Diätlos glücklich

“Mir gefallen Körper, die nicht von Zwängen, sondern von Leidenschaften geformt sind!” Theresa Lachner

Wie man geniesst und diätlos glücklich wird

Das Gute sei im Müesli zu finden, das Schlechte im Schwein.
Oder: Was dick macht, ist des Teufels. So drucken sich Heerscharen von Ernährungsfachleuten aus. Ein Spezialist aber widerspricht ihnen allen. Er will beweisen, dass «Diät nichts hilft, dass Abnehmen sogar die Lebenserwartung verkürzen» kann. 
Dr. Nicolai Worin
greift in seinem Buch “Diätlos glücklich”  so viele Ernährungsthesen an, dass das Lesen richtig Appetit macht.
Der Autor fährt grobes Geschütz auf. Etwa dann, wenn er die japanischen Sumo-Ringer erwähnt. Die sind ja nun wahrhaftig dick. Mindestens 7000 Kilokalorien müssten sie täglich. verdrücken, um ihre Kolossfigur zu erreichen und erhalten zu können. Ihr Gesundheitsgeheimnis scheint einfach: Sie trainieren täglich stundenlang, sie bewegen sich ständig.
«Fett macht fett.» Täglich infiltriere uns der böse Zeitgeist mit dieser unfrohen Botschaft, schreibt Worin. Fett sei Sünde. Wer ein fettes Hängebauchschwein verdrücke und sich seinerseits einen Hängebauch zulege, der schädige nicht nur sich selbst, sondern belaste auch die Gesellschaft mit vermeidbaren Kosten.
« Karg, grün, ballaststoffreich und fettarm – das macht nicht nur schlank, das bringt uns auch der ewigen Gesundheit ein Stück näher. Die Kost muss einen Hauch von vorindustrieller Armseligkeit besitzen, damit sie wirklich gesund ist – so wie das Essen eines italienischen Bauern öder eines japanischen Fischers vor hundert Jahren! »
Keine einzige, noch so seriös daherkommende Studie habe beweisen können, dass eine fettarme Ernährung die fetten Probleme lösen könne. Bedenklich stimme, dass diese Falschbotschaft «mit kommerziellem Schwung und grossem Erfolg, in die Ernährungsgemeinden hineingetragen» würde.
An auf Anhieb einleuchtenden Beispielen macht der Kollegenbeschimpfer Nicolai Worin deutlich, dass es völlig Wurscht ist, wie hoch der Fettanteil in den Speisen ist: «Zunehmen kann man nur, wenn die gesamte Kalorienzufuhr höher ist als der Energieverbrauch! Das heisst, alles macht auf Dauer <gleich dick>, ganz egal, wie fett- oder kohlenhydrathaltig die Nahrung ist, wenn damit ein Kalorienüberschuss, das heisst eine <positive Energiebilanz> zustande kommt.»

Fett Fett sein lassen

Die sich ständig in der Natur bewegenden afrikanischen Massai, deren Kalorienzufuhr zu weit mehr als der Hälfte aus Fett bestehe, seien in den meisten Fällen schlank.
Und auch ein weisser Büroangestellter, der jeden Tag über 3000 fette Kilokalorien in sich hineinfuttere, müsse keinen Bauchansatz befürchten, wenn er vor oder nach der Arbeit «entsprechende Kilometer trabt».
Der Autor lobt die Südländer, die trotz hohem Fettanteil ihrer Speisen in aller Regel schlanker bleiben als Deutsche oder gar Amerikaner. Grund: Wasser und Brot, zu den Mahlzeiten genossen, machen satter. Genauso wie das langsame Essen, Gespräche dazwischen und das bewusste Geniessen. Es käme keinem Italiener in den Sinn, Süssstoff in seinen Espresso zu kippen, keinem vernünftigen Franzosen, eine kalorienreduzierte Mousse zu bestellen.
Geradezu «pervers» sei die Fixierung auf Fett als Bösewicht. Denn Fett weide vom Menschen seit Urzeiten besonders gerne gegessen, «weil es seine Aroma- und Duftstoffe überaus betörend verströmt, weil der Geschmack köstlich und die Konsistenz angenehm ist, weil es uns sättigt und uns lebenswichtige Fettsäuren liefert. Hätte die Natur uns derart auf Fett reagieren lassen, wenn es Gift für uns wäre? Hat die Evolution bezüglich Fett gänzlich versagt? Ein Programmierfehler? Haben wir ausgerechnet gegenüber allen andern Bösewichten in der Nahrung gelernt, mit Widerwillen und Abneigung zu reagieren, etwa wenn eine verführerisch leuchtende Frucht am Baum oder Strauch uns <böse> will – und nur beim Fett nicht?» Lassen wir Fett mal Fett sein. Doch bleiben wir beim leidigen Thema des Zudickseins. Massloses Übergewicht muss ärztlich behandelt werden. Doch was ist masslos? Die paar Kilos vielleicht?
Jede Frau, jeder Mann, der sich irgendeiner nur vermeintlich logisch wirkenden Abmagerungskur unterzieht, muss sich folgender Ironie bewusst werden: «Was sind schon Gallensteine, die sich bei Reduktionsdiät gerne bilden? Wen interessiert schon die Knochenentkalkung mit dem damit verbundenen Risiko für Osteoporose und Knochenbrüche, wen kümmert die erhöhte Harnsäure, die einen kleinen Gichtanfall gerade dann auslöst, wenn man dabei ist, so richtig schlank und gesund zu werden?»
Es wird noch üppiger: «Ein bisschen Leberfunktionsstörungen, eine kleine Krise im Wasser- und Elektrolythaushalt und das bisschen Verlust an Muskelmasse an Körper und Herz – das ist doch alles zu verkraften und wird schliesslich weit übertroffen von den gesundheitlichen Vorteilen, wenn man endlich von dem lästigen Übergewicht herunterkommt.»
Nicolai Worin ist beileibe nicht der einzige, der vor dem rigorosen Abnehmen warnt, Genuss dafür um so intensiver empfiehlt.
Der Arzt Hans Balzli, Autor so unterschiedlicher Bücher wie «Körperschönheit trotz Mutterschaft» und «Nütze die Arbeitspause – Atmung und Gymnastik, die tägliche Kraftquelle des Berufstätigen», dieser Arzt war auch ein grosser Geniesser. Schon im Jahre 1931 kam sein hübsches Buch «Gastrosophie, ein Brevier für Gaumen und Geist» heraus.
Darin schrieb er: «Ich will auf keinen Fall die Bejammernswerten zu beeinflussen versuchen oder gar verführen, die – im Banne irgendwelchen Vorurteile oder Sektierereien – in die Welt hinausposaunen, die Ernährung sei etwas Niedriges, Tierisches, Materielles, und im Verfolg dieser vorgefassten Meinung jede Freude am Essen und Trinken als Sünde verschreien, ja nicht einmal den bescheidensten Tafelgenuss zulassen. Ihnen ist in ihrer Verschlossenheit und Kulturlosigkeit überhaupt nicht beizukommen, ihnen kann niemand helfen. Ich will sie ihrem grässlichen Frasse nicht abspenstig machen.» Balzli schliesst sein Vorwort ab mit dem Satz: «Denn böse sind nur hungrige und unbefriedigte Menschen.» Darüber müsste man nachdenken.
Nicolai Worin vergleicht Marilyn Monroe in ihrem Film «Some like it hot» mit dem heutigen Fotomodell Kate Moss.
Die Monroe galt damals als Traumfrau, sie hatte eine Traumfigur. «Heute würde sie eher als Model für Übergrössen» eingesetzt.
«Zu unseren Zeiten, da Kate Moss und ihre ausgehungerten Kolleginnen zur Verkörperung des Schönheitsideals geworden sind, kann man allerdings bereits wieder Hoffnung schöpfen: Schlimmer kann es eigentlich nicht mehr werden.» Nur “der geordnete Rückweg” biete sich an.
Das heisst: Es gibt keine verbotenen Lebensmittel mehr. jedes Essen soll eine Befriedigung hinterlassen. Essen Sie mit gutem Gewissen. Geniessen Sie, darüber freut sich Ihr Wohlbefinden.
Und lassen Sie sich von niemandem terrorisieren. Auch von Ernährungsberaterinnen und -beratern und zwielichten Langzeitstudien nicht.

Klinische Studien zu Diäten

Dazu drei Studien an fast 50’000 Frauen im Alter von 50 bis 80 Jahren, die während acht Jahren den Einfluss einer Diät mit geringem Fettgehalt (low fat diet) auf die Inzidenz von Brustkrebs (sollte das Risiko vermindern!), Kolonkarzinom (dito!) und auf das kardiovaskuläre Risiko (auch das sollte abnehmen!). Und was kam dabei heraus? Die Diät reduzierte keines der geprüften Risiken – weder das für Karzinome noch jenes für Herz-Kreislauf-Vorfälle! Ob dieses Ergebnis den Eindruck verstärkt, dass mit Diäten wenig bis nichts zu ereeichen ist, und dass man zwar mit Exzessen das Leben verkürzen, es mit Restriktionen aber kaum verlängern kann?! (Prentice RL, et al. / Beresford SA, et al. / Howard BV, et al. Low-fat dietary pattern and risk of invasive breast cancer / colorectal cancer / cardiovascular disease. The Women’s Health Initiative randomised controlled dietary modification trial. JAMA 2006;295:629-42 / 643-54 / 655-66).

Fuck it, bitch. Stay fat!

Dieses Buch von Samantha Irby “We never meet in real life” war mal dringend nötig. Das Thema ist nicht neu – ein Rant gegen Diäten – aber wie sie’s aufschreibt lässt den Leser auf diese tiefe, behäbige Weise lachen, die Alltagsweisheit signalisiert. Kostprobe:
“Do you really need another article about how important it is to eat a big breakfast full of healthy fats and whole grains to curb afternoon snacking? NO, YOU DO NOT. You need bitches to write about how comfortable maternity jeans are for women who aren’t really pregnant. And sexy ways to remove a bra that has four hooks. I’m always amused when they encourage you to eat “instead” foods, like eating an apple when you really want to rub a bacon cheese­burger all over your boobs is a fair substitute.” 

Lesen Sie auch diese verwandte Seite über die W/R-Ratio oder den BMI + über Abnehmen!

Veröffentlicht am 17. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
23. November 2017

“Frauenbeschwerden” – Frauengesundheit

Zuerst lesen: von der männlichen Gewinnmaximierung durch Misstrauen, Konkurrenz und Wettbewerb zur weiblichen Kooperation mit Vertrauen und Grosszügigkeit… Für mehr Lebensqualität: Frauen an die Macht.

