchschnittsbevölkerung erhöht. Weiterlesen >>>

Endogen?

“Endogene” Depression (also von innen kommend) heisst vorerst mal: nicht induziert (z.B. durch andere schwere psychische oder körperliche Krankheit), nicht postinfektiös (nach schwerer Infektionskrankheit), nicht traumatisch (z.B. frühkindliche Trennung) – nicht “reaktiv” also.
“Endogen” wurde auch wieder populär, da der Hirnstoffwechsel von Depressiven offensichtlich anders funktioniert und dies der Ansatz der antidepressiven Medikamente ist, die diesen Stoffwechsel wieder normalisieren und damit der Mensch überhaupt wieder fähig ist, die Denkmuster zu verändern. Diese Hirnstoffwechselstörung als Ursache und nicht als sekundäres Phänomen zu sehen, ist aber rein hypothetisch.
Wir als Betreuer müssen die Hoffnung übernehmen, weil wir wissen, das Medikamente und Psychotherapie helfen können. Wir müssen die Frequenzen wieder etwas zum schwingen bringen (“es gilt das Herz zu rühren, des Königs steinern Herz…”). Denn die Sinne etwas wahrzunehmen, sind beim Depressiven immer noch offen – im Gegensatz zum Geist.

Burnout und Depression

Es ist umstritten, wo die Definition eines “Burnout” beginnt und wo die einer “Depression” aufhört. Überschneidungen sind gross – Unterscheidung nur partiell möglich. Die Prophylaxe beider Zustände ist ähnlich – die Therapie zum Teil und betrifft beim Burnout häufiger in Arbeitssituationsverbesserungen: siehe dazu die eigene Seite über das “Burnout” auf dieser Website.

Therapieansätze

Was tun?

Als Hausarzt interessiert mich zuerst mal:
Wie steht es um Ihre engsten Beziehungen?
Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Wohnsituation?
Und wie am Arbeitsplatz?
Dies wären die drei wichtigsten Bereiche des Lebens, die zu körperlicher und seelischer Gesundheit beitragen. Stimmt es hier nicht, kann eine Depression die Folge sein.
Es sind auch vor allem in obigen drei Dingen die eigenen Bedürfnisse, der “Innere Ruf”, deren Nicht-Befolgen in eine Depression münden kann!

Bei einer Depression kommt es darauf an, sich gerade gegenteilig zu verhalten wie mit Depression. Also etwa so:

  • Kopf rauf. Blick nach vorn.
  • Sorgfältige Kleidung tragen. Sich schön machen.
  • Musik. Singen unter der Dusche – und ausserhalb (siehe unten).
  • Sport. Rausgehen.
  • Mit allen möglichen Leuten zu Spaziergängen abmachen.
  • Ein Internet/Social Media welches mir dient und von dem ich nicht beherrscht werde!

Chorsingen hilft gegen Depressionen. Dies zeigt eine Übersichtsstudie der University of Queensland, Australien. Die Forscher analysierten dazu sieben Studien und fanden heraus: Durch das Gruppensingen fühlten sich die Teilnehmer weniger psychisch belastet. Regelmässiges Chorsingen macht Menschen emotional stärker und gibt ihnen Lebenssinn.
(“The European Journal of Health”, 2018)

  • Immer sollten persönliche, soziale Missstände aufgedeckt, angeschaut und verändert werden. Auch deshalb ist eine Gesprächs- oder andere Psychotherapie (auch eine Paartherapie kann sehr förderlich sein) bei einem Psychologen/-In oder psychotherapeutisch ausgebildeten Psychiater oder Hausarzt sehr erlösend. Ihr Hausarzt kennt gute Adressen oder kann Ihnen auch selbst mit Gesprächen und ev. sogar Medikamenten helfen. Er sollte auch seltene Ursachen, die zu denselben Symptomen führen können, ausschliessen (z.B. Veränderungen des Hirns).
    Schwerpunkte der Paartherapie bei Depression ist die Förderung der Kohäsion des Paares, der gegenseitigen Unterstützung, der Kommunikation der Partner, der gegenseitigen Akzeptanz und der Unabhängigkeit/Autonomie – aber auch der Abbau von ambivalentem Verhalten, Drohungen bezüglich Trennung, abschätziger Kritik/Abwertung, inadäquater Unterstützung und der Monotonie in der Beziehung (siehe auch meine Seite über “besseren Sex”!).
    Zur Persönlichkeitstheorie siehe hier oben >>>
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  • Bezwingen Sie negatives Denken:
    Alle Menschen haben die Tendenz, mehr über schlechte Erfahrungen nachzudenken als über positive. Das ist eine evolutionäre Anpassung – das Überwinden von gefährlichen oder verletzenden Situationen, die uns im Laufe des Lebens begegnen (Mobbing, Trauma, Verrat), hilft uns, sie in Zukunft zu vermeiden und in einer Krise schnell zu reagieren.
    Aber das bedeutet, dass Sie etwas härter arbeiten müssen, um Ihr Gehirn zu trainieren, negative Gedanken zu überwinden. Und so geht’s:
    Versuchen Sie nicht, negative Gedanken zu stoppen.
    Wenn Sie sich sagen: “Ich muss aufhören, darüber nachzudenken”, werden Sie nur noch mehr darüber nachdenken. Machen Sie sich stattdessen Ihre Sorgen zu eigen. Wenn Sie sich in einem negativen Kreislauf befinden, benennen Sie ihn: “Ich mache mir Sorgen um Geld.” “Ich bin besessen von den Problemen auf der Arbeit.” Behandeln Sie sich selbst wie einen Freund.
    Wenn Sie sich selbst gegenüber negativ eingestellt sind, fragen Sie sich, welchen Rat Sie einer Freundin geben würden, die niedergeschlagen ist. Versuchen Sie nun, diesen Rat auf sich selbst anzuwenden. Stellen Sie Ihre negativen Gedanken in Frage.
    Sokratisches Hinterfragen ist der Prozess des Hinterfragens und Änderns irrationaler Gedanken. Studien zeigen, dass diese Methode Depressionssymptome reduzieren kann. Das Ziel ist, Sie von einer negativen Denkweise (“Ich bin ein Versager.”) zu einer positiveren zu bringen (“Ich habe in meiner Karriere viel Erfolg gehabt. Dies ist nur ein Rückschlag, der nicht auf mich zurückfällt. Ich kann daraus lernen und besser werden.”) Hier sind einige Beispiele für Fragen, die Sie sich stellen können, um negatives Denken herauszufordern. Schreiben Sie zunächst Ihren negativen Gedanken auf, z. B. “Ich habe Probleme bei der Arbeit und zweifle an meinen Fähigkeiten.”
    Fragen Sie sich dann: “Was sind die Beweise für diesen Gedanken?”
    “Beruht er auf Fakten? Oder auf Gefühlen?”
    “Könnte ich die Situation falsch interpretieren?”
    “Wie könnten andere Menschen die Situation anders sehen?
    “Wie würde ich diese Situation sehen, wenn sie jemand anderem passiert wäre?” Die Quintessenz: Negatives Denken passiert uns allen, aber wenn wir es erkennen und dieses Denken hinterfragen, machen wir einen grossen Schritt in Richtung eines glücklicheren Lebens.

    Dann machen Sie die »Was gut gelaufen ist«-Übung:

    Es gibt gute evolutionäre Gründe dafür, dass die meisten von uns nicht annähernd so geübt darin sind, der guten Ereignisse eingedenk zu sein, wie sie im Analysieren unglücklicher Vorfälle sind. Jene unter unseren Vorfahren, die viel Zeit damit verbracht haben, sich im Sonnenschein angenehmer Ereignisse zu räkeln, während sie sich besser auf Schlimmes vorbereitet hätten, haben die Eiszeit nicht überlebt. Um also die natürliche Neigung unseres Gehirns, sich auf Katastrophen einzustellen, überwinden zu können, müssen wir an der Fähigkeit des Denkens an Dinge, die gut gelaufen sind, arbeiten und sie einüben. Nehmen Sie sich in den folgenden Wochen jeden Abend, bevor Sie ins Bett gehen, zehn Minuten Zeit für diese Übung. Schreiben Sie drei Dinge auf, die heute gut gelaufen sind und warum sie gut gelaufen sind. Sie können ein Tagebuch oder Ihren Computer dazu verwenden, diese Ereignisse festzuhalten, aber es ist wichtig, dass Sie eine greifbare Aufzeichnung besitzen. Die drei Dinge müssen nicht weltbewegend wichtig sein (»Mein Mann hat heute auf dem Heimweg mein Lieblingseis zum Nachtisch besorgt«), aber sie können das natürlich auch sein (»Meine Schwester hat heute einen gesunden Jungen zur Welt gebracht«). Beantworten Sie nach der Benennung des positiven Ereignisses auch die Frage: »Warum ist es dazu gekommen?« Wenn Sie zum Beispiel geschrieben haben, dass Ihr Mann Eiscreme besorgt hat, dann notieren Sie: »Weil mein Mann manchmal sehr aufmerksam ist« oder »Weil ich daran gedacht habe, ihn anzurufen und ihn daran zu erinnern, in den Supermarkt zu gehen«. Oder wenn Sie geschrieben haben: »Meine Schwester hat gerade einen gesunden Jungen zur Welt gebracht«, dann könnten Sie als Grund angeben: »Weil der liebe Gott es gut mit ihr meint« oder »Weil sie während der Schwangerschaft alles richtig gemacht hat«.

    Darüber zu schreiben, warum die positiven Ereignisse in Ihrem Leben geschehen sind, mag sich zuerst seltsam anfühlen, aber bleiben Sie eine Woche lang dabei. Es wird immer leichter werden. Es ist wahrscheinlich, dass Sie nach etwa sechs Monaten geradezu süchtig nach dieser Übung sind und weniger deprimiert und glücklicher sein werden.
    (aus:
    Flourish – wie Menschen aufblühen: Die Positive Psychologie des gelingenden Lebens, Martin Seligmann)

  • Das beste antidepressiv wirksame Medikament ist die ERNÄHRUNG!
  • Nichts bringt besser positive Gefühle zum Vorschein als Essen, das mit Liebe gekocht wurde.
  • Vegetarische Ernährung verbessert stark unser Mikrobiom (Darmbesiedlung mit Bakterien) und damit eine Depression! Dies gilt vielleicht für Männer nicht!
    Dabei aber das Eisen und Vitamin B12 im Blut im Auge behalten, da eine Mangel Depressions- ähnliche Symptome (Müdigkeit…) machen kann.
  • Kurzfasten, optimal als 16:8 wirkt antidepressiv, wahrscheinlich über eine stark antientzündliche Wirkung (gegen die Neuroinflammation).
  • Viel Fisch, aber auch Walnüsse, Oliven-, Raps- und Leinöl in der Ernährung stabilisiert auch die Seele. Ein niedriger Omega-3-Fettsäuren-Spiegel führt zu Serotoninmangel, was depressive Störungen hervorrufen kann.
    Ein Therapieversuch mit Fischöl-Kapseln jedoch scheint nach neusten Studien sogar kontraproduktiv! Eine Studie mit rund 18 ​000 Probanden aus dem Jahr 2021 gezeigt, dass bei über 50-jährigen Personen, die Omega-3 mit Fischölkapseln supplementierten, das Risiko einer Depression anstieg.
    V.a. in der Schwangerschaft hat die Mutter einen besonders hohen Omega-3-Bedarf – das Depressionsrisiko ist dann auch massiv erhöht. Fettiger Meerfisch und Leinöl (jeden Tag ein bis zwei Esslöffel) sind also in der Schwangerschaft sehr wichtig.
  • Eine Mediterrane Diät (Vollkornprodukte, Gemüse, Hülsenfrüchte, Früchte, Fisch, low-fat und ungesüsste Milchprodukte, mageres rotes Fleisch, Geflügel, rohe ungesalzene Nüsse, Eier, Olivenöl, …), bis 2 Gläser Wein pro Tag) wirkt prophylaktisch und auch therapeutisch gegen eine Depression! (http://www.evimed.ch/journal-club/artikel/detail/therapie-einer-depression-mit-diaet/)
  • Wer im Alter Depressionen vorbeugen möchte, sollte grünen Tee trinken – vier Tassen pro Tag halbieren das Risiko nahezu! (Takahashi H, Am J Clin Nutr 2009; 90: 1615-1622)
  • Dunkle Schokolade: Neuere Studien zeigen eine klar antidepressive Wirkung. “Das Problem ist, wenn man Menschen sagt, dunkle Schokolade sei gut, dann essen sie wahrscheinlich eine Menge dunkler Schokolade anstelle von Obst und Gemüse. Vor allem ist aber Bewegung und eine gute, ausbalancierte Ernährung wichtig“, betont Riba im Begleittext der Studie.
  • Mehr über Ernährung und Depression hier in meinem Blog: http://walserblog.ch/2015/10/09/brainfood/ !
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  • Depressionen und psychodelische Drogen wie Ketamin!
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  • Der Verzicht auf die eigene Bedürfnis kann in eine DEPRESSION führen!
    Fragen nach den Ausnahmen: kein Problem ist ständig da oder immer gleich stark. Also Fragen nach problemfreien oder problemarmen Zeiten…
    Hier ist besonders wichtig, welche Teile des Lebens noch gelingen, wo es Inseln des Erfolges und der Zufriedenheit gibt. Was macht trotz Depression noch Freude oder was hat früher Freude bereitet (Freudentagebuch!)?!
    Welche positiven Effekte hat die Depression im System, im Lebenszusammenhang?
    z.B. Ich bekomme eine Pause, wenn ich überfordert bin… ich werde in Ruhe gelassen…
    Ich werde endlich beachtet und ein wenig versorgt… die anderen verlangen nicht mehr soviel von mir…
    Ich kann erleben, wer wirklich für mich da ist, wer mich wirklich so liebt, dass er auch so zu mir steht…
    Depressives Verhalten führt oft dazu, dass andere mehr Verantwortung übernehmen, mehr Rücksicht nehmen… So tritt Entlastung für den Leidenden auf…
    Eine Art Notbremse, ein Frühwarnsystem…
    Normalerweise kann ich nicht Nein sagen – jetzt geht es nicht anders…

