Rolfing – Strukturelle Integration

Lass deinen Körper nicht zum Gefängnis werden.
Erobere deinen Raum und deine Möglichkeiten zurück!

Man kann nicht über den Körper hinausgehen, bevor man ihn nicht befreit hat (Ida Rolf).

„It’s not how deep you go,
it’s how you go deep“ (Ida Rolf)

Die Schüler kommen zum Lehrer und fragen ungeduldig, wann er Ihnen beibringt, wie die Revolution funktioniert.
Der Lehrer: „Wie sitzt ihr?!“

Kurzes Merkblatt übers Rolfing >>> rolfing-merkblatt

 Was ist das?

„Rolfing“ wird nach seiner Begründerin IDA P.ROLF benannt. Sie arbeitete als Biochemikerin am Rockefeller-Institut der Columbia University.

Die Rolfing-Methode will dem Menschen helfen, im Gleichgewicht mit sich selbst und seiner Umgebung zu leben.
Der „Rolfer“/ die „Rolferin“ versucht, das Verhältnis des ganzen Organismus zur Schwerkraft besser zu gestalten und setzt sich als Ziel, den aus der Form geratenen Körper wieder „ins Lot“ zu bringen, um eine bessere Grundlage für die Gesamtpersönlichkeit zu schaffen. Wir lernen, unseren Körper als Ausdruck unserer Person zu erleben.
Rolfing ist eine „Strukturelle Integration“ – mit Betonung auf „Integration“.

Der Rolfer bearbeitet das Bindegewebe, das den Körper umhüllt: Muskelhüllen, Faszien, Sehnen, Bänder, Knochenhaut, Organhüllen und Membranen – die Zeltschnüre des Körpers, wenn man Muskeln als Zeltplanen und Knochen als Zeltstangen betrachtet. Faszien sind zähe Häute aus Bindegewebe, die Knochen, Muskeln und Organe umschliessen und verbinden. Dieses dreidimensionale Netz verleiht dem Körper Zusammenhalt und Form und bestimmt seine Grundstruktur. Faszien tragen zur nötigen Spannung für aufrechtes Stehen und Gehen bei und entlasten so die Muskulatur.

Tensegrity – Konzept der kinetischen Ketten und myofaszialen Verbindungen

„Tensegrity“ bezeichnet ein Bauprinzip der Architektur, das von Richard Buckminster Fuller in den 1960ern begründet wurde. Der Begriff steht für „tensional integrity“. Die Balance von Kompression und Zugspannung wird genutzt, um Strukturen zu bauen. Dies führt dazu, dass sie gleichzeitig leichter und stärker sind. Ein Beispiel für diese Bauweise ist die Kurilpa Bridge in Brisbane, Australien.

Tensegrity-Strukturen kombinieren Flexibilität, Widerstandsfähigkeit und Kraft mit einem Minimum an Energie- und Materialaufwand. Das menschliche muskuloskelettale Netzwerk kann als Paradebeispiel einer „Bio-Tensegrity“- Architektur betrachtet werden. Die körperliche Stabilität beruht nicht auf der Stärke von einzelnen Sehnen und Muskeln, sondern darauf, dass Kräfte durch das körperliche Netzwerk weitergeleitet und verteilt werden.

Copyright Robert Schleip, München

Physiologischerweise wird eine Spannungserhöhung in einer Muskel- Sehneneinheit an die Kette weitergeleitet – unter der Voraussetzung, dass die koordinative und neuronale Steuerung dies ermöglichen und die Weiterleitung nicht durch ungünstige Statik oder myofasziale Dysbalancen behindert wird. Funktioniert dieses Prinzip nicht, kommt es zur lokalen Überlastung.
Häufig findet man dann die grössten Auswirkungen einer Störung in diesem Zugspanungs-Netzwerk diagonal gegenüber (als Beispiel stört eine Blinddarmnarbe im rechten Unterbauch am stärksten im linken Schulter-Bindegewebsbereich).

Fernsehmitschnitt (MDR, 11.11.2010 – Hauptsache gesund) zum Thema Faszien und Rolfing mit faszinierenden Detailaufnahmen aus dem Inneren des Bindegewebes.

Faszinierende Faszien in einer ARTE-Doku: https://youtu.be/-f_Z6qxbhDo

aus DIE ZEIT, Nr. 45/2021

Schwerkraft

Eine besondere Rolle kommt der Schwerkraft zu, unter deren Einfluss wir uns ständig befinden. Faszien verkürzen und verhärten sich unter diesen Einflüssen. Da das Fasziennetz aus einem zusammenhängenden System von Bindegewebehüllen besteht, werden Fehlspannungen von einem Teil des Körpers zu einem anderen übertragen und beeinträchtigen so die Statik des ganzen Körpers. Der Körper gerät aus dem Gleichgewicht, was einen erhöhten  Kraftaufwand für aufrechte Haltung und Bewegung zur Folge hat. Dies führt wiederum oft zu Verspannungen, Ermüdung, vorzeitigen Abnutzungserscheinungen und Schmerzen.
Ida Rolfs grundlegende Erkenntnis war, dass sich das Spannungsmuster der Faszien durch eine ganz bestimmte Form der manuellen Behandlung dauerhaft verändern lässt.
Dabei werden mit präzisem und sensiblem Druck verklebte Bindegewebsschichten gelöst, Verkürzungen im Gewebe gedehnt und verhärtete Stellen geschmeidig gemacht. Im Mittelpunkt steht dabei nicht die Behandlung von Symptomen, sondern die Verbesserung der Statik des gesamten Körpers, maximale Aufrichtung und ökonomische Bewegungsformen (speziell zum Gehen/Laufen).
(Siehe dazu auch das Tonic Function Model von Hubert Godard: hubertgodard.pdf)

Rolfing ist ein wunderbares Konzept zur Gesundheitsförderung. Es konzentriert sich auf die Nutzung von Ressourcen, sodass Symptome wie Schmerzen oder Skoliose in den Hintergrund treten. Stattdessen rücken freie, ökonomische Bewegungen und Haltungen im Alltag in den Vordergrund. Dabei verschwinden die genannten Symptome oft nebenbei und sekundär.

Alltag als Übung

Bewusstseinsschaffung für diese neuen Haltungen und Bewegungen ist ein grosser Teil dieser Körpertherapie. Ökonomie der Bewegung ist das Ziel, Bewegungsintelligenz wird gefördert (>>>hier am Beispiel des Laufens erklärt).

Die Mitarbeit und Verantwortung des Klienten ist absolut gefordert.

Was können Sie im Rolfing gewinnen?

Bewusstheit im Alltag: die alltäglichen Bewegungen und Haltungen stehen bei mir im Zentrum (Stehen, Gehen, Sitzen, Liegen). Die Bewegungsintelligenz kann enorm wachsen.
Andere Kräfte neben der heute so allgegenwärtigen Muskelkraft (sprich Bodybuilding, Kraftraum, Fitness…) kennen lernen und gezielt einsetzen: Schwerkraft und Stützkraft der Erde (Gewicht und Gegenkraft) und die elastische Spannkraft des Bindegewebes, der gedehnten Faszien. Diese Kräfte sind „kostenlos“. Die Bewegung wird dadurch katzenhafter und mit mehr Schwung und Sanftheit federnder und entspannter (siehe dazu auch meine Seite zum Joggen und den Nature-Beitrag zur Galoppbewegung des Pferdes), ökonomischer und intelligenter. Die Bewegungsqualität kommt vom im Westen üblichen anpackenden, fixierten und eingeschränkten „To-do“ zum „Not-to-do“, will heissen: Bewegung, die wie von selbst entsteht, mit Nachlassen der aktiven Spannung, geschmeidig.

„Meditative“ Konzentration auf Gewicht spüren, auf Entspannung zu Beginn der Bewegung (anstatt die üblicherweise muskuläre Kontraktion), auf Dehnung, Verlängerung der Mittellinie, des körperlichen Innenraums (anstatt Verkürzung), also um passive Spannung (im Gegensatz zur aktiven Spannung, die verkürzt und staucht), auf Verbesserung des Gleichgewichts (des Gestütztwerdens, des Offenwerdens der Sinnesorgane Auge, Innenohr und Füsse).

Ein Gefühl für Gleichgewicht bekommen, d.h. vor allem in welcher Richtung mein Gewicht fällt, die Schwerkraft auf meinen Körper wirkt.
Dazu Folgendes: Ich höre in meinen Rolfingsitzungen immer wieder, dass es so  mühsam sei, „immer“ an die neuen Haltungen zu denken…
Ökonomische Alltagsbewegung und –haltungen sind ähnlich einer Meditation: Zuerst beginnt man achtsam bei beiden mit dem Einnehmen der neuen Haltung. Dieser bewusste Übergang braucht einen eigenen Raum und auch etwas Zeit. Nachher kann man nur noch die Früchte ernten und alles wird leichter. Die Bewegung geht wie von selbst, also ökonomisch weiter – und die Sitzposition zum Meditieren wird leicht und ruhig. Man kommt in seinen Flow.

