Haltung im Sport

Tiefe Rumpfstabilisatoren zuerst!

Hier will ich häufig angewendete Sportübungen und Sportarten nach den Gesichtspunkten der Ökonomie der strukturellen Bewegungslehre betrachten.
Jedes gute Kraft- oder Haltungstraining und jede optimal ausgeübte Sportart beginnt mit der Aktivierung des sog. Lokalen Systems, also der tiefen Rumpfstabilisatoren (Beckenboden, tiefe Bauch- und Rückenmuskeln). Erst wenn diese aktiv sind, können die globalen, oberflächlichen Hüllmuskeln ökonomisch und entspannt arbeiten!

Bauchmuskeltraining
Fussball
Gewichtheben
Golf
Jogging
Klettern
Klimmzüge
Kniebeuge / Halbe Hocke
Liegestützen
Reiten
Radfahren
Tennis
Schwimmen
Seilspringen
Skilaufen (Langlauf, Tourenlaufen, Alpin)
Sit-ups / Bauchmuskelübungen
Wandern

Liegestütze

Die Ellbogen sollen seitlich nach aussen gehen und dabei bleibt der Rumpf zuerst ruhig und die Höhe des Schultergürtels wird möglichst lange eingehalten. Denken Sie an „auseinander“ und nicht „nach unten“. Diese Phase möglichst langsam ausführen. Es ist die wertvolle exzentrische (negativ dynamische) Kraftphase.
Die Fersen zeigen etwas zu den Seiten, der Kopf sieht frei beweglich nach unten oder sogar etwas nach vorne (nicht kurz werden im vorderen Brustbereich) und das Becken (oder die Sitzbeinhöcker) bleibt immer der höchste Punkt des Körpers. Der Abstand vom Schambein bis zum Brustbein bleibt möglichst lang.
Wieder zurück, beim Nach-Oben-Gehen beginnt die Bewegung in den Sitzbeinhöcker, die sich  zuerst nach oben heben. Diese konzentrische (positiv dynamische) Kraftphase schnell und kurz machen.
Oben angekommen 2-3 Sekunden innehalten (isometrische Kraftphase).

Sit-ups / Bauchmuskelübung

  1. Rectus: verkürzt die vordere Körperlinie des Oberkörpers (=Hauptfehler bei den Bauchmuskelübungen!) >> Achtung: Six-Pack nie ohne Hauptaktivität des tiefen, queren Transversus!
  2. Obliquus Externus und
  3. Obliquus Internus sind die beiden schrägen Bauchmuskeln, die bereits eine bessere Bauchwandstabilität ergeben (nie Rectus allein!)
  4. Transversus = querer, tiefster Bauchmuskel und der wichtigste von allen! Hält die Bauchwand ohne Verkürzungen am schönsten nach hinten!

Das Ziel ist also, in der Bauchwand lang zu bleiben und nicht zu verkürzen (spätere Spitzbauchbildung!). Es darf kein Hohlkreuz entstehen. Dort soll es eher wie eine Schale gegen hinten rund werden und eng bleiben. Und das Schambein sollte nie in Richtung Kinn gezogen werden.
Man legt die Unterschenkel mit 90-Grad-gebeugten Hüft- und Kniegelenken auf einen Stuhl und hebt den Kopf in einer Linie mit dem Brustbein nur sehr wenig. Verkürzen Sie dabei nicht die vordere Linie vom Kinn zum Schambein.
Der rechte Ellbogen (bei angewinkelten Armen) geht nur wenig und eher schnell und kurz (da konzentrische Muskelaktivität) gegen das linke Knie und umgekehrt.
Dann 2-3 Sekunden Stellung halten (isometrisch) und wieder sehr langsam zurück in die Liegestellung (exzentrisch).
Auch die klassische Übung zur Tiefenaktivierung der Rumpfstabilisatoren ist eine ausgezeichnete Übung für die tiefste Bauchmuskelschicht, den M. Transversus Abdominis:
Man liegt entspannt auf dem Rücken, Beine ausgestreckt, das Kreuz nicht auf den Boden drücken, Arme seitlich des Körpers, Nacken entspannt, Kopf auf beide Seiten drehen und wieder zurück zur Mitte, Blick offen und entspannt zur Decke gerichtet (keinen fokussierten, starren Blick).
Nun stellt man den rechten Fuss an (linkes Bein bleibt ausgestreckt). Die rechte Fusssohle (auf dem Boden) wahrnehmen. Der Fuss ist weich und entspannt. Das rechte Knie verlängert sich langsam in den Raum raus.

Durch diese Bewegung hebt sich die rechte Beckenhälfte unwillkürlich vom Boden ab – ohne aktives Tun.
Bei dieser Übung gibt es vom entspannten Beckenboden her, eine Rotation des Rumpfes nach links (Wirbel für Wirbel langsam nach oben). Wenn diese Drehung auf der Höhe des Zwerchfells angelangt ist, nimmt man den rechten Arm dazu, der wie von einem Magneten (in die linke obere Wandecke) gezogen wird. (Achtung: Schulter und Hals sollen entspannt bleiben). Wenn der Kopf vom Boden abheben würde, stoppt man die Armbewegung. Man lässt den Arm einen Moment in dieser Position wie eingefroren stehen.
Nun spürt man das Becken schwer werden und lässt es langsam zum Boden zurücksinken. Wirbel für Wirbel kommen zum Boden zurück bis die ganze Wirbelsäule ausgestreckt am Boden liegt. Gleichzeitig bewegt sich die rechte Schulter und der Oberarm, Unterarm.. zurück in die Ausgangsposition.

–   Während der ganzen Übung entspannte Atmung und Bewegungsfluss.
–   Übungen jeweils zwei- bis dreimal wiederholen, dann Seite wechseln.

Klimmzüge

Schultern innen unten lassen – Stange nur zu sich ziehen – am Schluss ist man überrascht, dass man mit dem Kopf über der Stange ist…

Kniebeuge (Halbe Hocke: Gewichtheben)

Bei der Kniebeuge ist wichtig, dass nur die Weichteile der Beine trainiert und das Kniegelenk selber und der ganze Rücken möglichst geschont werden. Die oberflächlichen Muskeln im ganzen Oberkörper sollten entspannt bleiben und die Aktivität der tiefen Rumpfstabilisatoren zunehmen. Dies erreicht man in der sog. „Halben Hocke“, der Haltung, die auch ideal und maximal Rücken entlastend beim Heben von Lasten ist (physiopraxis 2011; 9(1): 30-33). Deshalb kann dies auch als beste Haltung für das Gewichtheben angesehen werden.

     
„Ganze Hocke“
Wurde in der „alten Rückenschule“ noch als richtig gelernt. Entspricht der alten Vorstellung, dass eine „Korsett-Bildung“ (Gebrauch und Training der oberflächlichen Rumpfmuskeln) günstig („entlastend“) für den Rücken sei.Heute weiss man, dass eben diese Haltung im argen Ungleichgewicht eine Tiefenaktivierung verhindert und den Zwischenwirbelraum arg komprimiert!
„Halbe Hocke“Im Gleichgewicht mit entspannter Oberfläche und optimalster Aktivierung der tiefen Rumpfstabilisatoren. Damit die kleinste Kompression und Verkürzung des Wirbelraums – grösste Rückenschonung!

