Herzinfarkt / Arteriosklerose

Das gebrochene Herz

Jeder einzelne Herzschlag tanzt im Rhythmus der Seele.

Zuallererst heisst „Herzinfarkt“ sorgfältig aus dem Lateinischen übersetzt „gebrochenes Herz„. Das Herz ist mehr als ein Muskel und eine mechanische Pumpe. Das Herz ist der Umschlagplatz von Liebe und Schmerz, Angst und Mut. Man verschenkt sein Herz aus Liebe. Man nimmt sich etwas zu Herzen. Man stirbt an gebrochenem Herzen. Das Herz hat ein Bedürfnis nach Geborgenheit, Grosszügigkeit, Gelassenheit und Wärme. Hektik, Zeitnot, kein Sinn im Leben und Stress führen dazu, dass sich das Herz einem von aussen diktierten Rhythmus zu unterwerfen hat. Das Herz benötigt im Arbeitsalltag den Gegenpol der Entspannung, des Rückzugs, das Ausleben von Sehnsüchten, Träumen und Gefühlen.

Was führt zur Arterienverkalkung und zum Herzinfarkt oder Hirnschlag?!

Diese Risikofaktoren waren (in der Interheartstudie) unabhängig von Alter, Geschlecht und ethnischer Gruppe signifikant mit einem Herzinfarkt assoziiert:

Ein BMI von mindestens 35 ist mit einem 80% erhöhten Risiko verbunden, exzessiver Alkoholkonsum erhöht das Risiko um rund 40%, Rauchen um 30% (Herzinfarkt und Vorhofflimmern).

Man findet bei Menschen mit Myokardinfarkt aus allen ethnischen Gruppen und allen Regionen der Welt signifikant häufiger :

  • Depressionen,
  • belastende Lebensereignisse in den letzten zwölf Monaten
  • und beruflicher, privater oder finanzieller Stress.

Weitere Risikofaktoren in der Interheartstudie waren:

Diese drei letzten Faktoren werden vor allem von den Ärzten gemessen und stehen dort meist im Mittelpunkt. Sie sind aber bereits Folgeerscheinungen der primären Ursachen Dauerstress und Bewegungsarmut/Bauchfett.

Weiterer Risikofaktor aus unserer Umwelt: Mikroplastik!

Im spanischen SUN-Projekt wurde 2017 auch der Nutzen eines 10-Faktoren-Scores zur Beurteilung der kardiovaskulären Gesundheit untersucht. In den Score flossen 6 traditionelle, negative Risikofaktoren

  • Rauchen
  • BMI, v.a. durch Bauchfett
  • keine mediterrane Ernährung
  • wenig körperliche Aktivität (jedoch auch nicht zu langer und anstrengender Ausdauersport!)
  • Chronischer psychosozialer Stress (auch Freizeitstress durch Selbstoptimierung)
  • hoher Alkoholkonsum, inkl. Binge-Drinking („Komasaufen“)

und 4 nicht-traditionelle, positive Einflussfaktoren ein

  • TV/Internet-Konsum unter 2 Stunden täglich
  • gute Sozialkontakte
  • wenig Wochenarbeitszeit. (Burnout!)
  • hoher Kaffeekonsum (4 und mehr Espresso oder Energydrinks täglich)!

Mit zunehmender Zahl positiver Faktoren (Score von 0–10) nahm die Wahrscheinlichkeit von kardiovaskulären Ereignissen stetig ab. Bei Teilnehmern mit einem Score von 7 bis 10 war die Ereignisrate im Verlauf von im Median 10 Jahren um 87% geringer als bei Personen mit einem Score von 0 bis 2. Die Einzelfaktoren mit dem höchsten positiven Einfluss waren Nicht-Rauchen (Hazard Ratio: 50%) und TV-Konsum unter 2 Stunden täglich (HR: 0,57). Dieser Score könnte helfen, die Präventionsbemühungen über traditionelle Risikofaktoren hinaus zu intensivieren, wobei die vier nicht-traditionellen Faktoren vor allem auf den Stress und die Entspannung einwirken (Hierhin gehört wohl auch das ausgiebige Frühstücken mit viel Zeit, welches höchst wahrscheinlich v.a. durch einen entspannten Tagesbeginn positiv auf Herz-Kreislauf wirkt!).

Rauchen, chronischer Stress und Übergewicht/Bewegungsarmut

Weltweit sind also die drei wichtigsten Risikofaktoren  Rauchen, Dauerstress und Übergewicht kombiniert mit Bewegungsarmut. Zusammen sind sie für 2/3 aller Risikofaktoren des akuten Herzinfarkt verantwortlich. Diabetes mellitus, Hypertonie und hohe Blutfette sind die nächsten bedeutsamen RF, aber ihre relative Bedeutung ist in verschiedenen Ländern unterschiedlich – und sie sind meist bereits die Folge der obigen drei wichtigsten.