Mit der Zeit (und nach einigen Rolfingsitzungen) fängt Ihr Körper an, gegen unökonomische Bewegungen und Haltungen zu rebellieren. Er fordert von selbst, d.h. durch Empfinden eines neuen, leichteren Körpergefühls, diese neu gelernten, ökonomischen, leichten, schwingenden, federnden, katzenartigen Bewegungen und Haltungen.
Weiterlesen >>> Übergänge-Zwischenräume

Bewegung aus Entspannung und von Innen

Sie lernen im Rolfing eine Bewegung, die durch Muskelentspannung ausgelöst  wird und nicht durch Muskelkontraktion. Dies ist eine katzenartige, geschmeidige Bewegung, die häufig durch unser Eigengewicht, die Schwerkraft startet.
Sie beginnt mit Entspannung.
Dies ergibt eine (Geh-) Bewegung aus den inneren, achsennahen  Muskeln mit ihrem Bindegewebe. Dies ist unser „Core“ oder Kern. Er besteht aus dem dadurch aktivierten und lang gebliebenen Psoasmuskel (Schwingen der Beine hinten weit in den Bauch hinein von den Rippen her) und auch aus dem beim Joggen stets aktiven tiefsten Bauchmuskel Transversus abdominis und den kleinen direkt an der Wirbelsäule gelegenen Multifidi-Muskeln.
Die oberflächlichen Muskeln bleiben dabei entspannt. Diese oberflächlichen Haltemuskeln würden bei Aktivierung viel mehr zu Verspannungen und Verkürzungen neigen. Dies würde dann zu einer Kompression unseres Innenraums führen.
Sie erleben dabei das Gefühl, Ihr Körper laufe von selbst.

Zum „Tao und Zen“ in der Strukturellen Integration und zum Komplementären von Yoga, Tai Chi, etc. siehe mein Blogbeitrag strukturelleintegration.info/2017/05/19/yoga-und-rolfing/

Stabilität durch Länge und aus dem Bindegewebe!

…und nicht aus Muskelkräftigung:
Die Stabilität und gleichzeitig Beweglichkeit unseres Körpers wächst mit der Länge des Gewebes und nicht mit der Stärke der Muskeln (was zur Verkürzung und Steifigkeit führen kann): Sie entsteht also besser aus der elastischen Spannkraft der „Bindegewebshülle“ (Lesen Sie dazu meinen Blogbeitrag über das „Body Stocking“!).

Video über Rolfingarbeit (Astrid Widmer)

Was es nicht ist!

Rolfing ist kein esoterischer Gemischtwarenladen, kein Drive-in-Satori, kein Instant-Yoga, wo man nur hinzuliegen hat, durchgeknetet wird und als neuer Mensch rausgeht. Es ist nicht die Methode, die DIE Veränderung in Ihrem Leben bewirkt (wie viele erwarten). Rolfing ist keine Psychotherapie.

Körperarbeit im allgemeinen oder hier das Rolfing allein führt noch nicht zu Deinem „Wahren Selbst“. Sie kann aber sehr fruchtbar sein, wenn bereits die Voraussetzungen dazu vorhanden sind, aber körperlich-strukturelle Einschränkungen, wie Verpanzerung, Unflexibilität, Ungleichgewicht behindern.
Vor allem nützt sie kaum etwas bei der Selbstfindung, um einen persönlichen Mangel, eine Leere und das Fehlen einer Essenz im Leben zu beheben oder zu verdecken.
Dasselbe kann man über „Energiebefreiung“ durch Rolfing sagen: Wenn man „Buddha-Natur“ erreichen will, ist dies etwas viel Substantielleres und Tieferes als Energie (Chi, Prana, Kundalini, Shakti, Libido, Orgon…). Doch müssen all diese Energien erfahren und befreit sein, wenn jemand in der Lage sein soll, in den Bereich der „Essenz“ zu gelangen. Dazu hilft auch wiederum das Rolfing.

Kurzum: Rolfing ist eine klar strukturell ausgerichtete Körpertherapie, was natürlich nie ausschliesst, dass nicht psychische, psychosoziale, energetische und Selbstfindungs-Dinge Raum haben und auch geschehen…

psychosomatische Aspekte

Wie steht’s? Wie geht’s?
Man fühlt sich belastet.
Jemand ist ein schlaffer Sack.
Man ist aufrichtig.
Man hat keinen Halt mehr.
Man steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden…
Man ist präsent.
Man ist blockiert oder in Bewegung.
Ich gehe dorthin, wo es mich (vom eigenen Körpergewicht) hin zieht.


(Copyright beim Cartoonisten/Illustrator)

Leichtigkeit und Gleichgewicht ergibt Inneren Frieden!


(Copyright beim Cartoonisten/Illustrator)

Lesen Sie mehr über den „Inneren Frieden“ in meinem Blog:
walserblog.ch/2015/10/01/frieden/

Ist das nicht diese furchtbar brutale Körpertherapie?!

Ida Rolf war eine Visionärin, was die Rolle des Bindegewebes (des Fasziennetzes) im menschlichen Körper anbelangt. Sie bezog die Form des Körpers auf das Feld, in dem er sich befindet und dem er unterworfen ist: auf die Schwerkraft. Diese Ida Rolf war keine gute Pädagogin oder positiver ausgedrückt: ein sehr pragmatisch arbeitendes Genie (siehe auch ihr sehr unsystematisches Buch „Rolfing – strukturelle Integration“, Hugendubel) und konnte ihren direkten Schülern nicht deutlich weitergeben, was sie da tat. Diese Rolfer der 1.Generation kopierten deshalb ihren sehr kräftigen Arbeitsstil (man nannte sie auch „Miss elbow“!) ohne genau zu wissen, warum sie das taten.
So wurde dieses frühe Rolfing häufig zur „Widerstandsarbeit“ und der Rolfer zum brutalen „Widerstandsbrecher“.
Heute ist auch der theoretische Hintergrund nachgearbeitet: Man „weiss, was man tut“ und mit dem Widerstand wird sehr sorgfältig umgesprungen, d.h. auch viel sanfter gearbeitet!

„Haltung“ hat nichts mit „Halten“ zu tun!

Die Bewegung entsteht bei der „Tonic Function“ (Hubert Godard) und bei der „Normal Function“ (Hans Flury) – der Idealbewegung des Rolfings – aus den intrinsischen Tiefenmuskeln und ihres Bindegewebes (des sog. „Core“ oder Kerns), was auch andere Konzepte als zentrales Element ihrer Methode betrachten (Spiraldynamik, Pilates, Feldenkrais, Alexander…).

Die Stabilisierung des Körpers geschieht durch Aktivierung dieser Kernstrukturen (Einschub für Mehrdenker: Mein Kollege und Scharfdenker Hans Flury würde hier sofort Einwände anbringen: Für ihn existiert in der Normal Function keine Stabilität, alles fliesst und das macht Angst und damit muss der Mensch leben lernen. Alle „gemachte“ Stabilität ist unökonomisch, verkürzt, staucht…). Dr.med. Hans Flury orientiert sich konsequent an den Eckpfeilern der Strukturellen Integration nach Ida Rolf: die strukturelle Betrachtung des menschlichen Körpers, die Rolle der Schwerkraft und die Plastizität des Bindegewebes. Hubert Godard, der als ehemaliger Tänzer einen breiten Erfahrungshintergrund unterschiedlichster Bewegungsschulen (u.a. Alexander-Technik, Feldenkrais) besitzt, erweiterte die strukturelle Sicht- und Arbeitsweise des Rolf-Movement um neurologische, sozial-psychologische und künstlerische Gesichtspunkte. Er ist Professor für die Erforschung der menschlichen Bewegung an der Universität VII in Paris. Godard eröffnet unserem ursprünglich recht „statischen“ Konzept ganz neue Dimensionen, indem er die Bedeutung der Koordination und der sensorischen Orientierung in die Behandlung des Fasziensystems mit einbezieht.

Normal Function (Flury) Tonic Function (Godard)
Physische Struktur Sensorische Struktur
Elastizität des Bindegewebes Tonische Funktion der Muskulatur
Physikalische Gesetze von Schwerkraft und Stützkraft Hirn-Nerven-Physiologie

(Tabelle aus Hans Georg Brecklinghaus, Atem Bewegung,
Handbuch für Strukturelle Integration, Freiburg 2007
)

Beide Ansätze ergänzen sich sehr gut und können je nach Situation und Klientel sehr spezifisch angewendet und kombiniert werden.

 Eine häufige Haltung in der 1. Welt

Die Abbildung des Mädchens zeigt deutlich die Problembereiche vor der 1.Sitzung: Das Gewicht (oder Lot) fällt insgesamt eher hinter der Mittellinie runter. Die Beine sind überstreckt, das Becken oben nach vorne gekippt. Die Bauchwand drängt vor. Der Brustkorb sackt zusammen und ist insgesamt nach hinten gekippt. Die Vorderseite des Körpers ist kürzer als die Hinterseite. Der Kopf muss mit einer starken Verschiebung nach vorne ausgleichen. Die Atmung ist dadurch sowohl im unteren Rücken, wie auch im oberen Brustkorb eingeschränkt.
Hier gleich eine Bemerkung aus der Praxis: Diese Betrachtungen am stehenden Körper sind mit Vorsicht zu geniessen. Ein wahres Bild einer Grundstruktur eines Menschen sieht man nur in Bewegung, v.a. im Gehen (Unterscheidung von Haltung (muskulär, schnell wechselnd) und Struktur (bindegewebig, nur langsam wechselbar: z.B. durch Rolfing eben…)).