Stellen Sie dazu die Füsse beckenbreit auseinander und parallel (nicht zu weit auseinander und auch keine nach auswärts gedrehte Füsse, wie man häufig auf erläuternden Fotos sieht). Dann gehen Sie zuerst in die Hüften und noch nicht in die Knie (Man sollte also eher „Hüftbeuge“ sagen!). Dies erreichen Sie am besten und mit grösster Entspannung der  oberflächlichen Muskeln des Oberkörpers, indem man sich das Becken als eine Schublade vorstellt, die sehr entspannt und leicht horizontal nach hinten gleitet.
Bauchwand, Gesäss und Hüften sind locker (Die Tiefe, nämlich der Transversusmuskel, etc. sind dann automatisch sehr aktiv.).
Der Schultergürtel befindet sich immer etwas weiter vorne als die Knie. Die Hüftgelenke sind also immer etwas mehr gebeugt als die Knie. Dadurch kommt das Gewicht in den Füssen automatisch mehr auf den Mittel- und Vorfuss: Die ganze Fuss-Längsfeder wird gespannt. Die Hüftfederung und diese Fussfeder entlasten die Knie enorm.
Das Brustbein bleibt senkrecht und vorderster Punkt des Körpers. Der Kopf sitzt wie eine Boje auf der senkrechten Halswirbelsäule und der Schultergürtel liegt entspannt wie ein leichtes Joch auf dem Rumpf. Der Oberkörper bleibt so in seiner vorderen Mittellinie sehr lange und die Wirbelsäule sehr gerade.

Auch bei der Kniebeuge stellt man sich vor, man würde eine Kiste heben, die vor einem auf dem Boden steht. Man kommt dazu vor allem aus der Hüftbeugung und weniger aus den Knie mit den Händen bis an den Boden.
Die Retourbewegung nach oben startet dann in den Füssen. Man stösst dabei vom Boden ab, indem man zuerst die Knie nach hinten bewegt und dann erst die Hüften nach vorne. Der Oberkörper macht dabei möglichst wenig Arbeit und bleibt vor allem in der Oberfläche (Bauchwand, Gesäss, Schultern,…) völlig entspannt.

Seilspringen

  Man springt in einer akzentuierten Faltbewegung (wie hier ausführlich beschrieben): Vor allem das Becken, der Po ist weit hinten damit die Hüftgelenke gut federn können. Der Oberkörper wird dann aufrecht (Brustbein senkrecht), die Schultern entspannt und nicht nach oben gezogen. Der Kopf liegt leicht wie eine Boje auf dem Hals – der Blick locker und nicht fixiert in die Weite zum Horizont.
Man landet nicht auf der Fussspitze, sondern auf dem ganzen Fuss, der dadurch wie eine Längsfeder gespannt wird und wieder abfedert.
Seilspringen ist eine wunderbare Art, Haltungsverbesserung, Konditionssteigerung und Aktivierung der tiefen Rumpfstabilisatoren mit einfachsten Mitteln und auf engstem Raum zu praktizieren!

Jogging

Jogging, wie auch das ökonomische, natürliche Gehen und Wandern habe ich sehr ausführlich hier beschrieben >>> www.dr-walser.ch/jogging/
Dazu übers Marathonrennen.
Dann über die diversen Lauf-Mythen.

Wie läuft’s denn bei Ihnen so?!
Gehen Sie Ihrem Jogging-Stil  (auch in english!) auf den Grund und optimieren Sie Ihr Training Schritt für Schritt. Für optimale Gelenkschonung und begeisternde Lauf-Effizienz gebe ich auch stundenweise persönliches Training (zuerst eine Stunde Theorie und persönliche Anwendung von Haltung und Bewegung + dann eine Stunde gemeinsames Jogging):
Anmeldung nur mit Mail:

Reiten

Die Fussspitzen zeigen eher etwas gegen das Pferd. Die Sitzbeinhöcker sind weit hinten, das Brustbein weit oben und vorne (ohne die Schultern zurückzuziehen): Der Brustraum wird dadurch vorne konvex und lang und die Halswirbelsäule gerade mit bojenartig balancierendem Kopf. Der Schultergürtel liegt wie ein leichtes Joch auf dem Rumpf und die Arme hängen frei in den Schultern.
Der Schenkeldruck kommt aus dem Po. Das Becken wird dadurch hinten weit, die Sitzbeinhöcker zeigen etwas nach aussen.

Radfahren

Man sitzt in einer Zickzacklinie auf dem Sattel: Die Knie und Füsse eher leicht nach innen gedreht, Po und Sitzbeinhöcker weit hinten, gebeugt in den federnden Hüftgelenken, das Brustbein senkrecht oben und vorne (konvexe Mittellinie), der Kopf und der Schultergürtel locker aufliegend. Die Arme hängen auch locker in den Schultergelenken und liegen ohne viel Druck auf dem Lenker. Die Ellbogen sind mehr oder weniger gebeugt und aussen. Die Bauchwand ist entspannt (damit bleibt man vorne lang). Man hängt wie in den “Gummibändern” des muskulär entspannten Po (im vielen Bindegewebe dort: Muskelfaszien, Sehnen, Bänder…).
Dienlich wären also Sattel und Lenker, die genügend weit voneinander entfernt sind und ein Sattel, der etwa 5 Grad nach vorne unten zeigt.
Mit dieser Faltbewegung kommt der Schwerpunkt des Oberkörpers schön über die Füsse, resp. Pedale und die Schwerkraft kann so ideal ausgenützt werden. Die Hüftgelenke können alles abfedern und damit den Rücken enorm entlasten. Die “Hülle” im Oberkörper ist ziemlich entspannt. Das was alles “zusammenhällt” ist die Tiefenaktivität der Rumpfstabilisatoren.
Auch bei dieser Art von Bewegung sollte Ihr Körper möglichst ruhig durch den Raum schweben, ohne Hin und

Taube Finger beim Radfahren
Nach der Velotour vergeht vielen der Spass am Velofahren: die Hände schlafen ein oder die Finger fangen an zu prickeln. Das passiert, wenn die Hand eine unnatürliche Position am Lenker hat. Das ist der Fall, wenn der Lenker keine Krümmung hat. Dann bilden Unterarm und Hand nicht mehr eine Linie, sondern machen beim Handgelenk einen Knick. Es kommt zu einem dauerhaften Überdehnungsreiz der Muskeln an der Unterseite des Handgelenks. Gleichzeitig fliesst das Blut nicht mehr ausreichend in die Hand. Das Abknicken reizt auch Nerven, die durch den engen Karpaltunnel verlaufen.
Die Lösung ist einfach: Der Lenker sollte leicht nach innen zum Fahrer gebogen sein, im besten Fall etwa 15 Grad. Das verhindert, dass sich das Handgelenk abknickt.
Der Griff sollte zudem nicht flach und zu hart sein, sondern die Passform der Innenhand übernehmen. So bietet er eine möglichst grosse Auflagefläche. Das Gewicht des Oberkörpers verteilt so sich auf der ganzen Handinnenfläche. Gefütterte Velohandschuhe brauche es nicht.
Bei längeren Fahrten auf Mountain- oder Treckingbikes ist es von Vorteil, wenn man sich Lenkerhörnchen an den Lenker montiert: Diese stehen vom Griff ab und entlasten das beanspruchte Gelenk. Zudem nimmt man eine andere Haltung an, dies entlastet den ganzen Körper.