Menstruationsbeschwerden (Dysmenorrhoe)

  • Massage (beidseitig): hinter und 4 Querfinger oberhalb Innenknöchel; kräftige Massage des Kreuzbeins mit den Fingerknöcheln, bis sich eine deutliche Wärme entwickelt
  • mehr körperliche Aktivität.
  • weniger Fett, mehr Fisch essen.
  • Gamolensäure in Nachtkerzensamen: 3 bis 6 Gramm täglich prämenstruell über 10 Tage (3 – 6 Kapseln Epogam). Sehr starke Schmerzen erfordern gelegentlich 3 bis 6 Gramm über 3 Monate
  • Vitamin B6: 2 bis 4 Monatszyklen lang täglich 50 (-100)mg und zusätzlich ein Esslöffel Distelöl, später reicht dann täglich etwas Distelöl z.B. in Salatsauce. (The British Medical Journal 318, 1375-1381 (1999))
  • Entspannungsbad mit Frauenmänteli, Schafgarbe, Gänsefingerkraut 3 Tage vor Menstruationsbeginn jeweils abends 20 Min.
  • Tee: Die obgenannten Kräuter können auch als Tee 5 Tage vor Menstruationsbeginn getrunken werden
  •  Ingwer: Bei Frauen, die in den ersten drei bis vier Tagen der Menstruation 750 bis 2000 Milligramm Ingwerpulver einnahmen, gingen die Schmerzen deutlich zurück. (Pain Medicine, Metastudie über 29 Studien)
  • Wickel: Kartoffel-, Weizenkörner- oder Heublurnenwickel auf Bauch und unteren Rücken
  • Mönchspfeffer (gleich unten beim PMS).
  • Dysmenorrhoe kann auch als begleitende Missempfindung von ausstrahlenden Schmerzen aus sog. Triggerpunkten in umliegenden Muskeln entstehen. Dabei wäre v.a. der M. Rectus abdominis abzuklären und zu therapieren (mittels myofaszialer Triggerpunkttherapie).

PMS = Prämenstruelles Syndrom

Die erste wichtigste therapeutische Intervention ist die einfache Aufklärung über das Zyklusgeschehen, denn damit lösen sich schon oft die Probleme von selbst.
Die Symptome eines Prämenstruellen Syndroms sind Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, depressiver Verstimmung, Energiemangel, Schlaf- und Appetitstörungen, Wasseransammlung im Gewebe, Spannungsgefühl der Brüste, etc. vor oder zu Beginn der Monatsblutung. Im jugendlichen Alter sind Stimmungsschwankungen, Stress und Nervosität am häufigsten. Speziell im Alter zwischen 13 und 18 Jahren werden Heisshungerattacken, Stimmungsschwankungen, abdominale Beschwerden sowie Unzufriedenheit mit dem Aussehen genannt. Im Alter zwischen 16 und 18 Jahren ist die Intensität der Symptome am stärksten.

Lebensstilveränderungen wie Stressmanagement, Erlernen von Entspannungstechniken, regelmässiger Schlafrhythmus sind sehr wichtig. Auch eine Ernährungsumstellung (kohlehydratreiche Ernährung, weniger Salz und raffinierter, weisser Zucker, kleinere häufigere Mahlzeiten, Verzicht auf tierische Fette, Kaffee, Alkohol und Nikotin) kann viel bewirken: Symptome wie Ödeme, Mastodynien (Brustspannen), Aufgedunsensein, Gewichtszunahme, Reizbarkeit, Schlaflosigkeit bessern sich stark. Sehr effizient beim PMS ist auch die regelmässige Ausübung eines Sports. Ausserdem sollte Zigarettenrauchen, welches die Symptomatik des PMS verstärken kann, aufgegeben werden.

Literatur: Back to the roots – zyklisch leben mit immenser Freude von Josianne Hosner, Quittenduft-Verlag.

Agnus-castus-Früchte (Mönchspfeffer) erweist sich auch in grossen Studien beim PMS als sehr wirksam und dabei gut verträglich  (www.bmj.com/cgi/content/full/322/7279/134):

  • 40 mg Mönchspfeffer Trockenextrakt täglich (z.B. PreMens®, Agnolyt®, Emoton®)) über 3 Monate, dann Behandlungspause. Bei erneuten oder wieder zunehmenden Beschwerden erneuter Therapiezyklus mit Medikation nur in der 2. Zyklushälfte oder eine Woche prämenstruell in angepasster Dosierung (bis 2 x 40mg). Bei einigen Frauen reicht auch die Einnahme an den Tagen mit Beschwerden.
  • 1200 mg Kalziumkarbonat pro Tag (oder erhöhte Milcheinnahme) bewirkt weniger Aufgedunsensein des Bauches, weniger Krämpfe und Essattacken, sowie weniger Appetitanstieg.
  • Vitamin B6: 2 bis 4 Monatszyklen lang täglich 50 (-100)mg und zusätzlich ein Esslöffel Distelöl, später reicht dann täglich etwas Distelöl z.B. in Salatsauce.(The British Medical Journal 318, 1375-1381 (1999))
  • Distelöl enthält wenig von der essentiellen Fettsäure Linolsäure (viel in Borretschöl (z.B. Glandol® 3 bis 4 Kapseln für 6 Wochen, danach 3 bis 6 Monate 1 Kaps.tgl), Nachtkerzenöl, Kerne der schwarzen Johannisbeere)

Schmerzhafte Brustschwellung vor der Menstruation

  • zuerst die obigen Lebensstilveränderungen.
  • Brokkoli: Jedoch weiss frau/man es nicht genau. Es gibt Studien mit 25 mg Sulforaphan (=sekundärer Pflanzenstoff aus Brokkoli) pro 70 kg Körpergewicht pro Tag. In anderen erhielten Patienten eine Dosis von 90 mg. Am besten ist vielleicht, Sulforaphan in Kapseln als Nahrungsergänzung einzunehmen. Verschiedene Hersteller bieten Sulforaphan als Nahrungsergänzungsmittel in Kapseln an. Damit ist die Dosierung am leichtesten.
  • Wickel mit Heilerde oder Ringelblumentinktur 1:3 oder stärker verdünnt, maximal 30 Min. aufgelegt lassen. Sie können diesen Wickel vor der Menstruation täglich anwenden.
  • Mit Geraniumöl die Brüste sanft massieren und gegen die Achselhöhle ausstreichen.

Wasseransammlungen vor der Menstruation

  • zuerst die obigen Lebensstilveränderungen!
  • Goldruten-, Ackerschachtelhalm-, Birkenblättertee: während einer Woche
  • Kürbissamen ungesalzen essen
  • Löwenzahn als Salat

Scheidenentzündungen

Allgemeines: Verwenden Sie Naturbinden, z.B. Flawa, Margherita; Unterwäsche aus Naturfasern

Bei häufigen Problemen mit der Scheide auch nach weiteren Ursachen zu forschen. Stress, Medikamente und eine ungesunde Ernährung können das Scheidenmilieu aus dem Gleichgewicht bringen.
Zudem ist für eine gesunde Scheide wichtig, dass man sich in der Beziehung und mit der Sexualität wohl fühlt.

Therapiekonzept AAA (nach Regina Widmer):

  • Antiseptika (mit ätherischen Ölen und Gerbstoffe)
  • Ansäuern (mit Essig, Milchsäure, Jogurt)
  • Anogenitale Grundpflege (d.h. vor allem die betroffenen Stellen fetten (Salben siehe gleich unten). Der After ist noch vernachlässigter als die Vulva – wenig Papier >> keine Geschmiere, kein Waschlappen, keine Seife!)
    Analhygiene verändern:
    Kein Stuhl mehr rumschmieren mit Toilettenpapier, sondern nur mit viel Wasser den Anus nach dem Stuhlgang duschen (in der Dusche – oder noch komfortabler mit einem WC-Aufsatz (z.B. Geberit). Dann nur noch mit etwas Papier trocken tupfen.

Ansäuern

Die Ansäuerung ist nach den Wechseljahren und vor der Pubertät sinnlos, da dann das natürliche Scheidenmilieu anders und nicht sauer ist.

  • Essigspülung: 2 Essl. Obstessig auf 1/2 l Wasser; 2mal täglich spülen, dabei Becken flach lagern, sodass das Wasser bis zum Gebärmutterhals kommt; während 3 – 6 Tagen. (Zuerst ausprobieren, ob es hilft, denn bestimmte Infektionserreger fühlen sich bei Essig wohl!)
    Eine Hilfe für Spülungen ist die 60-ml-Spritze und dem weichen Aufsatz eines Einmalkatheters oder mit einer Rektalsonde beziehungsweise mit einem Darmrohr für Fr. 1.-. Luxus ist eine «Sanor irrigateur plastique mit Deckel» (Lamprecht); auch in Reiseform erhältlich – ich verschreibe auch häufig die Spülflasche von Betadine (ohne die Spüllösung).
    Wenn’s schnell gehen muss, kann man auch ein Essigwassersitzbad machen (auch Zitronensaft in Wasser passt gut). Viele Frauen setzen sich auch nur drüber und waschen sich ein bisschen ab. Bei milden Beschwerden genügt dies.
    Für die schnelle Version eines Sitzbads lässt man die Flüssigkeit einfach aus einer Plastikflasche über den Intimbereich laufen und spreizt dabei den Scheideneingang etwas mit den Fingern.
  • Ansäuerung geht auch mit einem Joghurttampon: Einen Minitampon in normales ungesüsstes Naturejoghurt tauchen und vollsaugen lassen. In die Scheide einführen und über Nacht belassen. Etwa drei Nächte.
  • Milchsäure-Ovula:
    Rp. Milchsäure   5%
    Witepsol ad 3,0 g
    10 Ovula
  • Bei rezidivierenden Scheidenentzündungen lohnt sich auch ein Versuch mit lokal angewendetem Vitamin C (= eine Säure, Ascorbinsäure!):
    Redoxon®-Lutschtabletten (aber nicht lutschen, sondern vor dem Schlafengehen eine tief in die Scheide einführen), langzeitig

Salben und ätherische Öle/Gerbstoffe

  • Salben: Aloe vera-Gel oder Calendulacreme, Eichenrindenlotion (20%). Geben Sie 1 Tr. Teebaumtinktur (Achtung: zuviel davon brennt) in obige Salben.
  • bei Juckreiz und empfindlicher Haut:
    vaginale Kräutercreme (Rezept nach Rina Nissim):
    Ricini oleum   2,5 g
    Niaouli aeth.   0,25 g
    Cypressi aeth.   0,5 g
    Salviae aeth.   0,5 g
    Matricariae ol. coct.   1,25 g
    Ung. Hydrophili. PM III ad 50,0 g
  • Eichenrinden-Ovula (Gerbstoffe) nützen bei Zervizitis, blutender Ektopie, Kontaktblutungen, grosser Ektopie mit viel Schleim und bei HPV der Portio.
  • Majorana/Melissa Globuli vaginales (Weleda) wirken durchwärmend und belebend.

Dieses Therapiekonzept kommt zum Beispiel zur Anwendung falls immer wieder Scheideninfektionen auftreten nachdem frau im Hallenbad geschwommen ist. Das Chlor im Wasser verändert dabei den Säuregehalt der Scheide und macht die normalen Abwehrbakterien in der Scheide kaputt. Zur Vorbeugung fügt frau vor dem Baden einen Essigwassertampons in die Scheide und fettet zudem ihre Vulva (äusseres Genitale) um das Aufweichen der Haut zu verhindern und damit das Ein/Durchlassen von Keimen.