Rauchen zeigt eine proportionale stufenweise Erhöhung des Risikos. Das Rauchen von nur schon fünf Zigaretten erhöht das Risiko. Daraus lässt sich ableiten, dass es für die Zahl der Zigaretten, die geraucht werden, keine sichere untere Grenze gibt, aber auch, dass das Risiko für einen Herzinfarkt, das mit dem Rauchen verbunden ist, signifikant vermindert werden kann, durch die Verminderung der Zahl der gerauchten Zigaretten.
The Lancet 366 (2005), 1640–1649 (Zusammenfassung hier: interheart.pdf)

Diese Risikofaktoren verbreitete sich in den letzten 30 bis 40 Jahren weltweit enorm. Sie stellen nun eine Voraussetzung für derart viele schwere , ja tödliche Verläufe bei Covid-19. Dies ist das Bild einer „Syndemie“.

Alles ist besser für das Herz als sitzen – sogar schlafen

Die Forscher um Joanna Blodgett vom University College London haben sechs Studien mit insgesamt mehr als 15.000 Teilnehmern ausgewertet, die mit Fitnesstrackern ausgestattet waren. Die Daten zeigten, dass alles besser für das Herz ist als Sitzen, sogar Schlafen. Sitzen war demnach am ungünstigsten. Für das Herz ist es am besten, wenn eine Phase von 30 Minuten mit starker körperlicher Anstrengung in den Tagesablauf integriert wird. Es wirkt sich schon günstig auf die Herzgesundheit aus, wenn man fünf Minuten heftig in Wallung kommt, etwa indem man im Hampelmann-Modus springt oder mit voller Kraft in die Pedale eines Trimmrades tritt. Die entsprechende Bewegungsform muss umso länger dauern, je geringer die Intensität dabei ist. Schon kleine Veränderungen in der alltäglichen Bewegungsroutine bringen Vorteile für das Herz. Den grössten Nutzen sehen wir, wenn sitzende Tätigkeiten durch mässige bis heftige Anstrengungen ersetzt werden. Diese könnten in einem kurzen Lauf, zügigem Gehen oder Treppensteigen bestehen – mithin in allem, was den Puls und die Atmung beschleunigt und den Menschen in Wallung kommen lässt, selbst wenn es nur für ein oder zwei Minuten ist ((Anleitung hier).

Ein tiefer Ruhepuls ist optimal

Interessant ist, dass ein tiefer Puls nicht nur das Herz schont, sondern generell zu einer geringeren Krankheitsanfälligkeit und zu einem besseren Wohlbefinden führt.
Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass ein tiefer Ruhepuls die Lebenserwartung erhöht. Überraschend ist dieser Zusammenhang nicht. Nehmen wir als Beispiel die Tierwelt: Das Herz einer Maus schlägt rund 500-mal pro Minute – nach zwei bis drei Jahren stirbt sie dann aber auch schon. Eine Schildkröte hingegen kommt mit nur gerade 6 Schlägen pro Minute aus – und wird gegen 200 Jahre alt.
Wer seinen Ruhepuls zum Beispiel nur schon von 80 Schlägen pro Minute auf 60 senkt, entlastet das Herz enorm: Damit lässt sich in drei Jahren ein ganzes Jahr an Herzarbeit einsparen. Das ist auch für Durchschnittsmenschen ein realistisches Ziel.

Wie gut jemand im Notfall mit den Ressourcen seines Körpers klarkommt, hängt ganz entscheidend von der Grundaktivität des Vegetativen Nervensystems ab. Es gilt: je mehr Parasympathikus umso besser. Ein hoher Ruhepuls bedeutet, dass diese Grundaktivität bereits erhöht ist und das System entsprechend geschwächt. Das ist schlecht: Man möchte ja im Ruhezustand möglichst wenig Energie verbrauchen, um dann im Ernstfall alle verfügbaren Reserven abrufen zu können. Wenn wir es heute auch nicht mehr mit wilden Tieren zu tun haben, geht es bei diesem evolutionär bedingten Mechanismus doch immer darum, das Überleben zu sichern. Und dafür ist ein niedriger Puls einfach besser.

Syndemie!