Tennis

Beim Rückhandschlag stehen Sie „normal“ (oekonomie_der_bewegung.pdf, Seite 3) und befinden sich im Falten. Lassen Sie wie immer zuerst den Bauch los, so dass das Becken nach hinten zu gleiten beginnt. Als Rechtshänder lassen Sie es dann gezielt über das rechte Bein nach rechts gleiten. Den Oberkörper lassen Sie mit dem Brustbein voran nach vorne links fallen; er wird vom Becken in die Drehung mithineingezogen. Das entlastete linke Bein schwingt mit dem Knie voran nach links vorn, mit dem rechten Fuss strecken Sie sich jetzt kräftig gegen den Boden und beschleunigen damit den Körper in Richtung zum Ball.
Üben Sie diese Bewegung zuerst langsam und konzentrieren Sie sich darauf, dass Ihr Schwerpunkt sich waagrecht bewegt und Ihr Körper länger wird. Später lassen Sie die Bewegung blitzschnell und automatisch ablaufen.
Die Bewegung des rechten Armes erscheint als Folge der Rumpfbewegung. Er wird vom Rumpf in die Drehung mitgezogen und schwingt so von selbst passiv zurück, statt dass Sie den Schläger zurückreissen.
Der Schlag erfolgt, indem Sie sich gegen den Boden strecken. Als erstes weicht dadurch das Becken erneut etwas zurück. Dann drücken Sie den rechten Fuss kräftig gegen den Boden, so dass die Sitzbeinhöcker noch stärker hinten in die „Faszien-Gummibänder“ der Pomuskeln hineingedrückt werden. Gleichzeitig wird der Rumpf als Ganzes nach vorn beschleunigt. Sie drehen sich dabei leicht nach rechts zum Ball hin, wobei die linke Hüfte anfänglich zurückbleibt. Dann schwingt der rechte Arm mit dem Schläger unter dem Oberkörper hindurch nach vorn zum Ball. Die ganze Kraft des Schlages kommt „aus dem Boden“, wenn sich der Körper streckt. Damit diese wirklich vorn beim Schläger ankommt, muss sich der Körper in der Zickzacklinie befinden und die Mittellinie des Rumpfes nach vorne konvex sein.
Beim Aufschlag ergibt sich die seltene Situation, dass sich die Hüftachse vorn befindet. Der Körper ist als Ganzes nach vorn durchgebogen. Damit kann eine zusätzliche Beschleunigung erreicht werden. Weil dafür der Körper möglichst lang sein muss, müssen alle Muskeln der konkaven Körperrückseite, aber auch die der konvexen Vorderseite völlig entspannt sein. Dann spüren Sie, wie Sie mit Ihrem Gewicht vorne in die Körperfaszie hineinlehnen und diese dehnen. Wenn das Schambein tief steht, stehen Sie richtig.
Ausgelöst wird die Aufschlagbewegung durch die elastische Spannkraft der Faszien vorn. Diese beschleunigen das Becken nach hinten. Sobald es die Senkrechte passiert hat, kommt die Schwerkraft hinzu, die das Becken zusätzlich nach hinten antreibt. Der nach vorne konvexe Rumpf kippt gleichzeitig nach vorn. Als drittes fügen Sie schliesslich noch die muskuläre Endbeschleunigung hinzu. Der Rumpf wird wie eine Peitsche von unten nach oben nach vorn beschleunigt, wobei aber das Becken als sein unteres Ende zurückgeht.

Über die Prävention des Tennisellbogens lesen Sie hier über die Entspannung der Armstrecker hier in meinem Blogbeitrag.

Golf

Prüfen Sie, ob die Zickzacklinie und die Mittellinie des Rumpfes stimmen (oekonomie_der_bewegung.pdf, Seite 3). Um auszuholen, strecken Sie sich gegen den Boden. dafür entspannen Sie zuerst alle Muskeln, der Körper setzt sich dadurch deutlicher auf den Boden, das Becken schwingt etwas zurück.
Die gleichzeitige Drehung nach rechts lösen Sie aus, indem die linke Hüfte zunächst etwas nach links hinten geht. Die Diagonale von linker Hüfte über Bauch und Brust zur rechten Schulter verlängert sich, und der Rumpf hängt etwas stärker nach vorn in die Körperfaszie hinein.

  Die Arme steigen, geführt von den Ellbogen (bildlich wie ein Gewicht, das am Ellbogen hängt und die Schwingung des Armes auslöst), nach rechts hoch. Sie sollten spüren, dass diese Bewegung eine Folge der Gegenbewegung der linken Hüfte und des Beckens ist. Ihr Körper wird lang, Ihre Füsse bleiben am Boden „kleben“, das Schambein hängt tief.
Wenn der Schläger den höchsten Punkt erreicht hat, können Sie Ihren Körper wie beim Tennisaufschlag (siehe oben) als Ganzes nach vorne durchbiegen. Entspannen Sie bewusst alle Muskeln des Rückens und der Vorderseite des Körpers. Das Gewicht des Rumpfes ruht jetzt vorwiegend auf dem rechten Bein.
Die Schlagbewegung wird passiv von den gedehnten Faszien der Körpervorderseite ausgelöst. Sie treiben das Becken zurück und kippen zugleich den Rumpf nach vorn, wobei dessen Mittellinie nach vorne konvex bleiben muss (Brustbein steht senkrecht vorne oben). Nachdem Sie die Senkrechte passiert haben, wird die Bewegung von der Schwerkraft weitergeführt und verstärkt.
Die gleichzeitige Drehung wird wie immer vom Becken ausgelöst. Lassen Sie die linke Hüfte energisch zurückgehen. Das Becken dreht sich dadurch nach links, während es zurückschwingt, und die linke Hüfte zieht den Oberkörper und den Schultergürtel mit in diese Drehung.

Als letztes kommen Ihre Arme ins Spiel. Halb fallen sie, wenn Sie im ersten Augenblick die Schultermuskeln entspannen, halb werden sie von der gedehnten Fasziendiagonale zur linken Hüfte gezogen.
Ganz zum Schluss erst benötigen Sie Ihre Muskeln für die Endbeschleunigung des Schlägers. Die Beugemuskeln der Schultern erhöhen die Geschwindigkeit des Schlägers zusätzlich. Oberschenkel- und Beckenmuskeln verstärken gleichzeitig die Drehung des Beckens.
Wenn Sie den Ball treffen, ist das Becken mit der Hüftachse deutlich hinten, die Schulterachse ist vorn über dem Ball, die Mittellinie des Rumpfes ist noch immer nach vorn konvex.

Skilaufen (Skilanglauf, Skitouren, Alpin-Skilauf)

Skilanglauf (klassisch) und Skitouren sind sehr gut dafür geeignet, Ihren Köper zu dehnen und gerade auszurichten, weil die Füsse durch die Spur in ihrer parallelen Lage gehalten werden. Unterstützen Sie dies, indem Sie die Gesässmuskeln und den Beckenboden ganz entspannt lassen. Die Sitzbeinhöcker stehen dann weit auseinander und hinten, die Knie bewegen sich über innen nach vorn.
Versuchen Sie, die Hüftachse unverändert im rechten Winkel zur Richtung der Fortbewegung zu halten. Das Becken soll sich also möglichst wenig hin und her drehen. Förderlich ist dabei das Gewicht des Skischuhs und der Skis (vor allem beim Tourenfahren): Das Bein kann damit wie ein Pendel aus den Hüftgelenken locker und ohne Muskelkraft nach vorne schwingen. Lassen Sie den Fuss mit dem Ski bei diesem Vorschwingen  möglichst am Boden und heben sie ihn nicht an.
Beim Stockeinsatz achten Sie darauf, dass Ihre Schultern tief und weit aussen bleiben. Ziehen Sie nicht die Schultern nach vorn, sondern das Brustbein, das dann den ganzen Rumpf mit sich zieht.
Beim Alpin-Skilauf beachten Sie bei allen Bewegungen die Zickzacklinie und die nach vorne konvexe Mittellinie des Rumpfes. Lösen Sie jeden Schwung dadurch aus, dass Sie das Becken über das eine Bein hinaus weit zur Seite gleiten lassen. Der Oberkörper kippt dann leicht zur entgegengesetzten Seite, ist aber recht ruhig und das Brustbein schaut immer ins Tal.
Versuchen Sie es mit folgender Vorstellung: Ihr Oberkörper soll sich mit der Brust immer geradeaus genau in der Falllinie zu Tal bewegen. Mit Ihren Skiern kurven Sie nach links und nach rechts hinaus um diese gerade Linie herum. Dafür müssen Sie vor allem das Becken weit zur Seite schwingen lassen.