Die Abbildung des Mädchens nach zehn Rolfing-Sitzungen zeigt die Veränderungen im Sinne einer integrierten Struktur. Sie sind in den Umrisszeichnungen durch die eingetragenen Achsen der grossen Körperblöcke verdeutlicht.
Im Idealfall verändert sich die Struktur in einer Serie von zehn Sitzungen hin zu horizontalen Körperebenen. Man würde aber die Integration erst in den (Alltags-)Bewegungen sehen, die geschmeidiger und katzenartig  v.a. mit elastischer Spannung des Bindegewebes und mit der Schwerkraft/Gewicht und nur minimal mit aktiver Muskelkraft ausgeübt werden können.

In der Regel besteht eine Behandlung im Rolfing aus einer Folge von etwa zehn aufeinander aufbauenden Sitzungen.
Die Körperstruktur ist nach einer solchen Serie besser geordnet. Aufrechte Haltung und Bewegung fallen leichter, der Brustkorb kann sich weiter dehnen und erlaubt eine freiere, tiefere Atmung. Fehlbelastungen von Gelenken und belastende Spannungsmuster im Gewebe sind verringert. Oft hat dies die Verminderung oder das Verschwinden von Schmerzen zur Folge. Patienten berichten meist von einem Gefühl der Leichtigkeit und des allgemeinen Wohlbefindens.
Dieses gute Körpergefühl kann sich auch auf die Psyche übertragen. Eine aufrechte und entspannte Haltung wirkt sich oft positiv auf das Selbstbewusstsein aus. „Mit beiden Beinen fest auf dem Boden zu stehen“ gibt vielen Menschen ein Gefühl von Sicherheit und Ausgeglichenheit.

Besser  joggen

Wie läuft’s denn so?!
Gehen Sie Ihrem Jogging-Stil auf den Grund und optimieren Sie Ihr Training Schritt für Schritt. Für optimale Gelenkschonung und begeisternde Lauf-Effizienz gebe ich auch persönliche Tipps während eines Rolfingprozesses.

Empfehlen kann ich auch die Rolferin Astrid Widmer in Zürich, die das Joggen nach derselben „afrikanischen“ Methode lernt: www.rolfingpraxis.ch!

>>> Mehr zur Haltung bei anderen Sportarten und -übungen: www.dr-walser.ch/haltung_im_sport/!

Faszien und Rückenschmerzen

Tatsächlich stehen die Faszien im Verdacht, chronische Schmerzen zu verursachen. Der Grund: Versteift sich das Bindegewebe, drückt es offenbar auf darin liegende Nerven und löst so mitunter qualvolle Pein aus. Kreuzschmerzen etwa sind vermutlich in vielen Fällen nicht auf abgenutzte Bandscheiben zurückzuführen, sondern auf eine versteifte Lendenfaszie.

Wie „trainiere“ ich die Faszien am effektivsten?

Vor allem federnde und schwingende Bewegungen halten Faszien elastisch. Dazu braucht es keine eigentlichen „Übungen“ – die Alltagsbewegung und -haltung sollte federnd und schwingend sein. Im Rolfing lernen Sie auch dies. Geduld ist dabei wichtig: Ein Effekt setzt erst nach mehreren Monaten ein.

Faszien und Nervensystem

Es hat sich gezeigt, dass während der Manipulation des Bindegewebes das (autonome) Nervensystem hochaktiv ist. Robert Schleip hat dies in einer spannenden Übersichtsarbeit zusammengefasst und verweist dabei auf die Präsenz von Mechanorezeptoren im Fasziensystem (v.a auf die interstitiellen Rezeptoren), aber auch auf neu entdeckte fasziale glatte Muskelzellen. Dies könnte die vom Behandler erlebte Faszienplastizität stimmig erklären. Es deutet auch auf einen engen Zusammenhang zwischen Faszien und Vegetativum hin. Faszien als Aussenstellen des autonomen Nervensystems. Jede Manipulation der Faszien ist vor diesem Hintergrund auch eine Einwirkung auf das Vegetativum und jede Veränderung des autonomen Nervensystems kann eine unmittelbare wie langfristige Veränderung im Faszientonus bewirken (www.somatics.de/Osteop_Mediz/Faszien.htm).
Literatur zum Verhältnis von Rolfing zur viszeralen Osteopathie: Peter Schwind, Faszien- und Membrantechnik, 2003, Urban & Fischer, München (www.muenchnergruppe.de).

Sehr lesenswert auch der Artikel von Hans Flury in Osteopathische Medizin (und Interview mit Peter Schwind).

Faszientraining

Neuerdings nennen viele Rolfer ihr Wirken auch „Faszientraining“.
Hier drei Beispiele:

  1. Robert Schleip: „Faszien Fitness“, Riva
  2. und hier auf meiner Website ein PDF-Dokument als Selbstanleitung: www.dr-walser.ch/faszientraining.pdf .
    Dazu nur soviel: Das Wichtigste im Rolfing sollte die Integration unseres Körpers sein – und diese wird durch diese Faszienübungen kaum verbessert. Für meine Ansicht der Dinge sind die Übungen auch zu wenig präzis erklärt, auf was es exakt ankommt, will man wirklich die Faszien in erster Linie trainieren (und nicht vor allem die Muskeln).
  3. Das „Falten gegen die Wand“ von Hans Flury, eine fast schon optimale Übung zum „Faszientraining“: www.dr-walser.ch/falten_gegen_eine_wand.pdf .
    Eine weitere wunderbare alltäglich begleitende Übung kann der „Flight of the Eagle“ sein: Anleitung.

Bewegung aus dem Fasziennetz

Einschub: Raubtiere, Katzen bewegen sich vor allem aus dem Bindegewebe!

Zum Beispiel lassen Katzen sich beim Springen zuerst in das elastische Netz (oder die Feder) ihres Bindegewebes fallen und lassen sich dann spielend, leicht hinauskatapultieren.

Schwung im Galopp durch Katapult-Muskeln

Amüsantes aus Nature 421, 35-36 (2003):
Als Alan Wilson vom Royal Veterinary College in Hatfield vor drei Jahren mit seinen Studenten die Leistung von Pferdemuskeln berechnete, kam die Gruppe zu einem überraschenden Schluss: Bewegen sich Pferde nur mit Muskelkontraktion, scheint ihr Bewegungsapparat für einen Galopp mit einer Geschwindigkeit von über 40 Kilometern pro Stunde zu schwach. Daher suchten die Forscher nach einem weiteren Antriebsmechanismus – und wurden fündig. Pferde können demnach ihre Muskeln und Sehnen wie Gummibänder spannen Anmerkung Thomas Walser: Dies impliziert das alte Knochen/Muskel-Modell des Körpers – Falls Wilson Ida Rolf kennen würde, dächte er vielleicht auch an die elastische Spannkraft des Bindegewebes, des Fasziennetzes!), die gespeicherte Energie schlagartig entladen und diese „Katapulte“ zur Beschleunigung einsetzen.
Für die Untersuchungen liessen die Wissenschafter Pferde auf Kraftmessplatten, die präzise den Druck der Hufe auf den Untergrund messen, traben und filmten die Tiere beim Galopp auf einem Laufband. Aus den so gewonnenen Daten berechneten sie den Bewegungsablauf für ein Vorderbein. Dabei bezogen sie die Winkel aller Gelenke, die Kräfte, die auf Muskeln und Sehnen einwirkten, sowie die Beschleunigung der verschiedenen Teile des Beins in die Rechnung ein. Als die Forscher die Bewegung anschliessend in einem Computer simulierten, entdeckten sie den Katapult-Mechanismus: Während der Vorderhuf des Pferdes aufgesetzt ist und sich der Oberkörper im Schwung über diesen hinweg nach vorne schiebt, werden die Muskeln und Sehnen gedehnt. Die dabei gespeicherte Energie wirft das Bein anschliessend katapultartig nach vorne und macht es damit bereit für den nächsten Schritt. Nur so könnten Pferde die schnelle Schrittfolge bei einem Galopp durchhalten, erklärt Wilson. Die Katapult-Muskeln, die einen hohen Anteil an langfaserigem Kollageneiweiss enthalten, das sich gut dehnen lässt, produzieren laut den Berechnungen der Forscher rund hundertmal mehr Leistung als ein nur über Muskelkontraktionen funktionierender Bewegungsapparat. Auch bei Kamelen und Straussen vermutet das Team einen ähnlichen Mechanismus. Schliesslich hätten alle grossen und langbeinigen Tiere das Problem, dass grosse Muskeln langsamer und weniger effizient sind als kleine, erklärt Wilson.
Selbst der Mensch könnte seine Muskeln und Sehnen als Gummibänder gebrauchen, vermutet er. Auf ihren Kraftmessplatten und Laufbändern schreiten und rennen deshalb – ausser Pferden, Straussen und Kamelen – auch Versuchspersonen. Haben also Katapulte den Weltrekordhalter Tim Montgomery in 9,78 Sekunden über die 100-Meter- Distanz geschleudert? In einigen Jahren sollte die Antwort hierauf bekannt sein, hofft Wilson im Artikel von Nature… Würde er Rolfing kennen, hätte er die Antwort bereits heute zur Hand!