Die „Pandemie“ Covid-19 macht also lediglich das Ausmass jener Krankheiten deutlich, die durch schlechte Ernährung, zu wenig Bewegung und soziale Ungleichheiten beim Zugang zu adäquater Gesundheitsversorgung verstärkt werden.
Der amerikanische Anthropologe Merrill Singer hat 1990 den Begriff „Syndemie“ dafür geprägt. Bei Covid-19 sollten wir nun eher von einer Syndemie als von einer Pandemie sprechen.  Die Vorsilbe „syn“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „zusammen, mit, gemeinsam“  – pan“ bedeutet „ganz, völlig, gesamt“.
Dazu The Lancet vom 26.09.20 : „Die Wechselwirkung von Covid-19 mit weltweit ansteigenden chronischen Krankheiten wie Fettleibigkeit, erhöhtem Blutzuckerspiegel und Luftverschmutzung hat in den letzten 30 Jahren die Voraussetzungen für derart viele Todesfälle durch und mit Covid-19 erst ermöglicht. […] Viele der Risikofaktoren und nicht übertragbaren Krankheiten“, fügten beteiligte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hinzu, „erhöhen das Risiko für einen schweren oder gar tödlichen Verlauf von Covid-19.“
Natürlich ist die globale Ausbreitung von Covid-19 eine Katastrophe. Wenn wir jedoch versuchen, die aktuelle Situation als Syndemie zu betrachten, öffnet sich der Blick für eine zukunftsweisende Einsicht: Auf der ganzen Welt schwächen Menschen ihre Körper durch eine ungesunde Lebensweise. Mehr als „nur“ Massnahmen zur Bekämpfung einer einzelnen Krankheit, brauchen wir deshalb eine Gesundheitspolitik, die es ermöglicht, die Gesundheit aller langfristig zu erhalten und zu fördern.
(Philosophie Magazin, Octave Larmagnac-Matheron, 

Wissenschafter haben in Gefässablagerungen (Plaques) Kunststoffpartikel (Mikroplastik) nachgewiesen

Die Betroffenen dieser italienischen Studie erlitten mehr Herzinfarkte und Schlaganfälle als andere Patienten.
Laborexperimente hatten bereits in der Vergangenheit nahegelegt, dass Mikroplastik Entzündungen in Geweben hervorruft. Tierversuche hatten auch Hinweise darauf gegeben, dass die Kunststoffteilchen Gefässe, das Herz und Lungen schädigen können.
Daraus muss gefolgert werden, dass Mikroplastik auch ein Risikofaktor für die Arterienverkalkung ist und damit ebenso für Herzinfarkte und Hirnschläge!
Weiterlesen>>>

Was vorbeugend tun?!

Wer nun persönlich etwas für sein Herz tun möchte, sollte Folgendes beachten:

  • Chronischer Stress vermeiden.
    Eine phantastische Studie mit sehr hoher Relevanz  (Tawakol A, et al: Lancet 2017 (online) 11. Januar 2017) zeigt nun klar, dass eine erhöhte Aktivität in der Amygdala im Hirn mit vermehrter Knochenmarksaktivität und verstärkter Entzündung der Arterien einhergeht. Diese Zusammenhänge, schlussfolgern die Autoren, können das erhöhte kardiovaskuläre Risiko der Patienten erklären. Der zugrunde liegende Mechanismus: Die Amygdala signalisiert dem Knochenmark, mehr weisse Blutkörperchen zu produzieren, die wiederum eine Plaque-Bildung in den Arterien verursachen, was zu Herzinfarkten und Schlaganfällen führen kann.
    Dass sich die Amygdala bei Stress vergrössert und eine „Schaltstation” darstellt, hat sich bereits in früheren Studien gezeigt. Ebenfalls ist bekannt, dass Entzündungsfaktoren durch Stress getriggert werden können.
  • Hier hilft es, einen Sinn im eigenen Leben zu sehen!
  • Optimal für unser Herz ist ein ausreichender aber nicht zu langer Nachtschlaf (mehr als 6-7, aber weniger als 8-9 Stunden) und am Tag eine Siesta  von 5 bis 60 Minuten ein bis zweimal pro Woche (nicht täglich!).
    Nur bei Kurzschläfern (unter 7 Stunden Nachtschlaf) hat ein tägliches Mittagsschläfchen trotzdem einen Schutzeffekt auf unser Herz!
    Bei der ein- bis zweimaligen Siesta pro Woche war das Risiko für Hirnschlag und Herzinfarkt sogar um die Hälfte reduziert!
  • Damit zusammenhängend: Ein Burnout vermeiden!
    Allein in Deutschland sterben jährlich rund 200’000 Menschen an einem sogenannten „plötzlichen Herzstillstand„. In nur etwas mehr als 10% sind Risikopatienten betroffen, die nach einem Herzinfarkt bereits an einer Herzmuskelschwäche litten oder andere Herzerkrankungen hatten.
    Auch wenn das Ereignis selbst aus heiterem Himmel zu kommen scheint, lassen sich im Nachhinein oft klassische Alarmzeichen für ein Burnoutsyndrom ausmachen. Dazu zählt eine längere Phase mit chronische depressiver Stimmungslage durch etwa eine belastende Arbeitssituation, finanzielle Sorgen oder eine frustrierende Beziehungs- oder Familienkonstellation voraus. Akuter Ärger, Angst oder andere Aufregung sind dann meist nur der Auslöser.
    In den meisten Fällen wären mehr körperliche Bewegung, ein gezieltes Stressmanagement oder Entspannungstechniken ausreichend und könnten das Risiko für einen plötzlichen Herztod stark senken.
  • Je weniger TV-Konsum, umso weniger Herz-Kreislaufkrankheiten! In der oben erwähnten SUN-Studie war bereits 2 Stunden TV täglich mit einer Zunahme der Herzinfarktrate um 40% verbunden!
    Es ist vor allem das Sitzen, das langzeitig das Leben massiv verkürzt.
  • Blutfette von Hausarzt bestimmen lassen (wichtigster Wert ist hier der Quotient Totalcholesterin durch das HDL-Cholesterin: sollte unter 5 sein!).
  • viel lachen, lieben und sich sozial gut einbetten.