Klettern

Zuallererst immer in Support, d.h. in die Füsse und zum Boden gehen (sehr gut auch gegen die Angst) – nicht gleich in die Hände: d.h. Entspannung in Bauchwand, Hüften, Po und Vorderseite der Beine >>> Fuss wird länger und sinkt – man kommt ins Folding, in diese Faltbewegung (wie hier u.a. beschrieben: oekonomie_der_bewegung.pdf) und der Oberkörper wird automatisch länger…

Schwimmen

Das übliche Brustschwimmen ist die technisch schwierigste Disziplin. Sie können kaum schwimmen, ohne das Kreuz und das Genick zu stauchen. Wenn Sie regelmässig schwimmen, sollten Sie sich unbedingt von einem guten Schwimmlehrer Crawlen (oder Rückenschwimmen) beibringen lassen.
Schwimmen ist deshalb günstig, weil der Körper nicht von der Schwerkraft zusammengedrückt wird. Achten Sie darauf, dass Ihr Körper immer möglichst lang bleibt und dass sich seine Mittellinie möglichst gerade und gestreckt durchs Wasser bewegt. Als Vorübung ist hier das Abstossen vom einen Schwimmbadrand und, ohne aktive Bewegung ausgestreckt, möglichst langes Pfeilen durchs Wasser sehr nützlich.
Beginnen Sie die Crawl-Bewegung mit dem Ellbogen des oberen Armes, der wie von selbst aus dem Wasser gezogen wird.
Bei der Beinbewegung sollen der Bauch und die Leisten ganz entspannt und lang bleiben, die Knie sollen nahe beieinander und leicht einwärts gedreht sein. Wenn Sie den Arm über der Wasseroberfläche nach vorne bringen und wenn Sie Hand und Unterarm unter Ihrem Körper hindurch durchs Wasser zurückziehen, sollte die Schulter tief und aussen bleiben.

Fussball

Wie bei vielen ähnlichen Wettkampfarten sollte sich der Körper jederzeit in jede beliebige Richtung in Bewegung setzen können. Falten liefert das dafür nötige „labile Gleichgewicht“, wobei Sie fast ganz gestreckt sein oder sich tief in der Zickzacklinie befinden können. Sie „opfern“ den ersten Bruchteil einer Sekunde, um sich fallen zu lassen. Sie sinken dabei jedoch kaum, eher geht Ihr Körper in die Länge wie eine Katze, die sich vor dem Sprung duckt. Das Becken beginnt zurückzuschwingen, das Brustbein fällt nach vorn, die Beine sind einen kurzen Augenblick lang völlig schlaff. Die Füsse werden breiter und flacher gegen den Boden gepresst. Diesen Druck verstärken Sie weiter, so dass der Rumpf als Reaktion nach vorn losschnellt.

Beim Starten können Sie nur optimal beschleunigen, wenn Sie sich gegen den Boden strecken. Sobald Sie irgendwo Muskeln kontrahieren, nehmen Sie Gewicht vom Boden weg, der Krafteinsatz wird ineffektiv. Achten Sie vor allem darauf, dass der Rumpf und damit der Körperschwerpunkt nicht hochsteigt. Das würde bedeuten, dass Sie nur Energie verschwenden.
Sie starten nach vorn, indem Sie das Becken zurückweichen und das Brustbein sofort energisch nach vorn fallen lassen (es bleibt dabei aber senkrecht stehen). Erst dann drücken Sie den Fuss des Standbeins gegen den Boden, wodurch der Rumpf waagrecht nach vorn beschleunigt wird.
Rückwärtsstarten beginnt genauso: Sie lassen sich „auseinanderfallen“. Der Schwerpunkt sinkt ganz leicht, das Becken schiesst zurück. Sie beschleunigen, indem Sie mit dem vorderen Fuss gegen den Boden drücken. Denken Sie nicht „hoch“ und „weg vom Boden“! Reissen Sie auf keinen Fall den Oberkörper zurück! Lassen Sie sich einfach von den Sitzbeinhöckern geführt zurückziehen.
Sie stoppen die Bewegung auf ähnliche Weise. Lassen Sie im Vorwärtsrennen für den Bruchteil einer Sekunde alle Muskeln los, so dass Sie zu fallen beginnen. Das Knie des vorderen Beines wird vom andrängenden Gewicht des Körpers massive gebeugt, und die Kniestrecker (vor dem Knie) müssen mit aller Kraft dagegenhalten, um die Bewegung zu stoppen. Sie verrichten ihre Arbeit dann am effektivsten, wenn das Becken weit hinten, tief und nach vorne gekippt bleibt. Dafür müssen die Bauchmuskeln und die Hüftstrecker (am Po) völlig entspannt bleiben; Sie spüren deutlich die Zickzacklinie und die nach vorn konvexe Mittellinie des Rumpfes (oekonomie_der_bewegung.pdf ). Stören Sie diesen Mechanismus möglichst nicht durch unnütze Muskelkontraktionen. Das Bein bremst die Bewegung ab, nicht der Bauch!
Auf die gleiche Weise starten Sie zur Seite und stoppen die Bewegung ab. Sie lassen den Körper einen Moment fallen und strecken sich dann seitlich gegen den Boden.
Vergleichen Sie beim Torschuss die „normale Bewegung“ (siehe hier ) mit der üblichen. Wenn Sie normal schiessen, weicht zuerst das Becken leicht zurück, bevor das Knie unter der Hüfte hindurch nach vorne schwingt. Der gestreckte Rumpf liegt locker über dem Ball, der genau dorthin geht, wo Sie ihn haben wollen.
Auch der Torhüter steht bei der Abgabe des Schusses, den er halten will, „locker gefaltet“ in der Zickzacklinie mit konvexer Mittellinie des Rumpfes da und ist so frei, sich vom Boden aus in jede beliebige Richtung zu werfen!

Ein wunderbares Beispiel der obigen Haltung und Bewegung ist natürlich Lionel Messi mit seiner geschmeidigen, katzenartigen Bewegung während seiner Dribblings. Sein unnachahmlicher Stil kennt sogar ein eigenes Adjektiv: „inmessionante!“.
Hier ein paar Müsterchen:

Viele Ideen die ich hier benütze, sind von meinem Freund und Kollege Hans Flury (vor allem aus seinem Buch „Die neue Leichtigkeit des Körpers“ – dtv ratgeber – leider vergriffen) und auch von Willi Harder, der viel zu jung gestorben ist – geniale Köpfe, die das Rolfing wieder viel näher zu den Visionen der Ida Rolf gebracht haben.

Noch ein Superlink zur Ergänzung:
Mein favorisierter Zugang zu Yoga sind die wunderbar geführten Yogaflow-Sessions von Mady Morrison!

Veröffentlicht am 16. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
13. April 2021

Krafttraining

Kraft und Technik

Bei den meisten Sportarten – auch beim Laufen – stehen zwei Aspekte im Vordergrund: Kraft und Technik. Meistens will man mit dem Naheliegenden, mit mehr Kraft, die Leistung steigern. Der Einfluss der Technik ist dagegen schwerer fassbar. Eine bessere Technik erhöht Ihre Leistung jedoch ebenfalls, weil Sie damit den Wirkungsgrad des Krafteinsatzes verbessern.

Von der Kraftkomponente drohen sogar einige Nachteile. Dickere und kräftigere Muskeln tendieren nämlich dazu, mehr aktive Spannung auszuüben. Dadurch wird Ihr Körper unnötig verkürzt und gestaucht. Das wiederum bedeutet, dass Bewegung gegen einen höheren Widerstand durchgesetzt werden muss, die Muskeln also quasi gegen sich selbst arbeiten müssen. Man gerät dabei leicht in einen Teufelskreislauf, an dessen Ende man sich vor lauter Kraft und Anstrengung ein Kleiderschrank wird und sich kaum mehr rühren kann.
Beachten Sie auch einen weitere Auswirkung übermässigen Krafttrainings: Die Faszien hochtrainierter Muskeln verdicken und verhärten sich. Die Geschmeidigkeit der Muskeln geht verloren und der Körper kann sich in der Bewegung kaum mehr verlängern.