Lösungsorientiert ist auch die “Wunderfrage“: Wenn über Nacht ein Wunder passieren würde und das Problem würde wie weggezaubert aus dem Leben verschwinden: Was wäre morgen anders?
Woran würdest Du nach dem Aufwachen als Erstes bemerken, dass das Problem weg ist? Ganz konkret?
Was würdest du am Morgen danach als Erstes tun? Was dann?
Wer würde als Erster bemerken, dass das Problem weg ist? Wer dann?
Was würdest du am meisten vermissen in deinem Leben, wenn das Problem plötzlich weg wäre?
Wenn du einen Grossteil der Probleme bewältigt hast, wie sehe dann dein Leben aus, was würdest du anders machen als heute?
Woran würden die anderen eine Behebung/Verbesserung des Problems festmachen?
Wer würde am meisten überrascht sein?
Wer würde stark, wer schwach und wer gar nicht darauf reagieren, wenn es weg wäre? Wie stark würde jeder reagieren? Kannst du dies auf einer Skala von 1 bis 10 einschätzen (je höher der Wert, desto grösser die Reaktion)?
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  • Achtsamkeitstraining, z.B. die Mindfulness-BasedCognitiveTherapy (MBCT) kann den Betroffenen einen Weg weisen, ihren Ängsten und depressiven Episoden entgegenzutreten, sich selbst aus den düsteren Gedankenzirkeln zu befreien und vor Rückfällen zu schützen. Achtsamkeit hilft, satt im Tun-Modus, im Sein-Modus offen zu sein für die Erfahrung im jeweiligen Augenblick, ohne sie verändern zu wollen.
    Literatur dazu: Petra Meibert: Der Weg aus dem Grübelkarussel. Achtsamkeitstraining bei Depression, Ängsten und negativen Selbstgesprächen. Das MBCT-Buch. Kösel, 2014.
    Siehe dazu auch die zeitliche Zusammenhang zwischen Depression und Angst – und der Ausweg über die “Mitte”, über das “Hier und Jetzt”!
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  • Sicher 40% aller leichten Depressionen kommen ursächlich aus einem Bewegungsmangel im Alltag! Das Risiko ist um das Dreifache verglichen mit der Durchschnittsbevölkerung erhöht.
    Hier wird auch immer als zentrales Thema, die Besserung einer Neuroinflammation durch Bewegung angesehen.
    Was also bei Depressionen immer auch positiv wirkt sind tägliche Waldläufe, Wanderungen oder andere körperliche Betätigungen (Joggen: siehe hier!) (30 Minuten täglich, gemäss British Journal of Sports Medicine, Bd.35, S.114 – siehe auch Lawlor DA, Hopker SW. BMJ 2001; 322: 763-7).
    Die Dosis macht‘s! Sport scheint die seelische Gesundheit deutlich zu verbessern – doch zu viel bewirkt das Gegenteil! In einer Querschnittsstudie zeigten 3 bis 5 Trainingseinheiten mässiger Intensität pro Woche zu je 45 Minuten die besten Ergebnisse. (Sammi R. Chekroud und Kollegen in Lancet Psychiatry, 2018). Mehr war viel schlechter!
    Bei 44% aller leichten Depressionen ist der Bewegungsmangel sogar die Ursache!
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    Eine Metaanalyse mit 218 Originalarbeiten (14 170 Teilnehmende, 495 Behandlungsarme) verglich den antidepressiven Effekt verschiedener Sportarten gegenüber herkömmlichen Behandlungsoptionen (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer [SSRI], Psychotherapie). Den besten Erfolg zeigten Spazieren («walking»), Joggen, Yoga und Krafttraining, wobei die Wirksamkeit mit der Intensität der Aktivität korrelierte. Insgesamt waren die erzielten Behandlungseffekte vergleichbar mit psychotherapeutischen und pharmakologischen Ansätzen, auch schnitt die Kombination von SSRI und Aktivität besser ab als die isolierte medikamentöse Therapie. Die Studie unterstreicht damit den wichtigen Stellenwert körperlicher Aktivität in der Behandlung einer Depression. (BMJ. 2024, doi.org/10.1136/bmj-2023-075847)
  • Schaukeln hilft auch: Es sollten aber schon ein bis zwei Stunden täglich sein (Schaukelstuhl, etc.
  • Yoga ist nicht nur gut für den Körper, sondern es ist auch gleich wirksam wie eine Psychotherapie. Zu diesem Ergebnis kommen Psychologen der Universität Jena. Sie werteten 25 Studien mit über 1300 Personen aus. Alle von ihnen machten klassisches Hatha-Yoga mit Atem- und Körperübungen, um psychische Störungen wie Depression, Süchte oder Ängste zu behandeln.(Deutsches Ärzteblatt,2016 – Studie aus Jena)
  • Neu wird auch wieder “partieller Schlafentzug” als äusserst erfolgreich beschrieben: Während der zweiten Nachthälfte müssen sie wach bleiben (d.h. Wecker auf 2 – 3 Uhr stellen, falls sie um 22 oder 23 Uhr ins Bett gehen). In einer Woche wiederholen sie dies in drei Nächten und stoppen dann wieder. Dies ergibt bereits in 2/3 aller Fälle eine anhaltende Besserung. Bereits nach der ersten Nacht merken sie übrigens genau, ob diese Methode bei ihnen anschlägt, denn schon dann sollte eine klare stimmungsaufhellende Wirkung vorhanden sein.
    Der Nachteil dieser Therapie liegt auf der Hand: die Müdigkeit.
    An der Freiburger Uniklinik wird deshalb ein anderes Verfahren erprobt: der Schlafentzug mit anschliessender Schlafphasenverschiebung. Nach einer vollständig durchwachten Nacht dürfen die Patienten täglich sieben Stunden schlafen, allerdings zu vorgezogenen Zeiten: in der ersten Nacht von fünf Uhr nachmittags bis Mitternacht, in der zweiten von sechs bis eins usw., bis sie nach einer Woche wieder gewöhnliche Schlafenszeiten erreicht haben.
    Bei Depressiven scheint in irgendeiner Weise die Synchronisierung von Schlaf-Wach-Zyklus und inneren Rhythmen gestört zu sein. Dafür gibt es verschiedene Anhaltspunkte: Viele Patienten fühlen sich morgens besonders mies und abends relativ gut. Diese Leute sprechen übrigens besonders gut auf Schlafentzug und Schlafphasenverschiebung an!
    Ausserdem wirkt der partielle Schlafentzug in der zweiten Nachthälfte etwas besser als in der ersten. Und Vormittagsnickerchen nach einer durchwachten Nacht führen häufiger zu einem Rückfall in die Depression als Nachmittagsnickerchen.
    Dies alles bestätigt eine Hypothese, dass es in den frühen Morgenstunden eine kritische Phase gibt. Schläft ein depressiver Mensch zu diesem Zeitpunkt, wird eine Art Schalter umgelegt, der die Stimmung verschlechtert. Bleibt er hingegen in der kritischen Phase wach, umgeht er den Absturz in die Schwermütigkeit.
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  • Lichttherapie: Winterdepressionen, d.h. depressive Verstimmungen in der sonnen- und lichtarmen Jahreszeit (auch saisonale Depression genannt, seltener existiert also auch eine Sommerdepression!) kann durch morgendliches (zwischen 5:30 und 9:00) anstrahlen von 2’500 (für ein bis zwei Stunden) bis 10’000 (während 30 Minuten) Lux-Lampen (weisse Leuchtstoffröhren) sehr positiv beeinflusst werden. Bereits nach 10 bis 14 Tagen hebt sich die Stimmung. Es wird empfohlen, eine Lichttherapie solange durchzuführen, bis die Frühjahrssonne wieder mehr Licht liefert. (z.B. Archives of general Psychiatry, Vol. 58, No.1 (2001), S.69 – 75). Eine Möglichkeit “natürlicher” Lichttherapie besteht darin, dass die Morgendämmerung simuliert wird: noch während die Betroffenen schlafen, wird ein Licht eingeschaltet und über ein bis zwei Stunden langsam heller gemacht, bis zur ungefähren Aufwachzeit die volle Lichtstärke erreicht ist.
    Winterdepressionen sind (im Gegensatz zur selteneren Sommerdepression) häufig von so genannten atypischen Depressionssymptomen begleitet; dazu gehören zum Beispiel vermehrter Schlaf und verstärkter Appetit (vor allem für Süsses) mit Gewichtszunahme.
    Auf www.chronobiology.ch findet sich eine Liste, welche die Schweizer Institutionen angibt, in denen eine Lichttherapie möglich ist. Diese Seite liefert auch weitere nützliche Infos, wie z.B. Adressen von Firmen, die Tischgeräte für die Heim-Lichttherapie vertreiben.
    Gemäss neueren Studien hilft die Lichttherapie aber auch sämtlichen über 60jährigen mit Major Depression: 1 Stunde morgens mit ca. 7500 Lux! (Arch Gen Psychiatry 68(1):61-70, January 2011 © 2011 to the American Medical Association
    Bright Light Treatment in Elderly Patients With Nonseasonal Major Depressive Disorder-A Randomized Placebo-Controlled Trial. Ritsaert Lieverse, Eus et Al.)

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  • Botulinumtoxin unter die Haut zwischen die Augen gespritzt, dort wo sich die Zornesfalten bilden, kann eine (auch schwere) Depression stark verbessern.
    Als Begründung wird die sogenannte Facial-Feedback-Hypothese angesehen, eine gegenseitige Wechselwirkung von Emotionen und der Mimik (die umgekehrte Abhängigkeit ist ja altbekannt). Als Beispiel sind die Versuche bekannt, dass Menschen Comics anschauen und dabei einen Stift nur mit den Zähnen und nicht mit den Lippen im Mund halten. Diese Aktivierung der Lachmuskeln macht, dass die Comics lustiger empfunden werden!
    Diese Rückkoppelung vermag Botulinumtoxin nun offenbar zu unterbrechen.
    (J Psychiatr Res. 2012 Feb, Facing depression with botulinum toxin: A randomized controlled trial. Wollmer)
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  • Bei älteren Menschen mit Depression wirkt auch sehr gut:
    – mehr Kinobesuche
    – mehr Konzerte, Opern, Theater,…
    – mehr Kunstausstellungen!
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  • Medikamente Antidepressiva:
    Antidepressiv wirkende Medikamente (SSRI) können allein genommen oder mit Psychotherapie kombiniert werden. Sie sind laut umfassenden und neueren Studien leider nicht so wirksam, wie sie dargestellt werden. Psychotherapie ist bei leichten und mittelgradigen Depressionen wirksamer, als Medikamente es sind. Das gilt nicht unbedingt für die Akutbehandlung, wohl aber für die Wirkung auf lange Sicht.. Medikamente führen nach Absetzen häufiger zu einem Rückfall. Das Risiko für eine erneute depressive Episode steigt nach erfolgreicher Behandlung durch ein Medikament allein um das Drei- bis Fünffache. Bei frühzeitiger psychotherapeutischer Behandlung sinkt aber das Risiko für weitere Depressionen (Robert DeRubeis, Nature Review Neuroscience).
  • Antidepressiva können die Plastizität erhöhen – unter bestimmten Bedingungen:
    Auch herkömmliche Antidepressiva erhöhen die Plastizität im Gehirn, wie Forscher beim Ketamin gefunden haben, und zwar, indem sie an Kalzium-Kanäle von Nervenzellen andocken. Sie binden ausserdem – genauso wie Ketamin – an spezielle Rezeptoren der Hirnzellen und verändern deren Gestalt, sodass ein bestimmter Wachstumsfaktor besser andocken kann. Er sorgt dafür, dass mehr dieser Rezeptoren in die Hülle der Nervenzellen eingebaut werden und verstärkt so die Übertragung von Signalen (Cell: Casarotto et al., 2021).
    Und schliesslich könnte die neue Hypothese sogar eine Erklärung dafür liefern, warum Antidepressiva kein Allheilmittel sind und nicht in jedem Fall helfen. Dass sich Hirnzellen besser verschalten, ist nämlich nur die Grundbedingung für die Genesung. Medikamente können ein Fenster öffnen. Aber damit sich wirklich etwas zum Guten verändert, muss es draussen etwas Neues zu sehen geben.
    Zum Umlernen braucht es beides, Plastizität im Hirn und neue Erfahrungen: Aktivitäten, die Freude bereiten; Menschen, die einem guttun. Und manchmal eine Psychotherapie.
    Tatsächlich wirkt die Kombination von Antidepressiva und Psychotherapie besser als jede der Behandlungen allein, das zeigen verschiedene Metaanalysen (World Psychiatry: Cuijpers et al., 2020,Depression and Anxiety: Cuijpers et al., 2009, Psychological Medicine: Kamenov et al., 2017 ). Diese Situation wird mit einer Autopanne verglichen: Antidepressiva können das Auto reparieren, aber welche Richtung die Patienten danach einschlagen, hängt von vielen Faktoren ab. Eine Psychotherapie wirkt wie eine Beschilderung, die den Weg zur Genesung zeigt.
  • Die Erkenntnisse der Forscher fügen sich allmählich zu einem neuen Bild der Depression – und der Effekte von Antidepressiva: Die Medikamente wirken vermutlich gar nicht per se stimmungsaufhellend, sondern ermöglichen vor allem Veränderung, indem sie Menschen empfänglicher für Einflüsse von aussen machten.
    Das würde auch den merkwürdigen Befund der Wissenschaftlerinnen vom Istituto Superiore di Sanità erklären: Wenn das soziale Umfeld stabil ist, können die Medikamente dessen positiven Wirkungen verstärken. Wenn aber Beziehungen und Sicherheit fehlen, dann können die Pillen auch diese negativen Einflüsse verschärfen!
    Umso wichtiger ist es also, dass besonders Patientinnen und Patienten in schwierigen sozialen Situationen nicht nur Antidepressiva, sondern auch Unterstützung von Psychotherapeuten erhalten. Die Realität sieht jedoch anders aus: Gerade Kranke mit niedrigem Einkommen, einem geringen Sozialstatus und ohne Arbeit bekommen häufiger Psychopharmaka auf Dauer verschrieben. Und wer weniger gebildet ist, nimmt seltener eine Psychotherapie in Anspruch.
    Zudem leiden Menschen mit niedrigem Einkommen und geringer Bildung ohnehin fast doppelt so häufig unter Depressionen wie Menschen mit einem hohen sozialökonomischen Status.
    Diejenigen, die es ohnehin nicht leicht haben, trifft es also gleich dreifach schwer: Sie bekommen eher eine Depression, ihnen helfen Antidepressiva offenbar im Schnitt weniger gut und sie erhalten seltener eine Psychotherapie. Höchste Zeit, nicht ein vermeintliches chemisches Ungleichgewicht zu behandeln – sondern ein soziales.
    (zitiert aus der ZEIT, 28. März 2023, von Stefania Kara)
  • Antidepressiva nützen nur, wenn der Patient diese auch will und sich eine gute Wirkung erhofft!
  • Medikamentöse antidepressive Therapie beginnt man mit niedriger Dosierung, eventuell zusammen mit Tranquilizer oder Hypnotikum, gibt möglichst rasch eine mittlere Dosis und wechselt das Mittel, wenn keine Zustandsverbesserung nach 3-4 Wochen und Maximaldosis während 10-14 Tagen.
    Auch ein hochdosiertes Johanniskraut-Extrakt über mindestens 3 und mehr Monaten eingenommen, kann wesentlich erleichtern. (Achtung: zahlreiche Interaktionen, die wahrscheinlich zum Teil auf Induktion CYP-450-abhängiger Enzyme beruhen, sind inzwischen beschrieben: erniedrigte Plasmaspiegel von oralen Antikoagulanzien, Digoxin, Ciclosporin, Theophyllin und trizyklische Antidepressiva, Durchbruchblutungen unter desogestrolhaltigen Antibabypillen und Symptome eines Serotoninsyndroms bei Kombination mit Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (neuere Antidepressiva). Zwei Wochen Abstand zwischen Einnahme von Johanniskraut und den Antidepressiva, aber auch vor Operationsnarkosen (!) erscheint ratsam. (arznei-telegramm 1/2000, 15)