Brennen

Ein Sitzbad mit starkem Kamillenaufguss oder Schwarztee lindert  Brennen. Den heiss angefeuchteten Schwarzteebeutel kann man auch einfach für 20 Minuten auf die Schamlippen legen.

Ursache bekannt (Hefepilz, bakterille Bakteriose, HPV-Infektion)

Der Partner muss bei Soor (Hefepilz) und bakterieller Vaginose nicht mitbehandelt werden. Dies führt zu keiner Verminderung der Schub-Rate! Es reicht, wenn er sich regelmässig gut wäscht!

Bei trockener Scheide und bröckligem, weissem Ausfluss, der neutral riecht – es juckt (meist Pilz) – oder bei nachgewiesenem Hefepilz:

  • Teebaumessenz-Spülungen 5 Tr. (Tropfen in 1 Kaffeerähmchen rühren = Emulgator!) auf 1/2 l Wasser (Achtung: häufige Allergien auf Teebaumöl – dann Lavendelöl!)
    oder Teebaum-Ovula (Rp Melaleuca alternifolia aeth. 3 gtts + Witepsol ad 3,0 g – 10 Ovula).
  • Regina Widmers Sathyma-Zäpfchen
  • Thymianzäpfchen oder  Majorana Vaginalgel Wala
  • äusserlich: Aloe-vera-Gel oder Calendulacreme.

Da der Pilz meist auch im Darm vermehrt ist (er ist dort ein “normaler” Bewohner), empfehle ich bei wiederholtem Auftreten eines Scheiden-Candidapilzes:

  1. Analhygiene verändern:
    Kein Stuhlgeschmiere mehr mit Toilettenpapier, sondern nur mit viel Wasser den Anus nach dem Stuhlgang duschen (in der Dusche – oder noch komfortabler mit einem WC-Aufsatz (z.B. Geberit). Dann nur noch mit etwas Papier trocken tupfen.
  2. Eine Diät zum Aufbau der, die Pilze verdrängenden “guten” Darmbewohner:
    Zucker und Weissmehl reduzieren (besonders wichtig, da Hefen “süsse Mädchen” lieben, d.h. auch süsses Milieu in der Scheide!) ; Milchprodukte weglassen, wenn der leiseste Verdacht auf eine Milchunverträglichkeit besteht; Ab 16:00 Uhr keine Rohkost und Früchte mehr, sondern gekochtes Gemüse.

Sofortiger Wechsel eines nassen Badeanzugs soll die Übertragung vom Anus zur Scheide verhindern, die sonst so schnell erfolgt.

Auch ein eventuell vorliegender Eisenmangel und auch ein Zinkmangel begünstigen zudem eine Scheiden-Hefepilz-Entzündung.

Prädisponierend wirken weiterhin die Antibabypille!

Bei cremigem Ausfluss, der nach Fisch riecht (bakterielle Vaginose, ein Ökostörung mit dem Leitkeim Gardnerella vaginalis): 

saure Anwendungen:

  • Essigspülung: (Anwendung siehe oben!)
  • Jogurt: zum Einführen Finger, Tampon (wie oben), Spritze verwenden
  • Milchsäure-Ovula (siehe oben)

HPV-Infektionen

Mit antiviral wirksamem Melaleuca alternifolia (Teebaum) und Melaleuca quinquinerva (Niaouli) können Ovula oder Tampons hergestellt werden (Rp Melaleuca alternifolia aeth. (oder Melaleuca quinquinerva aeth.) 3 gtts + Witepsol ad 3,0 g – 30 Ovula)
Man muss länger behandeln, z.B. drei Zyklen während je zehn Tagen beziehungsweise Nächten ein Ovulum einführen (ohne Allergie).
Regelmässige zytologische, kolposkopische und histologische Kontrollen sind unerlässlich. Bei höhergradigen Dysplasien ab CIN II muss unbedingt mit einer Frauenärztin zusammengearbeitet werden!

Falls obige Anwendungen keine Besserung bringen, wenden Sie sich an Ihre medizinische Vertrauensperson!

Schwangerschaft, Geburt und Stillen

Schwangerschaftserbrechen

Allgemeines

  • Häufig, aber wenig aufs Mal essen; Rhythmus einhalten.
  • Kauen Sie immer wieder Mandeln, Sonnenblumenkerne und Nüsse, bis ein geschmackloser Brei im Munde entsteht; dies bindet die Säure im Magen. Das Kauen von rohen Haferflocken hat einen ähnlichen Effekt.
  • Lavendelwickel auf den Magen (12 Tr. Lavendelöl auf 1 l Wasser)
  • Tee aus geriebener Ingwerwurzel trinken

Schwangerschaftsstreifen

  • Wirksam ist nur die Prophylaxe: Massieren Sie die Haut, besonders der Bauchdecke während der gesamten Schwangerschaft mit Öl. Wünschen Sie einen Zusatz, dann geben Sie 20 Tr. Lavendelöl und 4-5 Tr. Neroliöl in 50 ml Pflanzenöl, oder 10 Tr. Rosenholzessenz auf 50 ml Haselnussöl.

Geburtsvorbereitung

  • Heisse Packungen mit Calendula: Calendula-Aufguss auf einen feuchtwarmen Waschlappen geben, auf den Damm legen (oder noch besser im Schneidersitz darauf sitzen) und mit einer Bettflasche oder armem Kartoffelpack warm halten. in den letzten 5 Wochen vor der Geburt täglich 20 Min. anwenden.
  • Massieren Sie täglich den Damm mit Weizenkeimöl.
  • Himbeerblättertee: 1 Tasse täglich im 8.Monat, 2 Tassen im 9. Monat zur Lockerung des Gebärmutterhalses
  • Brustwarzen vorbereiten: abwechselnd kalt und warm abwaschen oder mit trockenem Tuch reiben; Partner soll an den Brustwarzen saugen.
  • Während der Geburt können Packungen mit heissen Tüchern über Damm und Scheide Erleichterung bringen.

Milchbildung

  • Milchbildungstee: 20 Teile Kümmel, 20 Teile Fenchel, 20 Teile Anis, 10 Teile Brennessel, 20 Teile Geisskraut, 10 Teile Basilikum; Kräuter quetschen, 1 Teel. pro Tasse mit kochendem Wasser übergiessen, zugedeckt 5 Min. ziehen lassen. jedes mal frisch zubereiten und nicht mehr als 1/2 l pro Tag trinken, sonst wird die Milch übelriechend.
  • Punkt in der Mitte des Schulterblattes beidseits kräftig massieren.

Brustentzündung

  • Kind häufig anlegen; Kind in «Football-Position» (Kindsbeine gegen die Achsel der Mutter) anlegen.
  • Brustwarzen mit kaltem Wasser reinigen, nach dem Stillen mit einigen Tropfen Zitronenwasser abtupfen
  • Genügend trinken – Brusttee, Ringelblumentee
  • Wickel: mit Quark, Lehm, Essigwasser. Warme Kompressen mit Malventee oder Ringelblumentinktur (1 Teel. pro Tasse).
  • vor dem Stillen etwas Warmes, nach dem Stillen etwas Kaltes auflegen.

Brustwarzenentzündung

  • Legen Sie feuchte Schwarzteebeutel auf die Brustwarzen auf.

Wechseljahre

(Lesen Sie auch dies!)

  • Traubensilberkerze (Wurzelextrakt – Cimicifuga racemosa; z.B. Remifemin® 2-3 x 40 Tropfen oder 4 Tabl.) v.a. gegen vegetative Beschwerden (50% verschwinden völlig, 30-40% besser) und psychische Störungen. Eignet sich aber nicht zur Osteoporose-Prophylaxe.
  • zu Beginn der Wechseljahre, wenn Symptome ähnlich wie bei PMS: Mönchspfeffer (siehe hier)
  • Nachtkerzenöl-Kapseln
  • Teemischung: 20 Teile Frauenmänteli, 15 Teile Johanniskraut, 10Teile Zitronenmelisse, 15 Teile Schafgarben, 15 Teile Rosmarin, 15 Teile Salbei

Wallungen

  • Salbei alleine: bis dreimal täglich 40 Tropfen einer Salbeitinktur.
  • Teemischung: je 1/4 Frauenmänteli, Salbei, Zinnkraut und Mistel: 1 Essl. auf 1/4 l Wasser aufkochen, morgens nüchtern 1 Tasse trinken
  • Traubensilberkerze oder Mönchspfeffer (siehe gleich oben).

Trockene Scheide

    • viel eigenen Speichel benützen!
    • Schleimhautpflege: Leinsamen, -öl innerlich als Budwig-Creme und lokal Rheum rhaponticum D2 Salbe Weleda, tgl. 2 x anzuwenden, ev. mit Applikator auch vaginal einführen.

Gebärmutterentfernung (Hysterektomie): Die Gebärmutter, ein überflüssiges Organ nach den Wechseljahren?

Veröffentlicht am 17. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
24. Februar 2024

Glykämischer Index / Glykämische Last

GI: Glykämischer Index

Der Glykämische Index ist ein Mass, das die blutzuckersteigernde Wirkung nach Zuckerkonsum beschreibt. Daher wird allgemeine der Verzehr sogenannter “langsamer” Zucker empfohlen.

Zuerst mal:
Wer nur auf die Index-Werte achtet, wird vergeblich darauf warten, dass die Pfunde schmelzen. Alles Fett und Fleisch hat einen tiefen Wert und dürfte also bedenkenlos gegessen werden. Hingegen müsste man auf Kürbis und Rüebli verzichten. Denn diese haben einen hohen glykämischen Index zwischen 75 und 85. Doch es gibt trotzdem keinen Grund, auf diese gesunden Gemüsesorten zu verzichten. Denn diese beiden Gemüse enthalten so wenig Kohlenhydrate, dass man kiloweise davon essen müsste, damit sie den Blutzucker tatsächlich markant beeinflussen würden.
Verschiedene Untersuchungen zeigen zudem, dass der glykämische Index nicht nur bei ganzen Mahlzeiten, sondern bereits beim einzelnen Nahrungsmittel stark schwanken kann. So haben amerikanische Forscher für Spaghetti unterschiedliche Werte zwischen 38 und 61 ermittelt – je nach Kochzeit. Es ist also unklar, ob Spaghetti den Blutzucker eher langsam oder doch ziemlich schnell ansteigen lassen.

…und dann das:
In einer nach strengen Kriterien durchgeführten Studie mit freiwilligen adipösen Menschen wurden vier verschiedene Diäten getestet: eine mit hohem Kohlenhydratanteil (60% der Kalorien) und eine mit 40% Kohlehydraten, jeweils mit hohem oder niedrigem Glykämischen Index. Resultate: Entgegen den allgemeinen Aussagen führten die Diäten mit niedrigem GI zu einer erhöhten Insulinresistenz und verbesserten die Blutfettwerte nicht! Eines ist jedoch sicher: Die besten Resultate wurden, unabhängig vom GI, bei einer Diät mit 40% Kohlehydraten erzielt! (Sacks FS, et al. JAMA.2014;312:2531)

Die Zusammensetzung und industrielle Bearbeitung unserer Mahlzeiten macht’s aus!