Es besteht also ein gewisser Gegensatz zwischen Kraft und Technik. Für den Organismus, seine Gesundheit und Flexibilität ist es vorrangig, dass der Körper beweglich und geschmeidig ist. Denken Sie wieder an eine Katze, deren Muskeln extrem weich und „dünn“ sind. Sie trainiert nie ihre Kraft, doch sie dehnt sich immer wieder, um ihren Körper und sein Gewebe geschmeidig zu halten.

Die auf dieser Website beschriebene „Normale“ Bewegung aus dem Rolfing optimiert die Technik auf natürliche Art und Weise.

Viel Lächeln!

Wichtig ist auch, dass die menschliche Leistungsfähigkeit nicht durch die Muskeln, sondern durch das Hirn kontrolliert wird. Man sollte also bei Anstrengungen, also auch im Training möglichst viel Lächeln!

Welche Haltung?

Damit will ich nicht sagen, dass Sie nicht auf Kraft trainieren sollten – wenn Sie das möchten. Beachten Sie dabei aber unbedingt zwei wichtige Dinge. Erstens sollten Sie alle Übungen „natürlich und ökonomisch“ ausführen, vor allem wenn Sie an Kraftmaschinen arbeiten, will heissen: Lassen Sie sich Ihren Körper auf keinen Fall stauchen! Spüren Sie immer bevor Sie mit der eigentlichen Übung beginnen, wo Ihr Körper gegen den Boden, eine Sitzbank o.ä. gestützt ist. Fühlen Sie zu diesem Zweck Ihr ganzes Gewicht. Dann drücken Sie gegen den Boden, so dass als Folge davon erst der Körper sich streckt, dann das Gewicht am anderen Ende Ihres Körpers bewegt wird. Zum zweiten sollten Sie am Schluss des Trainings wie auf dieser Website unter „Stretching“ beschrieben (www.dr-walser.ch/jogging/)  den ganzen Körper, insbesondere die Bauchmuskeln immer kurz dehnen.

In Bezug aufs Muskelwachstum zeigen die Daten, dass zwei Krafttrainings pro Woche ideal sind – für uns Hobbysportler, das ist wichtig zu sagen. Die Daten zeigen auch: Wer ein drittes Training pro Woche absolviert, erzielt nur noch einen ganz kleinen zusätzlichen Effekt. Wichtig auch: Das Training sollte aus mindestens zwei Sets bestehen. Das Gewicht sollte dabei so gewählt sein, dass man bei der letzten Wiederholung findet: Jetzt bin ich müde. Was es nicht braucht: sich an den kompletten Anschlag zu pushen.

Wieviel Trainings pro Woche? Wieviel Gewicht und Wiederholungen?

Betreffend Trainings pro Woche sind zwei klar besser als eines, drei hingegen kaum viel effektiver bezüglich Muskelwachstum als zwei.

Wer vor allem kräftiger werden will, sollte besser mit hohen Gewichten und folglich weniger Wiederholungen pro Set arbeiten.

Lassen Sie sich nicht von all diesen vielen verschiedenen Programmen, die existieren, verrückt machen. Krafttraining für Hobbysportler ist relativ simpel.

Wer in möglichst kurzer Zeit möglichst effektiv trainieren will, sollte sich mit dem Thema des „Drop-Satzes“ beschäftigen. Er geht so: Man absolviert Übung X mit Gewicht Y und Wiederholungszahl Z bis zur Ermüdung. Dann wiederholt man ohne Pause dieselbe Übung mit weniger Gewicht erneut bis zur Ermüdung, insgesamt circa vier Sets.

Allgemein, besser nur wenig Krafttraining als gar keines. Wer also 15 Minuten pro Woche ins Krafttraining investiert statt null Minuten: super, weiter so! Entscheidend ist, dass man etwas tut, das ist der wahre Hebel.

Man muss übrigens dazu nicht in teure Fitnessstudios: Tägliches Hanteltraining (Kurz- oder Langhanteln, aber auch das Theraband) reichen. Und es braucht dabei keine grossen Gewichte, ein leichter Widerstand reicht aus – allerdings ist Regelmässigkeit unumgänglich).
Der Zeitpunkt spielt eine grosse Rolle: vor dem Zu-Bett-Gehen ist am idealsten (da nachts günstiges Hormonprofil zum Muskelaufbau aufgrund der zirkadianen Schwankungen besteht).

Die Tendenz bei der Frequenz der Bewegung allgemein, aber auch beim Krafttraining geht immer mehr zu kurzen intensiven Anteilen (“explosive Kraftteile” beim Kraftsport oder HIIT-Speed-Sandwiches) und lang andauernden, dann aber nicht zu intensiver, sondern moderater Intensität.

Exzentrisches Krafttraining (oder auch „negativ dynamisch“)

Ein gutes Beispiel für den Gegensatz zwischen exzentrischem und konzentrischem Krafttraining ist Folgendes: Eine Skination hat konzentrisch trainiert und ist auf Kästen hochgesprungen, die anderen haben exzentrisch trainiert und sind heruntergesprungen. Letztere waren in der Saison besser und verletzten sich viel weniger!
Laufen oder Joggen nach der „Rolfing-Methode“ ist auch weitgehend exzentrisch, weil das Bein beim Aufprall bremsen muss, während Radfahren konzentrisch ist, weil Druck auf die Pedalen ausgeübt wird. Exzentrisches Training ist schneller und effektiver. Man kann es auch ganz leicht mit dem Thera-Band machen, indem man das Lockerlassen des Bandes aus der höchsten Dehnung langsam und bewusst ausführt.

Bei der Muskelarbeit unterscheidet man 3 Formen der Kontraktion: Die Konzentrische ( die sog. „positive“ Kontraktion die durch das Gewicht anheben stattfindet ), die Exzentrische („negative“ Bewegung, also das Herablassen des Gewichtes) und die isometrische (statisches Halten eines Gewichtes ). Die Konzentrische Bewegung, also die Bewegung wo der Kraftaufwand stattfindet ist für den Muskelzuwachs primär von Bedeutung, da hier für den Muskel der stärkste Kraftaufwand stattfindet. Der Kraftzuwachs findet hier ausschliesslich über den konzentrischen Weg statt. Die exzentrische Bewegung, also das langsame Herablassen und Gegenhalten komplettiert den Bewegungsablauf und gibt auch die Gelegenheit, einige Wiederholungen zu gewinnen, indem eine zweite Person hilft das Gewicht anzuheben und du es dann alleine langsam herunter lässt. Optimal wäre am höchsten Punkt der konzentrischen Bewegung noch für 2-3 Sekunden einen isometrischen Kraftakt auszuüben. Das heisst, das Gewicht statisch halten und dann langsam herablassen.

Vorteile des negativ dynamischen Trainings:

  • Spannungsspitzen weit über positiv dynamischen und Maximalkraftwerten (exzentrisches Kraftmaximum 30 – 40 % grösser als das isometrische, dieses 10 – 15 % über dynamisch-konzentrischem Kraftmaximum)
  • ausgeprägte Hypertrophie (langer Reiz)
  • deutlicher Zuwachs auch bei hohem Trainingsniveau

Nachteile des negativ dynamischen Trainings:

  • Hilfestellung nötig (abhängig von Übung und Gerät)
  • hohes Verletzungsrisiko bei Kontrollverlust und falschem Bewegungsablauf
  • zeitliche Beschränkung (nur in der Vorbereitungsphase eines Wettkampfes, da Maximallasttraining sich negativ auf die Kontraktionsgeschwindigkeit auswirkt – die Kraft nimmt zu, die Geschwindigkeit ab!)