…und dann noch:

  • Viele Internetseiten versprechen Hilfe bei depressiven Störungen. Doch welche wirken? Zu den von der Stiftung Warentest als wirksam getesteten Angeboten zählt moodgym.de.
    Fünf Übungsblöcke auf verhaltenstherapeutischer Basis helfen bei leicht depressiver Symptomatik, neue Wahrnehmung zu trainieren und unterstützendes Verhalten zu lernen, beispielsweise belastende Geadnkenmuster durch neue zu ersetzen.
  • Depression & Erschöpfung:
    kostenlose Onlinetrainings von Universitäten-Gruppe:
    https://geton-training.de/: bei Tumorerkrankungen; bei koronaren Herzkrankheiten; bei Diabetes; bei Rückenschmerz und Arbeitsunfähigkeit
  • und ein interessantes Buch zum Thema:
    David Servan-Schreiber: Die neue Medizin der Emotionen: Stress, Angst, Depression: Gesund werden ohne Medikamente, 2003, Goldmann.
  • Liebe und Kunst helfen uns, unsere Melancholie in gute Bahnen zu lenken – das Glück, traurig zu sein: Joke J. Hermsen, Melancholie in unsicheren Zeiten. HarperCollins, Hamburg 2021
  • Randolph Neeses Buch „Good Reasons for Bad Feelings lesen.
  • UNTER DER GLASGLOCKE:
    Depressionen sind eine Krankheit der Lebenswelt, eine des Leibes, des Raumes, der Zeit und mithin der Intersubjektivität. Depressionen haben heisst keine Zukunft zu haben, weder denken noch fühlen zu können, dass sich an der konturlosen Unzeit, die man sein Leben nennt, irgendetwas ändert. Es heisst, sich nicht da-seiend, nicht präsent zu fühlen, die Gegenwart als zähe Dauer zu erfahren – die Zeit zu erleben, anstatt sie zu leben – , und von einer lastenden Vergangenheit bedroht, beschämt und grausam erniedrigt zu werden. Was in vermeintlicher Nähe geschieht, fühlt sich unendlich fern an. Die Welt ist stumm, sie spricht nicht zu dir, oder in bedrohlicher Weise. Das Bewusstsein für jeden Horizont ist zerrüttet, das Angebot, das einem die Welt offeriert, verknappt sich auf radikale Weise. Potentialitäten verheissen nichts mehr, versprechen nur Schlimmeres vom Gleichen.
    (Christoph David Piorkowski veröffentlicht am 29 Juni 2022  in PhilosophieMagazin)

Die beste Nachricht kommt ganz zum Schluss: Depressionen können sehr schwer sein – aber sie sind fast immer heilbar. Den allermeisten Menschen geht es irgendwann wieder gut, auch wenn sie sich das in ihren dunkelsten Tagen nicht vorstellen können.

Das Leben wird wieder hell und leicht.

Veröffentlicht am 17. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
17. April 2024

Diabetes Typ 2

  • Was tun? Neue Ansätze, um den Diabetes zu verzögern und Risiken zu senken >>> hier unten!

  • Gewicht abnehmen!
  • Mediterrane Küche mit Oliven-, Lein- oder Rapsöl, Nüssen (eine Handvoll täglich) und viel Gemüse, Obst (nur 2 Handvoll!) und v.a. viel Hülsenfrüchte – wenig Fleisch.
    In Kürze hier in meinem Blog.
  • KEIN BROT! KEINE FRUCHTSÄFTE!
  • Keine Zwischenmahlzeiten: maximal nur 2 bis 3mal täglich essen – mit mindestens 4.5 Stunden Intervall (aber auch nicht nur einmal!).
    Längere Zeitabschnitte (am besten 16 bis 72 Stunden) ohne jegliche Hartnahrung: Kurz- oder Intervallfasten (16:8 oder 5:2).
  • Die ideale Reihenfolge während einer Mahlzeit ist:
    1. zuerst die Ballaststoffe (Gemüse, Salat, Nüsse), dann
    2. die Proteine (Käse, Hülsenfrüchte, Fisch, Ei) und nur zum Schluss eventuell
    3.) die Stärke (Brot, Pasta) und wenig Zucker (als Dessert!).
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  • Kein oder wenig Grillieren von rotem Fleisch.
  • Grüntee (4 Tassen/d) – Zimt (1 bis 6 Gramm pro Tag) – Hafer (3 oder mehr Esslöffel Flocken täglich – an 2 Tagen im Monat nur Haferprodukte essen mit viel Tee und Wasser)
  • Kaffee (3 oder mehr täglich – auch ohne Koffein)
  • Ein Ei täglich essen!
  • Ferritin (Eisenspeicher) senken – Blut spenden, Konsum an rotem Fleisch senken!
  • Selten stark verarbeitete, nicht naturbelassene Nahrungsmittel (Fertigpizza!)
  • Keinerlei Süssstoffe!
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  • genügende Schlafdauer!
  • Metformin (bei einem BMI über 30 ev. auch als Prävention?!)
  • Falls man Blutdruckmedikamente schlucken muss: ABENDS einnehmen!

Das metabolische Syndrom und der Typ-2-Diabetes als Wegbereiter des Herzinfarktes >>> siehe hier!

“Prädiabetes” – Wie steigert man in der Gesellschaft die Anzahl “prä-kranker” Menschen?!

Kommentar zum Systematic Review im BMJ über Prädiabetes (Barra E. et al. Efficacy and effectiveness of screen and treat policies in prevention of type 2 diabetes: systematic review and meta-analysis of screening test and interventions. BMJ 2017; 356: i6538):
“Diese Studie ist ein Beispiel dafür, was Eugen Bleuler (Psychiater, Direktor an der Psychiatrischen Uniklinik Zürich) vor 100 Jahren mit dem Titel seines Buches „Das autistisch-undisziplinierte Denken in der Medizin und seine Überwindung“ angesprochen hat.
Es wird ein neuer – eine Krankheit andeutenden – Begriff kreiert, von wem auch immer, der einen nicht unbeträchtlichen Teil der Menschen als zumindest prä-krank klassifiziert. Zu alledem kommt noch, dass diese „Prä-Krankheit“ nicht einmal klar definiert ist, also je nach Interesse einmal so oder so definiert wird. Wissenschaftliche Medizin setzt voraus, dass Begriffe und Kategorien klar definiert werden.
Die Undiszipliniertheit ist noch nicht überwunden. Man sollte sich nicht wundern, wenn die Bevölkerung den krankmachenden Institutionen und Behörden nur noch den Rücken zeigt!” (www.evimed.ch/journal-club/artikel/detail/prae-diabetes-wie-steigert-man-in-der-gesellschaft-die-anzahl-praekranker-menschen/ – aus dem Horton-Zentrum für evidenzbasierte Medizin der Universität Zürich)

Beim «Altersdiabetes» oder Typ-2-Diabetes ist nicht nur der Kohlehydratstoffwechsel gestört

In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass die zum Typ-2-Diabetes führenden Veränderungen im Kohlehydratstoffwechsel zusammen mit Übergewicht, Bluthochdruck und abnormen Blutfettwerten Ausdruck einer komplexen metabolischen Störung sind. Zum metabolischen Syndrom, wie die Kombination dieser kardiovaskulären Risikofaktoren heisst, kommt es durch Wechselwirkung von genetischen und Umweltfaktoren.

Der Diabetes mellitus Typ 2 (früher auch Altersdiabetes genannt) hat laut wiederkehrenden Meldungen epidemische Ausmasse erreicht – die Zahl der Zuckerkranken, die heute weltweit auf gut 150 Millionen geschätzt wird, soll sich bis ins Jahr 2025 gar verdoppeln. Neben den direkten Kosten durch die Diabetes-Therapie und der Tatsache, dass das Leiden eine wichtige Ursache der Erblindung, des chronischen Nierenversagens sowie von Amputationen darstellt, wird das gegenüber Nichtdiabetikern ganz erheblich erhöhte Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten betont – Diabetiker erleiden nämlich doppelt bis viermal so häufig einen Herzinfarkt. Besonders beunruhigend ist, dass die arteriosklerotischen Veränderungen oft schon Jahre vor dem Ausbruch der Krankheit nachgewiesen werden können, offenbar verursacht durch bestimmte Stoffwechselstörungen, wie sie im Rahmen des sogenannten metabolischen Syndroms auftreten. Dieser Symptomkomplex umfasst eine Reihe von Merkmalen, die allesamt Risikofaktoren für kardiovaskuläre Krankheiten sind. Das offenkundigste Zeichen des metabolischen Syndroms, die Fettleibigkeit (Adipositas), gilt denn auch als eigentliche Ursache der weltweiten Diabetes-Epidemie.

Studiendaten haben in letzter Zeit eine reziproke Wechselwirkung von Glukosemetabolismus und Lipidstoffwechsel suggeriert: Personen mit genetisch bedingt tiefem LDL-Cholesterin haben ein höheres Diabetesrisiko als Personen mit hohem LDL-Cholesterin. Eine Statintherapie (=Fettsenker) scheint hier zusätzlich zu interferieren und erhöht entsprechend das Risiko für einen neu diagnostizierten Diabetes mellitus, wobei es sich vorwiegend um einen Typ-2-Diabetes handelt.

Der Bauchumfang ist der Indikator für das Diabetesrisiko

Allein der Bauchumfang kann vorhersagen, ob jemand an Diabetes erkranken wird. So haben Frauen mit einem Bauchumfang von mehr als 89 cm ein 32-fach erhöhtes Diabetesrisiko im Vergleich zu Frauen mit weniger als 80 cm.
Und Männer mit einem Bauchumfang von mehr als 102 cm sind 22-mal stärker Diabetes-gefährdet als Männer mit weniger als 94 cm Bauch!

Alles beginnt oft schon im Kindesalter

Siehe dazu den sehr informativen offenen Brief der foodwatch.org an die deutsche Regierung!

Insulinresistenz, Hyperinsulinismus und Betazell-Dysfunktion

Die Einsichten in die dem Typ-2-Diabetes zugrunde liegenden genetischen und biochemischen Veränderungen und deren enge Verknüpfung mit der Fettleibigkeit und der Entstehung von Herz- Kreislauf-Krankheiten haben sich in den letzten Jahren erheblich gewandelt. Diabetes, Bluthochdruck, Fettleibigkeit oder abnorme Blutfettwerte werden heute nicht mehr als eigenständige Risikofaktoren betrachtet, sondern gelten allesamt als Ausdruck einer komplexen Stoffwechselstörung, deren metabolisches Leitsymptom die sogenannte Insulinresistenz ist: das ungenügende oder fehlende Ansprechen der Muskel-, Fett- und Leberzellen auf die Wirkungen von Insulin. (Wird vom Hausarzt mittels des oralen Glukosetoleranztests gemessen).

Bis vor nicht allzu langer Zeit glaubte man, dass der Diabetes mellitus Typ 2, an dem rund 90 Prozent aller Zuckerkranken leiden, Ausdruck eines Defektes der Insulinrezeptoren an den Körperzellen sei. Doch nur in ganz seltenen Fällen findet sich tatsächlich eine Mutation auf Rezeptorebene. Viel eher scheinen zahlreiche, vom im übermässig vorhandenen Bauchfett abgegebene Substanzen, vermehrt im Blut zirkulierende Fettsäuren sowie möglicherweise auch Störungen im Eisenstoffwechsel, die an der Vermittlung der Insulinwirkung beteiligten intrazellulären Proteine und Mechanismen zu beeinflussen, so dass es zur Insulinresistenz kommt. (Der Typ-1-Diabetes dagegen ist eine Autoimmunerkrankung.)

Typ-2-Diabetes ist auch eine Entzündungskrankheit

Es existiert eine klare Interaktion zwischen dem Stoffwechsel und dem Immunsystem. Steroidhormone (Kortison!) als potente Immunsuppressoren sind schon lange auch für ihre hyperglykämische Wirkung bekannt. Die Insulinresistenz und der Insulinsekretionsdefekt ist in wesentlichen Aspekten eine pathologische Reaktion des Immunsystems – auch die wichtigsten Komplikationen des Diabetes: Herz-Kreislauf, Nieren- und Augen-Krankheiten.

Dieser Zusammenhang von Immunsystem und Stoffwechsel (auch Immuno-Metabolismus genannt) beschreibt Jacques Philippe schön in einem Artikel der Schweiz Med Forum 2018 (aber auch die Ernüchterung einer antientzündlichen, medikamentösen Therapie dagegen).

Auch die Zusammensetzung unserer Darmflora spielt in diesem Zusammenhang wahrscheinlich eine sehr grosse Rolle bei der Entstehung der Insulinresistenz (siehe dazu weiter unten).

Diabetes und Psyche: Angst vor Folgekrankheiten ist die grösste Belastung

Diese Angst und eine folgende Depression kann auch die Zytokine erhöhen und damit die Entzündungsneigung erhöhen – und dies wiederum den Diabetes verstärken: ein unheilvoller Teufelskreislauf!

Diabetes und die Entzündung des Nervensystems

Dies ist der gemeinsame Nenner von vielen Krankheiten, die mit dem Diabetes kombiniert auftreten können: Siehe dazu mein Blogbeitrag.

Hyperinsulinismus – stets zu viel Insulin im Blut

Während langer Zeit kann das verminderte Ansprechen von Muskulatur, Fett- und Lebergewebe mit einer gesteigerten Insulinproduktion kompensiert werden, denn die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse vermögen ihre Leistung um das Zehnfache zu steigern. Dadurch bleiben die Blutzuckerspiegel vorerst normal bei allerdings gleichzeitig erhöhten Insulinwerten.
Dieser sogenannte Hyperinsulinismus ist wahrscheinlich mitbeteiligt an der Entstehung des Bluthochdrucks und beeinflusst zudem die Verteilung der Blutfette ungünstig – beides wohlbekannte kardiovaskuläre Risikofaktoren. (Ich muss betonen, dass ich hier nicht von der sehr seltenen genetischen Stoffwechselstörung spreche, von der es auf der Erde wenige 100 Familien gibt, die ein HI-Kind haben. Diese Kinder leiden stark unter dem erhöhten Insulin, dass zu ständigen Hypoglykämien führt und dadurch Hirnstörungen verursachen kann. Diese Kinder müssen  trotz Essstörungen entweder mit Peg-Sonde oder mit Zwang mit Kohlehydraten ernährt werden, da die Kinder sonst nicht überleben. Diese Kinder kommen häufig mit einem Blutzuckerspiegel von 0 auf die Welt: mehr Infos darüber unter www.hyperinsulinismus.de).
In der Praxis ist der Insulinspiegel jedoch nicht zuverlässig messbar. Einen Hinweis auf die Insulinsekretion bzw. auf ein Insulinresistenzsyndrom erhält der Arzt aus dem Body-Mass-Index (über 25) sowie dem Quotienten aus Triglyceriden und dem HDL-Cholesterin (TG/HDL-Ratio > 3,5).
Nach Jahren vermag die Bauchspeicheldrüse schliesslich den immer grösseren Insulinbedarf nicht mehr zu decken: Die Betazellen erschöpfen sich und gehen teilweise zugrunde. Die Blutzuckerspiegel steigen an, der Diabetes wird manifest. Die Inselzellen brennen also einerseits regelrecht aus. Andererseits scheinen sie aber auch direkt durch die vermehrt zirkulierenden Fettsäuren sowie chronisch erhöhte Glukosespiegel geschädigt zu werden.