Es ist festzuhalten, dass der glykämische Index der Lebensmittel durch ihre industrielle Bearbeitung steigt (Mais 70, Cornflakes 85).
Man kann davon ausgehen, dass bei einem glykämischen Index ab 60 der starke Anstieg des Blutzuckers einen Hyperinsulinismus begünstigt. Aus Gründen der Einfachheit sprechen wir in diesem Fall von »schlechten Kohlenhydraten«. Hingegen werden die Kohlenhydrate, deren glykämischer Index höchstens 50 beträgt, »gute Kohlenhydrate« genannt.
Wie man sieht, ist der glykämische Index von Getreide niedriger, wenn die Ballaststoffe erhalten bleiben. Daher ist es ratsam, Vollkorn, geschrotetes Korn und eventuell noch Vollkornbrot zu essen (in denen zusätzlich die Vitamine und Spurenelemente erhalten bleiben), als allgemein gesagt: “Backwaren”!

Die Index-Werte von einzelnen Nahrungsmitteln taugen aber meist wenig für den Alltag. Denn sie stimmen nicht mehr, sobald man die bewerteten Nahrungsmittel nicht einzeln, sondern im Rahmen einer Mahlzeit isst. Man kann dies also nur für isoliertes Essen eines Nahrungsmittel allein verwenden.

  • Wie  vermeidet man dann einen schnellen Anstieg des Blutzuckers:
    Reichern Sie Mahlzeiten auch mit Rohkost, Salat und geschrotetem Vollkorn an. Gekochtes, Püriertes, Gepresstes und Gebackenes lässt den Blutzucker schneller ansteigen. Also Pasta und Kartoffeln al dente gekocht und möglichst kalt gegessen. Denn abgekühlte Kohlenhydrate erreichen die Blutbahn langsamer.
    Ziehen Sie deshalb auch ganze Kartoffeln dem Kartoffelstock vor. Essen Sie lieber einen Apfel statt Apfelsaft zu trinken.
  • Seien Sie sparsam mit Fett. Es bremst zwar den Blutzuckeranstieg, doch es hat viele Kalorien.
  • Essen Sie eiweissreich (fettarme Milch, Quark, Joghurt, Käse oder mageres Fleisch, Fisch) – dies sättigt gut und baut Muskeln auf: Lesen Sie auch hier.
  • Bewegen Sie sich viel! Dies verstärkt die Wirkung des körpereigenes Insulins und senkt den Blutzucker.

Tabelle der glykämischen Indizes
KOHLENHYDRATE MIT HOHEM GLYKÄMISCHEN INDEX (“SCHLECHTE KOHLENHYDRATE”) KOHLENHYDRATE MIT NIEDRIGE GLYKÄMISCHEN INDEX
(“GUTE KOHLENHYDRATE”)
Malzzucker (Maltose)
Traubenzucker
(Glukose)
gezuckerte Getränke
(Limo, Cola)
Kartoffelchips
sehr weisses Brot
Gipfeli, Brioches etc.
Honig, Ahornsirup
Kartoffelpüree
(Fertigprodukt)
Gekochte Karotten
Schnellkochreis
Cornflakes, Popcorn
Zucker (Saccharose)
Sorbets
Halbweissbrot
Müsli mit Zucker
Schokoriegel
Gekochte Kartoffeln
Zwieback, Biskuit
Mais
Polierter Reis
Pizza
Graubrot
Rote Beete
Alkohol
(v.a. Spirituosen)
Bananen, Melonen
Dörrobst
Konfitüre
Teigwaren
110

100

95
95
95
90
90

90
85
85
85
75
70
70
70
70
70
70
70
70
65
65
65

60
60
60
55
55

Misch- oder Kleiebrot
Vollreis
Grüne Erbsen
Vollkornmüsli ohne Zucker
Haferflocken
Frischer Fruchtsaft
(ohne Zucker)
Weizenvollkornbrot
Vollkornteigwaren
Schrotbrot
Milchprodukte (ohne Zucker)
Karotten rohe
Hülsenfrüchte:
– Erbsen
– Bohnen
– Linsen
– Kichererbsen
Frisches Obst
Marmelade (ohne Zucker)
Schokolade mit hohem Kakaoanteil (mind.60-70%)
Fructose (Fruchtzucker)
Soja
Frisches Gemüse, Salate
Tomaten, Zitronen
50
50
50
50
5040
40
40
35
35
3535
30
30
30
30
25

25
20
15
15
<15

GL: Glykämische Last

Kritisiert wird am GI, dass er wenig praktikabel sei: z. B. haben Weissbrot und Wassermelonen beide einen ähnlichen GI – führen also zum gleichen Blutglukoseanstieg. Da jedoch jeweils die Menge verglichen wird, die 50 g KH enthält, vergleicht man hier etwa 100 g Brot mit 1000 g Wassermelonen Mit solchen Angaben können Arzt und Patient allerdings wenig anfangen. Daher wurde die Glykämische Last (GL) eingeführt, die auch die aufgenommene Kohlenhydratmenge, sprich die Portionengrösse berücksichtigt.

GL = GI des Lebensmittels X Kohlenhydratmenge des Lebensmittels pro Portion /100

Bei den meisten Ernährungsempfehlungen wird heute nicht mehr auf den GI, sondern auf die GL von Lebensmitteln Bezug genommen:

  • eine niedrige GL reicht bis 10,
  • bei Werten über 20 ist die GL hoch.

Die Empfehlung etwa in der LOGI-Diät lautet, die GL aller über den gesamten Tag verzehrten Lebensmittel nicht über 80 steigen zu lassen.

GI und GL einiger wichtiger Lebensmittel

Lebensmittel Glykämischer Index (GI) Glykämische Last (GL)
pro 100 g
Weizenbrötchen

73

39 (etwa 18 pro Brötchen)
Roggenvollkornbrot

58

27 (etwa 14 pro Scheibe)
Brezel

83

55 (etwa 28 pro Brezel)
Basmatireis

58

16

Cornflakes

81

70

Haferflocken

59

36

Bandnudeln (mit Ei)

40

10

Spaghetti aus
Hartweizengriess
(Kochzeit 5 min.)

38

10

Kartoffelbrei (instant)

38

11

Kartoffelklösse

52

16

Pommes frites

75

15

Kartoffeln
(geschält und gegart)

47

4

Rote Bete

64

6

Mais

54

11

Ananas

59

6

Apfel

38

5

Banane

52

10

Rosinen

64

47

Bohnen (weiss, gegart)

38

8

Linsen

29

3

Eiscreme

61

16

Joghurt (natur)

36

2

Milch (vollfett)

27

1

Milch (entrahmt)

32

2

Quelle: Franca Mangiameli, Nicolai Worm, LOGI-Guide

Kurzum: Traditionelle Mittelmeerkost und die Vollwert-Ernährung sind typische Beispiele für eine Kost mit niedrigem GI bzw. niedriger GL – ohne dass diese Werte hier explizit dokumentiert werden. Und diese Formen der Ernährung werden auch bereits heute von fast allen Forschern als empfehlenswert gegen das Metabolische Syndrom eingestuft.

Veröffentlicht am 17. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
14. Januar 2019

Gleichgewicht

Das (strukturelle) Gleichgewicht des menschlichen Körpers

Definitionsannäherungen

Gleichgewicht ist der Zustand eines Körpers, in dem sich alle angreifenden, aus Bewegung, Trägheit, Reibung und externen Einflüssen resultierenden Kräfte beziehungsweise Drehmomente gegenseitig aufheben und die Summe aller wirkenden Kräfte Null ist.
Auf den menschlichen Körper übersetzt heisst das: Die Kräfte, die von aussen auf uns wirken (Schwerkraft und Normalkraft) sind “im Gleichgewicht” mit den Kräften, die in uns wirken (Muskelkraft, Elastische Spannkraft des Bindegewebes, Turgor = Innendruck unserer Säfte).
In statischen Haltungen, wie Stehen und Sitzen befinden wir uns in einem labilen Gleichgewicht: Es ist ein dynamisches Kreisen um einen Nullpunkt. Am besten macht man auch daraus eine feine Bewegung, also z.B. im Stehen ein leichtes Hin- und Herfalten in der Zickzacklinie. Auch unsere Sitzstellung sollten wir immer wieder mal verändern.
Gleichgewicht ist also in der Bewegung leichter zu finden.

Was ist nun das Neue in der “Normal Function”  (NF) im Rolfing?

Dazu Hans Flury (ausführlicher in meinem Interview mit ihm):
“Wie entsteht Bewegung?” Dafür braucht es eine Kraft, und aus Erfahrung (!) sagt dann jeder, dass Muskeln arbeiten müssen.
Bei einem ruhenden Körper oder einem, der sich gleichmässig und gradlinig bewegt sind alle Kräfte im Gleichgewicht und neutralisieren sich. Die richtige Antwort lautet also: das Gleichgewicht der Kräfte muss gestört werden. Dann taucht eine Nettokraft (schönes Wort!) auf, die bewegt. Wir können das Gleichgewicht der Kräfte nur über die Muskeln stören, vom ökonomischen Gesichtspunkt aus aber auf zwei entgegengesetzte Weisen: wir erhöhen aktive Spannung, oder wir vermindern sie. Im ersten Fall verbrauchen wir mehr Energie, im zweiten sparen wir Energie ein. Damit war das Prinzip von NF formuliert und die “Nettokräfte”, die Bewegung auslösen oder verändern, sind zudem immer die Schwerkraft oder die elastische Kraft der Faszien oder beide. Das passt dann sehr schön dazu, dass dies die “zwei fruchtbaren Ideen” sind, die Ida Rolf in die Betrachtung des Körpers einbrachte.
Das Gleichgewicht hat also auch etwas mit (maximaler) Ökonomie zu tun.
Die Ausarbeitung der speziellen Bedingungen war bei dieser Ausgangslage dann relativ einfach.

Es existieren gewisse Regeln (hier anhand des Menschen in Bewegung erklärt):
Die (maximale) Ökonomie der Bewegung – eine allgemeine Bedingung (oder Prinzip) und 3 Merkmale als Folge davon:
(Grundlage der strukturellen Bewegungslehre – u.a. in der Strukturellen Integration nach Ida Rolf)

Die allgemeine Bedingung oder das allgemeine Prinzip:
Jede Bewegung wird durch selektive Reduktion von aktiver Spannung ausgelöst.

  1. Bewegung wird durch Muskelentspannung ausgelöst statt durch Muskelkontraktion.
    Dass Agonisten „ökonomisch“ bewegen können, sollten auch die Antagonisten zuerst loslassen (When flexors flex, extensors extend.)
    >>> Gewicht spüren (Schwerkraft).
    .
  2. Zu Beginn einer Bewegung wird die Mittellinie (der Innenraum des Körpers) länger statt kürzer.
    >>> Dehnung spüren (Elastische Spann- oder Federkraft gedehnter Faszien – statt Stauchung).
    .
  3. Das Gleichgewicht (balance und support) wird in der Bewegung besser statt schlechter.
    >>> Gestütztwerden spüren (Stützkraft der Erde: „Sich setzen“ wie eine vorsichtig hingestellte Einkaufstasche).