Und dann dasselbe beim Menschen im Jahr 2008:
„Auf den Spuren der Rumpfmuskeln“ erschien im Schweiz.Med.Forum: www.dr-walser.ch/rumpfmuskeln.pdf .
Was mir dabei ins Auge gestochen ist:
„Dabei zeigt sich, dass die Rumpfmuskulatur beim Patienten mit chronischen Rückenschmerzen tendenziell früher aktiviert wird – und nicht verspätet!“
Und dann den Schluss daraus: „Übungen zur Stabilisierung der Wirbelsäule (gemeint ist das Auftrainieren der Mm. obliquus ext., obl.int. und des transversus abdominis – Zitat: „Bei Bewegungen des Rumpfes werden diese Muskeln vorsorglich aktiviert, um der Wirbelsäule zusätzlichen halt zu geben.“) stellen bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen indessen nach wie vor eine sinnvolle therapeutische Intervention dar.“
Man könnte diese Resultate aber auch ganz anders interpretieren. Im Rolfing unterscheidet man ein allgemeines Prinzip der optimalen Bewegung und auch Haltung, eine allgemeine Bedingung wäre besser, und eine kleine Zahl spezieller Bedingungen (die nicht ganz immer eingehalten werden können). Die allgemeine: Jede Bewegung wird durch selektive Reduktion von aktiver Spannung ausgelöst. Allgemein und physikalisch korrekt: Jede Zustandsänderung (Beschleunigen, Bremsen, Richtungsänderung) des Körpers oder eines beliebig kleinen Teils des Körpers wird durch eine Nettokraft bewirkt, die bei selektiver Reduktion von aktiver Spannung in Erscheinung tritt. Diese Nettokraft ist immer die Schwerkraft oder die elastische Kraft gedehnter Faszien oder beides.
Beim optimalen Stehen geben in einer leichten Faltung die gedehnten Faszienschlingen so dem Körper den Halt wie gespannte Gummibänder – und nicht die Rumpfmuskeln (siehe genauer zusammengefasst hier: www.dr-walser.ch/oekonomie_der_bewegung.pdf).

Manchmal muss man die allgemein gültige Ansicht verlassen und das Ganze mit mehr Distanz betrachten. Es geht dabei aber ein Bruch auf (nach Bachelard: siehe dazu mein Gespräch mit dem Hans Flury: www.dr-walser.ch/hansflury/!), der für uns Wissen-schafter schwer zu ertragen ist.

Weitere Körperarbeit als Ergänzung

Man kann überspitzt sagen, dass wir durch dieses Intrinsisch-Werden der Bewegung, durch die Aktivierung der Kernstrukturen und durch die Verbesserung des Gleichgewichtes in der „Normal Function“ des Rolfings  „kostenfrei“ auch die spiralige Verschraubung der Körperstruktur erreichen, die im Konzept der Spiraldynamik angestrebt wird.
Sie ist eine wunderbare Ergänzung zum Rolfingprozess: Stabilität und Flexibilität kann dadurch noch zunehmen.
Umgekehrt profitiert die Spiraldynamik durchs Rolfing in besserem Gleichgewicht und in der Verlagerung auf die intrinsische Bewegung.

Dies kann man auch über sehr gut angeleitetes Pilates, Feldenkrais und die Alexandertechnik behaupten.

Die hoch besungene „Stärkung“ dieser Rumpfstabilisatoren (Tiefenmuskeln) erreicht man übrigens frank und frei mit gut ausgeführtem Joggen – oder auch mit Wandern/Gehen/Flanieren oder (fischähnlich gutem) Crawlen!

Yoga, Tai Chi, … als Ergänzung

Dazu Lesen Sie mehr in meinem Blogbeitrag strukturelleintegration.info/2017/05/19/yoga-und-rolfing/.

Myofasziale Triggerpunkttherapie als Ergänzung

Seit den grundlegenden Arbeiten von Travell und Simons („Myofascial Pain and Dysfunction“, Williams & Wilkins, Baltimore, 1983/92) existiert ein neues Paradigma der Schmerzmedizin: Viele Bewegungsapparat-Schmerzen haben ihren Ursprung in der Muskulatur. Durch Überlastung oder Überdehnung können in einem Muskel Zonen unbeweglicher Zellen entstehen, die schlecht durchblutet und daher schmerzhaft werden. Diese erkrankten Muskelstellen lassen sich tasten:
Hartspannstränge mit empfindlichen Stellen (sog. Triggerpoints). Dort lässt sich ein Schmerz provozieren, der oft in andere Körperregionen ausstrahlen kann (sog. Referred pain). Durch geeigneten manuellen Druck und Dehnung dieser Triggerpunkte, zusammen mit Faszientechnik, passiver und aktiver Dehnung des ganzen Muskels lässt sich der Schmerz und zusammenhängende vegetative und neurologische Symptome auch nach langer Zeit wieder beseitigen.
Damit können häufig auch unklare Schmerzzustände (wie chronische Kopfschmerzen, Zustände nach Schleudertrauma, chronische Prostatitis und andere Beckenschmerzen (auch Dysmenorrhoe), Gesichtsschmerzen (auch Kieferschmerzen oder Glossitis), Karpaltunnelsyndrom,
Tennis- oder Golfer-Ellbogen, chronische Achillessehnenschmerzen, etc. gelöst werden. Es ist aber sehr wichtig, dass man durch diese lokale Therapie die Gesamtintegration des Körpers nicht stört, d.h. es erfordert auch eine Kombination von lokaler Arbeit mit der strukturellen Integration (Rolfing!). Diese Technik, die neben dem Bindegewebe (im Rolfing) auch den Muskel einbezieht und damit ergänzend wirkt, habe ich im IMTT gelernt (www.imtt.ch).

Beispiel einer Schmerzausstrahlung (hier aus Triggerpunkten der Scalenimuskel):

Evidenz / Forschung:

    • Forschung im Bereich der künstlichen Intelligenz, Embodiment und in Biorobotik (v.a. durch das Team von Prof.Dr. Rolf Pfeifer, Universität Zürich, Dep. of Informatics: www.ifi.unizh.ch/ailab/ – sehr spannend sein Buch „How the Body Shapes the Way We Think, a New View of Intelligence“) ergaben sehr ökonomische und menschliche Bewegungen von einfachsten Robotern mit den Rolfing-Prinzipien der Bewegung. Im Gegensatz dazu laufen die kompliziert Hirn-gesteuerten Roboter, z.B. von Sony, völlig unnatürlich und mit enormen Energieverbrauch.
    • Rückenschmerzen und keine Ende?
      Führt das Wuchten des Kühlschranks beim Umzug zwangsläufig zu Rückenschmerzen? Ist Bettruhe bei Beschwerden im Kreuz wirklich die beste Therapie? Und sind Röntgenaufnahmen und bildgebende Verfahren die Ultima ratio aller Diagnostik? Maurits W. van Tulder vom Vrije University Medical Centre in Amsterdam ist daran gelegen, einige verbreitete Mythen und Halbwahrheiten zu korrigieren, die sich um Rückenschmerzen ranken (M.W. van Tulder, Schwerpunkt: Rückenschmerz: Die Behandlung von Rückenschmerzen Mythen und Fakten, Der Schmerz 6/2001).
      Er berichtet, dass nur sehr wenige der herkömmlichen Therapieansätze wirklich halten, was sie versprechen. So konnte nachgewiesen werden, dass Bettruhe, Physiotherapie (Krankengymnastik) und Übungstherapie bei akuten Schmerzen wirkungslos bleiben. Dies gilt übrigens auch für Akupunktur. Bei chronischen Verläufen ist eine Intervention mit Antidepressiva und Akupunktur ebenfalls unwirksam.
      Also Schmerzen und kein Ende? Als gesichert gilt, dass die Behandlung akuter Rückenschmerzen mit entzündungshemmenden und entspannungsfördernden Medikamenten den Krankheitsverlauf verkürzen und chronische Verläufe verhindern hilft. Trotz aller Beschwerden sollte auf Bewegung nicht verzichtet werden – vor allem bei chronischen Schmerzen sollte der Behandlungsschwerpunkt auf aktiven Übungen liegen. Auch verhaltenstherapeutische Anwendungen und gemischte Behandlungsprogramme (Chirotherapie/manuelle Eingriffe, wie Rolfing oder Triggerpunkttherapien in Kombination mit Rückenschulung/Haltungs- und Bewegungsverbessernde Massnahmen (wie ich dies z.B. in meine Rolfingsitzungen integriere) erwiesen sich als zielführend.
    • Laufen oder joggen fördert die menschliche Evolution – Forscher überprüften, welche charakteristischen Merkmale das Laufen ermöglicht hatten. Dazu gehörte die Entwicklung von langen, federartig arbeitenden Sehnen ( > Bindegewebsfaszien als Ausläufer ), die besonders Energie sparend sind. Muskeln sorgen dann für die Stabilisierung des Körpers beim Laufen (D.M.Bramble, D.E.Liebrman, Endurance running and the evolution of Homo; Nature 432,345-352, 18 Nov 2004).
    • Integrative Programme gegen chronische Rückenschmerzen, die Arbeitsplatzinterventionen (Ergonomie, Alltagshaltungen), kognitive Elemente und direkte Arbeit am Patienten beinhalten, sind viel effektiver als die Arbeit am Patienten allein: siehe hier: wonca-bmj-340.htm
      Auch bei Nackenschmerzen nachgewiesen: Bei hartnäckigen Nackenschmerzen sollte man nicht gleich zu Schmerzmitteln greifen. Besser sind Übungen, die man bis zu achtmal täglich macht. Auch Wirbelsäulen- Manipulation durch eine Fachperson, etwa einen Physiotherapeuten, half besser als Medikamente.
      Das zeigt eine Studie der Northwestern Health Sciences University in Bloomington (USA) mit fast 300 Teilnehmern (Annals of Internal Medicine, 2012 Jan 3;156(1 Pt 1):1-10).
    • Evid Based Complementary Altern Med. 2014 Jul 2. pii: 2156587214540466: Gait Changes Following Myofascial Structural Integration (Rolfing) observed in children with Cerebral Palsy. Hansen AB et al.
      Abstract: Children with spastic cerebral palsy experience difficulty with ambulante ation. Structural changes in muscle and fascia may play a role in abnormal gait. Myofascial structural integration (Rolfing) is a manual therapy that manipulates muscle and soft tissues to loosen fascia layers, reposition muscles, and facilitate alignment. This study aimed to document gait characteristics of 2 children with cerebral palsy and (2) effects of myofascial structural integration on their gait. Children received 3 months of weekly therapy sessions by an experienced practitioner. Gait parameters were recorded at baseline and after treatment using an electronic walkway. Children with cerebral palsy demonstrated abnormal velocity and cadence, decreased step length and single support times, and increased double support time. After treatment, both children demonstrated improvement for 3 months in cadence and double support time. The objective gait analyses demonstrated temporary improvements after myofascial structural integration in children with spastic cerebral palsy. © The Author(s)
    • Front Pediatr. 2015 Sep 10;3:74. doi: 10.3389/fped.2015.00074. eCollection 2015. Myofascial Structural Integration Therapy on Gross Motor Function and Gait of Young Children with Spastic Cerebral Palsy: A Randomized Controlled . Loi EC et al.
      Abstract: Though the cause of motor abnormalities incerebral palsy is injury to the brain, structural changes in muscle and fascia may add to stiffness and reduced function. This study examined whether myofascial structural integration therapy, a complementary treatment that manipulates muscle and fascia, would improve gross motor function and gait in children <4 years with cerebral palsy. Participants (N = 29) were enrolled in a randomized controlled trial (NCT01815814) or Open Label Extension. The main outcome was the Gross Motor Function Measure-66 assessed at 3-month intervals. Gait (n = 8) was assessed using the GAITRite(®) electronic walkway. Parents completed a survey at study conclusion. Comparing Treatment (n = 15) and Waitlist-Control groups (n = 9), we found a significant main effect of time but no effect of group or time × group interaction. The pooled sample (n = 27) showed a main effect of time, but no significantly greater change after treatment than between other assessments. Foot length on the affected side increased significantly after treatment, likely indicating improvement in the children’s ability to approach a heel strike. Parent surveys indicated satisfaction and improvements in the children’s quality of movement. MSI did not increase the rate of motor skill development, but was associated with improvement in gait quality.
      PMID: 26442234 [PubMed]
    • J Phys Ther Sci. 2017 Jun;29(6):1010-1013. doi: 10.1589/jpts.29.1010. Epub 2017 Jun 7.
      Influence of structural integration and fascial fitness on body image and the perception of back pain. Baur H et al.
      Department Sport Science, University Innsbruck, Austria.