Einige gängige Kraftübungen:

* LIEGESTÜTZE

* BAUCHMUSKELTRAINING – SITUPS

* KNIEBEUGE

* SEILSPRINGEN

* TREPPENSTEIGEN (STEPPER)

Liegestütze

Die Ellbogen sollen seitlich nach aussen gehen und dabei bleibt der Rumpf zuerst ruhig und die Höhe des Schultergürtels wird möglichst lange eingehalten. Denken Sie an „auseinander“ und nicht „nach unten“. Diese Phase möglichst langsam ausführen. Es ist die wertvolle exzentrische (negativ dynamische) Kraftphase.

Die Fersen zeigen etwas zu den Seiten, der Kopf sieht frei beweglich nach unten oder sogar etwas nach vorne (nicht kurz werden im vorderen Brustbereich) und das Becken (oder die Sitzbeinhöcker) bleibt immer der höchste Punkt des Körpers. Der Abstand vom Schambein bis zum Brustbein bleibt möglichst lang. Wieder zurück, beim Nach-Oben-Gehen beginnt die Bewegung in den Sitzbeinhöcker, die sich  zuerst nach oben heben. Diese konzentrische (positiv dynamische) Kraftphase schnell und kurz machen.
Oben angekommen 2-3 Sekunden innehalten (isometrische Kraftphase).


Sit-ups / Bauchmuskelübung

  1. Rectus: verkürzt die vordere Körperlinie des Oberkörpers (=Hauptfehler bei den Bauchmuskelübungen!) >> Achtung: Six-Pack nie ohne Hauptaktivität des tiefen, queren Transversus!
  2. Obliquus Externus und
  3. Obliquus Internus sind die beiden schrägen Bauchmuskeln, die bereits eine bessere Bauchwandstabilität ergeben (nie Rectus allein!)
  4. Transversus = querer, tiefster Bauchmuskel und der Wichtigste! Hält die Bauchwand ohne Verkürzungen am schönsten nach hinten!

Das Ziel ist also, in der Bauchwand lang zu bleiben und nicht zu verkürzen (spätere Spitzbauchbildung!). Es darf kein Hohlkreuz entstehen. Dort soll es eher wie eine Schale gegen hinten rund werden und eng bleiben. Und das Schambein sollte nie in Richtung Kinn gezogen werden. Man legt die Unterschenkel mit 90-Grad-gebeugten Hüft- und Kniegelenken auf einen Stuhl und hebt den Kopf in einer Linie mit dem Brustbein nur sehr wenig. Verkürzen Sie dabei nicht die vordere Linie vom Kinn zum Schambein. Der rechte Ellbogen (bei angewinkelten Armen) geht nur wenig und eher schnell und kurz (da konzentrische Muskelaktivität) gegen das linke Knie und umgekehrt. Dann 2-3 Sekunden Stellung halten (isometrisch) und wieder sehr langsam zurück in die Liegestellung (exzentrisch).

Auch die klassische Übung zur Tiefenaktivierung der Rumpfstabilisatoren ist eine ausgezeichnete Übung für die tiefste Bauchmuskelschicht, den M. Transversus Abdominis:
Man liegt entspannt auf dem Rücken, Beine ausgestreckt, das Kreuz nicht auf den Boden drücken, Arme seitlich des Körpers, Nacken entspannt, Kopf auf beide Seiten drehen und wieder zurück zur Mitte, Blick offen und entspannt zur Decke gerichtet (keinen fokussierten, starren Blick).
Nun stellt man den rechten Fuss an (linkes Bein bleibt ausgestreckt). Die rechte Fusssohle (auf dem Boden) wahrnehmen. Der Fuss ist weich und entspannt. Das rechte Knie verlängert sich langsam in den Raum raus.

Durch diese Bewegung hebt sich die rechte Beckenhälfte unwillkürlich vom Boden ab – ohne aktives Tun.
Bei dieser Übung gibt es vom entspannten Beckenboden her, eine Rotation des Rumpfes nach links (Wirbel für Wirbel langsam nach oben). Wenn diese Drehung auf der Höhe des Zwerchfells angelangt ist, nimmt man den rechten Arm dazu, der wie von einem Magneten (in die linke obere Wandecke) gezogen wird. (Achtung: Schulter und Hals sollen entspannt bleiben). Wenn der Kopf vom Boden abheben würde, stoppt man die Armbewegung. Man lässt den Arm einen Moment in dieser Position wie eingefroren stehen.
Nun spürt man das Becken schwer werden und lässt es langsam zum Boden zurücksinken. Wirbel für Wirbel kommen zum Boden zurück bis die ganze Wirbelsäule ausgestreckt am Boden liegt. Gleichzeitig bewegt sich die rechte Schulter und der Oberarm, Unterarm.. zurück in die Ausgangsposition.

–   Während der ganzen Übung entspannte Atmung und Bewegungsfluss.
–   Übungen jeweils zwei- bis dreimal wiederholen, dann Seite wechseln.

Kniebeuge (Halbe Hocke: Gewichtheben)

Bei der Kniebeuge ist wichtig, dass nur die Weichteile der Beine trainiert und das Kniegelenk selber und der ganze Rücken möglichst geschont werden. Die oberflächlichen Muskeln im ganzen Oberkörper sollten entspannt bleiben und die Aktivität der tiefen Rumpfstabilisatoren zunehmen. Dies erreicht man in der sog. „Halben Hocke“, der Haltung, die auch ideal und maximal Rücken entlastend beim Heben von Lasten ist (physiopraxis 2011; 9(1): 30-33). Deshalb kann dies auch als beste Haltung für das Gewichtheben angesehen werden.

     
„Ganze Hocke“

Wurde in der „alten Rückenschule“ noch als richtig gelernt. Entspricht der alten Vorstellung, dass eine „Korsett-Bildung“ (Gebrauch und Training der oberflächlichen Rumpfmuskeln) günstig („entlastend“) für den Rücken sei.

Heute weiss man, dass eben diese Haltung im argen Ungleichgewicht eine Tiefenaktivierung verhindert und den Zwischenwirbelraum arg komprimiert!

„Halbe Hocke“

Im Gleichgewicht mit entspannter Oberfläche und optimalster Aktivierung der tiefen Rumpfstabilisatoren. Damit die kleinste Kompression und Verkürzung des Wirbelraums – grösste Rückenschonung!

 

 

 

 

 

 

 

 

  Der „alte“ Gewichtheber wusste dies schon immer! Man bringt so übrigens das Gewicht auch am besten und entspanntesten an den eigenen Knien vorbei…

Stellen Sie dazu die Füsse beckenbreit auseinander und parallel (nicht zu weit auseinander und auch keine nach auswärts gedrehte Füsse, wie man häufig auf erläuternden Fotos sieht). Dann gehen Sie zuerst in die Hüften und noch nicht in die Knie (Man sollte also eher „Hüftbeuge“ sagen!). Dies erreichen Sie am besten und mit grösster Entspannung der  oberflächlichen Muskeln des Oberkörpers, indem man sich das Becken als eine Schublade vorstellt, die sehr entspannt und leicht horizontal nach hinten gleitet.
Bauchwand, Gesäss und Hüften sind locker (Die Tiefe, nämlich der Transversusmuskel, etc. sind dann automatisch sehr aktiv.).
Der Schultergürtel befindet sich immer etwas weiter vorne als die Knie. Die Hüftgelenke sind also immer etwas mehr gebeugt als die Knie. Dadurch kommt das Gewicht in den Füssen automatisch mehr auf den Mittel- und Vorfuss: Die ganze Fuss-Längsfeder wird gespannt. Die Hüftfederung und diese Fussfeder entlasten die Knie enorm.
Das Brustbein bleibt senkrecht und vorderster Punkt des Körpers. Der Kopf sitzt wie eine Boje auf der senkrechten Halswirbelsäule und der Schultergürtel liegt entspannt wie ein leichtes Joch auf dem Rumpf. Der Oberkörper bleibt so in seiner vorderen Mittellinie sehr lange und die Wirbelsäule sehr gerade.