ERNÄHRUNG!

  • Die CORDIOPREV-Studie ist eine der umfangreichsten randomisierten Studien, die jemals im Rahmen der Ernährungsforschung durchgeführt wurden. (Delgado-Lista J, Alcala-Diaz JF, Torres-Peña JD, Quintana-Navarro GM, Fuentes F, Garcia-Rios A, et al. Long-term secondary prevention of cardiovascular disease with a Mediterranean diet and a low-fat diet (CORDIOPREV): a randomised controlled trial. Lancet. 2022 May 14;399(10338):1876-1885. [Link])

    Die Resultate der Studie leiten einen Paradigmenwechsel ein: Patientinnen und Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung kann künftig nicht mehr generell zu einer fettreduzierten Diät geraten werden. Einer mediterranen Diät kommen deutliche Vorteile hinsichtlich Kardioprotektion zu. Die Ernährungsempfehlungen vieler Leitlinien zur Sekundärprävention sind umzuschreiben. (Zitat: infomed screen Jahrgang 26/2022)
    Zur mediterranen Ernährung muss gesagt werden: Eine mediterrane Diät ist mehr als nur die Zusammensetzung von Mahlzeiten. Sie ist Ausdruck von Tradition und einer ritualisierten Lebensführung, bei der die Verwendung ausgesuchter Produkte, die Zubereitung und das entspannte Geniessen im Kreis der Familie oder mit Freunden eine grosse Bedeutung haben. Menschen in Südeuropa bestätigt die Studie darin, zu tun, was sie immer schon getan haben. Inwieweit Leute in Nord- und Mitteleuropa von den Erkenntnissen profitieren, bleibt eine unbeantwortete Frage. Sie werden es vielleicht nur dann, wenn sie einen mediterranen Lebensstil übernehmen – und nicht nur einen mediterranen Speiseplan.