Also: „Gratiskräfte“ benützen: Schwerkraft und Stützkraft  oder Normalkraft der Erde, elastische Spannkraft des Bindegewebes und nicht primär und nur minimal die Muskelkraft und wenn, dann v.a. die intrinsischen, tiefen, achsennahen Kernmuskeln. Zuviel Muskelarbeit („active tension“) staucht und verkürzt (tonische Anteile). Ökonomische Bewegung ist ruhig, schwingend und geschmeidig (katzenartig).

Die Stabilität und gleichzeitig Beweglichkeit unseres Körpers wächst mit der Länge des Gewebes und nicht mit der Stärke der Muskeln (was zur Verkürzung und Steifigkeit führen kann): Sie entsteht also besser aus der elastischen Spannkraft der “Bindegewebshülle” (Lesen Sie dazu meinen Blogbeitrag über das “Body Stocking”!).

Einschub: Raubtiere, Katzen bewegen sich vor allem aus dem Bindegewebe!

Zum Beispiel lassen Katzen sich beim Springen zuerst in das elastische Netz (oder die Feder) ihres Bindegewebes fallen und lassen sich dann spielend, leicht hinauskatapultieren >>> schön sichtbar auf diesem Youtube-Video:

Es resultieren drei Eigenschaften des Gleichgewichts:

  1. Tiefenaktivität oder Kernstabilisierung und Oberflächenentspannung
    – auch Stabilität durch Länge und aus dem Bindegewebe (siehe “Body Stocking”!)
    Es ist für unser Gleichgewicht förderlich, wenn tiefe Strukturen in unserem Körper aktiv werden und die Stabilisierung übernehmen und oberflächlich gelegene sich entspannen können. Diese tiefen Strukturen nennt man auch “tiefe Rumpfstabilisatoren”, “lokale Muskeln” oder “Core” (Psoasmuskel, Beckenboden = M. Pubococcygeus, M. Transversus abdominis, Mm. Multifidi und Mm. Rotatores, M. Serratus, M. Longus colli,…).
    Siehe dazu auch “Die Segmentale Stabilisation”!
    Jede optimal ausgeführte Alltagsbewegung und -haltung beginnt mit der Aktivierung des sog. lokalen Systems, also der tiefen Rumpfstabilisatoren. Erst wenn diese aktiv sind, können die globalen, oberflächlichen Hüllmuskeln ökonomisch und entspannt arbeiten!
    .
  2. Hüftgelenksaktivität oder “Hüftachse hinter dem Lot”
    Für das Gleichgewicht ist es wichtig, dass das Hüftgelenk  primär benützt wird und aktiv wird (dies im Vergleich zum Knie, welches häufig bei uns schon sprachlich im Vordergrund steht: “in die Knie gehen”, “Kniebeuge”…).
    Als schönes Beispiel hierfür gilt die “halbe Hocke”, die vor allem aus den Hüftgelenken kommt. Mit ihr kann man wunderbar entspannt (ein grösseres und auch kleineres) Gewicht heben.Dann die Federung aus der Hüfte beim Gehen (Hüftachse hinter Schulterachse) – oder die leichte Faltung beim Stehen, etc..
    Zu optimalem Stehen und Gehen im Gleichgewicht lesen Sie in Kurzform hier (und mit mehr Anspruch hier: “Ökonomie der Bewegung”).
    .
  3. lange Mittellinie mit vorne konvexer Form
    Förderlich für die zwei obigen Qualitäten und das Gleichgewicht ist dann eine lange Mittel- und Frontallinie des Rumpfs (von Kinn bis Schambein), was auch ein langer Innenraum des Oberkörpers bewirkt, den man immer durch eine vorne konvexe Mittellinie erreicht (also durch ein senkrechtes Brustbein und ein Schambein, das hinter dem Lot liegt: Schultergürtel und Kopf können ruhig auf diesem Rumpf balancieren).
    Man weiss auch aus Studien, dass die Wirbelsäule aufrichtenden Mm. Multifidi erst aktiv werden können, wenn sich die Mittellinie des Rumpfs in der vorne konvexen Form befindet. Beim Rundrücken (hinten konvex – Becken vor Lot) sind sie inaktiv!

Diese drei Regeln oder Merkmale bedingen und fördern sich gegenseitig.

Einschub: Wir besitzen noch den Oberkörper der Vierbeiner mit all seinen Nachteilen, weil wir aufrecht stehen!

Wir Menschen neigen im Leben zur steten Verkürzung im Oberkörper an der Vorderseite und entwickeln im Alter häufig einen Rundrücken, da wir noch immer den Oberkörper eines Vierbeiners besitzen. Diese haben sinnvollerweise die Hinterwand des horizontalen Oberkörpers verstärkt (Wirbelsäule und starker Rippenkasten hinten), da dort dann all seine Organe aufgehängt sind.

Ein Körperteil, der lange Zeit aufrecht ist, verstärkt sein Gleichgewicht mit einem zentralen Pfeiler. Wir sind noch zu wenig lang auf zwei Beinen – und deshalb liegt unsere Wirbelsäule im Brust- und Bauchraum noch immer hinten (als viel ökonomischer in der Mitte – was im Hals übrigens bereits geschehen ist, da die Hälse bereits im Tierreich immer aufrecht sind).
Bei uns Zweibeiner wird deshalb die Vorderseite und – verheerender – der ganze Innenraum im Bauch und Brustraum gestaucht (viele Hohlräume, Luft und Wasser!). Damit wird u.a. unsere Bauchwand nach aussen gedrückt und muss ständig durch eine angespannte äussere Bauchwand gehalten werden, was wiederum unsere Vorderseite massiv verkürzt! Ein “Kampf” im Teufelskreis, der immer verloren geht und im unansehnlichen Spitzbauch endet.
Deshalb kann ein schöner, wohl geformter, flacher Bauch nur erreicht werden, wenn vor allem der Rektus-Bauchmuskel entspannt und lang bleiben kann: siehe dazu mein spezieller Blogbeitrag.

Auf dieser Abbildung sieht man links eine normal geschwungene Wirbelsäule und rechts eine Hyperkyphose der Brustwirbelsäule. Bei diesem Rundrücken rechts fehlen alle drei obigen Kriterien eines Gleichgewichts!

Sehr verkürzt und prägnant könnte man sagen: Bei einem Becken, das etwas hinter dem Lot liegt und der Kopf obendrauf balanciert, sind die wichtigen, tiefen Core-Muskeln aktiv. Beim Becken vor dem Lot, welches auch einen Kopf, der nach vorne hängt, verursacht, sind diese tiefen Rumpfstabilisatoren inaktiv – und der ganze Oberkörper, inklusive Wirbelsäule sind gestaucht und verkürzt!

Prüfen, ob man im Gleichgewicht ist:

Wie kann ich prüfen, ob ich mich im Gleichgewicht befinde?

  1. globale Anzeichen sind
    – Gefühl der inneren Aufrichtung ohne Anstrengung.
    – viel Innenraum im Rumpf: tiefere Atmung möglich, Energie fliesst ungehindert von den Beinen bis in den Kopf.
    – wache Sinne (Augen, Ohren, Sensibilität in Fusssohlen, aber auch im übrigen Körper).
    – allgemein belebter, sehr wach und präsent.
    – “in seinem Zentrum ruhen”
    – “leichter sein, sich leichter bewegen”
    .
  2. Im Stehen ist der Schwerpunkt in mir und über den Füssen. Das Gewicht spüre ich in der ganzen Fusssohle gleichmässig verteilt (hinten + vorne + aussen + innen).
    Das Becken befindet sich unter dem Schultergürtel oder dahinter (Hüftgelenksaktivität). Die oberflächlichen Muskeln vor allem des Oberkörpers sind entspannt – auch die Kiefermuskeln, der Nacken und die Zunge – und auch die Füsse (Tiefenaktivität).
    Siehe auch “Normal Stance” auf Seite 2 der “Ökonomie der Bewegung”:
    1. Füsse beckenbreit und parallel, Sohlen entspannt, Boden spüren.
    2. Gewicht innen & vorne auf dem Fuss
    3. Knie leicht nach innen
    4. Becken wie Schublade nach hinten gleiten lassen.
    Schambein hängt zwischen den Beinen.
    Becken ist hinter der Mittellinie.
    5. Bauch, Gesäss und Hüfte sind locker.
    6. Brustbein schwebt hoch und vorne. (NICHT hochziehen. Wie drittes Auge dort, das auch gerade nach vorne blicken kann.)
    7. Schultern hängen frei, sind nicht nach hinten gezogen.
    8. Kopf sitzt frei oben drauf – wie Boje. Blick nicht fixiert, sondern offen. Auch Ohren offen und wach.
    VON UNTEN BEGINNEN!
    Das Gleichgewicht im Stehen ist labil – machen Sie durch feine Bewegungen etwas Dynamisches daraus.
    Testen Sie als gutes Beispiel das optimal ökonomische Stehen am Stehpult.
    .
  3. Im Gehen und Laufen spüre ich, wie mich das Gewicht des Oberkörpers nach vorne zieht (der Schwerpunkt ist etwas vor dem Körper,…).
    Brustbein gleitet waagrecht nach vorn; das Gewicht des Oberkörpers ist der Motor; Oberkörper und Becken bewegen sich gleichmässig und ruhig; die Beine schwingen von selbst aus dem Bauch, wie aufgehängt am Rippenbogen; die Füsse werden ohne Zutun von der Ferse bis zu den Zehen federartig gespannt.
    >>> ansonsten alle Punkte wie unter Stehen!

    .
  4. Im Sitzen:
    Füsse flach am Boden (eher etwas auseinander und parallel >>> Knie fallen nach innen >>> Sitzbeine gehen auseinander >>> Beckenboden wird passiv gespannt) >>> VOR Sitzbeine sitzen >>> Becken ist entspannte Schüssel mit flachem Boden.
    >>> sonst alles wie im Stehen.
    Auch im Sitzen immer wieder mal die Haltung wechseln und etwas Dynamisches daraus machen.

Warum stehen viele Menschen nicht im Gleichgewicht – mit dem Becken vor dem Lot und dem Oberkörper nach hinten gedehnt (und fallen so immer leicht nach hinten, resp. müssen sich mit oberflächlichen Muskeln (v.a. Bauchwand und vordere Oberschenkel) vor dem Nachhintenfallen retten??
Diese obige Haltung “rastet richtig gehend ein” (in den oberflächlichen Muskeln und Bändern): Man fühlt sich “stabil” wie in einem Liegestuhl liegend. Dies ist aber eine “Pseudo-Stabilität”.
Die Gleichgewichtsstellung ist hingegen ein etwas labiles Pendeln um den Gleichgewichtspunkt, ein leichtes Falten (siehe auf Seite 1 der “Ökonomie der Bewegung”.).
Hier ist zu erwähnen, dass v.a. im Stehen und im Sitzen (zwei schwierige Haltungen des Zweibeiners Mensch) die Stellung häufig etwas verändert werden sollte. Dies bringt mehr Leichtigkeit, Bewusstheit und Entspannung in das Ganze.