Doch die Insulinresistenz ist nicht alleinige Ursache der zunehmenden Überforderung der Insulin produzierenden Zellen. Vielmehr dürfte eine vorbestehende, vererbte Schwäche der Betazellen durch die erhöhten Anforderungen demaskiert werden. So ist bei Personen, die später einen Diabetes mellitus entwickeln, die sogenannte Frühphase der Insulinsekretion bereits Jahre vor Ausbruch der Krankheit (meistens unerkannt) gestört – die Bauchspeicheldrüse ist also schon frühzeitig nicht mehr in der Lage, die Spitzen der Blutglukosewerte, wie sie unmittelbar nach einer Mahlzeit auftreten, aufzufangen.
Ein ganzes Paket an Studien weist sogar darauf hin, dass die Hyperinsulinämie an der Entstehung unterschiedlicher Krankheitsbilder wesentlich mitbeteiligt ist. Sie scheint ein “Missing Link” zu sein, der begründet, warum beispielsweise Übergewicht zu höheren Fallzahlen von Brust-, Dickdarm- oder Prostatakrebs führt. Daneben kann eine Fettleber (nicht-alkoholische) entstehen, polyzystische Ovarien und eine Schlafapnoe!
Beste und einfachste Massnahme gegen den Hyperinsulinismus: Längere Zeitabschnitte (am besten 16 bis 72 Stunden) ohne jegliche Hartnahrung: Kurz- oder Intervallfasten (16:8 oder 5:2), dann kann der Insulinspiegel regelmässig wieder sinken und auf Null zurückgehen. Der gesamte Insulinstoffwechsel erholt sich!

Wechselwirkung von Genen und Umwelt

Unterdessen ist klar, dass in der Entstehung des Typ-2-Diabetes eine Vielzahl von genetischen und Umweltfaktoren wie Fehlernährung und mangelnde Bewegung zusammenspielen, die schliesslich zur zunehmenden Entgleisung des Stoffwechsels führen. Auf Grund von Tiermodellen, den raren Fällen des dominant vererbten, sogenannten Mody-Diabetes sowie Untersuchungen bei verschiedenen ethnischen Gruppen mit unterschiedlicher Diabetes-Häufigkeit konnten in den letzten Jahren verschiedene Gendefekte festgemacht werden, die mit einem erhöhten Diabetes-Risiko einhergehen. Doch weder bei den verschiedenen Typen des Mody-Diabetes noch bei den Pima-Indianern in Arizona, die im Rahmen der zunehmenden «Verwestlichung» immer dicker geworden sind und unterdessen die weltweit höchste Diabetes-Prävalenz aufweisen, gibt es ein eigentliches «Diabetes-Gen». Auch in diesen Fällen scheinen Mutationen in verschiedensten Genen in jeweils unterschiedlicher Kombination zu den fatalen Stoffwechselstörungen zu führen.
Dass die Gene beim Typ-2-Diabetes eine grosse Rolle spielen, zeigt die Tatsache, dass zuckerkranke Patienten in rund 40 Prozent der Fälle mindestens einen Elternteil haben, der ebenfalls an einem Diabetes mellitus Typ 2 leidet. Und bei eineiigen Zwillingspaaren beträgt die Konkordanz gar fast 90 Prozent. Zudem zeigen Kinder diabetischer Eltern oft schon früh Zeichen der Insulinresistenz und erhöhte Insulinwerte im Blut, selbst wenn sie nicht übergewichtig sind.

Ob dicke Personen mit einer Insulinresistenz tatsächlich eine genetische Ausstattung haben, die ihnen vor Jahrtausenden das Überleben auch bei äusserst knapper Nahrung ermöglicht hätte, wie dies eine gängige Theorie postuliert, muss offen bleiben. Ebenso spekulativ ist der unter anderem auf Grund der Analyse von knapp 70 000 Frauen (im Rahmen der sogenannten Nurses Health Study) vermutete Zusammenhang zwischen einem niedrigen Geburtsgewicht (was auf einen vorgeburtlichen Nährstoffmangel schliessen lässt) und einem späteren Diabetes. Nur diejenigen der untergewichtigen Kinder, so die Idee, die besonders gut mit den knappen Ressourcen umgehen können, überleben. Tatsache aber ist, dass dieser evolutionär möglicherweise vorteilhafte Genotyp heute zur oft tödlichen Bürde geworden ist.

Was tun?

Ernährung, Bewegung und Abnehmen siehe beim Metabolischen Syndrom!
Am besten längere Zeitabschnitte (optimal 16 bis 72 Stunden) ohne jegliche Hartnahrung: Kurz- oder Intervallfasten (16:8 oder 5:2)! So sinkt regelmässig der Insulinspiegel auf Null.

Pro 1 Kilogramm Gewichtsverlust ergibt sich eine Reduktion des Diabetes um 13 Prozent. Bei Gewichtsverlust von 20 kg verschwindet der Diabetes mellitus-Typ II in 95 Prozent!

Die Ergebnisse der untenstehenden Studie liefern klare Hinweise, dass ein Typ-2-Diabetes – der nicht länger als 6 Jahre bekannt ist – keine lebenslange Erkrankung ist. Mit einer Gewichtsreduktion kann die diabetische Stoffwechsellage bei einem erheblichen Teil der Patienten normalisiert werden. (Lean MEJ et al. Primary care-led weight management for remission of type 2 diabetes (DiRECT): an open-label, cluster-randomised trial. Lancet 2018; 391: 541-51)

Neue Ansätze, um den Diabetes zu verzögern und Risiken zu senken:

    • Gewicht abnehmen!
    • Mediterrane Küche mit Oliven- oder Rapsöl, Nüssen (eine Handvoll täglich) und viel Gemüse, Obst (nur 2 Handvoll!) und v.a. viel Hülsenfrüchte – wenig Fleisch.
      In Kürze hier in meinem Blog.
    • KEIN BROT! KEINE FRUCHTSÄFTE!
    • Keine Zwischenmahlzeiten – oder dann nur etwas Eiweiss (z.B. Käse) und keine Kohlenhydrate.
    • Keine Zwischenmahlzeiten: maximal nur 2 bis 3mal täglich essen – mit mindestens 4.5 Stunden Intervall (aber auch nicht nur einmal!).
      Längere Zeitabschnitte (am besten 16 bis 72 Stunden) ohne jegliche Hartnahrung: Kurz- oder Intervallfasten (16:8 oder 5:2).
    • Die ideale Reihenfolge während einer Mahlzeit ist:
      1. zuerst die Ballaststoffe (Gemüse, Salat, Nüsse), dann
      2. die Proteine (Käse, Hülsenfrüchte, Fisch, Ei) und nur zum Schluss eventuell
      3.) die Stärke (Brot, Pasta) und wenig Zucker (als Dessert!).
    • Kein oder wenig Grillieren von rotem Fleisch.
    • Grüntee (4 Tassen/d) – Zimt (1 bis 6 Gramm pro Tag) – Hafer (3 oder mehr Esslöffel Flocken täglich – an 2 Tagen im Monat nur Haferprodukte essen mit viel Tee und Wasser)
    • Kaffee (3 oder mehr täglich – auch ohne Koffein)
    • Ein Ei täglich essen!
    • Ferritin (Eisenspeicher) senken – Blut spenden, Konsum an rotem Fleisch senken!
    • Selten stark verarbeitete, nicht naturbelassene Nahrungsmittel (Fertigpizza!)
    • Keinerlei Süssstoffe!
      .
    • genügende Schlafdauer!
    • Metformin (bei einem BMI über 30 ev. auch als Prävention?!)
    • Falls man Blutdruckmedikamente schlucken muss: ABENDS einnehmen!

Mediterrane Ernährung für DM2

Italienische und UK Forscher verglichen den Effekt von low- carb Mediterrane Ernährung mit low-fat Diät mit dem Verbrauch von Antidiabetes-Medikamenten bei Patienten mit neulich diagnostizierten Diabetes mellitus Typ II.
Sie fanden: “After 4 years, 44% of patients in the Mediterranean- style diet group and 70% in the low-fat diet group required treatment (absolute difference -26.0 percentage points, hazard ratio 0.63, hazard ratio adjusted for weight change 0.70). Participants assigned to the Mediterranean- style diet lost more weight and experienced greater improvements in some glycemic control and coronary risk measures than did those assigned to the low- fat diet.”
Die Autoren schlossen daraus: “Compared with a low-fat diet, a low- carbohydrate, Mediterranean-style diet led to more favorable changes in glycemic control and coronary risk factors and delayed the need for antihyperglycemic drug therapy in overweight patients with newly diagnosed type 2 diabetes.” (Annals of Internal Medicine 151(5):306-314, 1 September 2009 © ; Effects of a Mediterranean-Style Diet on the Need for Antihyperglycemic Drug Therapy in Patients With Newly Diagnosed Type 2 Diabetes-A Randomized Trial. Katherine Esposito et al.)

Die mediterrane Ernährung wirkt auch der Verarmung der Darmflora entgegen, was einen Diabetes massiv bessern kann:

Viel Fett lässt die Darmflora verarmen und führt zu Adipositas und Insulinresistenz!

Es hat sich auch gezeigt, dass eine Verarmung unserer Darmbakterien mit Adipositas und auch einer Insulinresistenz einhergeht. Menschen, die mehr Gemüse und Früchte (Obst aber nur 2 Handvoll täglich) – und auch Vollkornprodukte essen, haben dagegen eine reichere Darmbesiedlung.
Vielleicht ist dies auch ein weiterer Grund gegen zuviel Antibiotikatherapie, vor allem im Kleinkindesalter. Auch Kaiserschnittkinder und solche, die Flaschennahrung (anstatt Muttermilch) erhielten, haben übrigens weniger Bakterienvielfalt im Darm.

10% mehr Fertigpizza macht 15% mehr Diabetes!

Das Risiko, einen DM zu entwickeln steigt massiv mir der Einnahme von nicht naturbelassenen Lebensmittel der schlechtesten Gruppe NOVA 4.
Was allerdings für die möglichen negativen Wirkungen der stark verarbeiteten Lebensmittel verantwortlich sein könnte, kann bisher niemand genau sagen. Man müsste die Zusatzstoffe alle einzeln untersuchen. Das kann man mit Beobachtungsstudien nicht und die Interventionsstudien, die man dazu bräuchte, die gibt es kaum.
Zum Teil lassen sich Effekte möglicherweise dadurch erklären, dass bereits bekannte Risikofaktoren wie Softdrinks ebenfalls zu den stark verarbeiteten Lebensmitteln gehören oder dass Schutzfaktoren wie Ballaststoffe in Fertigmahlzeiten seltener vorkommen. Das kann allerdings nicht komplett die berechnete Wirkung erklären.
(jamanetwork.com/journals/jamainternalmedicine/article-abstract/2757497)

Auch Gewichtszunahme wurde in einer Interventionsstudie bereits mit stark verarbeiteten Lebensmitteln in Verbindung gebracht. Ein höheres Körpergewicht gilt ebenfalls als Risikofaktor für Typ-2-Diabetes.
Die Autoren vermuten allerdings, dass noch weitere Inhaltsstoffe oder Eigenschaften der stark verarbeiteten Lebensmittel eine Rolle spielen. Wegen der meist langen Haltbarkeit könnten mehr Stoffe aus Verpackungsmaterial in stark verarbeiteten Lebensmitteln und Getränken zu finden sein. Menschen, die mehr Softdrinks trinken, trinken diese oft aus Plastikflaschen, da könnten auch Weichmacher eine Rolle spielen.

Süssstoffe lässt auch die Darmflora verarmen!

Frühere Studien lieferten bereits Hinweise, dass ein hoher Süssstoff-Konsum mit einer schlechteren Blutzucker Kontrolle verbunden ist und dass der HbA1c-Wert mit zunehmendem Konsum süssstoffhaltiger Getränke ansteigt.

Kalorienfreie Süssstoffe beeinträchtigen offenbar die Aufnahme und die Kontrolle des Blutzuckers, indem sie das Darmmikrobiom durcheinanderbringen, wie australische Forscher erstmals zeigen konnten. Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass künstliche Süssstoffe sich möglicherweise auch verheerend auf die blutzuckersenkende Medikation von Patienten mit Diabetes auswirken könnten [54th Annual Meeting of the European Association for the Study of Diabetes (EASD), 1. bis 5. Oktober 2018, Berlin].

Und hier:
Eine sehr umfassende und sorgfältige Studie findet, dass diverse, bisher als metabolisch neutral angesehene künstliche Süssstoffe zu charakteristischen Veränderungen des kolorektalen (intestinalen) Mikrobioms und damit zusammenhängenden sekundären Veränderungen bei einer Reihe von systemisch zirkulierenden Metaboliten («Metabolom») führen. Die Folge davon war, was man eigentlich verhindern möchte: Die Glukosetoleranz verschlechterte sich signifikant, wobei die interindividuellen Unterschiede recht gross waren. Die klinischen Implikationen künstlicher Süssstoffe könnten also negativer Art sein, die Ernährungsberatung mithin (nochmals) schwieriger.
Cell. 2022, doi.org/10.1016/j.cell.2022.07.016.

Häufiges Grillieren von rotem Fleisch ist auch nicht günstig!

Unabhängig von der Menge an verzehrtem roten Fleisch ist die Häufigkeit, mit der man Fleisch bei hohen Temperaturen im Herd oder auf dem Grill zubereitet, mit einem höheren Diabetesrisiko verbunden:
Mehr als 2-mal in der Woche ein Stück rotes Fleisch im Ofen zu grillen, ist mit einem um 30% höheren Diabetesrisiko verbunden,
bei Zubereitung auf dem Grill erhöhte sich das Risiko um 25%,
beim Braten im Ofen um 10% – jeweils im Vergleich zu jemandem, der diese Garmethoden seltener als einmal im Monat nutzt.
Die Häufigkeit von Schmoren/Kochen ist dagegen nicht mit dem Risiko für Typ-2-Diabetes verbunden.
(http://care.diabetesjournals.org/content/early/2017/05/31/dc17-0204)

Nüsse statt Kohlenhydrate!