      Abstract: [Purpose] The aim of this study was to examine the influence of Structural Integration and Fascial Fitness, a new form of physical exercise, on body image and the perception of back pain. [Subjects and Methods] In total, 33 participants with non-specific back pain were split into two groups and performed three sessions of Structural Integration or Fascial Fitness within a 3-week period. Before and after the interventions, perception of back pain and body image were evaluated using standardized questionnaires. [Results] Structural Integration significantly decreased non-specified back pain and improved both „negative body image“ and „vital body dynamics“. Fascial Fitness led to a significant improvement on the „negative body image“ subscale. Benefits of Structural Integration did not significantly vary in magnitude from those for fascial fitness. [Conclusion] Both Structural Integration and Fascial Fitness can lead to a more positive body image after only three sessions. Moreover, the therapeutic technique of Structural Integration can reduce back pain.
      PMCID: PMC5468186 Free PMC Article
    • Wilczyński J, Habik Tatarowska N, Mierzwa Molenda M. Deficits of Sensory Integration and Balance as Well as Scoliotic Changes in Young Schoolgirls. Sensors (Basel). 2023 Jan 19;23(3):1172. doi: 10.3390/s23031172. PMID: 36772216; PMCID: PMC9919114.
      Abstract:
      The aim of this study was to assess the relationship between sensory integration and balance deficits as well as scoliotic changes in young schoolgirls. The study comprised 54 girls aged 11 years with scoliotic changes. The Clinical Test of Sensory Integration and Balance of the Biodex Balance System platform were used to analyze the deficits in sensory integration and balance. Scoliotic changes were assessed using the Diers Formetric III 4D optoelectronic method. In the present study, there was a significant relationship between sensory integration and balance deficits as well as spine curvature angle (°) (p = 0.01), vertebral surface rotation (°) (p = 0.03), pelvic tilt (°) (p = 0.02), and lateral deviation (mm) (p = 0.04). The integration of the sensory systems has a positive effect on the structure of the intended and controlled movement as well as body posture and the development of the spine. In the treatment of scoliotic changes, one should also consider exercises that improve sensory integration as well as position and balance reactions.
      https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9919114/
    • J Clin Med. 2022 Oct 5;11(19):5878. doi: 10.3390/jcm11195878.
      Influence of Rolfing Structural Integration on Active Range of Motion: A Retrospective Cohort Study, Andreas Brandl et al.

      Abstract:

      Background: Recent work has investigated significant force transmission between the components of myofascial chains. Misalignments in the body due to fascial thickening and shortening can therefore lead to complex compensatory patterns. For the treatment of such nonlinear cause-effect pathology, comprehensive neuromusculoskeletal therapy such as the Rolf Method of Structural Integration (SI) could be targeted.
      Methods: A total of 727 subjects were retrospectively screened from the medical records of an SI practice over a 23-year period. A total of 383 subjects who had completed 10 basic SI sessions met eligibility criteria and were assessed for active range of motion (AROM) of the shoulder and hip before and after SI treatment.
      Results: Shoulder flexion, external and internal rotation, and hip flexion improved significantly (all p &lt; 0.0001) after 10 SI sessions. Left shoulder flexion and external rotation of both shoulders increased more in men than in women (p &lt; 0.0001) but were not affected by age.
      Conclusions: An SI intervention could produce multiple changes in the components of myofascial chains that could help maintain upright posture in humans and reduce inadequate compensatory patterns. SI may also affect differently the outcome of some AROM parameters in women and men.


    • www.rolfing.ch/faszienforschung/

 Weitere Links

26minütiges Video von Mathias Avigdor, Rolfer in der Westschweiz  – u.a. auch Interview mit Hubert Godard: rolfing: 26 minütige Präsentation auf Deutsch

Schweizerisches Rolf-Institut: www.rolfing.ch
Europäisches Rolf-Institut: www.rolfing.org
Internationales Rolf Institute in Boulder: www.rolf.org

Einige Punkte der strukturellen Bewegungslehre (Normal Function von Flury) und das Tonic Function Model von Hubert Godard.

Die Laufhaltung als Beispiel einer ökonomischen Bewegung.

Zur Haltung bei anderen Sportarten und Körperübungen lesen Sie hier mehr: www.dr-walser.ch/haltung_im_sport/!

Und hier ein Gespräch mit Hans Flury über Theorie und Praxis des Rolfings.

Und hier noch von Wolf Wagner (auf englisch) eine Einführung der wichtigsten Fragen, die die Theorie der „Strukturellen Integration“ absteckt!

Und auf meiner Website über das Gleichgewicht und über den Rundrücken – und in meinem Blog u.A. über das Tao und Zen im Rolfing oder über den „schönen flachen Bauch“.
Zur Achtsamkeit im Alltag (in der alltäglichen Bewegung und Haltung).

Video über meine Rolfingkollegin Astrid Widmer bei der Arbeit

Literatur:

Ein sehr gutes Übungsbuch der „Normal Function“, d.h. ökonomischen Alltagsbewegung: Die neue Leichtigkeit des Körpers, Dr.med.H.Flury, Rolfer und Arzt (PDF hier).

Hubert Ritter: „Rolfing – Strukturelle Integration“,
München 2012, ISBN: 978-3-9812781-1-8

Faszien als sensorisches und emotionales Organ – Faszien als Sinnesorgan von Robert Schleip, Katja Bartsch

Sammlungen von Rolfing-spezifischen Arbeiten im Internet:
rolf.org/
pedroprado.com.br/
resourcesinmovement.com/articles-archive/

Veröffentlicht am 26.06.2017 von Dr.med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
19. April 2024

Beckenboden

Beckenboden und aufrechte Haltung

Auf dem wunderbaren Bild der graziös schreitenden Afrikanerin sieht man schön, wie der Hauptteil des Beckenbodens bei ihr hinter dem Körperlot zu liegen kommt! So muss kein Gewicht von inneren Organen (Gebärmutter, Darm, Blase) bei jedem Schritt vom BB gehalten werden und er kann voll entspannt bleiben. Dagegen muss ein BB, der mehrheitlich unter oder vor dem Lot liegt, ständig kontrahieren. Dies lässt den BB immer mehr verkürzen und später auch schwächen.
Beim BB ist also Entspannung durch ein Becken hinter dem Lot günstig und nicht die vordere Lage genau unter dem ganzen Bauchorgangewicht.