Leichtigkeit und Gleichgewicht ergibt Inneren Frieden!

Lesen Sie mehr über den “Inneren Frieden” in meinem Blog: walserblog.ch/2015/10/01/frieden/

Bewegungsmeditation für ein besseres Gleichgewicht (Zentriertheit)

Die “Bewegte Stille” ist eine vierphasige Bewegungsmeditation, bestehend aus Niederwerfung, Windrose, Wirbeln und einer Hinführung in die Stille. Dabei werden die vier Schlüssel zur Lebendigkeit verwendet: Bewegung, Atem, Stimme und Achtsamkeit:

Slackline

«Slackline»: So heissen die elastischen Bänder, die man immer häufiger in Parks zwischen zwei Bäumen aufgespannt sieht. Darauf zu gehen, fördert die Reaktionsfähigkeit, die Koordination und das Gleichgewicht. Dabei gilt: Je länger die Leine, umso schwieriger wird es, sich möglichst lange darauf zu halten.
Immer mehr vor allem junge Menschen entdecken den Spass auf der langen Leine. Manche entwickeln sich dabei zu wahren Akrobaten: Sie springen darauf wie auf einem Trampolin und machen Saltos. Dabei landen sie entweder wieder mit den Füssen auf dem Band, auf Rücken, Bauch oder Po. Letztes Jahr fanden in Zürich die ersten Schweizer Meisterschaften im «Slacklinen» statt.
In den Schulen werden sie viel häufiger gebraucht, da sich gegenüber früher die koordinativen Fähigkeiten der Schüler drastisch verschlechtert haben. Die elastische Leine ist dafür das passende Trainingsgerät, weil es daneben erst noch Spass macht. Zudem wirkt es erfrischend auf das Gehirn, wenn man zuvor und nachher konzentriert gearbeitet hat. Balancieren auf der Leine hilft beim Abschalten.
Samuel Volery und Tobias Rodenkirch, Studenten der Bewegungswissenschaften an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich, konnten in ihrer Masterarbeit bestätigen: Balancieren auf der «Slackline» fördert auch die Konzentrationsfähigkeit. Sie haben sogar nachgewiesen, dass dieser Effekt einen Monat später noch vorhanden war, auch ohne das Training. Grund: Das Hirn macht einen Lernprozess durch.
Von dem Training profitieren aber auch ältere Menschen: In einer Studie liessen deutsche Wissenschaftler der Uni Osnabrück Senioren im Alter zwischen 60 und 72 zweimal pro Woche während 20 Minuten auf dem Band üben. Mit Erfolg: Schon nach drei Wochen Training stellten die Forscher eine deutlich verbesserte Gleichgewichtsfähigkeit fest. Ein gutes Gleichgewicht ist für Senioren zentral, um im Alter mobil und unabhängig zu bleiben.
• Mehr Infos unter www.mobilesport.ch , www.slacktivity.ch

 

Gleichgewicht bei sportlichen Aktivitäten >>> siehe hier auf dieser Website.
insbesondere beim Joggen!
Lernen des Gleichgewichts durch ROLFING!

Veröffentlicht am 17. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
26. Dezember 2022

Haltung im Sport

Tiefe Rumpfstabilisatoren zuerst!

Hier will ich häufig angewendete Sportübungen und Sportarten nach den Gesichtspunkten der Ökonomie der strukturellen Bewegungslehre betrachten.
Jedes gute Kraft- oder Haltungstraining und jede optimal ausgeübte Sportart beginnt mit der Aktivierung des sog. Lokalen Systems, also der tiefen Rumpfstabilisatoren (Beckenboden, tiefe Bauch- und Rückenmuskeln). Erst wenn diese aktiv sind, können die globalen, oberflächlichen Hüllmuskeln ökonomisch und entspannt arbeiten!

Bauchmuskeltraining
Fussball
Gewichtheben
Golf
Jogging
Klettern
Klimmzüge
Kniebeuge / Halbe Hocke
Liegestützen
Reiten
Radfahren
Tennis
Schwimmen
Seilspringen
Skilaufen (Langlauf, Tourenlaufen, Alpin)
Sit-ups / Bauchmuskelübungen
Wandern

Liegestütze

Die Ellbogen sollen seitlich nach aussen gehen und dabei bleibt der Rumpf zuerst ruhig und die Höhe des Schultergürtels wird möglichst lange eingehalten. Denken Sie an “auseinander” und nicht “nach unten”. Diese Phase möglichst langsam ausführen. Es ist die wertvolle exzentrische (negativ dynamische) Kraftphase.
Die Fersen zeigen etwas zu den Seiten, der Kopf sieht frei beweglich nach unten oder sogar etwas nach vorne (nicht kurz werden im vorderen Brustbereich) und das Becken (oder die Sitzbeinhöcker) bleibt immer der höchste Punkt des Körpers. Der Abstand vom Schambein bis zum Brustbein bleibt möglichst lang.
Wieder zurück, beim Nach-Oben-Gehen beginnt die Bewegung in den Sitzbeinhöcker, die sich  zuerst nach oben heben. Diese konzentrische (positiv dynamische) Kraftphase schnell und kurz machen.
Oben angekommen 2-3 Sekunden innehalten (isometrische Kraftphase).

Sit-ups / Bauchmuskelübung

  1. Rectus: verkürzt die vordere Körperlinie des Oberkörpers (=Hauptfehler bei den Bauchmuskelübungen!) >> Achtung: Six-Pack nie ohne Hauptaktivität des tiefen, queren Transversus!
  2. Obliquus Externus und
  3. Obliquus Internus sind die beiden schrägen Bauchmuskeln, die bereits eine bessere Bauchwandstabilität ergeben (nie Rectus allein!)
  4. Transversus = querer, tiefster Bauchmuskel und der wichtigste von allen! Hält die Bauchwand ohne Verkürzungen am schönsten nach hinten!

Das Ziel ist also, in der Bauchwand lang zu bleiben und nicht zu verkürzen (spätere Spitzbauchbildung!). Es darf kein Hohlkreuz entstehen. Dort soll es eher wie eine Schale gegen hinten rund werden und eng bleiben. Und das Schambein sollte nie in Richtung Kinn gezogen werden.
Man legt die Unterschenkel mit 90-Grad-gebeugten Hüft- und Kniegelenken auf einen Stuhl und hebt den Kopf in einer Linie mit dem Brustbein nur sehr wenig. Verkürzen Sie dabei nicht die vordere Linie vom Kinn zum Schambein.
Der rechte Ellbogen (bei angewinkelten Armen) geht nur wenig und eher schnell und kurz (da konzentrische Muskelaktivität) gegen das linke Knie und umgekehrt.
Dann 2-3 Sekunden Stellung halten (isometrisch) und wieder sehr langsam zurück in die Liegestellung (exzentrisch).
Auch die klassische Übung zur Tiefenaktivierung der Rumpfstabilisatoren ist eine ausgezeichnete Übung für die tiefste Bauchmuskelschicht, den M. Transversus Abdominis:
Man liegt entspannt auf dem Rücken, Beine ausgestreckt, das Kreuz nicht auf den Boden drücken, Arme seitlich des Körpers, Nacken entspannt, Kopf auf beide Seiten drehen und wieder zurück zur Mitte, Blick offen und entspannt zur Decke gerichtet (keinen fokussierten, starren Blick).
Nun stellt man den rechten Fuss an (linkes Bein bleibt ausgestreckt). Die rechte Fusssohle (auf dem Boden) wahrnehmen. Der Fuss ist weich und entspannt. Das rechte Knie verlängert sich langsam in den Raum raus.

Durch diese Bewegung hebt sich die rechte Beckenhälfte unwillkürlich vom Boden ab – ohne aktives Tun.
Bei dieser Übung gibt es vom entspannten Beckenboden her, eine Rotation des Rumpfes nach links (Wirbel für Wirbel langsam nach oben). Wenn diese Drehung auf der Höhe des Zwerchfells angelangt ist, nimmt man den rechten Arm dazu, der wie von einem Magneten (in die linke obere Wandecke) gezogen wird. (Achtung: Schulter und Hals sollen entspannt bleiben). Wenn der Kopf vom Boden abheben würde, stoppt man die Armbewegung. Man lässt den Arm einen Moment in dieser Position wie eingefroren stehen.
Nun spürt man das Becken schwer werden und lässt es langsam zum Boden zurücksinken. Wirbel für Wirbel kommen zum Boden zurück bis die ganze Wirbelsäule ausgestreckt am Boden liegt. Gleichzeitig bewegt sich die rechte Schulter und der Oberarm, Unterarm.. zurück in die Ausgangsposition.

–   Während der ganzen Übung entspannte Atmung und Bewegungsfluss.
–   Übungen jeweils zwei- bis dreimal wiederholen, dann Seite wechseln.

Klimmzüge

Schultern innen unten lassen – Stange nur zu sich ziehen – am Schluss ist man überrascht, dass man mit dem Kopf über der Stange ist…

Kniebeuge (Halbe Hocke: Gewichtheben)

Bei der Kniebeuge ist wichtig, dass nur die Weichteile der Beine trainiert und das Kniegelenk selber und der ganze Rücken möglichst geschont werden. Die oberflächlichen Muskeln im ganzen Oberkörper sollten entspannt bleiben und die Aktivität der tiefen Rumpfstabilisatoren zunehmen. Dies erreicht man in der sog. “Halben Hocke”, der Haltung, die auch ideal und maximal Rücken entlastend beim Heben von Lasten ist (physiopraxis 2011; 9(1): 30-33). Deshalb kann dies auch als beste Haltung für das Gewichtheben angesehen werden.

     
“Ganze Hocke”
Wurde in der “alten Rückenschule” noch als richtig gelernt. Entspricht der alten Vorstellung, dass eine “Korsett-Bildung” (Gebrauch und Training der oberflächlichen Rumpfmuskeln) günstig (“entlastend”) für den Rücken sei.Heute weiss man, dass eben diese Haltung im argen Ungleichgewicht eine Tiefenaktivierung verhindert und den Zwischenwirbelraum arg komprimiert!
“Halbe Hocke”Im Gleichgewicht mit entspannter Oberfläche und optimalster Aktivierung der tiefen Rumpfstabilisatoren. Damit die kleinste Kompression und Verkürzung des Wirbelraums – grösste Rückenschonung!