Typ-2-Diabetiker, die Kohlenhydrate in ihrem täglichen Diätplan durch gemischte Nüsse ersetzen, schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe! Sie verbessern nicht nur ihre Blutzuckerkontrolle, sondern auch ihr Lipidprofil (Blutfette). In einer randomisierten kanadischen Studie (Diabetes Care, doi: 10.2337/dc11-0338) nahmen Diabetiker mal 3 Wochen lang täglich 475 kcal (= 75g/Tag) ihrer insgesamt 2000 kcal enthaltende Diät als gemischte Nüsse, Muffins oder jeweils die Hälfte von beiden zu sich. Wichtigster Endpunkt war die Veränderung des HbA1c-Wertes. Dieser sank statistisch signifikant nur in der Gruppe, welche die volle Nuss-Portion erhalten hatte. Auch das LDL-Cholesterin nahm nur in dieser Gruppe signifikant ab.

Kaffee wirkt prophylaktisch gegen den Diabetes Typ II

Menschen, die 3 oder mehr Kaffee täglich trinken haben gemäss einer grossen Studie 37% weniger Risiko einen Diabetes zu entwickeln, als diejenigen die nur einen Kaffee täglich tranken.
Auch konnten die Leute mit täglich eineinhalb Kaffee mehr ihr Risiko um 11% senken.
Übrigens half auch genau so gut entkoffeinierter Kaffee!
(Bhupathiraju SN, Pan A, Manson JE, et al. Changes in coffee intake and subsequent risk of type 2 diabetes: three large cohorts of US men and women. Diabetologia. 2014;57:1346-1354. Abstract

Grüntee verbessert Diabetes

Täglich viel Grüntee senkt signifikant in einer japanischen Studie das HbA1c, welcher als wichtigster Laborparameter für den Diabetes mellitus gilt. Der Grüntee muss aber medizinisch richtig zubereitet werden, damit alle Polyphenole (Catechine) erhalten bleiben:

Was muss ich beachten, wenn Grünteetrinken wirklich einen medizinischen Wert haben soll:
– Ein bis eineinhalb Liter täglich trinken.
– Drei gehäufte Esslöffel Pulver auf einen Liter.
– Pestizidfreien Grüntee wählen (“Bio”).
– Kalziumarmes Wasser benützen.
– Zwischen 60 und 80 Grad warmes Wasser zum Aufguss benützen.
– Fünf bis zehn (ev. bis zwanzig!) Minuten einwirken lassen.
– Ein paar Tropfen Zitronensaft im Tee schützt die Polyphenole vor den Verdauungssäften.
(European Journal of Clinical Nutrition 62:953-960, August 2008)

Wer regelmässig Grüntee trinkt, kann sein Diabetes-Risiko reduzieren, melden auch chinesische Forscher. Sie analysierten die Daten aus 17 Studien mit insgesamt 1100 Personen. Es zeigte sich, dass der Konsum von Grüntee den Nüchtern-Blutzucker signifikant senkte («American Journal of Clinical Nutrition», Bd. 98, S. 340). Mit vier Tassen Grüntee pro Tag liess sich das Diabetes-Risiko um 20 Prozent vermindern. Verantwortlich für den Effekt dürften auch hier die im Grüntee enthaltenen Catechine sein.

Ein Ei täglich vermindert Risiko für Diabetes

Männer, die ein Ein pro Tag essen, haben ein 40% geringeres Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln (diabetes-und-eier.pdf).
Eier sind eine reichhaltige Quelle für bioaktive Substanzen wie Carotinoide und Cholin, die sich positiv auf Faktoren wie Insulinresistenz, Entzündungen, Lipidoxidation oder den Stoffwechsel auswirken.
Man sollte dabei beachten, dass dieser hohe Eierkonsum zusammen mit einem kleinen Fleischkonsum, einem kleinen BMI, keinen Zigaretten und viel Bewegung daher kommt.

Zimt bei Diabetes

Bereits täglich eine Zimtstange im Tee kann die Insulinwerte von Diabetikern deutlich verbessern, schreiben Richard Anderson vom Forschungszentrum für Landwirtschaft und Ernährung in Beltsville (USA) in der Fachzeitschrift “Diabetes Care”. Anderson und sein Team hatten zufällig die Wirkung des in Zimt vorhandenen Wirkstoffs MHCP, ein spezielles Polyphenol (Methylhydroxy-Chalcone-Polymer) auf den Blutzuckerspiegel entdeckt, als sie gewöhnliche Lebensmittel untersuchten. In Laborexperimenten wirkte MHCP ähnlich wie Insulin und verstärkte somit die Aufnahme von Glukose in die Zellen. Nach dieser Entdeckung analysierten die Wissenschaftler den Effekt des Zimts bei 60 Testpersonen mit Diabetes vom Typ 2 in Pakistan. Menschen mit dieser Form von Diabetes können zwar Insulin produzieren, der Körper reagiert jedoch nicht mehr empfindlich darauf.
Nach 40 Tagen hatten die Diabetiker, die täglich ein paar Gramm Zimt einnahmen, bis zu 20 Prozent geringere Blutzuckerwerte als die Kontrollgruppe. Bei einigen verschwanden sogar die Symptome der Krankheit. Diese kehrten jedoch zurück, als die Zimttherapie eingestellt wurde. MHCP senkte nicht nur den Blutzuckerspiegel, sondern auch den Fettanteil und die Cholesterinmenge im Blut.
Die Forscher empfehlen Diabetikern daher, gesunde Nahrungsmittel täglich mit bis zu sechs Gramm gemahlenem Zimt zu verfeinern.

Und diese Studie:
To determine whether cinnamon lowers HbA1C in patients with type 2 diabetes, this researchers from Las Vegas performed a randomized, controlled trial of 109 type 2 diabetics (HbA1C >7.0) from 3 primary care clinics caring for pediatric, adult, and geriatric patients at a United States military base. Control was usual care with management changes by their primary care physician and intervention was usual care with management changes plus cinnamon capsules, 1g daily for 90 days. (The Journal of the American Board of Family Medicine September-October 22 (5): 507-512 (2009) © Effectiveness of Cinnamon for Lowering Hemoglobin A1C in Patients with Type 2 Diabetes: A Randomized, Controlled Trial. Paul Crawford, MD.)

Haferflocken gegen Diabetes

Haferflocken wirken sich positiv auf  den Blutzuckerspiegel aus. Hafer verschleimt den Nahrungsbrei im Darm, macht ihn dickflüssiger und verzögert dadurch die Aufnahme des Zuckers. Das kann nicht nur beim Abnehmen helfen, sondern auch bei Diabetes, wie eine Studie der Universität Heidelberg zeigt. Patienten konnten ihren Bedarf an Insulin bis zur Hälfte reduzieren und ihre Wert des Blutzuckers verbessern, wenn sie an zwei Tagen im Monat nur Haferprodukte assen und Tee oder Wasser tranken. Da sie weniger Insulin spritzen müssen, haben sie weniger Hunger und nehmen nicht zu. Haferflocken eignen sich auch zur Vorsorge für Menschen, die wegen ihr Übergewicht ein höheres Risiko für Diabetes haben oder an einer frühen Form der Krankheit leiden. Sie können so den drohenden Diabetes abwenden. Allerdings müssen die Betroffenen bemüht sein, auch sonst gesund zu essen und zu leben. Für Gesunde reicht zum Vorbeugen eine tägliche Portion von 35 Gramm Haferflocken aus. Das entspricht etwa 3 Esslöffel. Gegen erhöhte Fettwerte oder gar Diabetes empfehlen die Studien das Doppelte bis Dreifache. Die Nahrungsmittel Industrie bietet mittlerweile viele Fertigprodukte aus Haferflocken an. Allerdings verändert sich mit zunehmendem Verarbeiten der Gehalt an Nährstoffen und Fasern. Deshalb: Wenn jemand von den Vorteilen von Hafer profitieren will, dann wäre es wünschneswert, falls er eine möglichst wenig verarbeitete Quelle vorzieht. Haferflocken sind immer aus dem vollen Korn. Ob Haferflocken, Haferkleie oder Haferkörner macht keinen grossen Unterschied. Hafer lässt sich gut in den Alltag integrieren. Als Müesli zum Frühstück, als Suppe beim Mittagessen, als Zwischentrunk oder als warmen Porridge am Abend.
Allerdings: Wer bereits Diabetes hat und dagegen Medikamente nimmt oder Insulin spritzt, spricht am besten vor der Haferkur mit seinem Arzt. Denn es besteht das Risiko einer Unterzuckerung.

Zink und Diabetes

Der Pankreas (Bauchspeicheldrüse) enthält eine hohe Konzentration an Zink. Zink ist auch an der normalen Physiologie des Insulins beteiligt. Dazu kann Zink-Interaktionen mit den Hormonen Leptin und Melatonin auch wichtig bei übergewichtigen Diabetikern werden.
Demgegenüber kann Zink als Antioxidans und Radikalfänger therapeutisch die Destruktion des Pankreas, zudem die kardiovaskuläre Komplikationen und auch die Retina-Degeneration beim Diabetes verzögern.
Achtung beim Serum-Blut-Wert: Da Zink v.a. intrazellulär vorkommt, kann der Wert bei einem leichten Zinkmangel noch normal sein.
30 mg Zink täglich  kann die Insulinresistenz verringern.
Gleichzeitig eingenommenes Eisen kann die Zinkaufnahme verschlechtern (und umgekehrt). Dasselbe geschieht mit Kupfer. Zuviel Zink ist toxisch und sollte vermieden werden!
Schlussfolgerung: Man misst bei Diabetikern nach Möglichkeit einen Zink-Blutspiegel (auch wenn der etwas ungenau ist) und gleicht dann einen eventuellen Mangel aus.

Blutspenden bessert Diabetische Stoffwechsellage

Regelmässige “Aderlasse” mit kostenfreien, grosszügigen und altruistischen Blutspenden bessert Hyperferritinämie mit Eisenüberlastung, wie man sie bei Hämachromatose und auch bei Diabetes sieht (übrigens auch Hyperferritinämie ohne Eisenüberlastung bei Metabolischem Syndrom, NASH oder polyzystischem Ovarialsyndrom). Es erhöht sich dabei die Insulinsensitivität, was beim Diabetes Wunder wirkt:
Leute geht Blutspenden (auch prophylaktisch)!

Viel Sitzen ist ganz schlimm!

Je länger Menschen am Stück sitzen, ohne zwischendurch aufzustehen und herumzugehen, desto schlechter reagiert ihr Organismus auf das Hormon Insulin und umso „süsser“ wird ihr Blut nach der Zufuhr erhöhter Glukosemengen. Erwartungsgemäss stand auch die im Laufe des Tages akkumulierte gesamte Sitzdauer in einer engen Beziehung zum Zuckerstoffwechsel. So tendierte der Metabolismus umso stärker in Richtung eines Diabetes, je mehr Sitzstunden pro Tag zusammen kamen.
Versuchspersonen, die trotz allem noch körperlich aktiv waren, schnitten zwar besser ab als Bewegungsmuffel. Weder Sport noch andere vor Diabetes schützende Faktoren, darunter vor allem ein gesundes Körpergewicht, konnten die verhängnisvollen Bande zwischen Dauersitzen und Entgleisungen des Zuckerstoffwechsels allerdings auflösen.

Stehpult verbessert Blutwerte

BRISBANE (AUS) – Wer den ganzen Tag sitzt, läuft eher Gefahr, Herzkrankheiten oder Diabetes zu bekommen. Jetzt zeigt eine Studie: Büroangestellte, die einen Teil der Arbeit am Stehpult leisten, leben gesünder. Australische Mediziner untersuchten rund 700 Personen. Dabei fanden sie heraus, dass Personen, die zwei Stunden pro Tag stehen, bessere Cholesterin- und Blutzuckerwerte haben. (European Heart Journal )

Schlaf und Diabetes

Eine “kurze Nacht” führt zu einem Blutzuckeranstieg – chronisch kurze Nächte fördern die Entwicklung und Verschlechterung eines Diabetes. Ein Risikofaktor kommt selten allein. Entsprechend überrascht es nicht, dass eine kurze Schlafdauer mit einem höheren Risiko eines metabolischen Syndroms verbunden ist. Längere Schichtarbeit und die aufgezwungene Störung der zirkadianen Rhythmik prädisponieren typischerweise zu Diabetes.

Regelmässiges Kurzfasten gegen Diabetes

In der letzten Zeit erlebt das Fasten, insbesondere das Kurzfasten – d.h. nur 16 bis maximal 72 Stunden lang nichts Festes essen und nur kalorienfreie Getränke trinken – selbst in der eher konservativen „Schulmedizin“ ein eigentliches Revival.
Mit dieser Kürze der Fastenzeit vermeidet man viele starke Nebenwirkungen des längeren Nichts-Essens, wie die Übersäuerung der Gelenke (mit Gichtanfällen als Extrem) oder die Verstopfung und auch den nachträglichen Jo-Jo-Effekt, der bei regelmässigem Kurzfasten kaum auftritt.
Das Kurzfasten ist – wie in meiner Hausarztpraxis x-fach erprobt – recht einfach realisierbar und meist sozial verträglich. Nehmen Sie dazu immer den Tag der Woche, an dem Sie meist am wenigsten Einladungen haben: zum Beispiel jeden Donnerstag.
Man kann natürlich auch eine gemilderte Form einflechten: als Früchtetag, also einen ganzen Tag nur Früchte essen.
Wieder entdeckt wurden die heilenden Seiten des Kurzfastens in der Onkologie (Tumortherapie) zur Verbesserung und Modulierung des Immunsystems vor Chemotherapien. Das positive Resultat, kurz skizziert, besteht aus mehr Wirkung der Medikamente gegen den Krebs mit weniger Nebenwirkungen auf andere Körperzellen!
Wiederholtes kurzfristiges Fasten führt zu “zellulärem Selbstmord” von Krebszellen! In neueren Studien findet man dabei, dass wiederholtes kürzeres Fasten effektiver und praktikabler ist als langfristiges. Das Fasten löst eine Art zellulären Stress aus. Bei gesunden Zellen führt dies zu Reaktionen, die gegen Schäden durch Sauerstoffradikale schützen. Solche Moleküle entstehen bei Hunger vermehrt. Ihre Produktion wird aber auch durch viele Chemotherapeutika (Medikamente gegen Krebs) angeregt und gilt als Hauptursache von deren starken Nebenwirkungen. 24 bis 72 Stunden Fasten vor der Chemotherapie bereitet normale Körperzellen offenbar gut auf hohe Konzentrationen von Sauerstoffradikale vor. Sie sind deshalb eher in der Lage, sich gegen die aggressiven Moleküle zu wehren. Krebszellen hingegen sind kaum fähig, diese Schutzmechanismen anzuschieben. Sie stellen sogar selber zusätzlich noch reichlich aggressive Moleküle her. Das führt dann dazu, dass sie letztlich “zellulären Selbstmord” begehen!
Diesen Effekt kann nun auch für Jedermann/-frau als einfache Verbesserung der Abwehr bei wiederkehrenden Infektionen diverser Ursachen benützt werden.
Dann schlussendlich auch zur „Stoffwechsel-Erschütterung“ und als Wende bei schweren Krankheiten, wie Diabetes. Dazu hilft hier natürlich auch der “garantierte”, gleichzeitige Gewichtsverlust!