Auch bei der Kniebeuge stellt man sich vor, man würde eine Kiste heben, die vor einem auf dem Boden steht. Man kommt dazu vor allem aus der Hüftbeugung und weniger aus den Knie mit den Händen bis an den Boden.
Die Retourbewegung nach oben startet dann in den Füssen. Man stösst dabei vom Boden ab, indem man zuerst die Knie nach hinten bewegt und dann erst die Hüften nach vorne. Der Oberkörper macht dabei möglichst wenig Arbeit und bleibt vor allem in der Oberfläche (Bauchwand, Gesäss, Schultern,…) völlig entspannt.

Seilspringen

  Man springt in einer akzentuierten Faltbewegung (wie hier ausführlich beschrieben): Vor allem das Becken, der Po ist weit hinten damit die Hüftgelenke gut federn können. Der Oberkörper wird dann aufrecht (Brustbein senkrecht), die Schultern entspannt und nicht nach oben gezogen. Der Kopf liegt leicht wie eine Boje auf dem Hals – der Blick locker und nicht fixiert in die Weite zum Horizont. Man landet nicht auf der Fussspitze, sondern auf dem ganzen Fuss, der dadurch wie eine Längsfeder gespannt wird und wieder abfedert. Seilspringen ist eine wunderbare Art, Haltungsverbesserung, Konditionssteigerung und Aktivierung der tiefen Rumpfstabilisatoren mit einfachsten Mitteln und auf engstem Raum zu praktizieren!

Rundrücken durch Krafttraining/Bodybuilding – Folgen des Sixpacks…

Leider muss man erwähnen, dass das Auftrainieren unserer oberflächlichen Muskeln häufig ein Ungleichgewicht ergibt:
Vorderseite kräftiger (und auch verkürzt!) – Hinterseite/Rücken schwächer und mit Rundrücken im Brustbereich!
Z.B. ein „Sixpack„, also ein auftrainierter Rektusbauchmuskel ist immer verkürzt und zieht unser Brustbein sehr stark nach unten (und bildet so den Buckel mit). Erst recht einen zu kräftigen (und damit verkürzten!) grossen Brustmuskel.

Man sieht den Rundrücken und das damit zusammenhängende starre Hohlkreuz sehr offensichtlich bei allen Bodybuildern:

Weiterlesen über den Rundrücken: dr-walser.ch/rundruecken/
und über den flachen Bauch >>>

Funktionelles und Zirkeltraining

Auf dem Fitnessmarkt erfreuen sich funktionelles Training und Zirkeltraining bewegter Beliebtheit. Funktionelles Training meint lebensnahe, mehrgelenkige Übungen, oft mit dem eigenen Körpergewicht. Das Zirkeltraining verzichtet weitgehend auf Pausen und kombiniert so Kraft- mit Ausdauertraining. Klingt super, oder? Nicht so langweilig wie monotones Maschinentraining! Doch die modischen Trainingsregimes haben eine Schattenseite: Sie sind das Abbild der radikal nutzenorientierten, atemlosen 24/7-Multioptionsgesellschaft, in der man nie zur Ruhe kommt und immer Multitasking betreibt. Und gelten sie auch als „kreativer“ als das Pumpen an Maschinen, so fehlt ihnen für echte Kreativität doch eines: eine Kultur der Pause, wie sie im guten alten Bodybuilding üblich ist. Die paar Minuten Erholung zwischen schweren Sätzen, in denen man ziellos durchs Studio stromert und Gedanken durchs Hirn kullern lässt – solche vordergründig verschwenderischen Leerlaufphasen und effizienzmindernden Unbestimmtheitsstellen sind es, die der Nonstop-Gesellschaft fehlen.(Konsumkritik von Jörg Scheller in Psychologie Heute, 10/2023)

Proteine nicht vergessen

Wer täglich mehrere Stunden Sport macht, hat einen doppelt so hohen Bedarf an Eiweiss wie eine Normalperson – also bis zu 1,6 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht, und er braucht diese Menge auch, um explizit Muskeln aufzubauen, wie Studien zeigen. In der Sporternährung werden maximal zwei Gramm Proteine pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen.

Hobbysportlerinnen und -sportler brauchen die Proteinzufuhr nicht zu erhöhen, um ihren Bedarf zu decken. So sei die empfohlene Menge von etwa 1 g pro kg KG auch dann noch ausreichend, wenn jemand bis zu vier- oder fünfmal pro Woche eine halbe Stunde trainiert.

Auch dies mit dem „anabolen Fenster“ für die Proteineinnahme gleich nach dem Training ist nicht mehr so klar. Es reichen wohl auch die nächsten 24 Stunden – und am besten in mehreren Portionen verteilt – auch rein pflanzlich möglich (Hülsenfrüchte, Nüsse, Vollkorn).

Vom Sport in die Magersucht >>> bei Männer meist unter dem Bild einer Muskelsucht

Immer mehr Männer erkranken an einer Essstörung. Diese wird oft lange nicht erkannt, da die Krankheit bei ihnen meist anders aussieht als bei Frauen.
Frauen wollen eher schlank sein, Männer meistens muskulös. Muskelsüchtige wollen zum Beispiel Muskeln und Gewicht gewinnen, aber Fett verlieren. Sie haben eine verzerrte Körperwahrnehmung und entwickeln ein gestörtes Essverhalten.
https://desktop.12app.ch/articles/27786785?

Körperbildstörung Muskeldysmorphie – Die Angst, nicht genügend Muskeln zu haben

Neben der Sportsucht gibt es eine weitere psychische Störung im Zusammenhang mit Sport: Muskelsucht oder Muskeldysmorphie. Sie zählt wie die Anorexie (Magersucht) oder die Bulimie (Ess-Brech-Sucht) zu den «Körperbildstörungen», bei denen die Einstellung zum eigenen Körper stark beeinträchtigt ist. Betroffen sind vorwiegend Männer, daher werde sie auch «male anorexia» (männliche Magersucht) genannt, sagt Simone Munsch, Psychologin an der Universität Freiburg. Betroffene stemmen täglich Hanteln, legen dabei an Muskulatur zu und finden trotzdem, ihr Körper sei zu wenig männlich oder muskulös. Anders als die Sportsucht ist die Muskeldysmorphie eine anerkannte Diagnose einer psychischen Störung.

Ähnlich wie bei der Sportsucht gibt es keine verlässlichen Zahlen zu den Betroffenen mit Muskeldysmorphie. In Fitnessstudios könnten es Schätzungen zufolge bis zu 20 Prozent der Trainierenden sein. Vor allem aber nimmt die Zahl zu.

Eine Muskelsucht kann zu auffälligem Verhalten führen. Betroffene ziehen sich zum Beispiel vor der Freundin nicht mehr aus, weil sie glauben, sie seien zu dünn. Sie gehen deswegen nicht mehr ins Schwimmbad, sie duschen nicht mehr im Fitnessstudio. Betroffene trainieren zudem auch dann weiter, wenn sie wegen Übertraining Schmerzen haben. Testosteron wird dann häufig angewendet.