  • Wenig oder kein Fleisch – und als Proteinlieferant Hülsenfrüchte und Nüsse:
    Es gab immer wieder einzelne Studien, die keinen gesundheitsförderlichen Effekt finden konnten, wenn Menschen auf Fleisch verzichteten. Diese Studien hatten aber ausser Acht gelassen, wodurch das Fleisch ersetzt wurde. Später zeigte eine bahnbrechende Untersuchung der Harvard University, dass der Fleischverzicht nur dann keinen positiven Effekt hat, wenn man statt Fleisch vermehrt Kohlenhydrate wie Kartoffeln oder Nudeln isst. Ersetzt man es dagegen durch pflanzliche Proteine aus Hülsenfrüchten und Nüssen, gibt es grosse positive Effekte auf das Herz-Kreislauf-System.
    .
  • Kein Trinkwasser aus Plastikflaschen!
    .
  • Ein Review des Prevention of Cardiovascular Disease Council des American College of Cardiology (ACC) liefert aktuelle, evidenzbasierte Daten zum guten Essen für das Herz.
    Die Liste der Lebensmittel, die den ACC-Experten zufolge komplett vermieden – oder zumindest sehr stark eingeschränkt – werden sollten, ist kurz:
    Keine zugesetzten Zucker und Energy-Drinks – wenig Fleisch.
    Für Milchprodukte ist die Evidenz, ob sie günstig sind, fraglich.
    Für segensreich halten die Experten aber unter anderem Hülsenfrüchte, Kaffee, Tee und hochwertige Pflanzenöle (Oliven-, Lein- und Rapsöl).
    Besonders wichtig ist laut den Experten, dass man viel Früchte und Gemüse, Vollkornprodukte, wenig Zucker und wenig verarbeitete Lebensmittel isst.
    Am besten schneidet hier neben der mediterranen die sogenannte Dash-Diät ab: Sie besteht aus viel Gemüse, Früchten, Vollkornprodukten, Nüssen, Fisch und wenig Fleisch. Zudem vermeidet man Salz, Zucker und gesättigte Fette..
    Schädliche Lebensmittel – besser nicht essen!
    Wenig überraschend schneidet Zucker katastrophal schlecht ab. Es existiert mittlerweile mehr als genug, auch qualitativ hochwertige Evidenz dafür, dass zugesetzter Zucker die Entstehung von Atherosklerose fördert und das Risiko für Herz-Kreislauf- sowie Stoffwechselerkrankungen erhöht.
    Auf die rote Liste gehören auch die schnell verfügbaren Kohlenhydrate in Weissmehlprodukten, sei es der Pizzateig, das helle Brot oder der Butterkeks, denn diese verursachen Blutzuckerschwankungen wie es Zucker selbst tut. Schaden oder Nutzen von Milchprodukten, fermentierten Lebensmitteln und Meeresalgen ist unklar:
    Bei zwei Lebensmittelgruppen reicht die Evidenz nicht aus, um eine klare Empfehlung für oder gegen den Verzehr auszusprechen. Zum einen sind dies Milchprodukte wie Käse, Sahne oder Milch (allerdings nicht Joghurt), zum anderen fermentierte Lebensmittel (also z.B. Joghurt) und Meeresalgen.
    Qualitativ hochwertige Studien, dass fermentierte Lebensmittel einen kardiovaskulären Nutzen haben, stehen noch aus.  Allerdings sei es unwahrscheinlich, dass der Konsum irgendeinen gesundheitlichen Schaden nach sich zieht.
    Speziell für den Joghurt gilt, wie bei den anderen Milchprodukten auch, dass er sich bezogen auf die kardiovaskuläre Gesundheit neutral oder sogar positiv auswirkt.
    .
    Herzgesunde Lebensmittel – regelmässig geniessen!
    Die Liste an Lebensmitteln, für die ein kardiovaskulärer Nutzen nachgewiesen
    ist, ist beträchtlich umfangreicher: Wer seinem Herzen über die Ernährung etwas Gutes tun möchte, sollte bei Hülsenfrüchten, Nüssen, fettem Fisch oder hochwertigen Pflanzenölen (Leinöl, Rapsöl, Olivenöl), Kaffee und Tee zugreifen.
    Hülsenfrüchte sind eine kostengünstige und nachhaltige Protein- und Ballaststoffquelle. Der Verzehr geht mit einer Reduktion der KHK-Inzidenz einher und konnte in Studien den Blutzucker, das Cholesterin, den Blutdruck und das Gewicht reduzieren. Derzeit enthält die westliche Ernährung noch zu wenig Linsen, Erbsen und Bohnen. Hülsenfrüchte sollten Teil einer jeden auf Herz- und Stoffwechselgesundheit ausgerichteten Ernährungsweise sein!
    Omega-3-Fettsäuren kann aus Fisch, Öl oder Nüssen täglich in die Ernährung eingebaut werden. Der Verzehr in Form von Lebensmitteln ist der Aufnahme über Supplemente vorzuziehen. Ob die Omega-3-Fettsäuren aus Fisch oder aus pflanzlichen Lebensmitteln stammen, macht für den kardiovaskulären Nutzen keinen Unterschied. Beim Verzehr von Fisch muss aber eine mögliche Belastung mit Schadstoffen und die enorme Ausfischung der Weltmeere und der energiefressende Transport bedacht werden.
    (zitiert aus: „Essen fürs Herz: Welche Lebensmittel für die kardiovaskuläre Prävention wirklich empfehlenswert sind“ – Medscape – 6. Aug 2018)
  • Ein günstiger Einfluss von regelmässigem Kaffeekonsum  gegen kardiovaskuläre Erkrankungen ist bereits häufiger berichtet worden.
    Neue Daten weisen darauf hin, dass es praktisch gar keine Konsum-Obergrenze für den positiven Effekt gibt: Je mehr Kaffee, umso besser fürs Herz!
    Im spanischen SUN-Projekt, an dem 2017 rund 20’000 teilnehmen, wurde eine inverse Assoziation zwischen dem Kaffeekonsum und der Gesamtmortalität gefunden. Bei Personen, die mindestens 4 Tassen täglich konsumierten war die Sterblichkeit um 65% geringer als bei Personen, die nie oder fast nie Kaffee tranken. Besonders deutlich zeigte sich der Zusammenhang bei über 45-Jährigen. Pro zusätzliche 2 Tassen Kaffee täglich, verringerte sich die Gesamtmortalität im rund 10-Jahres-Follow-up um 30%.
  • Dann täglich viel frisches Obst, Gemüse und Nüsse (eine Handvoll täglich – siehe die „Evidence based medicin“-Studie darüber!), ein Glas Wein (mit einem Fragezeichen) und täglich 3 Tassen grünen Tee täglich trinken. (Kuriyama S et al. Green tea consumption and mortality due to cardiovascular disease, cancer, and all causes in Japan: the Ohsaki study. JAMA. 2006; 296(10):1255–1265.  Suzuki E et al. Green tea consumption and mortality among Japanese elderly people: the prospective Shizuoka elderly cohort. Ann Epidemiol. 2009; 19(10):732–739)
    Hier spielt auch viel Kalium (und wenig Natrium – also wenig Kochsalz) eine Rolle: Sehr kaliumhaltig sind Bananen, Spinat, Broccoli, Nüsse und Vollkorn.
    (mehr zum „gesunden Kalium“ im Essen)
  • Wer mit einem ausgiebigen Frühstück – und viel Zeit den Tag beginnt, hat auch ein deutlich verringertes Herzinfarktrisiko! Gemäss verschiedener grossen Studien (v.a. Circulation. 2013; 128: 337-343, Prospective Study of Breakfast Eating and Incident Coronary Heart Disease in a Cohort of Male US Health Professionals, Leah E. Cahill et al.). Diejenigen Männer, die das Frühstück ausliessen, hatten dabei ein 27% höheres Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden als jene, die den Tag zum Beispiel mit einem Müesli begannen. Nach Ansicht der Forscher bestätigt die Studie, dass das Frühstück wohl die wichtigste Mahlzeit des Tages ist.
    Ideal ist, wenn das Frühstück mit geschrotetem Vollkorn (im Müesli) – anstatt Backwaren, wie Brot! – viel unbearbeiteten Ballaststoff enthält. Viel Ballaststoff im Essen lassen auch Leute mit Herzinfarkt viel länger Leben! (Li S, et al. BMJ.2014;348:g2659).
  • WENIG ROTES FLEISCH!
    Man sollte auch auf seine (gute) Darmflora, d.h. jene rund 100 Billionen Bakterien aufpassen und sie gut pflegen. Was heisst dies konkret?!
    Normalerweise leben die Vertreter der Darmflora (Mikrobiom) einträchtig mit ihrem Wirt. Sie verdauen für uns komplexe Kohlenhydrate, mit denen menschliche Enzyme nicht umgehen können. Und sie wehren auch Infektionen krank machender Bakterien ab.
    Nun wird zum Beispiel das Carnitin im roten Fleisch (Rind, Schwein oder Lamm) von den Darmbakterien zu Trimethylamin verdaut, das dann in der Leber zu Trimethylamin-N-Oxid (TMAO) umgewandelt wird. Carnitin verstärkt u.a. auch die schädliche Wirkung vom Cholesterin. Dies löst eine Kette von Ereignissen aus, die letztlich zu einer Arteriosklerose (Versteifung der Arterien) führt und damit auch zum Herzinfarkt, Hirnschlag,…!
    Es hat sich nun gezeigt, dass ein Vegetarier ein Steak essen kann und dass sich dann die (ideale) Zusammensetzung seiner Darmbakterien diesen TMAO-Spiegel nicht erhöhen lassen! Vegetarische Ernährung ergibt also eine fürs Immunsystem und für unsere Blutgefässe optimale Darmflora.
    >>> mehr dazu hier: www.dr-walser.ch/darmflora/
  • Er wäre darüber hinaus gut beraten, sich mehr mit Fisch als Fleisch zu ernähren (Herzinfarkt-Patienten können durch eine Umstellung ihres Speiseplans auf mediterrane Kost das Risiko eines erneuten Infarkts um etwa die Hälfte senken. (Zu diesem Ergebnis kommt die Lyon-Studie 1999. Von 200 Patienten, die nach einem Infarkt bei der gewohnten Ernährung blieben, erkrankten in den folgenden vier Jahren  etwa die Hälfte erneut am Herzen. Weitere 200 Patienten stiegen auf die fettärmere Kost Südeuropas um. Von dieser Gruppe erlitten weniger als ein Viertel einen neuen Infarkt. Ein vergleichbares Resultat erreichte bisher kein Medikament.).
  • Genügend Wasser trinken kann das Herzinfarktrisiko um 40 Prozent senken! Dies fand ein Forscherteam der Loma Linda-Uni in den USA (www.llu.edu/news/pr/042502water.html) bei der Untersuchung von 20’000 Leuten. Es zeigte sich, dass sich das Risiko für tödliche Infarkte bei Männern, die mehr als einen Liter Wasser tranken, sogar halbierte!
  • Und: eine Unterfunktion der Schilddrüse abklären lassen (TSH-Bestimmung im Blut) und behandeln.
  • Eine Parodontitis (Zahnbett-Entzündung) muss unbedingt gut behandelt werden (Zahnseide benützen!). Menschen mit „Zahnfleischentzündung“ erleiden doppelt so oft Herzinfarkte, dreimal häufiger Schlaganfälle (und siebenfach mehr Frühgeburten).
    Sowieso scheint die Gesundheit im Mund und der Zähne eine starke Beziehung zu derjenigen des Herzens zu haben. Es ist also sehr ratsam, dass man eine sehr gute Hygiene der Zahnpflege (inklusive Reinigung der Zungenoberfläche!) ausübt. (BMJ 340:c2451, 27 May 2010 © 2010 de Oliveira et al Toothbrushing, inflammation, and risk of cardiovascular disease: results from Scottish Health Survey. Cesar de Oliveira, Richard Watt, and Mark Hamer.)
    Mehr zur optimalen Zahnpflege, welche auch unsere Darmflora reicher macht.
  • Wer schnarcht, lebt gefährlich. Will heissen: Wer unter Apnoe („nächtlicher Atemstillstand“) leidet. Die Schlafstörung sollte ernst genommen werden, da der teilweise minutenlange Atemausfall den Blutdruck dramatisch in die Höhe treiben und das Herz schädigen kann. Wer nachts schnarcht und sich tagsüber meist müde fühlt, sollte nicht zögern, sich in einem Schlaflabor untersuchen zu lassen: Apnoe wird in neun von zehn Fällen nicht erkannt. Die Behandlung – ein kleines Atemgerät – ist einfach und effizient.