Körperhaltung in der Schwangerschaft

Daraus kann man natürlich auch schliessen, dass speziell in der Schwangerschaft, wo der Bauchinhalt durch den Embryo noch viel schwerer wiegt und stärker auf den Beckenboden aufliegt, ein Becken, das weit hinter dem Lot liegt, sehr günstig und ökonomisch ist! Dies übrigens nicht nur im Stehen und Gehen, sondern auch beim Sitzen, Bücken, etc..

Auf der untenstehenden Foto ist das Körperlot, resp. die Hauptachse des Bauchinhaltgewichts mit einem schwarzen Pfeil gekennzeichnet und die Beckengürtel- und Schultergürtelachse mit einem roten Punkt.

Wir haben immer noch den Oberkörper und das Becken der Vierbeiner, will heissen, dass die Strebe (die Achse – also hier die Wirbelsäule) im Thorax hinten geblieben ist und nicht (wie bei allen Lebewesen, die lange Zeit schon aurecht waren) in die Mitte kam. Dies ist auch beim Menschen im Hals mit der Halswirbelsäule bereits geschehen ist. Sie liegt bereits in der Mitte des Halses.
So hängen und beschweren unsere inneren Organe unsere (weichen und schwachen) Horizontalebenen (Thoraxeingang, Zwerchfell und Beckenboden) und werden kaum (mehr) von der Wirbelsäule und der Rückwand getragen.  Man könnte auch sagen, dass wir noch zu wenig lang aufrecht stehen und gehen und deshalb unser (Ober-) Körper diese Entwicklung noch nicht ganz mitgemacht hat.

Das können wir mit einer leichten Faltbewegung im Becken/Hüftgelenk wieder etwas ausgleichen! Diese optimale Haltung habe ich hier auf meiner Website genauer beschrieben.

Wir besitzen übrigens auch noch das Becken der Vierbeiner mit einem Hüftgelenk, das nur nach vorne falten kann und hinten sehr viel mehr Gewebe besitzt als vorne. So ist es nur natürlich, dass das Becken eher hinten ist und ohne Muskelspannung in den „Gummibändern“ des vielen Bindegewebes (elastische Spannkraft!) des Po ruht.

Beckenboden im Sitzen

Eine Voraussetzung zur guten „Stärkung“ des Beckenbodens wird meist vergessen: Der Beckenboden muss unbedingt immer auch alltäglich passiv weit gespannt sein – sonst wird er meist durch das (ach so beliebte) aktive Beckenbodentraining auch verkürzt und zieht die Schambeinäste zwischen denen er wie ein Trommelfell ausgespannt ist enger zusammen, was zu vielen Beschwerden führen kann (engere Verhältnisse für Enddarm, Harnröhre und Scheide).

(Copyright bei Frau B. Bexte)

Wie erreicht man eine passive Spannung im Beckenboden und damit weite anatomische Verhältnisse, die erst ein gutes aktives Beckenbodentraining ermöglichen? Durch eine „gute“ Sitzhaltung!
Setzen Sie die Füsse (am besten barfuss und gut gegen den Boden geöffnet) etwas auseinander auf den Boden, parallel zueinander (d.h. Fussspitzen leicht gegen innen). So fallen die Knie nach innen – und so gehen die Sitzbeine und die Schambeinäste auseinander – das Becken bekommt unten und hinten mehr Platz, der Beckenboden wird passiv gespannt – das Becken ist eine entspannte Schüssel mit flachem Boden. Nehmen Sie das Gesäss nach hinten, so dass Sie vor Ihre Sitzbeinhöcker zum sitzen kommen. Man hat ein leichtes und lockeres Hohlkreuz (ev. kleines Kissen dort hinein), das Gewicht des ganzen Oberkörpers kann in das Becken abgegeben werden. Der hinterste Teil des Beckenbodens, der Ischio-Coccygeus-Muskel zwischen Steissbein und Sitzbeinhöcker ist dabei völlig entspannt und bleibt es auch während all den untenstehenden Übungen!
Das Brustbein schwebt hoch und vorne (nicht hochziehen) und die Schultern hängen frei (und sind nicht nach hinten gezogen). Der Kopf sitzt locker und frei wie eine Boje oben auf der Mittelachse der Halswirbelsäule (geht durchs Ohrloch). Diese Sitzhaltung können Sie so oft einnehmen, wie es geht. Sie sollte (übrigens auch für einen Mann mit Prostatabeschwerden – oder z.B. auch Menschen mit rezidivierenden Ilio-Sacral-Gelenk-Blockaden) zur Normalhaltung werden.

Vaginismus bei Frauen kann auch über Entspannung des Beckenbodens gebessert werden. Hierzu ein eindrücklicher Bericht (in englisch) einer Frau die Schmerzen beim Sex hatte. Nicht „nur“ beim ersten Mal, was ja angeblich normal sein soll (aber angezweifelt werden darf), sondern geschlagene fünf Jahre lang. Fünf Jahre schmerzhafter Sex unter Alkohol und mit vorgetäuschten Orgasmen, weil sie unter Vaginismus litt, einer unwillkürlichen Verkrampfung der Vagina, die Sex zu einer Erfahrung macht, wie der Schmerz von tausend kleinen Messerstichen – bis sie selbst nach Behandlungsmöglichkeiten suchte.

Veröffentlicht am 17. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
20. September 2018

Gleichgewicht

Das (strukturelle) Gleichgewicht des menschlichen Körpers

Definitionsannäherungen

Gleichgewicht ist der Zustand eines Körpers, in dem sich alle angreifenden, aus Bewegung, Trägheit, Reibung und externen Einflüssen resultierenden Kräfte beziehungsweise Drehmomente gegenseitig aufheben und die Summe aller wirkenden Kräfte Null ist.
Auf den menschlichen Körper übersetzt heisst das: Die Kräfte, die von aussen auf uns wirken (Schwerkraft und Normalkraft) sind „im Gleichgewicht“ mit den Kräften, die in uns wirken (Muskelkraft, Elastische Spannkraft des Bindegewebes, Turgor = Innendruck unserer Säfte).
In statischen Haltungen, wie Stehen und Sitzen befinden wir uns in einem labilen Gleichgewicht: Es ist ein dynamisches Kreisen um einen Nullpunkt. Am besten macht man auch daraus eine feine Bewegung, also z.B. im Stehen ein leichtes Hin- und Herfalten in der Zickzacklinie. Auch unsere Sitzstellung sollten wir immer wieder mal verändern.
Gleichgewicht ist also in der Bewegung leichter zu finden.

Was ist nun das Neue in der „Normal Function“  (NF) im Rolfing?

Dazu Hans Flury (ausführlicher in meinem Interview mit ihm):
„Wie entsteht Bewegung?“ Dafür braucht es eine Kraft, und aus Erfahrung (!) sagt dann jeder, dass Muskeln arbeiten müssen.
Bei einem ruhenden Körper oder einem, der sich gleichmässig und gradlinig bewegt sind alle Kräfte im Gleichgewicht und neutralisieren sich. Die richtige Antwort lautet also: das Gleichgewicht der Kräfte muss gestört werden. Dann taucht eine Nettokraft (schönes Wort!) auf, die bewegt. Wir können das Gleichgewicht der Kräfte nur über die Muskeln stören, vom ökonomischen Gesichtspunkt aus aber auf zwei entgegengesetzte Weisen: wir erhöhen aktive Spannung, oder wir vermindern sie. Im ersten Fall verbrauchen wir mehr Energie, im zweiten sparen wir Energie ein. Damit war das Prinzip von NF formuliert und die „Nettokräfte“, die Bewegung auslösen oder verändern, sind zudem immer die Schwerkraft oder die elastische Kraft der Faszien oder beide. Das passt dann sehr schön dazu, dass dies die „zwei fruchtbaren Ideen“ sind, die Ida Rolf in die Betrachtung des Körpers einbrachte.
Das Gleichgewicht hat also auch etwas mit (maximaler) Ökonomie zu tun.
Die Ausarbeitung der speziellen Bedingungen war bei dieser Ausgangslage dann relativ einfach.

Es existieren gewisse Regeln (hier anhand des Menschen in Bewegung erklärt):
Die (maximale) Ökonomie der Bewegung – eine allgemeine Bedingung (oder Prinzip) und 3 Merkmale als Folge davon:
(Grundlage der strukturellen Bewegungslehre – u.a. in der Strukturellen Integration nach Ida Rolf)

Die allgemeine Bedingung oder das allgemeine Prinzip:
Jede Bewegung wird durch selektive Reduktion von aktiver Spannung ausgelöst.

  1. Bewegung wird durch Muskelentspannung ausgelöst statt durch Muskelkontraktion.
    Dass Agonisten „ökonomisch“ bewegen können, sollten auch die Antagonisten zuerst loslassen (When flexors flex, extensors extend.)
    >>> Gewicht spüren (Schwerkraft).
    .
  2. Zu Beginn einer Bewegung wird die Mittellinie (der Innenraum des Körpers) länger statt kürzer.
    >>> Dehnung spüren (Elastische Spann- oder Federkraft gedehnter Faszien – statt Stauchung).
    .
  3. Das Gleichgewicht (balance und support) wird in der Bewegung besser statt schlechter.
    >>> Gestütztwerden spüren (Stützkraft der Erde: „Sich setzen“ wie eine vorsichtig hingestellte Einkaufstasche).