Stellen Sie dazu die Füsse beckenbreit auseinander und parallel (nicht zu weit auseinander und auch keine nach auswärts gedrehte Füsse, wie man häufig auf erläuternden Fotos sieht). Dann gehen Sie zuerst in die Hüften und noch nicht in die Knie (Man sollte also eher “Hüftbeuge” sagen!). Dies erreichen Sie am besten und mit grösster Entspannung der  oberflächlichen Muskeln des Oberkörpers, indem man sich das Becken als eine Schublade vorstellt, die sehr entspannt und leicht horizontal nach hinten gleitet.
Bauchwand, Gesäss und Hüften sind locker (Die Tiefe, nämlich der Transversusmuskel, etc. sind dann automatisch sehr aktiv.).
Der Schultergürtel befindet sich immer etwas weiter vorne als die Knie. Die Hüftgelenke sind also immer etwas mehr gebeugt als die Knie. Dadurch kommt das Gewicht in den Füssen automatisch mehr auf den Mittel- und Vorfuss: Die ganze Fuss-Längsfeder wird gespannt. Die Hüftfederung und diese Fussfeder entlasten die Knie enorm.
Das Brustbein bleibt senkrecht und vorderster Punkt des Körpers. Der Kopf sitzt wie eine Boje auf der senkrechten Halswirbelsäule und der Schultergürtel liegt entspannt wie ein leichtes Joch auf dem Rumpf. Der Oberkörper bleibt so in seiner vorderen Mittellinie sehr lange und die Wirbelsäule sehr gerade.

Auch bei der Kniebeuge stellt man sich vor, man würde eine Kiste heben, die vor einem auf dem Boden steht. Man kommt dazu vor allem aus der Hüftbeugung und weniger aus den Knie mit den Händen bis an den Boden.
Die Retourbewegung nach oben startet dann in den Füssen. Man stösst dabei vom Boden ab, indem man zuerst die Knie nach hinten bewegt und dann erst die Hüften nach vorne. Der Oberkörper macht dabei möglichst wenig Arbeit und bleibt vor allem in der Oberfläche (Bauchwand, Gesäss, Schultern,…) völlig entspannt.

Seilspringen

  Man springt in einer akzentuierten Faltbewegung (wie hier ausführlich beschrieben): Vor allem das Becken, der Po ist weit hinten damit die Hüftgelenke gut federn können. Der Oberkörper wird dann aufrecht (Brustbein senkrecht), die Schultern entspannt und nicht nach oben gezogen. Der Kopf liegt leicht wie eine Boje auf dem Hals – der Blick locker und nicht fixiert in die Weite zum Horizont.
Man landet nicht auf der Fussspitze, sondern auf dem ganzen Fuss, der dadurch wie eine Längsfeder gespannt wird und wieder abfedert.
Seilspringen ist eine wunderbare Art, Haltungsverbesserung, Konditionssteigerung und Aktivierung der tiefen Rumpfstabilisatoren mit einfachsten Mitteln und auf engstem Raum zu praktizieren!

Jogging

Jogging, wie auch das ökonomische, natürliche Gehen und Wandern habe ich sehr ausführlich hier beschrieben >>> www.dr-walser.ch/jogging/
Dazu übers Marathonrennen.
Dann über die diversen Lauf-Mythen.

Wie läuft’s denn bei Ihnen so?!
Gehen Sie Ihrem Jogging-Stil  (auch in english!) auf den Grund und optimieren Sie Ihr Training Schritt für Schritt. Für optimale Gelenkschonung und begeisternde Lauf-Effizienz gebe ich auch stundenweise persönliches Training (zuerst eine Stunde Theorie und persönliche Anwendung von Haltung und Bewegung + dann eine Stunde gemeinsames Jogging):
Anmeldung nur mit Mail:

Reiten

Die Fussspitzen zeigen eher etwas gegen das Pferd. Die Sitzbeinhöcker sind weit hinten, das Brustbein weit oben und vorne (ohne die Schultern zurückzuziehen): Der Brustraum wird dadurch vorne konvex und lang und die Halswirbelsäule gerade mit bojenartig balancierendem Kopf. Der Schultergürtel liegt wie ein leichtes Joch auf dem Rumpf und die Arme hängen frei in den Schultern.
Der Schenkeldruck kommt aus dem Po. Das Becken wird dadurch hinten weit, die Sitzbeinhöcker zeigen etwas nach aussen.

Radfahren

Man sitzt in einer Zickzacklinie auf dem Sattel: Die Knie und Füsse eher leicht nach innen gedreht, Po und Sitzbeinhöcker weit hinten, gebeugt in den federnden Hüftgelenken, das Brustbein senkrecht oben und vorne (konvexe Mittellinie), der Kopf und der Schultergürtel locker aufliegend. Die Arme hängen auch locker in den Schultergelenken und liegen ohne viel Druck auf dem Lenker. Die Ellbogen sind mehr oder weniger gebeugt und aussen. Die Bauchwand ist entspannt (damit bleibt man vorne lang). Man hängt wie in den “Gummibändern” des muskulär entspannten Po (im vielen Bindegewebe dort: Muskelfaszien, Sehnen, Bänder…).
Dienlich wären also Sattel und Lenker, die genügend weit voneinander entfernt sind und ein Sattel, der etwa 5 Grad nach vorne unten zeigt.
Mit dieser Faltbewegung kommt der Schwerpunkt des Oberkörpers schön über die Füsse, resp. Pedale und die Schwerkraft kann so ideal ausgenützt werden. Die Hüftgelenke können alles abfedern und damit den Rücken enorm entlasten. Die “Hülle” im Oberkörper ist ziemlich entspannt. Das was alles “zusammenhällt” ist die Tiefenaktivität der Rumpfstabilisatoren.
Auch bei dieser Art von Bewegung sollte Ihr Körper möglichst ruhig durch den Raum schweben, ohne Hin und

Taube Finger beim Radfahren
Nach der Velotour vergeht vielen der Spass am Velofahren: die Hände schlafen ein oder die Finger fangen an zu prickeln. Das passiert, wenn die Hand eine unnatürliche Position am Lenker hat. Das ist der Fall, wenn der Lenker keine Krümmung hat. Dann bilden Unterarm und Hand nicht mehr eine Linie, sondern machen beim Handgelenk einen Knick. Es kommt zu einem dauerhaften Überdehnungsreiz der Muskeln an der Unterseite des Handgelenks. Gleichzeitig fliesst das Blut nicht mehr ausreichend in die Hand. Das Abknicken reizt auch Nerven, die durch den engen Karpaltunnel verlaufen.
Die Lösung ist einfach: Der Lenker sollte leicht nach innen zum Fahrer gebogen sein, im besten Fall etwa 15 Grad. Das verhindert, dass sich das Handgelenk abknickt.
Der Griff sollte zudem nicht flach und zu hart sein, sondern die Passform der Innenhand übernehmen. So bietet er eine möglichst grosse Auflagefläche. Das Gewicht des Oberkörpers verteilt so sich auf der ganzen Handinnenfläche. Gefütterte Velohandschuhe brauche es nicht.
Bei längeren Fahrten auf Mountain- oder Treckingbikes ist es von Vorteil, wenn man sich Lenkerhörnchen an den Lenker montiert: Diese stehen vom Griff ab und entlasten das beanspruchte Gelenk. Zudem nimmt man eine andere Haltung an, dies entlastet den ganzen Körper.

Tennis

Beim Rückhandschlag stehen Sie “normal” (oekonomie_der_bewegung.pdf, Seite 3) und befinden sich im Falten. Lassen Sie wie immer zuerst den Bauch los, so dass das Becken nach hinten zu gleiten beginnt. Als Rechtshänder lassen Sie es dann gezielt über das rechte Bein nach rechts gleiten. Den Oberkörper lassen Sie mit dem Brustbein voran nach vorne links fallen; er wird vom Becken in die Drehung mithineingezogen. Das entlastete linke Bein schwingt mit dem Knie voran nach links vorn, mit dem rechten Fuss strecken Sie sich jetzt kräftig gegen den Boden und beschleunigen damit den Körper in Richtung zum Ball.
Üben Sie diese Bewegung zuerst langsam und konzentrieren Sie sich darauf, dass Ihr Schwerpunkt sich waagrecht bewegt und Ihr Körper länger wird. Später lassen Sie die Bewegung blitzschnell und automatisch ablaufen.
Die Bewegung des rechten Armes erscheint als Folge der Rumpfbewegung. Er wird vom Rumpf in die Drehung mitgezogen und schwingt so von selbst passiv zurück, statt dass Sie den Schläger zurückreissen.
Der Schlag erfolgt, indem Sie sich gegen den Boden strecken. Als erstes weicht dadurch das Becken erneut etwas zurück. Dann drücken Sie den rechten Fuss kräftig gegen den Boden, so dass die Sitzbeinhöcker noch stärker hinten in die “Faszien-Gummibänder” der Pomuskeln hineingedrückt werden. Gleichzeitig wird der Rumpf als Ganzes nach vorn beschleunigt. Sie drehen sich dabei leicht nach rechts zum Ball hin, wobei die linke Hüfte anfänglich zurückbleibt. Dann schwingt der rechte Arm mit dem Schläger unter dem Oberkörper hindurch nach vorn zum Ball. Die ganze Kraft des Schlages kommt “aus dem Boden”, wenn sich der Körper streckt. Damit diese wirklich vorn beim Schläger ankommt, muss sich der Körper in der Zickzacklinie befinden und die Mittellinie des Rumpfes nach vorne konvex sein.
Beim Aufschlag ergibt sich die seltene Situation, dass sich die Hüftachse vorn befindet. Der Körper ist als Ganzes nach vorn durchgebogen. Damit kann eine zusätzliche Beschleunigung erreicht werden. Weil dafür der Körper möglichst lang sein muss, müssen alle Muskeln der konkaven Körperrückseite, aber auch die der konvexen Vorderseite völlig entspannt sein. Dann spüren Sie, wie Sie mit Ihrem Gewicht vorne in die Körperfaszie hineinlehnen und diese dehnen. Wenn das Schambein tief steht, stehen Sie richtig.
Ausgelöst wird die Aufschlagbewegung durch die elastische Spannkraft der Faszien vorn. Diese beschleunigen das Becken nach hinten. Sobald es die Senkrechte passiert hat, kommt die Schwerkraft hinzu, die das Becken zusätzlich nach hinten antreibt. Der nach vorne konvexe Rumpf kippt gleichzeitig nach vorn. Als drittes fügen Sie schliesslich noch die muskuläre Endbeschleunigung hinzu. Der Rumpf wird wie eine Peitsche von unten nach oben nach vorn beschleunigt, wobei aber das Becken als sein unteres Ende zurückgeht.

Über die Prävention des Tennisellbogens lesen Sie hier über die Entspannung der Armstrecker hier in meinem Blogbeitrag.

Golf

Prüfen Sie, ob die Zickzacklinie und die Mittellinie des Rumpfes stimmen (oekonomie_der_bewegung.pdf, Seite 3). Um auszuholen, strecken Sie sich gegen den Boden. dafür entspannen Sie zuerst alle Muskeln, der Körper setzt sich dadurch deutlicher auf den Boden, das Becken schwingt etwas zurück.
Die gleichzeitige Drehung nach rechts lösen Sie aus, indem die linke Hüfte zunächst etwas nach links hinten geht. Die Diagonale von linker Hüfte über Bauch und Brust zur rechten Schulter verlängert sich, und der Rumpf hängt etwas stärker nach vorn in die Körperfaszie hinein.

