Immer zuerst oral!
Leiden Sie an einer Eisenmangel-Anämie, sollten Sie auf jeden Fall zuerst ein orales Eisenpräparat versuchen. Nur 10% haben dabei auch wirklich Magen-Darm-Nebenwirkungen (Verstopfung,…). 90% ertragen die Mittel also sehr gut. Man muss wissen, dass heute in der Medizin – meiner Ansicht nach – viel zu häufig und viel zu schnell Eisen in der Infusion intravenös gegeben wird. Dies ist meist überflüssig, da zu viel Eisen, welches ein Schwermetall (!) ist, unseren Körper stark belasten kann und viel mehr und stärkere Nebenwirkungen produziert (Infektion oder Tätowierung bei der Einstichstelle – bis zur lebensgefährlichen Allergie). Eine Eisenüberladung des Körpers kann zu einer Infektionsneigung führen. Deshalb hat man wohl in der Schwangerschaft einen leichten Eisenmangel, der dann einen Schutz vor Infektionen schafft.
Eiseninfusion ist ein „Superplacebo“
Man soll sich mal das Bild vergegenwärtigen, welches das Ritual einer Eiseninfusion in uns erweckt: Man liegt hier und lässt sich einen magischen, schwarzen Zaubersaft direkt ins Blut einflössen… Es ist fast unmöglich, dass dies keine Wirkung auf uns hat! Nichts gegen ein Placebo. Es gibt aber Placebos, die sehr viel billiger und weniger schädigend sind.
Morgens nüchtern – nur jeden zweiten Tag eine einzelne Dosis – während Periodenblutung gleich jeweils doppelte Dosis!
Zur guten Aufnahme des Eisens über den Mund sollen ein paar Dinge beachtet werden. Üblicherweise werden nur 10% wirklich ins Blut resorbiert – bei starkem Eisenmangel aber 20%. Der Stuhl wird also auf jeden Fall schwarz werden – und die Frau nimmt das Eisen am besten in doppelter Dosis während der Periodenblutung. Mit der Erkenntnis, dass das Hormon Hepcidin tief sein muss, um eine optimale Eisenaufnahme zu gewähren, sollten die Tabletten nur einmal täglich – und nur an jedem zweiten Tag eingenommen werden.
Da sich Eisen im Magen schnell an gewisse Nahrung (vor allem Milchprodukte und Müesli) bindet und nicht mehr aufgenommen wird, schluckt man es
- morgens ganz nüchtern (gleich nach dem Aufstehen) –
- am besten mit 100mg Vitamin C (enthalten in 200ml Orangensaft), welches seinerseits die Aufnahme verbessert.
- Vor allem nicht mit Kaffee und möglichst langer zeitlicher Abstand zum Frühstück;
- nicht am Nachmittag.
- Nur jeden zweiten Tag.
Eisenmangel schützt vor Infektionen
Schon sehr spannend und auch etwas tröstlich, wie man als junger Hausarzt etwas irgendwo aufschnappt und zuerst mit Inbrunst vertritt – später, mit den Jahren dann etwas leiser, bescheidener – und zum Schluss von der Wissenschaft eingeholt und diesmal ganz und gar bestätigt wird…
Irgendwo aus dem wilden Dschungel der Komplementärmedizin habe ich in meinen medizinischen Anfängen aufgeschnappt, dass eine Blutarmut (Anämie) auch ein gewisser Infektionsschutz bedeutet – und deshalb auch einen Sinn hat. Ich: „Eisen ist ein Schwermetall und kann auch unser Immunsystem belasten!“.
So war ich immer sehr zurückhaltend mit Eisentabletten und vor allem Eiseninfusionen – vor allem auch während der Schwangerschaft, in der ja das Serumeisen typischerweise etwas tiefer wird. Und gerade in dieser belasteten Lebenszeit ist ja ein Infektionsschutz sehr wichtig – und den gibt man wohl mit schnellen Eisengaben wieder auf…
Zudem sah man, dass ein Mensch mit chronischen Infektions- und Entzündungsgeschehen sein Eisen immer schlechter wieder los wird und es immer mehr ansteigt.
Viele Ernährungsweisen, die als gesund gelten (fleischlos, vegetarisch oder vegan, mediterran, Kurzfasten, Fasten…) gehen mit weniger Eisenaufnahme durchs Essen und mit einer Abnahme des Eisenspeichers einher.
Und nun die bestätigende Nachricht aus der Forschung:
Schul- meets Komplementärmedizin
Wir Mediziner sollten also unsere „Normalwerte“ vom Bluteisen (Ferritin) nochmals genau prüfen und nach unten korrigieren. Wir müssen auch die – in den letzten Jahren – hypemässig explodierende Eiseninfusions-Euphorie, sprich: Eisengeschäfte in sogenannten „Eisenzentren“ überdenken.
Quellen:
Infomed online: infomed.ch
Am J Hematol. 2023, doi.org/10.1002/ajh.26987.
Lancet Haematol. 2017, doi.org/10.1016/S2352-3026(17)30182-5.
Letzte Aktualisierung durch Dr.med. Thomas Walser:
30. Januar 2025