Also: „Gratiskräfte“ benützen: Schwerkraft und Stützkraft  oder Normalkraft der Erde, elastische Spannkraft des Bindegewebes und nicht primär und nur minimal die Muskelkraft und wenn, dann v.a. die intrinsischen, tiefen, achsennahen Kernmuskeln. Zuviel Muskelarbeit („active tension“) staucht und verkürzt (tonische Anteile). Ökonomische Bewegung ist ruhig, schwingend und geschmeidig (katzenartig).

Die Stabilität und gleichzeitig Beweglichkeit unseres Körpers wächst mit der Länge des Gewebes und nicht mit der Stärke der Muskeln (was zur Verkürzung und Steifigkeit führen kann): Sie entsteht also besser aus der elastischen Spannkraft der „Bindegewebshülle“ (Lesen Sie dazu meinen Blogbeitrag über das „Body Stocking“!).

Einschub: Raubtiere, Katzen bewegen sich vor allem aus dem Bindegewebe!

Zum Beispiel lassen Katzen sich beim Springen zuerst in das elastische Netz (oder die Feder) ihres Bindegewebes fallen und lassen sich dann spielend, leicht hinauskatapultieren >>> schön sichtbar auf diesem Youtube-Video:

Es resultieren drei Eigenschaften des Gleichgewichts:

  1. Tiefenaktivität oder Kernstabilisierung und Oberflächenentspannung
    – auch Stabilität durch Länge und aus dem Bindegewebe (siehe „Body Stocking“!)
    Es ist für unser Gleichgewicht förderlich, wenn tiefe Strukturen in unserem Körper aktiv werden und die Stabilisierung übernehmen und oberflächlich gelegene sich entspannen können. Diese tiefen Strukturen nennt man auch „tiefe Rumpfstabilisatoren“, „lokale Muskeln“ oder „Core“ (Psoasmuskel, Beckenboden = M. Pubococcygeus, M. Transversus abdominis, Mm. Multifidi und Mm. Rotatores, M. Serratus, M. Longus colli,…).
    Siehe dazu auch „Die Segmentale Stabilisation“!
    Jede optimal ausgeführte Alltagsbewegung und -haltung beginnt mit der Aktivierung des sog. lokalen Systems, also der tiefen Rumpfstabilisatoren. Erst wenn diese aktiv sind, können die globalen, oberflächlichen Hüllmuskeln ökonomisch und entspannt arbeiten!
    .
  2. Hüftgelenksaktivität oder „Hüftachse hinter dem Lot“
    Für das Gleichgewicht ist es wichtig, dass das Hüftgelenk  primär benützt wird und aktiv wird (dies im Vergleich zum Knie, welches häufig bei uns schon sprachlich im Vordergrund steht: „in die Knie gehen“, „Kniebeuge“…).
    Als schönes Beispiel hierfür gilt die „halbe Hocke“, die vor allem aus den Hüftgelenken kommt. Mit ihr kann man wunderbar entspannt (ein grösseres und auch kleineres) Gewicht heben.Dann die Federung aus der Hüfte beim Gehen (Hüftachse hinter Schulterachse) – oder die leichte Faltung beim Stehen, etc..
    Zu optimalem Stehen und Gehen im Gleichgewicht lesen Sie in Kurzform hier (und mit mehr Anspruch hier: „Ökonomie der Bewegung“).
    .
  3. lange Mittellinie mit vorne konvexer Form
    Förderlich für die zwei obigen Qualitäten und das Gleichgewicht ist dann eine lange Mittel- und Frontallinie des Rumpfs (von Kinn bis Schambein), was auch ein langer Innenraum des Oberkörpers bewirkt, den man immer durch eine vorne konvexe Mittellinie erreicht (also durch ein senkrechtes Brustbein und ein Schambein, das hinter dem Lot liegt: Schultergürtel und Kopf können ruhig auf diesem Rumpf balancieren).
    Man weiss auch aus Studien, dass die Wirbelsäule aufrichtenden Mm. Multifidi erst aktiv werden können, wenn sich die Mittellinie des Rumpfs in der vorne konvexen Form befindet. Beim Rundrücken (hinten konvex – Becken vor Lot) sind sie inaktiv!

Diese drei Regeln oder Merkmale bedingen und fördern sich gegenseitig.

Einschub: Wir besitzen noch den Oberkörper der Vierbeiner mit all seinen Nachteilen, weil wir aufrecht stehen!

Wir Menschen neigen im Leben zur steten Verkürzung im Oberkörper an der Vorderseite und entwickeln im Alter häufig einen Rundrücken, da wir noch immer den Oberkörper eines Vierbeiners besitzen. Diese haben sinnvollerweise die Hinterwand des horizontalen Oberkörpers verstärkt (Wirbelsäule und starker Rippenkasten hinten), da dort dann all seine Organe aufgehängt sind.

Ein Körperteil, der lange Zeit aufrecht ist, verstärkt sein Gleichgewicht mit einem zentralen Pfeiler. Wir sind noch zu wenig lang auf zwei Beinen – und deshalb liegt unsere Wirbelsäule im Brust- und Bauchraum noch immer hinten (als viel ökonomischer in der Mitte – was im Hals übrigens bereits geschehen ist, da die Hälse bereits im Tierreich immer aufrecht sind).
Bei uns Zweibeiner wird deshalb die Vorderseite und – verheerender – der ganze Innenraum im Bauch und Brustraum gestaucht (viele Hohlräume, Luft und Wasser!). Damit wird u.a. unsere Bauchwand nach aussen gedrückt und muss ständig durch eine angespannte äussere Bauchwand gehalten werden, was wiederum unsere Vorderseite massiv verkürzt! Ein „Kampf“ im Teufelskreis, der immer verloren geht und im unansehnlichen Spitzbauch endet.
Deshalb kann ein schöner, wohl geformter, flacher Bauch nur erreicht werden, wenn vor allem der Rektus-Bauchmuskel entspannt und lang bleiben kann: siehe dazu mein spezieller Blogbeitrag.

Auf dieser Abbildung sieht man links eine normal geschwungene Wirbelsäule und rechts eine Hyperkyphose der Brustwirbelsäule. Bei diesem Rundrücken rechts fehlen alle drei obigen Kriterien eines Gleichgewichts!

Sehr verkürzt und prägnant könnte man sagen: Bei einem Becken, das etwas hinter dem Lot liegt und der Kopf obendrauf balanciert, sind die wichtigen, tiefen Core-Muskeln aktiv. Beim Becken vor dem Lot, welches auch einen Kopf, der nach vorne hängt, verursacht, sind diese tiefen Rumpfstabilisatoren inaktiv – und der ganze Oberkörper, inklusive Wirbelsäule sind gestaucht und verkürzt!

Prüfen, ob man im Gleichgewicht ist:

Wie kann ich prüfen, ob ich mich im Gleichgewicht befinde?

  1. globale Anzeichen sind
    – Gefühl der inneren Aufrichtung ohne Anstrengung.
    – viel Innenraum im Rumpf: tiefere Atmung möglich, Energie fliesst ungehindert von den Beinen bis in den Kopf.
    – wache Sinne (Augen, Ohren, Sensibilität in Fusssohlen, aber auch im übrigen Körper).
    – allgemein belebter, sehr wach und präsent.
    – „in seinem Zentrum ruhen“
    – „leichter sein, sich leichter bewegen“
    .
  2. Im Stehen ist der Schwerpunkt in mir und über den Füssen. Das Gewicht spüre ich in der ganzen Fusssohle gleichmässig verteilt (hinten + vorne + aussen + innen).
    Das Becken befindet sich unter dem Schultergürtel oder dahinter (Hüftgelenksaktivität). Die oberflächlichen Muskeln vor allem des Oberkörpers sind entspannt – auch die Kiefermuskeln, der Nacken und die Zunge – und auch die Füsse (Tiefenaktivität).
    Siehe auch „Normal Stance“ auf Seite 2 der „Ökonomie der Bewegung“:
    1. Füsse beckenbreit und parallel, Sohlen entspannt, Boden spüren.
    2. Gewicht innen & vorne auf dem Fuss
    3. Knie leicht nach innen
    4. Becken wie Schublade nach hinten gleiten lassen.
    Schambein hängt zwischen den Beinen.
    Becken ist hinter der Mittellinie.
    5. Bauch, Gesäss und Hüfte sind locker.
    6. Brustbein schwebt hoch und vorne. (NICHT hochziehen. Wie drittes Auge dort, das auch gerade nach vorne blicken kann.)
    7. Schultern hängen frei, sind nicht nach hinten gezogen.
    8. Kopf sitzt frei oben drauf – wie Boje. Blick nicht fixiert, sondern offen. Auch Ohren offen und wach.
    VON UNTEN BEGINNEN!
    Das Gleichgewicht im Stehen ist labil – machen Sie durch feine Bewegungen etwas Dynamisches daraus.
    Testen Sie als gutes Beispiel das optimal ökonomische Stehen am Stehpult.
    .
  3. Im Gehen und Laufen spüre ich, wie mich das Gewicht des Oberkörpers nach vorne zieht (der Schwerpunkt ist etwas vor dem Körper,…).
    Brustbein gleitet waagrecht nach vorn; das Gewicht des Oberkörpers ist der Motor; Oberkörper und Becken bewegen sich gleichmässig und ruhig; die Beine schwingen von selbst aus dem Bauch, wie aufgehängt am Rippenbogen; die Füsse werden ohne Zutun von der Ferse bis zu den Zehen federartig gespannt.
    >>> ansonsten alle Punkte wie unter Stehen!