  • Ein eigentliches Gesundheitsrisiko für das Herz ist auch der „Ärger mit dem Ärger“
    Wie gefährlich der Ärger für das Herz ist, verdeutlicht eine amerikanische Langzeitstudie, bei der Menschen, die – in ihrem Leben zu „cholerischen Reaktionen“ neigten und sich schnell ärgerten, eine im Vergleich mit ihren ärger- ärmer lebenden Zeitgenossen um das Siebenfache höhere Sterblichkeit zeigten. Die permanente Inszenierung des Ärgers war danach für die Gesundheit sogar gefährlicher als klassische Risikofaktoren wie Rauchen und Bluthochdruck. Es spielt dabei überraschenderweise für das Herz keine Rolle, ob man den Ärger in sich „hineinfrisst“ oder beim Sich-Ärgern aus der Haut fährt.
    Das heisst also: Nicht der Zorn als solcher, sondern ihn ausdrücken oder ihn zu unterdrücken, schädigt die Gefässe.
    Seien Sie also nett zu Ihren Mitmenschen. Feindselige Einstellungen der Umwelt gegenüber, die Anderen verbal oder physisch angreifen , erhöht die Blutfette. (Karen Matthews et al, Duke University Med.Center, Annals of Behavioral Medicine, Vol.20, 1998)
  • Dazu gehört auch die Wut:
    Wut schädigt Blutgefässe: Wut ist schlecht fürs Herz. Wer öfter wütend ist, hat ein höheres Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall. Nun haben Forscherinnen der Columbia University in New York herausgefunden, warum das so ist: Wut führt dazu, dass sich die Blut­gefässe weniger gut dehnen können. Denn das Gefühl beeinträchtigt die Funktion des sogenannten Endothels, der Innen­auskleidung der Blutgefässe. Und das wiederum ist die Vorstufe für die Entstehung von Atherosklerose, einer Gefäss­erkrankung, die zu Herz­infarkten und Schlag­anfällen führen kann. Den Zusammen­hang zwischen Blut­gefässen und Gefühl fanden die New Yorker Forscher nur bei Wut, nicht aber bei Trauer oder Angst.
  • Meditation und ähnliche Entspannungsmethoden haben auf das Herz eine ähnlich beruhigende Wirkung wie die üblichen Beta-Blocker – nur ohne Nebenwirkungen.
  • Hier könnte man auch anmerken: Der Parasympathikus kräftigen ist sehr weise! Lesen Sie mehr darüber hier >>> parasympathikus/
  • Alle Nichtsteroidale Schmerzmittel (NSAR) sind riskant für Herz und Gefässe! Sie erhöhen das Risiko von Herzinfarkt, Schlaganfall und kardiovaskulär bedingtem Tod. Am günstigsten schnitt Naproxen ab, war aber immerhin mit einem Schlaganfallrisiko von 1,76 behaftet und in der Regel nur zusammen mit einem PPI (Magenschonmittel) verträglich. Unter Ibuprofen ist das Schlaganfallrisiko mehr als verdreifacht, unter Diclofenac fast verdreifacht, unter Etoricoxib auf 2,67 erhöht. Kardiovaskuläre Todesfälle wurden nur durch Naproxen nicht erhöht, durch Celecoxib verdoppelt, durch Ibuprofen mehr als verdoppelt (2,39), durch Diclofenac und Etoricoxib vervierfacht! (BMJ 2011; DOI;10.1136/bmj.c7086)
    Eine Metaanalyse von 4 Studien an über 61’000 Menschen mit und 385’000 ohne Herzinfarkt hat 2017 ziemlich beunruhigende Resultate ergeben, da diese Steigerung der Herzinfarktrate bereits nach einer Woche NSAR-Einnahme eintrat! (Bally M, et al. BMJ.2017;357:j1909)