Medikamente: Metformin zuerst! Insulin ist eher umstritten!

Von allen internationalen Gremien werden als initiale Therapie des Typ-2-Diabetes Lifestylemassnahmen sowie eine Medikation mit Metformin empfohlen. Metformin wurde ursprünglich aus der Geissraute gewonnen (siehe hier!). Weniger Konsens existiert bei der Frage, durch welche Zusatzmedikation gegebenenfalls die Therapie zu intensivieren sei. In einer grossen Studie fanden Roumie  unter Metformin bei zusätzlicher Gabe von Insulin (im Vergleich zur Kombination mit Sulfonylharnstoffen) ein höheres Risiko für einen kombinierten, primären Endpunkt mit nicht-tödlichen kardiovaskulären Ereignissen und der Gesamtmortalität. Dabei waren das Risiko eines akuten Myokardinfarktes oder eines Schlaganfalls nicht erhöht, wohl aber die Gesamtmortalität.
Diese Erhöhung der Mortalität scheint hauptsächlich auf einer erhöhten Krebsmortalität zu beruhen. Basierend auf diesen Daten darf man die Sulfonylharnstoffe als Ergänzung einer Metformintherapie einer frühzeitigen Insulintherapie sicher vorziehen. Damit scheint die althergebrachte Kombination von Metformin und Sulfonylharnstoffen – einmal mehr – gar nicht so schlecht! Es wäre häufig gut, die frühzeitige Indikation einer Insulintherapie generell zu überdenken (siehe aber zuunterst bei einem HbA1c über 8/9!)!
(Roumie CL, Greevy RA, Grijalva CG et al. Association between intensification of metformin treatment with insulin vs sulfonylureas and cardiovascular events and allcause mortality among patients with diabetes. JAMA 2014 (11. Juni); 311: 2288-96)

Blutdruckmedikamente unbedingt abends schlucken!

Wer Blutdrucksenker nimmt, schluckt ihn am besten abends (ausser Betablocker morgens)!  Man erkrankt dann auch seltener an Diabetes! Dies zeigt eine neue Studie. Ein hoher Blutdruck und Diabetes gehen häufig miteinander einher. Die Forscher hatten mehr als 2000 Blutdruck-Patienten untersucht, die Medikamente erhielten. Die eine Hälfte nahm die Medikamente am Morgen, die andere vor dem Zubettgehen. Nach sechs Jahren entwickelten 171 Teilnehmer Diabetes. Das Erstaunliche: Patienten, welche die Medikamente am Morgen nahmen, waren doppelt so häufig betroffen! (Diabetologia. 2015 Sep 23: Bedtime ingestion of hypertension medications reduces the risk of new-onset type 2 diabetes: a randomised controlled trial. Hermida RC1 et al.)

Wie stark soll bei Patienten mit Diabetes Typ 2 der HbA1c gesenkt werden?

Grosse Studien (allen voran ACCORD, ADVANCE und UKPDS) haben in den letzten Jahren gezeigt, dass eine zu intensive Senkung auf nahezu das Niveau von Gesunden eher mehr Risiken bringt als Vorteile. Mittlerweile hat man diese und andere Studien näher analysiert. Es scheint, als ob eine individualisierte Blutzuckersenkung der beste Weg ist. Bei Älteren, insbesondere mit Vorerkrankungen am Herz-Kreislauf-System, ist eine intensive Blutzuckersenkung unter einem HbA1c von 7,5 nicht mehr sinnvoll, da vor allem schwere Unterzuckerungen das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfälle erhöhen, die Sturzgefahr wird grösser, Alzheimer wird möglicherweise begünstigt und es besteht die Gefahr von Übergewicht durch die Medikamente.
Bei jüngeren, sonst gesunden Patienten hingegen macht eine intensive Blutzuckersenkung Sinn. Sie können auch durch Lebensstiländerung dem Übergewicht entgegenwirken.
Allgemein kann man sagen, dass ein HbA1c über 8/9 eigentlich Alarm bedeutet und anzeigt, dass dann die Bauchspeicheldrüse in einem Burnout ist! Der Betazelltod würde dann einfach still und irreversibel weitergehen, falls man keine schnellen Gegenmassnahmen starten würde. Hier empfiehlt sich sogar (wenigsten vorübergehend eine Insulintherapie (aber noch nicht die Basis/Bolus-Insulintherapie, da diese dann lebenslang weitergeführt werden muss!).

Veröffentlicht am 17. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
01. Juli 2024

Intervall- oder Kurzfasten: Dinner oder Breakfast Cancelling = 16:8 oder 14:10

“Am Morgen sollst du wie ein Kaiser essen, zu Mittag wie ein König, abends wie ein Bettler.”

Vielleicht liegt der Sinn dieser alten Ernährungsweisheit im Einhalten von alltäglichen „intermittierenden“ Fastenzeiten. Es kann also genau so gelten: „Am Morgen wie ein Bettler, zu Mittag wie ein König, abends wie ein Kaiser.“ (Neuere Studie zeigt nun doch, dass kräftig Frühstücken wirklich sehr optimal ist! Und zum Abnehmen von Bauchfett ist KKB optimal!)

Die Methode lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Kein Essen nach 16 (18) Uhr nachmittags (Dinner Cancelling) oder vor 12 (11) Uhr (Breakfast Cancelling).
Das ist alles! Weniger was, sondern wann und wie viel gegessen wird, ist entscheidend: minimal 2 bis maximal 3mal in diesen 8 oder 10 Stunden Essenszeit. Also: keinerlei Zwischenmahlzeiten!
Es sollten mindestens 4.5 Stunden zwischen 2 Mahlzeiten liegen: Bei 8 Stunden also nur 2mal essen und bei 10 Stunden 2 bis 3mal!

Aber auch nicht nur einmal essen: dies kann sogar unser Leben verkürzen!

Der tägliche Essstopp ist individuell anpassbar und hängt vom Lebenswandel ab. Häufig ist also auch das Weglassen des Frühstücks viel erträglicher und (sozial) vernünftiger. Man isst dann nur zwischen 12 und 20 Uhr.  (oder 11 bis 21, etc.).
Dies kann man deshalb 16:8-Ernährung (oder 14:10) nennen. Das Einflechten von eigentlichen Fastenzeiten im Alltag könnte man auch als „Kurz- Intermittierendes oder Intervall-Fasten“ bezeichnen.
Individuell kann auch ein 5:2-Kurzfasten eingeschaltet werden, d.h. pro Woche 24 bis 48 oder 2×24 Stunden nichts essen.

Licht und Nahrung als Taktgeber unseres Lebens

Ein regelmässiger Tagesablauf mit gut eingeplanten Esszeiten ist sehr wichtig. Licht und Nahrung sind die wichtigsten Taktgeber für den Menschen. Sie sind am besten synchron. Das heisst, man nimmt nach Möglichkeit eine Hauptmahlzeit und (eins bis) zwei kleinere Mahlzeiten pro Tag zu sich – und man isst wenn möglich nur bei Tageslicht, da mit Eintreten der Dunkelheit unser Stoffwechsel sich grundlegend umstellt und Fett (und auch die Kohlenhydrate) viel langsamer abgebaut werden.

Nach der täglichen Essens-Deadline darf nur noch getrunken werden, dies jedoch reichlich, um Hungergefühle zu verhindern oder abzuschwächen. Die Getränke sollten frei von Alkohol und Kalorien sein (Wasser und Kräutertees, aber auch mal Kaffee). Dies gilt auch in der ausgefallenen Frühstückszeit.

Drei- bis viermal 16:8 oder Dinner Cancelling die Woche ist bereits beinahe perfekt – am besten die Woche durch und am Wochenende dann die familiären und anderen Festessen (damit man nicht komplett asozial wird…).

Ab und zu Hunger zu haben, kann man gut lernen und entspricht eher einer Natürlichkeit, die in letzter Zeit durch unser Luxusleben in der ersten Welt verloren ging. Unser Körper wurde von der Evolution konditioniert, ab und zu Hunger zu haben. Dies erklärt, warum er gegen manche Zivilisationskrankheiten nicht gut gerüstet ist.

Und falls Sie abends trotzdem essen: Geniessen Sie das Abendessen!  Und dies ist definitiv nicht eine Sache der Quantität, sondern der Qualität! Der Abend ist die Zeit des Genusses, die Sinne sind am Abend besonders wach: dies haben chronobiologische Untersuchungen gezeigt. In der Dämmerung und in der Dunkelheit  hören, fühlen, schmecken und riechen wir besonders gut. Für unsere Steinzeitvorfahren war es überlebenswichtig, in der Dämmerung besonders aufmerksam zu sein. (>>> siehe Studien).

Welche gesundheitlichen Nutzen bringt mir 16:8 oder ein anderes Kurzfasten?!

Abnehmen

Bin ich wirklich zu fett?! Hier schnell ausrechnen!

Warum ergibt denn dieses Intervallfasten eine Gewichtsabnahme? Der Körper kann Nährstoffe in Ruhezeiten, im Normalfall in der Nacht, besonders gut nutzen, was heisst: im Gewebe als Fett speichern. Hungern am Abend lässt also direkt das Fett weg schmelzen und nicht zuerst das Wasser und die Muskulatur wie tagsüber. Dinner Cancelling lässt in den täglichen Fastenpausen das Insulin-Hormon sinken, welches die Fettoxydation (und damit den Fettabbau) hemmt.

Kurz gesagt nimmt man auch ab, wenn generell eine niedrige glykämische Last vorhanden ist, nüchtern trainiert wird und nur Wasser während des Trainings getrunken wird.

Studien zum Nacht-Essen

Nächtliche Überfälle auf den Kühlschrank können stark zu Übergewicht beitragen. Man nimmt dabei mehr als doppelt so stark zu, als wenn sie Ihre Nahrung zu Tageszeiten verzehren, an denen Sie normalerweise nicht schlafen, also tagsüber. Wie oder warum ein Mensch an Gewicht zunimmt, ist dabei sehr kompliziert, aber hängt eindeutig nicht nur von der Kalorienaufnahme und Verbrauch ab. (Circadian Timing of Food Intake Contributes to Weight Gain; Arble DM, Bass J, Laposky AD, Vitaterna MH, Turek FW. Obesity (Silver Spring). 2009 Sep 3. www.nature.com/oby/journal/vaop/ncurrent/abs/oby2009264a.html)

Kurzfasten und Mass Halten: die “Länger-Leben-Diät”

16:8 ist auch eine natürliche und einfache Methode für “Better-Aging”.
Offenbar versetzt das Wenig-Essen den Körper in Alarmbereitschaft und kurbelt uralte Überlebensmechanismen an. Kräftezehrende Prozesse werden eingestellt und die Energie zum Schutz und zur Reparatur der Zellen (Autophagie) genutzt. Der Organismus verteidigt sich besser als im Normalzustand, so die Theorie. Er altert langsamer.
Neuere Forschung zeigt nun auch, dass vielleicht nicht mal die Kalorienreduktion wichtig ist, sondern diese wiederkehrenden, alltäglichen, rhythmischen Fastenzeiten.

Zum “Länger-Leben” sollte aber mindestens 2 bis 3mal pro Tag mit mindestens 4.5 Stunden Intervall gegessen werden – und nicht nur einmal – mit zu grosser Energiemenge, was für unseren Stoffwechsel eine zu grosse Belastung bedeutet.

Besser Schlafen

Eine angenehme Nebenwirkung: Nach Mitternacht bekommen wir so eine Unterzuckerung, die wir untertags gar nicht aushalten würden. Der Schlaf wird tief wie ein Mini-Winterschlaf.

Regeneration nach körperlicher Anstrengung

Sport und starke körperliche Leistungen resultieren immer auch in mehr oder weniger grossen (Mikro-) Schäden (Muskelfaserrisse). Für die Regeneration dieser Schäden wird  das Wachstumshormon HGH benötigt, welches v.a. zwischen 23 und 3 Uhr in der Nacht im Schlaf ausgeschüttet wird. Nun wird dieses Hormon durch Kohlenhydrat-Konsum am Abend gehemmt. Ein Dinner Cancelling steigert also auch die Regeneration nach sportlichen Leistungen. Man soll einfach noch vor 23 Uhr ins Bett.

Reflux bekämpfen

Und noch eine weitere Nebenwirkung vor allem beim Weglassen des Abendessens: Die immer häufigere Reflux-Ösophagitis oder Reflux-Krankheit (Sodbrennen, Rückfluss von Magensaft in die untere Speiseröhre) wird durch diese Lebensstil-Änderung gleich auch noch ohne Medikamente geheilt (daneben hilft hier auch Schlafen mit erhöhtem Oberkörper und auf der linken Seite, Gewichtsabnahme, Reduktion von Alkohol und Nikotin (eine Zigarette “lähmt” den unteren Speiseröhrendrittel für drei Stunden!), weniger Kaffee und weniger Pfefferminztee, weniger fettreiche Speisen, kohlesäurehaltigen Getränke, säurehaltige Fruchtsäfte und überhaupt weniger voluminöse Mahlzeiten.  Und: morgens gleich nach dem Aufstehen und abends vor dem Schlafen gehen je 100ml frisch gepressten Kartoffelsaft trinken (bei Anhalten der Beschwerden auch mehr).) – oder auch sehr wirksam morgens und abends 1 ausgepresste Zitrone nüchtern vor dem Essen trinken!

Frühstücken?!

Iss morgens wie ein König, mittags wie ein Bürger und abends wie
ein Bettelmann: Dass dieses Sprichwort viel Wahres enthält, wenn
man sein Gewicht halten oder gar abnehmen möchte, haben
Forscher aus Deutschland einmal mehr gezeigt.
Denn die nahrungsinduzierte Thermogenese, also die Entstehung
von Wärme beim Verdauen der Nahrung, sprich die
Energieverbrennung, ist am Morgen etwa 2,5-mal so hoch wie am
Abend – und zwar unabhängig von der Menge der jeweils
aufgenommenen Kalorien. Zu dem Ergebnis kommt Juliane Richter
von der Sektion für Psychoneurobiologie am Center of Brain,
Behavior and Metabolism (CBBM) der Universität Lübeck
zusammen mit Kollegen im Journal of Clinical Endocrinology &
Metabolism (JCEM).