    .
  4. Im Sitzen:
    Füsse flach am Boden (eher etwas auseinander und parallel >>> Knie fallen nach innen >>> Sitzbeine gehen auseinander >>> Beckenboden wird passiv gespannt) >>> VOR Sitzbeine sitzen >>> Becken ist entspannte Schüssel mit flachem Boden.
    >>> sonst alles wie im Stehen.
    Auch im Sitzen immer wieder mal die Haltung wechseln und etwas Dynamisches daraus machen.

Warum stehen viele Menschen nicht im Gleichgewicht – mit dem Becken vor dem Lot und dem Oberkörper nach hinten gedehnt (und fallen so immer leicht nach hinten, resp. müssen sich mit oberflächlichen Muskeln (v.a. Bauchwand und vordere Oberschenkel) vor dem Nachhintenfallen retten??
Diese obige Haltung „rastet richtig gehend ein“ (in den oberflächlichen Muskeln und Bändern): Man fühlt sich „stabil“ wie in einem Liegestuhl liegend. Dies ist aber eine „Pseudo-Stabilität“.
Die Gleichgewichtsstellung ist hingegen ein etwas labiles Pendeln um den Gleichgewichtspunkt, ein leichtes Falten (siehe auf Seite 1 der „Ökonomie der Bewegung“.).
Hier ist zu erwähnen, dass v.a. im Stehen und im Sitzen (zwei schwierige Haltungen des Zweibeiners Mensch) die Stellung häufig etwas verändert werden sollte. Dies bringt mehr Leichtigkeit, Bewusstheit und Entspannung in das Ganze.

Leichtigkeit und Gleichgewicht ergibt Inneren Frieden!

Lesen Sie mehr über den „Inneren Frieden“ in meinem Blog: walserblog.ch/2015/10/01/frieden/

Bewegungsmeditation für ein besseres Gleichgewicht (Zentriertheit)

Die „Bewegte Stille“ ist eine vierphasige Bewegungsmeditation, bestehend aus Niederwerfung, Windrose, Wirbeln und einer Hinführung in die Stille. Dabei werden die vier Schlüssel zur Lebendigkeit verwendet: Bewegung, Atem, Stimme und Achtsamkeit:

Slackline

«Slackline»: So heissen die elastischen Bänder, die man immer häufiger in Parks zwischen zwei Bäumen aufgespannt sieht. Darauf zu gehen, fördert die Reaktionsfähigkeit, die Koordination und das Gleichgewicht. Dabei gilt: Je länger die Leine, umso schwieriger wird es, sich möglichst lange darauf zu halten.
Immer mehr vor allem junge Menschen entdecken den Spass auf der langen Leine. Manche entwickeln sich dabei zu wahren Akrobaten: Sie springen darauf wie auf einem Trampolin und machen Saltos. Dabei landen sie entweder wieder mit den Füssen auf dem Band, auf Rücken, Bauch oder Po. Letztes Jahr fanden in Zürich die ersten Schweizer Meisterschaften im «Slacklinen» statt.
In den Schulen werden sie viel häufiger gebraucht, da sich gegenüber früher die koordinativen Fähigkeiten der Schüler drastisch verschlechtert haben. Die elastische Leine ist dafür das passende Trainingsgerät, weil es daneben erst noch Spass macht. Zudem wirkt es erfrischend auf das Gehirn, wenn man zuvor und nachher konzentriert gearbeitet hat. Balancieren auf der Leine hilft beim Abschalten.
Samuel Volery und Tobias Rodenkirch, Studenten der Bewegungswissenschaften an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich, konnten in ihrer Masterarbeit bestätigen: Balancieren auf der «Slackline» fördert auch die Konzentrationsfähigkeit. Sie haben sogar nachgewiesen, dass dieser Effekt einen Monat später noch vorhanden war, auch ohne das Training. Grund: Das Hirn macht einen Lernprozess durch.
Von dem Training profitieren aber auch ältere Menschen: In einer Studie liessen deutsche Wissenschaftler der Uni Osnabrück Senioren im Alter zwischen 60 und 72 zweimal pro Woche während 20 Minuten auf dem Band üben. Mit Erfolg: Schon nach drei Wochen Training stellten die Forscher eine deutlich verbesserte Gleichgewichtsfähigkeit fest. Ein gutes Gleichgewicht ist für Senioren zentral, um im Alter mobil und unabhängig zu bleiben.
• Mehr Infos unter www.mobilesport.ch , www.slacktivity.ch

 

Gleichgewicht bei sportlichen Aktivitäten >>> siehe hier auf dieser Website.
insbesondere beim Joggen!
Lernen des Gleichgewichts durch ROLFING!

Veröffentlicht am 17. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
26. Dezember 2022

Laufen

Sieben grosse Mythen übers Laufen / Joggen

    • Joggen ist schädlich für den Rücken, da es grosse Schläge gibt!
      Unsinn! Erstens weiss man heute, dass nicht die Kompression für die Bandscheibe gefährlich ist, sondern die zu starke und stete Rotationsbewegung. Zudem gibt es einen sehr federnden Laufstil mit Einbezug der Federfähigkeit des Fusses, der Knie und der Hüftgelenke (siehe hier!).
      .
    • Zum Laufen benötigt man Laufschuhe, die gut unterstützen, federn
      und führen!
      Unsinn! Die neue Devise ist: keine Dämpfung, keine Stützung, keine Führung! Das Barfusslaufen ist ideal und sollte von einem guten Laufschuh möglichst kopiert werden
      (siehe hier!).
      .
    • Das Ziel beim Joggen ist, möglichst schnell zu werden!
      Unsinn!  Langsamkeit ist der entscheidende Faktor: Statt Sport betreiben wir Bewegung. Statt objektiv etwas zu messen, spüren wir uns subjektiv. Statt wegzurennen, laufen wir nach innen. Statt etwas zu trainieren, lassen wir los und finden unseren persönlichen Rhythmus und unsere Einheit (siehe hier!).
      .
    • Fürs Laufen benötigt man vor allem starke Beinmuskeln!
      Unsinn! Nicht die Beinmuskeln sind der entscheidende Faktor, sondern der richtige Einsatz der Schwerkraft, des Gewichts. Starke, grosse Muskeln können sogar im Gegenteil die geschmeidige, ökonomische, gesunde Laufbewegung behindern (siehe hier!).
      .
    • Beim guten Joggen läuft man v.a. auf dem Vorfuss!
      Die reine und forcierte „Vorfusstechnik“ (Ballenlaufen) ist medizinisch bedenklich und resultiert in vielen Bindegewebsproblemen im Unter- und auch im Oberschenkel. Gefragt ist eine „Ganzfusstechnik“, bei der die Füsse von hinten bis vorne (als Ganzes) wie eine Feder gegen den Boden gespannt werden (siehe hier!).
      Wichtig ist der Schwerpunkt beim Laufen, der etwas vor dem Lot liegen muss. Dadurch kommt man automatisch mit nur noch sehr wenig Gewicht zuerst auf die Ferse, aber sofort mit dem Hauptgewicht in den Mittelfuss und auch auf den Vorfuss. Der sogenannte „Ballengang“ ist also nicht ganz ein ausschliesslicher Vorfussgang.
      Auch gemäss einer grossen neuen Studie einer internationalen Forschergruppe im Journal of Experimental Biology ist die effizienteste Fortbewegungsart des Menschen, dass Abrollen des Fusses über die Ferse zuerst bis zu den Zehen (Cunningham CB et al., J Exp Biol. 2010 Mar 1;213(5):790-7).
      Siehe auch hier: Laufen wie die Afrikaner!
      .
    • Bergläufe sind viel schwieriger als ebenaus Laufen!
      Unsinn! Im Gegenteil: Bergläufe rennt man mit derselben Technik wie geradeaus und ergeben für unseren Körper durch die abwechselnde Belastung der verschiedenen Gewebsanteile und Muskeln viel weniger monotone Abnützungsprobleme (siehe hier!).
      .
    • Vor dem Joggen sollte man sich mit Stretching vorbereiten!
      Unsinn! Stretching kann die Verletzungsgefahr sogar erhöhen! Am besten ist es einfach langsam loszugehen. Dieses Warming-Up bereitet nicht nur die Muskeln vor, auch alle Organe, mein ganzer Körper wird aufgewärmt (siehe hier!).

Ich gebe auch persönliche Tipps zum Laufstil und zur ökonomischen Jogging-Bewegung während meiner Rolfing-Sitzungen.

„Verlieren Sie vor allem nicht die Lust dazu zu gehen. Ich laufe mir jeden Tag das tägliche Wohlbefinden an und entlaufe so jeder Krankheit; ich habe mir meine besten Gedanken angelaufen, und ich kenne keinen Gedanken, der so schwer wäre, dass man ihn nicht beim Gehen los würde. Bleibt man so am Gehen, so geht es schon.“ Søren Kierkegaard

Veröffentlicht am 28. Mai 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
18. April 2024