    • Wir sind ja meist überzeugt, dass Ausdauersport gesund ist und er unser kardiovaskuläres Risiko reduziert. Eine belgische Forschergruppe belehrt uns nun eines Besseren (Studie).
      Sie verglichen das Ausmass der Koronarsklerose (Verkalkung der Herzkranzgefässe) von 191 lebenslangen Ausdauersportlern mit 191 Späteinsteiger-Ausdauersportlern (Beginn nach dem 30. Lebensjahr) sowie mit 176 gesunden Nicht-Athleten, die in ihrem Leben keinen Ausdauersport betrieben hatten. In allen drei Gruppen handelte es sich nur um Männer mit einem medianen Alter von 55 Jahren. Keiner der Probanden war Raucher, keiner war übergewichtig und bei keinem war eine koronare Herzkrankheit bekannt. Die Koronarsklerose wurde mittels Computertomographie quantifiziert: Anzahl und Lokalisation von Plaques, Verkalkungs-Score und -Häufigkeit sowie Stenosegrad der Koronarien. Überraschend fand sich eine Dosis-Wirkungs-Beziehung, das heisst je länger der Ausdauersport betrieben wurde, desto wahrscheinlicher fand sich eine relevante Koronarsklerose. Die Parameter, die für eine ischämische Herzkrankheit prädestinieren, waren bei den lebenslangen Ausdauersportlern am höchsten: Anzahl Plaques, proximale Plaques, signifikante Stenosen und gemischte Plaque-Verkalkungen. Bei den Nicht-Sportlern waren sie am geringsten, die Späteinsteiger lagen meist dazwischen.