Entzündungen werden in unserem Körper bekämpft

Am Beispiel der Entzündung des Nervensystems, der Neuroinflammation sieht man den Nutzen des Kurzfastens sehr schön.
Weitere Beispiele sind die Chronische Müdigkeit, der Diabetes, die Hyperreaktiven Luftwege (Chronischer Husten, Chronischer Schnupfen) oder die Arterienverkalkung und der Bluthochdruck…

Beta-Hydroxybutyrat, ein Ketonkörper, kann durch (intermittierendes) Fasten oder eine ketogene Diät erhöht werden. Es ist unter anderem einer der potentesten endogenen Hemmer einer Entzündungsreaktion. Das durch eine solche Diät erhöhte Beta-Hydroxybutyrat wies in einem Mausmodell von kolorektalen Karzinomen eine starke antitumorale Wirkung auf. Der zelluläre Rezeptor und die intrazellulären Signalmechanismen, die zu einer Hemmung der Zellpro­liferation führen, sind auch durch diese Arbeit nun gut definiert worden. (Nature. 2022, doi.org/10.1038/s41586-022-04649-6)

Zwei Einschränkungen

Fasten (auch das Kurzfasten) ist sicher nicht gut, wenn man davon gestresst ist und davon schlechte Laune kriegt.
Und es kann in höherem Alter schaden, denn es gibt dem Körper immer auch das Signal für Muskelabbau.

Zusammengefasst:


(Copyright der Grafik: thesimpleway.de)
und noch mehr zur Autophagie beim Intervallfasten.

Ist Intervallfasten auch gefährlich?

«Erhöht Intervall­fasten das Sterberisiko?» Diese Schlagzeile geisterte vor kurzem durch internationale Medien und erschreckte nicht wenige Leser. Intervallfasten soll laut einer Studie gar nicht gesund sein. Vielmehr erhöhe sich sogar das Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, drastisch.
Nur: Diese Aussage stimmt so nicht. Das Studien­design war lausig und statt eines Fach­artikels lag nur eine Presse­mitteilung vor. Wenige Journalistinnen dürften die Daten genauer überprüft haben, etwa auf statistische Signifikanz und Effektstärke.
Typisch für einen schlimmen Trend in der Presselandschaft: Medienhäuser sparen den Wissenschafts­journalismus zusammen; was übrig bleibt, wird seichter. 

Studie zum Einmal-Pro-Tag-Essen!

Das Essen von nur einer Mahlzeit am Tag sei bei amerikanischen Erwachsenen im Alter von 40 Jahren und älter mit einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko verbunden, heisst es in der im «Journal of the Academy of Nutrition and Dietetics» veröffentlichten Studie.
Wer das Frühstück auslässt, riskiere eine höhere Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das Auslassen von Mittag- oder Abendessen erhöhe die allgemeine Sterblichkeit. «Auf der Grundlage dieser Ergebnisse empfehlen wir, mindestens zwei bis drei Mahlzeiten über den Tag verteilt zu essen», erklärt Studienhauptautorin Yangbo Sun vom Institut für Präventivmedizin des Health Science Centers der University of Tennessee in Memphis.
Die Forschenden in den USA kamen zu diesen Schlüssen durch die Analyse von Daten einer Kohorte von mehr als 24’000 amerikanischen Erwachsenen im Alter von 40 Jahren und älter, die zwischen 1999 und 2014 an der National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) teilnahmen. Die NHANES ist eine fortlaufende, landesweit repräsentative Gesundheitserhebung, bei der alle zwei Jahre eine Vielzahl gesundheitsbezogener Daten zur Bewertung der Ernährung, des Ernährungszustands, des allgemeinen Gesundheitszustands, der Krankheitsgeschichte und des Gesundheitsverhaltens erhoben werden.
Wenn der Stoffwechsel Schaden nimmt:
Das Auslassen von Mahlzeiten bedeute in der Regel, dass man eine grössere Energiemenge auf einmal zu sich nehme, führt der Forschungsleiter der Studie, Wei Bao vom Institut für Epidemiologie der University of Iowa, in einer Pressemitteilung aus. Das erschwere die Regulierung des Glukosestoffwechsels und könne als Folge zur Verschlechterung des Stoffwechsels führen. Dies erkläre auch den Zusammenhang zwischen einem kürzeren Mahlzeitenintervall und der Sterblichkeit, da es bei einem kürzeren Abstand zwischen dem Essen zu einer erhöhten Energiezufuhr im entsprechenden Zeitraum komme. Tatsächlich zeigten die ausgewerteten Daten auch, dass bei Menschen, die täglich drei Mahlzeiten zu sich nehmen, zwei davon aber innert weniger als 4,5 Stunden, das allgemeine Sterberisiko höher war.

weitere Links:

Internetbeiträge zum Intervallfasten gibt unterdessen sehr viele. Dieser Link führt zu einem Beitrag von NDR Visite mit einem Kurzinterview mit Prof. Andreas Michalsen. Er erklärt, dass Essenspausen bei zahlreichen Erkrankungen zu Prävention und Heilung beitragen können, z. B. bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Hypertonie, Diabetes, neurologischen Krankheiten, z. B. MS, Parkinson und Demenz etc.
https://www.youtube.com/watch?v=cZcEQv2HXxc

14:10 scheint für viele Leute langzeitig besser machbar (siehe Studie)!

Interview von Anina Mutter mit mir über das Intervallfasten:
ekkoist.com/blog/artikel/45-intermittent-fasting-die-wichtigsten-informationen/

Veröffentlicht am 17. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
18. August 2024

Durchfall auf Reisen

Prophylaxe der Reisediarrhoe

  • Zuerst mal ist die Inzidenz rückläufig wegen verbesserter Hygiene an den touristischen Destinationen.

  • «Boil it, cook it, peel it or forget it!” ist anscheinend ohne Evidenzbasis (2020)!

  • Immer vor dem Essen und beim “Heimkommen” Hände gut waschen.

  • Man sollte sich im Restaurant ausschliesslich an ortsübliche Speisen halten. Gerade wenn aus Zurückhaltung vor dem Neuen auf Vertrautes aus dem eigenen Land zurückgegriffen wird, können damit Risiken verbunden sein, da die technologischen oder klimatischen Begebenheiten eine korrekte Herstellung nicht gewährleisten.
  • Auf den Genuss roher Lebensmittel tierischer Herkunft (Milch, Rahm, Eier, Fleisch, Meerestiere) muss verzichtet werden – eine Regel, die mit wenigen Ausnahmen übrigens auch in Ländern mit hohem Hygienestandard gilt.
  • Flüchtig erhitztes Fleisch und insbesondere Geflügelfleisch und -leber vermeiden.
  • Gekochte und heiss servierte Speisen sind in hohem Masse sicher.
  • Früchte, die sich schälen lassen und frischgepresste saure Fruchtsäfte können ohne weiteres genossen werden.
  • Auf leicht verderbliche Zubereitungen (Mayonnaise, kalte Saucen, Speiseeis, Schlagrahm, Cremen, Patisserie Waren mit cremehaltigen Füllungen) soll verzichtet werden.
  • Auf Eis in Getränken ist konsequent zu verzichten. Bedenkenlos getrunken werden können Markengetränke, Mineralwasser in Originalflaschen und alle heiss angerichteten Getränke wie Tee und Kaffee. Leitungswasser oder Wasser aus Flüssen oder Seen (Reisen in unerschlossenen Gebiete) ist abzukochen. Falls keine Kochgelegenheit besteht, ist eine chemische Entkeimung vorzunehmen oder ein geprüftes Filtrationsgerät einzusetzen.
  • Auf Frisch- und Weichkäse sowie kalte Fleischwaren verzichten.
  • Falls eine Speise vom Geruch her oder geschmacklich einen zweifelhaften Eindruck macht, so ist sie grundsätzlich nicht zu verzehren.
  • Prophylaktisch kann auch mit Probiotika behandelt werden: 5 Tage vor Reisebeginn und während des gesamten Aufenthalts Bierhefe (Saccharomyces boulardii), z.B. als Perenterol 250®, 1 Kapsel morgens und eine abends, täglich eingenommen werden.
    Auch Enterococcus faecium (Bioflorin®) oder Lactobacillus (LGG als Aktifit® oder Lact.casei) sind präventiv wirksam.
  • Bismuthsubsalicylat (PeptoBismol™, in England bestellen lassen), Antibiotika nur für wichtige Missionen (z.B. Bundesrätin für Vertragsabschluss in Ägypten), dann Antibiotikum Rifaximin (Xifaxan®) und nicht mehr Fluoroquinolone.

Therapie

Diät

Jede 5 bis 10 Minuten 5 bis 10 ml Apfelsaft (oder Colagetränk -nicht light!) – halb mit Wasser verdünnt und mit Salzstangen – 2 bis 4 Liter täglich. Bei Kindern ist dies (Apfelsaft, halb mit Wasser verdünnt) besser wirksam als die teuren Elektrolytlösungen (Freedman SB, et al. JAMA. 2016;315:1966-74)!
oder Saft einer Orange in 1 Liter Wasser mit halbem Teelöffel Salz und 8-10 Teelöffel Zucker (ev. + halber TL Backpulver)
oder 1 Beutel Elotrans® in 2 dl abgekochtes Wasser (Mineralwasser) und davon bis 4 Liter pro Tag (wirkt aber in grossen Studien schlechter als verdünnter Apfelsaft!).

Nach 12 Std. dazu noch Reisschleim und durch Mixer und Tuch passierte Rüebli-Suppe. Salzen und Würzen nach Belieben. Wenn der Durchfall während 12 Std. aufgehört hat, Reis durch Hafer ersetzen (Reis bremst, Hafer zieht).

Behandlungsalgorithmus des Reisedurchfalls (Antibiotikum?! )

Falls

  • OHNE FIEBER
  • OHNE BLUT
  • OHNE BAUCHWEH

muss man in ERSTEN DREI TAGEN kein Antibiotikum nehmen.
Eventuell Bismuth (Bismuthsubsalicylat (PeptoBismol™, in England)  oder Loperamid (Imodium) nach jedem dünnen Stuhl, aber nie länger als zwei Tage lang.

LÄNGERDAUERND ALS DREI TAGE + WÄSSRIG:
Antibiotikum ohne Stuhluntersuch!
Rifaximin (Xifaxan®), ein Derivat des in der Schweiz nicht erhältlichen Rifamycins (beide wirken intestinal und sind nicht wesentlich absorbierbar), bei invasiven Infekten deshalb Azithromycin.

Dies auch, falls Fieber dazukommt  und der Stuhl stark stinkt und ev. auch noch blutig ist – und kein Arzt erreichbar ist: das jeweilige Antibiotikum.

Dies nicht bei Kindern, da hier Fieber und Durchfall auch eine Malaria mit Durchfall sein kann!

7-10 TAGE LANG IMMER NOCH (3 – 5 x täglich) DURCHFALL:
Jetzt zum Arzt zur genauen Stuhl- und Blutuntersuchung!

Dies immer auch bei Durchfall und Fieber, blutige Durchfälle und Durchfall mit Bauchweh!

Nachher

Nach einer Darmentzündung mit Durchfall sollte auf jeden Fall mindestens eine Woche lang auf lactosehaltige Nahrungsmittel (v.a. Milch) verzichtet werden. Die Schädigung der Dünndarmzotten durch die Infektion verhindert die Aufnahme der Lactose, die dann in den Dickdarm gelangen würde und dort wiederum zu weiterem Durchfall und Blähungen führt!

pfffffffff

 

 

 

 

 

Update 2021 durch Medicalforum
Quelle: Gastroenterology and Heptatology, volume 14, issue 12, Suppl. 8.

Veröffentlicht am 17. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
30. Dezember 2021

Erkältung / Grippe

Vorbeugung/Prophylaxe

  • Die beste Vorbeugung einer Erkältung oder der Grippe ist neben der Impfung frei sein von Nikotininhalationen und das Meiden von hustenden Menschenansammlungen. Nach dieser Covid-Pandemie  sollte es auch bei uns, neben vielem Händewaschen, zur Gewohnheit werden, dass man/frau in der ÖV und in den Einkaufsläden in den kalten Jahreszeiten eine Maske trägt – am besten dann gleich eine hochwirksame FFP-2! Und dies vor allem, falls man selbst Erkältungssymptome aufweist! Auch Husten und Niesen in den Ellbogen (nicht in die Hand!)…
    und überhaupt der liebevolle, genüssliche Rückzug in die Wintersaison. Wenn wir schon auf den Winterschlaf verzichten müssen, heisst das nicht, dass wir gerade in dieser Zeit nicht etwas zurücklehnen können. Würden wir uns dies als ganze Gesellschaft etwas mehr gestatten, wären vielleicht Winterdepressionen, die lange sich hinziehenden Müdigkeitsphasen, Erschöpfungszustände, das übertriebene ultimative Ferienbedürfnis seltener.
    Ein Schlafmangel erhöht das Erkältungsrisiko: Weniger als 7 Stunden Schlaf pro Nacht erhöht gemäss Studien das Risiko auf das Dreifache verglichen mit 8 Stunden oder mehr Schlaf (Archives of Internal Medecine, Carnegie Mellon University Pittsburg.2008).

Hierzu Anregungen im Blog und in “Entspannung”!

  • Eine wirksame Vorbeugung gegen häufige Erkältungen ist auch ein Reinigen der Zunge bis weit nach hinten in den Rachen jeweils mit dem Zähneputzen (der gute Mundgeruch ist auch gleich garantiert!). Dort sitzt ein grosses Erreger-Reservoir, aus dem jeweils auch wieder Infektionen entstehen.

Bei akuter Entzündung der oberen Luftwege und Nasennebenhöhlen kann man/frau auf Antibiotika oft, auf Röntgen oder CT meist verzichten! (siehe auch “Choosing wisely!”)