Die ganze Mühe der Betroffenen ist auch umsonst. Denn Männer unterliegen einem Trugschluss, wenn sie meinen, Frauen würden besonders muskulöse Körper attraktiv finden. Das ist aber nicht so, Frauen finden extrem muskulöse Körper nicht speziell attraktiv, weniger muskulöse Körper sind für sie attraktiver. Der Unterschied in der männlichen und weiblichen Wahrnehmung beträgt etwa fünf bis zehn Kilo Muskelmasse.

Doch woher kommt dies alles? Lesen Sie hier weiter >>>

Anabolika…

Längst helfen nicht mehr nur Spitzensportler nach, wenn die Leistungsfähigkeit an Grenzen stösst. Auch Freizeitsportler, vor allem Bodybuilder, greifen zunehmend zu Dopingmittel. Bis zu 45% der Besucher von Sportstudios versuchen, ihren Muskelaufbau mit gängigen anabolen Steroiden zu steigern! Sie gebrauchen aber auch in der Tierzucht verwendete Mittel oder hierzulande nicht handelsübliche, über den Schwarzmarkt bezogene Abkömmlinge. Über Risiken wie Hodenschrumpfung (resp. Klitorisvergrösserung), Unfruchtbarkeit, Lebererkrankungen und Lebertumoren, Gelbsucht, Herzschäden, Heraustreten der Augäpfel, Brustdrüsenwachstum (beim Mann) und Prostatakrebs wissen die Anwender meist kaum etwas. Hauterscheinungen wie schwerer Akne kommt eine Signalwirkung für Anabolikamissbrauch zu. Auch psychische Auswirkungen geben zu Besorgnis Anlass: Bei regelmässigem Gebrauch mit hohen Dosierungen fallen nicht selten paranoide, schizophrene, aggressive, asoziale, narzisstische und theatralische Wesensänderungen auf. Soweit rückblickende Befragungen der Bodybuilder eine Einschätzung erlauben, unterschieden sich die Charaktere vor Beginn des Missbrauchs nicht wesentlich von denen der Durchschnittsbevölkerung. Nach Absetzen der Anabolika wird auch sehr häufig schwere Depressionen beobachtet. Testosteron kann Dich für immer ruinieren: Es als Anabolikum zu nehmen birgt das bedeutende Risiko, dass die Hypophyse irreversibel einschläft und ein bleibender sog. „hypogonadotroper Hypogonadismus“ entsteht.
Ein Kommentar erübrigt sich!

Der Mann, Der zu viel wusste

Der Mann ist seit Jahren mit einer Wissenschaftsjournalistin verheiratet. Was sie an neuen Studien auf den Tisch bekommt, wirkt sich unmittelbar auf seinen Alltag aus – bis zur nächsten Studie. Nun hat sie Erkenntnisse über Krafttraining mit nach Hause gebracht…

Meine Grossmutter hätte gesagt, ich sei ein kräftiger Mann. Leider ist sie vor längerer Zeit gestorben, ich würde mich gern hin und wieder an dieser Formulierung wärmen. Es klingt stark. Allerdings meinte sie, wenn sie diese Formulierung auf jemanden anwendete: stattlich, breit, wohlgenährt. Eigentlich eine Statur, in der man sich als Mann in der Lebensmitte gut einrichten könnte. Ich würde es mir gern darin gemütlich machen, nur in Omas Sinne ein kräftiger Mann zu sein und nicht sportlich gesehen. Aber meine Frau, die Wissenschaftsjournalistin, berichtet mir mit steigender Frequenz von Studien, die zeigen, dass Krafttraining für die Gesundheit viel wichtiger ist als bisher angenommen. Vor allem ab den mittleren Jahren, sagt sie, sei Muskelaufbau das A und O.

Ich verweise darauf, dass ich gerade dabei bin, mich an YouTube-Yoga zu gewöhnen, und dass ich bis vor vier, fünf Jahren jährlich einen Halbmarathon gelaufen bin. Dehnbarkeit ist wichtig, sagt sie, aber du zehrst von der Substanz. Ich gebe zu bedenken, dass in der Familie immer noch ich es bin, der dafür zuständig ist, Gurkengläser aufzumachen. Während ich es ausspreche, wird mir klar, dass diese Rolle längst mein Sohn übernommen hat. Meine Frau sagt: Du musst Krafttraining machen, um mit wachsendem Alter den Status quo zu erhalten. Use it or lose it. Nutz es, oder verlier es. Also sie. Die Muskeln.

Es fällt mir schwer, mich englischen Spruchweisheiten zu entziehen, die sich reimen. Fake it til you make it habe ich immer beherzigt, warum also nicht use it or lose it. Ist es gut, das zu wissen, oder wäre ich lieber im Unklaren geblieben und hätte mich an meinen Spaziergängen und meinen alten Halbmarathon-Teilnahme-Medaillen erfreut? Meine Freude, wenn ich 8.000 Schritte am Tag erreiche, ist getrübt dadurch, dass ich denke: Na gut, schön rumgelatscht, aber nicht Richtung Krafttraining.

Eigentlich dachte ich, Krafttraining sei etwas für junge Menschen, die das aktuelle Körperideal noch erfüllen können. Mein Sohn, 20, ist sehr trainiert, er hat grosse Muskeln und verwendet viel Zeit darauf, damit sie so bleiben. Ich möchte mich da eigentlich nicht einmischen, irgendwie ist das sein Bereich. Aber meine Frau, die es hasst, wenn Dinge rumstehen, und den Familienrat einberuft, wenn ein kleinflächiges neues Küchengerät angeschafft werden soll, denkt plötzlich über die Anschaffung einer Kraftstation für den Keller nach. Sie zeigt auf ihre Studien, auf all die positiven Gesundheitswirkungen, vor allem im Alter, und sagt, diese Kraftstation sei eine Investition in unsere Zukunft.

Bis ich die entsprechende Fläche im Keller frei geräumt habe, geht sie einmal die Woche in einen Muskelaufbau-Kurs, den ihre Krankenkasse finanziert. Kurz denke ich über Eigengewichtsübungen nach, wegen des niedrigen logistischen Aufwands, finde dann aber, dass ich vielleicht doch etwas leichter einsteigen sollte, wegen recht hohen Eigengewichts. Ich melde mich im Fitnessstudio an, finde den Kraftraum dort eigentlich ganz angenehm, lasse mir ein paar Übungen zeigen und gehe dann nie wieder hin. Es tut mir leid, ich kann es nicht erklären, ich habe dieses Verhalten in den Neunzigerjahren verinnerlicht, ihr könnt einem alten Hund keine neuen Tricks beibringen.

Meine Frau budgetiert die Anschaffung der Kraftstation, ich werfe die Frage auf, ob sich das wirklich lohnen würde, denn wie lange würden wir die benutzen – bis wir Mitte sechzig sind oder so?

Sie sieht mich an und sagt, nein, also nach ihrer Kenntnis, nach den Studien, sei das für immer, bis ans Ende. Für den Stoffwechsel, den Knochenbau, die Beweglichkeit im Alltag, gegen alles, was krank macht. Muskel ist Leben, sagt sie. Pumpen, bis der Arzt nicht mehr kommt. Ich nicke, das Verstehen sickert ein. Meine Vision fürs Alter war bisher, dass ich wie ein alter Mann in einem portugiesischen Dorf in Anzughose und kurzärmeligem Hemd am Brunnen sitze und ab und zu meinen Gehstock schwenke und dass der Rest mir egal ist. Jetzt muss ich das so visualisieren, dass sich unter dem Hemd dickere Bi- und Trizepse spannen, als ich sie jetzt gerade habe. Dass Altern nichts für Feiglinge ist, wurde mir schon häufiger mitgeteilt, aber ich dachte, es sei wenigstens was für Faulpelze.
(Till Raether ist Journalist und Schriftsteller. © Zeit Wissen 06/2024)

Veröffentlicht am 15. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
15. November 2024