  Die Arme steigen, geführt von den Ellbogen (bildlich wie ein Gewicht, das am Ellbogen hängt und die Schwingung des Armes auslöst), nach rechts hoch. Sie sollten spüren, dass diese Bewegung eine Folge der Gegenbewegung der linken Hüfte und des Beckens ist. Ihr Körper wird lang, Ihre Füsse bleiben am Boden “kleben”, das Schambein hängt tief.
Wenn der Schläger den höchsten Punkt erreicht hat, können Sie Ihren Körper wie beim Tennisaufschlag (siehe oben) als Ganzes nach vorne durchbiegen. Entspannen Sie bewusst alle Muskeln des Rückens und der Vorderseite des Körpers. Das Gewicht des Rumpfes ruht jetzt vorwiegend auf dem rechten Bein.
Die Schlagbewegung wird passiv von den gedehnten Faszien der Körpervorderseite ausgelöst. Sie treiben das Becken zurück und kippen zugleich den Rumpf nach vorn, wobei dessen Mittellinie nach vorne konvex bleiben muss (Brustbein steht senkrecht vorne oben). Nachdem Sie die Senkrechte passiert haben, wird die Bewegung von der Schwerkraft weitergeführt und verstärkt.
Die gleichzeitige Drehung wird wie immer vom Becken ausgelöst. Lassen Sie die linke Hüfte energisch zurückgehen. Das Becken dreht sich dadurch nach links, während es zurückschwingt, und die linke Hüfte zieht den Oberkörper und den Schultergürtel mit in diese Drehung.

Als letztes kommen Ihre Arme ins Spiel. Halb fallen sie, wenn Sie im ersten Augenblick die Schultermuskeln entspannen, halb werden sie von der gedehnten Fasziendiagonale zur linken Hüfte gezogen.
Ganz zum Schluss erst benötigen Sie Ihre Muskeln für die Endbeschleunigung des Schlägers. Die Beugemuskeln der Schultern erhöhen die Geschwindigkeit des Schlägers zusätzlich. Oberschenkel- und Beckenmuskeln verstärken gleichzeitig die Drehung des Beckens.
Wenn Sie den Ball treffen, ist das Becken mit der Hüftachse deutlich hinten, die Schulterachse ist vorn über dem Ball, die Mittellinie des Rumpfes ist noch immer nach vorn konvex.

Skilaufen (Skilanglauf, Skitouren, Alpin-Skilauf)

Skilanglauf (klassisch) und Skitouren sind sehr gut dafür geeignet, Ihren Köper zu dehnen und gerade auszurichten, weil die Füsse durch die Spur in ihrer parallelen Lage gehalten werden. Unterstützen Sie dies, indem Sie die Gesässmuskeln und den Beckenboden ganz entspannt lassen. Die Sitzbeinhöcker stehen dann weit auseinander und hinten, die Knie bewegen sich über innen nach vorn.
Versuchen Sie, die Hüftachse unverändert im rechten Winkel zur Richtung der Fortbewegung zu halten. Das Becken soll sich also möglichst wenig hin und her drehen. Förderlich ist dabei das Gewicht des Skischuhs und der Skis (vor allem beim Tourenfahren): Das Bein kann damit wie ein Pendel aus den Hüftgelenken locker und ohne Muskelkraft nach vorne schwingen. Lassen Sie den Fuss mit dem Ski bei diesem Vorschwingen  möglichst am Boden und heben sie ihn nicht an.
Beim Stockeinsatz achten Sie darauf, dass Ihre Schultern tief und weit aussen bleiben. Ziehen Sie nicht die Schultern nach vorn, sondern das Brustbein, das dann den ganzen Rumpf mit sich zieht.
Beim Alpin-Skilauf beachten Sie bei allen Bewegungen die Zickzacklinie und die nach vorne konvexe Mittellinie des Rumpfes. Lösen Sie jeden Schwung dadurch aus, dass Sie das Becken über das eine Bein hinaus weit zur Seite gleiten lassen. Der Oberkörper kippt dann leicht zur entgegengesetzten Seite, ist aber recht ruhig und das Brustbein schaut immer ins Tal.
Versuchen Sie es mit folgender Vorstellung: Ihr Oberkörper soll sich mit der Brust immer geradeaus genau in der Falllinie zu Tal bewegen. Mit Ihren Skiern kurven Sie nach links und nach rechts hinaus um diese gerade Linie herum. Dafür müssen Sie vor allem das Becken weit zur Seite schwingen lassen.

Klettern

Zuallererst immer in Support, d.h. in die Füsse und zum Boden gehen (sehr gut auch gegen die Angst) – nicht gleich in die Hände: d.h. Entspannung in Bauchwand, Hüften, Po und Vorderseite der Beine >>> Fuss wird länger und sinkt – man kommt ins Folding, in diese Faltbewegung (wie hier u.a. beschrieben: oekonomie_der_bewegung.pdf) und der Oberkörper wird automatisch länger…

Schwimmen

Das übliche Brustschwimmen ist die technisch schwierigste Disziplin. Sie können kaum schwimmen, ohne das Kreuz und das Genick zu stauchen. Wenn Sie regelmässig schwimmen, sollten Sie sich unbedingt von einem guten Schwimmlehrer Crawlen (oder Rückenschwimmen) beibringen lassen.
Schwimmen ist deshalb günstig, weil der Körper nicht von der Schwerkraft zusammengedrückt wird. Achten Sie darauf, dass Ihr Körper immer möglichst lang bleibt und dass sich seine Mittellinie möglichst gerade und gestreckt durchs Wasser bewegt. Als Vorübung ist hier das Abstossen vom einen Schwimmbadrand und, ohne aktive Bewegung ausgestreckt, möglichst langes Pfeilen durchs Wasser sehr nützlich.
Beginnen Sie die Crawl-Bewegung mit dem Ellbogen des oberen Armes, der wie von selbst aus dem Wasser gezogen wird.
Bei der Beinbewegung sollen der Bauch und die Leisten ganz entspannt und lang bleiben, die Knie sollen nahe beieinander und leicht einwärts gedreht sein. Wenn Sie den Arm über der Wasseroberfläche nach vorne bringen und wenn Sie Hand und Unterarm unter Ihrem Körper hindurch durchs Wasser zurückziehen, sollte die Schulter tief und aussen bleiben.

Fussball

Wie bei vielen ähnlichen Wettkampfarten sollte sich der Körper jederzeit in jede beliebige Richtung in Bewegung setzen können. Falten liefert das dafür nötige “labile Gleichgewicht”, wobei Sie fast ganz gestreckt sein oder sich tief in der Zickzacklinie befinden können. Sie “opfern” den ersten Bruchteil einer Sekunde, um sich fallen zu lassen. Sie sinken dabei jedoch kaum, eher geht Ihr Körper in die Länge wie eine Katze, die sich vor dem Sprung duckt. Das Becken beginnt zurückzuschwingen, das Brustbein fällt nach vorn, die Beine sind einen kurzen Augenblick lang völlig schlaff. Die Füsse werden breiter und flacher gegen den Boden gepresst. Diesen Druck verstärken Sie weiter, so dass der Rumpf als Reaktion nach vorn losschnellt.

Beim Starten können Sie nur optimal beschleunigen, wenn Sie sich gegen den Boden strecken. Sobald Sie irgendwo Muskeln kontrahieren, nehmen Sie Gewicht vom Boden weg, der Krafteinsatz wird ineffektiv. Achten Sie vor allem darauf, dass der Rumpf und damit der Körperschwerpunkt nicht hochsteigt. Das würde bedeuten, dass Sie nur Energie verschwenden.
Sie starten nach vorn, indem Sie das Becken zurückweichen und das Brustbein sofort energisch nach vorn fallen lassen (es bleibt dabei aber senkrecht stehen). Erst dann drücken Sie den Fuss des Standbeins gegen den Boden, wodurch der Rumpf waagrecht nach vorn beschleunigt wird.
Rückwärtsstarten beginnt genauso: Sie lassen sich “auseinanderfallen”. Der Schwerpunkt sinkt ganz leicht, das Becken schiesst zurück. Sie beschleunigen, indem Sie mit dem vorderen Fuss gegen den Boden drücken. Denken Sie nicht “hoch” und “weg vom Boden”! Reissen Sie auf keinen Fall den Oberkörper zurück! Lassen Sie sich einfach von den Sitzbeinhöckern geführt zurückziehen.
Sie stoppen die Bewegung auf ähnliche Weise. Lassen Sie im Vorwärtsrennen für den Bruchteil einer Sekunde alle Muskeln los, so dass Sie zu fallen beginnen. Das Knie des vorderen Beines wird vom andrängenden Gewicht des Körpers massive gebeugt, und die Kniestrecker (vor dem Knie) müssen mit aller Kraft dagegenhalten, um die Bewegung zu stoppen. Sie verrichten ihre Arbeit dann am effektivsten, wenn das Becken weit hinten, tief und nach vorne gekippt bleibt. Dafür müssen die Bauchmuskeln und die Hüftstrecker (am Po) völlig entspannt bleiben; Sie spüren deutlich die Zickzacklinie und die nach vorn konvexe Mittellinie des Rumpfes (oekonomie_der_bewegung.pdf ). Stören Sie diesen Mechanismus möglichst nicht durch unnütze Muskelkontraktionen. Das Bein bremst die Bewegung ab, nicht der Bauch!
Auf die gleiche Weise starten Sie zur Seite und stoppen die Bewegung ab. Sie lassen den Körper einen Moment fallen und strecken sich dann seitlich gegen den Boden.
Vergleichen Sie beim Torschuss die “normale Bewegung” (siehe hier ) mit der üblichen. Wenn Sie normal schiessen, weicht zuerst das Becken leicht zurück, bevor das Knie unter der Hüfte hindurch nach vorne schwingt. Der gestreckte Rumpf liegt locker über dem Ball, der genau dorthin geht, wo Sie ihn haben wollen.
Auch der Torhüter steht bei der Abgabe des Schusses, den er halten will, “locker gefaltet” in der Zickzacklinie mit konvexer Mittellinie des Rumpfes da und ist so frei, sich vom Boden aus in jede beliebige Richtung zu werfen!

Ein wunderbares Beispiel der obigen Haltung und Bewegung ist natürlich Lionel Messi mit seiner geschmeidigen, katzenartigen Bewegung während seiner Dribblings. Sein unnachahmlicher Stil kennt sogar ein eigenes Adjektiv: “inmessionante!”.
Hier ein paar Müsterchen:

Viele Ideen die ich hier benütze, sind von meinem Freund und Kollege Hans Flury (vor allem aus seinem Buch “Die neue Leichtigkeit des Körpers” – dtv ratgeber – leider vergriffen) und auch von Willi Harder, der viel zu jung gestorben ist – geniale Köpfe, die das Rolfing wieder viel näher zu den Visionen der Ida Rolf gebracht haben.

Noch ein Superlink zur Ergänzung:
Mein favorisierter Zugang zu Yoga sind die wunderbar geführten Yogaflow-Sessions von Mady Morrison!

Veröffentlicht am 16. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
13. April 2021