Allgemeines zur Behandlung

  • Durch Zink 12.5 bis 15 mg alle 2 bis 3 Stunden (Beginn innert 24 Std.! während der ganzen Zeit mit Symptomen – nicht länger als 7 Tage!) kann, falls frühzeitig eingesetzt, die Viruserkrankung etwa um 3 1/2 Tage abkürzen (von 8 auf 4.5 Tage, den Husten von 6 auf 3 Tage und die Schnupfensymptome von 6 auf 4 Tage!).
    Studien dazu hier unten >>>
  • Echinacea-Tropfen in den ersten vier Tagen der Erkältung alle 2 Stunden 10 (Kinder 5) Tr. pro Tag. Zur Vorbeugung jeweils in den den Monaten mit R (September bis April): intervallmässig vier Tage je einmal 20 Tropfen, dann drei Tage Pause (z.B. Freitag bis Sonntag) einnehmen.
  • Vitamin C (Prophylaxe wohl ein Mythos! Aber wenn bereits erkältet: 500 bis 1000 Milligramm täglich.)
  • Geben Sie Kindern unter 4 Jahren nie “Mittel gegen Erkältung”, d.h. Medikamente! Sondern Folgendes! (siehe auch “Choosing wisely!”)
  • Trinken Sie soviel wie möglich! (Hagebutten- und Lindenblütentee, Fruchtsäfte, Sanddorn, vier Gläser Holundersaft täglich)
    Heisse Suppen sind grundsätzlich gut bei Erkältungen. Sie sind leicht und belasten den Körper nicht. Der Dampf befeuchtet die Schleimhäute und bringt eine verstopfte Nase zum Laufen. Gibt man Chili dazu, wird dieser Effekt noch verstärkt.
    Alt bewährt ist die Hühnersuppe:
    1 Poulet oder Suppenhuhn
    200 g Knollensellerie
    3 Rüebli, ev. auch noch Lauch
    3 Knoblauchzehen
    1 ½ Zwiebeln
    1 Bund Peterli
    5 Nägeli
    Pfeffer, frisch gemahlen: 1 gehäufter Teelöffel
    2 Lorbeerblätter
    Kümmel, 1 gestrichener Teelöffel
    Chili und Salz, Bouillon nach Belieben
    Zusätzlich eventuell ein wenig Weisswein, eine ½ Zitrone oder ein bisschen Ingwer.
    Waschen Sie das Poulet kalt ab und legen es in eine grosse Pfanne. Schneiden Sie den Knollensellerie und die Rüebli in Stücke. Stecken Sie in die halbe Zwiebel 5 Nägeli. Geben Sie dies und die übrigen Zutaten in eine grosse Pfanne. Bedecken Sie das Ganze mit Wasser. Aufkochen und eine Minute sprudelnd kochen lassen. Danach die Suppe 2 ½ bis 4 Stunden leicht köcheln lassen. Am Ende die Pouletknochen und Fettaugen abschöpfen – diese Menge reicht für 3 bis 4 Tage (Kann als Fond für andere Suppen bis 10 Tage im Kühlschrank aufbewahrt werden.).
  • Was essen?
    Bei jedem Krankheitszustand empfehlen sich leichte, fettarme Speisen. Neben heissen Suppen (siehe oben) und falls der Geschmack nicht aneckt, sind Salate mit Zwiebel, Knoblauch, Essig, und Olivenöl abwehrsteigernd. Auch Milchreis mit viel Zimt lässt an gute alte Kinderzeiten zurückdenken, Zimt hat eine wunderbare desinfizierende Wirkung. Curry-Liebhaber liegen auch damit richtig.
  • Dampfinhalationen
  • Regelmässige Nasenspülungen mit physiologischer Kochsalzlösung reinigen die Nase und die Nasennebenhöhlen vom Schleim und verhindern Komplikationen: genaue Anwendungserläuterungen hier: www.dr-walser.ch/schnupfen/
  • Ein bis zwei Tage Bettruhe und gleichmässige Wärme wirken Wunder, der Körper kann so leichter selbst mit der Erkältung fertig werden.
  • Bei kreislaufstabilen Menschen, die kein Fieber haben: Eine abendliche Schwitzkur: trinken Sie eins bis zwei Liter schweisstreibenden Tee, zum Beispiel aus Holunder- oder Lindenblüten. oder heissen verdünnten Holundersaft. Ein anschliessendes heisses Bad kann die Wirkung noch unterstützen. Dann geht’s dick eingepackt ins Bett! nach etwa zwei Stunden Wäsche und, falls nötig, Bettzeug wechseln, den Körper mit einem Frottiertuch trockenreiben. Trinken Sie noch etwas und legen Sie sich dann sofort wieder ins Bett.
  • Kontaktlinsenträger sollten vorsorglich auf die Brille zurückgreifen. Denn mit der Infektion verändert sich häufig auch die Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit. Der Tränenfilm wird dünner und die Augen somit trockener. Die zusätzliche Belastung durch Kontaktlinsen reizt dann die Bindehaut, die Augen werden rot und der Fremdkörper im Auge juckt und kratzt. Zudem verlieren vor allem weiche Kontaktlinsen Flüssigkeit und rehydrieren nicht mehr schnell genug. Die trockene Luft in beheizten Räumen in der kalten Jahreszeit verschärft das Problem noch weiter.

Bäder

  • Fichtennadel- oder Heublumenbad
  • Aufsteigendes Bad: Das Bad dauert ungefähr 1 Std. Sie beginnen mit einer Anfangswärme in Fieberhöhe (oder 37,6 Grad, falls kein Fieber), dann steigern Sie innerhalb der ersten Viertelstunde auf 38,5, anschliessend langsam auf 39 Grad. Ohne Abtrocknen ins Bett, 1 Std. nachschwitzen; nachher mit lauwarmem Wasser oder Essigwasser abwaschen und abtrocknen.

Achtung: Bei Kreislaufschwierigkeiten, z.B. Neigung zu Blutdruckabfall, soll jemand in der Nähe sein, oder Sie machen nur ein aufsteigendes Fussbad.

Halsentzündung

    • Seidenschal
    • Gurgeln: Salbeitee mit 2 Tr. Glycerin oder Calendula-Tinktur: 1 Tr. auf ein halbes Glas Wasser oder Zitronenwasser 1:3
    • Wickel: Heisser Kartoffelwickel
      Zwiebelpäckchen um den Hals legen, mit Schal befestigen; Heilerde oder AION-A mit kaltgepresstem Olivenöl 8 Std. über Nacht aufgelegt lassen;
      Quark (falls kühl lindert)
    • Für Erwachsene: «Grappa latte con miele»: Milch (2/3) erhitzen, mit Grappa (1/3) aufwerten, versüssen mit möglichst viel Honig, nachher mit entspannender Lektüre ins Bett.
    • Kauen von Ingwer-Scheibchen oder Raspeln mit den Zähnen an einer Ingwerwurzel
    • Grossmutters Apfelessig -Trick: 1 Teil Apfel- oder Balsamico-Essig, 2 Teelöffel Honig, 4-5 Teile warmes Wasser, dann gut umrühren. Anfänglich stündlich Gurgeln und Wasser ausspucken. Bei der letzten Gurgelportion jedoch 2 Schlücke des verdünnten süssen Essigs trinken . Nur so können die unteren Teile der Speiseröhre erreicht werden.
    • Von Lutschtabletten, Emser-Patillen, Isländisch-Moos-Patillen, Blackcurrent- oder Cassispastillen oder Dallmann-Salbeipastillen ausgenommen, rate ich vollständig ab. Sie zerstören mehr, als sie nützen.

Angina (Tonsillen- oder Mandelentzündungen)

    • Therapien wie oben unter Halsentzündung.
    • Die Mandeln täglich mit dem Zeigefinger leicht massieren. Anfangs löst dies schnell Brechreiz aus. Dann kurz aufhören und danach weiter massieren. Mit der Zeit gibt es keinen Brechreiz mehr. Bei immer wiederkehrenden Anginen am besten Mandeln jeden Tag für einige Sekunden weitermassieren.
    • Bei Fieber, fehlendem Husten, vordere geschwollenen Halslymphknoten und sichtbare Beläge auf den Mandeln muss man eine Bakterieninfektionen annehmen und unbedingt einen Abstrich vom Hausarzt machen lassen (Penicillintherapie bei Streptokokken Gruppe A).

Husten

  • «Husten Sie zärtlich»: Wenn man einfach drauflos hustet, prallen die Wände der Bronchien aufeinander. Das führt zu kleinsten Verletzungen und damit zu neuem Husten. Ich empfehle, mit aufgeblasenen Backen in die Faust zu husten. Das schafft Luftpolster in den Atemwegen und verhindert so Verletzungen.
  • Atemübungen
  • Inhalieren mit Zusatz von Thymian mit Lavendel und/oder Salbei. (Wegen Verbrennungsgefahr Kinder beaufsichtigen!)
    Alternative: Thymianessenzen in Heissluftverdampfer
  • Massage: Die obere Rückenpartie beklopfen (besonders zwischen den Schulterblättern)
  • Tee:
    Thymiantee, Schlüsselblumentee, Holunderblütentee;
    Teemischung aus Salbeiblättern, Huflattichblüten und Spitzwegerichblättern, zu gleichen Teilen, aufgiessen und so heiss wie möglich trinken (evt. mit Zitrone und Honig)
  • Holundersaft
  • Heisse Honigmilch
  • Wickel:
    Meerrettich oder Priessnitzwickel
    Für kleine Kinder: Auflage mit roher Schafwolle
    Bienenwachs-, Leinsamen- oder Kartoffelwickel

Zäher Schleim
Haferstrohtee, isländisch Moos (Pastillen oder Tabletten), Honig

Hatten die Grossmütter recht?

In Vorbereitung auf die kältere Jahreszeit findet eine Metaanalyse/systematische Review, dass Honig sowohl die Hustendauer als auch die Hustenintensität bei oberen Atemwegsinfekten reduziert.
14 kontrollierte, randomisierte Studien konnten ausgewertet werden, 9 davon bei Kindern. Die verwendeten Honigmittel (reiner Honig, dominante pflanzliche Herkunft des Honigs, Honig enthaltende Präparate) waren heterogen [1].
Angesichts der seltenen Nebenwirkungen sei methodisch nicht zu streng geurteilt. Zu hoffen, dass eine gut propagierte Honigverschreibung durch die Ärztinnen und Ärzte die Angehörigen/Patient(inn)en überzeugt, dass kein – bei dieser Krankheit sowieso fast nie indiziertes – Antibiotikum verschrieben werden muss. Eine Analyse der Cochrane-Datenbasis ist zu vergleichbaren Schlussfolgerungen gekommen [2].
1 BMI Evid Based Med. 2020, dx.doi.org/10.1136/bmjebm-2020-111336.
2 Cochrane Database Syst Rev. 2014, doi.org/10.1002/14651858.CD007094.pub4.

Fieber

Allgemeines
Fieber ist eine Abwehrmassnahme des eigenen Körpers und soll nicht unterdrückt werden.
Bettruhe!
Achten Sie auf ausreichendes Trinken (Bouillon wegen Salzverlust bei Schwitzen) sowie auf guten Stuhlgang (ev. Einlauf).
Lindenblüten- oder Holunderblütentee wirken schweisstreibend und damit fiebersenkend.

Essigwickel
Nur anlegen, wenn Füsse und Beine warm sind.
Auf 1 l kaltes Wasser ca. 3 Essl. Speiseessig geben, 2 Tücher darin nässen, um Füsse und Waden legen, Socken darüberziehen; wechseln, wenn die Tücher warm sind oder spätestens nach zehn Minuten. Legen Sie nach 3-4 Anwendungen eine Pause ein und wiederholen Sie nur, wenn das Fieber wieder steigt.

Priessnitzwickel
Absteigendes Bad
Erst wenn das Fieber in den letzten 3 Std. konstant hoch war und obige Massnahmen ungenügend linderten:
Die Badewassertemperatur soll ein Grad unter der gemessenen Darmtemperatur liegen. Dann lassen Sie während 10 Min. langsam kaltes Wasser zulaufen bis zu einer Temperatur von 32 Grad; Gesamtbadezeit 25 Min. Bei Unbehagen oder bei Gänsehaut mit dem Bad aufhören!

Absteigendes Fussbad
Zur Fiebersenkung bei Kleinkindern können Sie ein Fuss- oder Wadenbad im Lavabo mit abfallenden Temperaturen anwenden. Massieren Sie während der Badedauer Füsschen und Beinchen leicht.

Bei drohenden Fieberkrämpfen:
Mit Fingernagel Punkt zwischen Nase und Oberlippe drücken (im Übergang vom oberen zum mittleren Drittel zwischen Nase und Lippe).
Bitte nehmen Sie sofort mit Ihrer medizinischen Vertrauensperson Kontakt auf!

Ohrenschmerzen

    • Zwiebelwickel (warm oder kalt) oder kalter Quarkwickel hinter und unter das Ohr auflegen.
    • 1 Tr. Zitronensaft (zimmerwarm) ins Ohr tropfen. Dies jedoch bitte nur, wenn Sie sicher sind, dass das Trommelfell heil ist!
    • Bei Ohrenweh sollte man nicht auf Federkissen schlafen. Liegt man mit dem kranken Ohr darauf, kann es stark erwärmen und sich noch mehr entzünden. Besser ist ein Kissen mit Füllung aus Wolle, Hirse oder Synthetik.

Schnupfen

Fliessen lassen, nicht mit abschwellenden Tropfen unterdrücken!

    • Zwiebelringe in Kopfnähe legen oder aufhängen
    • Regelmässige Nasenspülungen mit physiologischer Kochsalzlösung reinigen nicht nur die Nase und die Nasennebenhöhlen vom Schleim, sondern verhindern auch Komplikationen: genaue Anwendungserläuterungen hier: www.dr-walser.ch/schnupfen/
    • Inhalation: mit Thymian
    • Wenn es wirklich nötig ist, können Sie bei trockenen Nasenschleimhäuten Mandelöl oder Vaseline mit einem Wattestäbchen auftragen.

Stirn- und Kieferhöhlenentzündung

Behandlung wie bei Schnupfen. Nach der Nasenspülung inhalieren Sie mit Salbei und/oder Thymian

Wickel

    • Leinsamenwickel: warme Päckchen auf Stirn, Nasenwurzel und Wangen auflegen
    • Quarkwickel: wenn Kälte bessert

Links zur Grippe:

Wo wütet die Krankheit?
Welche Länder sollten Sie besser meiden, weil dort die Grippe besonders stark wütet? Ein Blick auf FluNet, eine Homepage der Weltgesundheitsorganisation, hilft Ihnen weiter. Sie können sich die Grippeaktivität in verschiedenen Gebieten und über unterschiedliche Zeiträume anzeigen lassen. Über die aktuelle Situation in der Schweiz informieren Sie sich über Sentinella, das Schweizer Grippeüberwachungssystem.
Was ist eine Grippe?
Eine Grippe ist eine akut auftretende, fieberhafte, durch Viren hervorgerufene schwere Infektionskrankheit. Auf dem unabhängigen Medizinportal Onmeda ist die Krankheit nicht nur definiert: In einer für Laien verständlichen Form werden Infektionsweg, Symptome, Diagnose, aber auch die Wirkungsweise von Medikamenten erklärt.

Studien zur Zinktherapie:
Cochrane Database of Systematic Reviews, Issue 2, Art.N. CD001364 (2011) – Hulisz D., Efficacy of zinc against common cold viruses: an overview, J Am Pharm Assoc, 2004 Sep-Oct;44(5):594-603) (Prasad AS, Fitzgerald JT, Bao B, Beck FW, Chandrasekar PH, Duration of symptoms and plasma cytokine levels in patients with the common cold treated with zinc acetate. A randomized, double-blind, placebo-controlled trial, Ann Intern Med 2000 Aug 15;133(4):245-52)
Systematisches Review und Metaanalyse von Doppelblindstudien (2012)

Weiterlesen:
Long Covid
Long Colds


Schönes Buch über Hausmitteli:
Karin Berndl und Nici Hofer: “Zwiebelwickel, Essigsocken & Co.”, Eden Books

Veröffentlicht am 17. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
05. Januar 2024