      Stopp Ausdauersport überhaupt?! Ist dies die anatomisch-pathologische Erklärung des Sport-Paradoxes «plötzlicher Herztod bei Athleten»? Die Autorenschaft schlägt vor, die Studie zeitlich noch auszudehnen, um auch entscheidende kardiovaskuläre Ereignisse zu erfassen.

      Hatte Winston Churchill doch recht? Auf die Frage eines Reporters, warum er trotz Whisky und Zigarrenrauchen so alt geworden sei, soll er geantwortet haben: «No sports». Er starb im Alter von 91 Jahren. Was er aber verschwieg: Er hatte immer Hunde und ging mit ihnen lange spazieren, was wohl den entscheidenden Bewegungs-Mix ergab.

  • Auch auf das Wochenende beschränkte Bewegung ist bereits fürs Herz günstig!
    Beim heutigen Lebensrhythmus mit einem hohen Anteil an sitzender Tätigkeit kommen immer mehr Menschen nur am Wochenende dazu, sich zu bewegen. Es ist unklar, ob dieses Verhaltensmuster – im angelsächsischen Sprachraum «Weekend Warrior» (Wochenend-Kämpfer) genannt – langfristig ebenso gesund ist wie regelmässige Bewegung. Die vorliegende Kohortenstudie spricht dafür – bei «Weekend Warriors» war die Sterblichkeit (Gesamtsterblichkeit, sowie Herz-Kreislauf- und Krebs-Sterblichkeit) gegenüber gänzlich inaktiven Personen in ähnlichem Mass verringert wie bei solchen mit regelmässiger körperlicher Aktivität. (O’Donovan G, Lee IM, Hamer M et al. Association of „weekend warrior“ and other: leisure time physical activity patterns with risks for all-cause, cardiovascular disease, and cancer mortality. JAMA Intern Med 2017 (1. März); 177: 335-42) .
    Falls man bereits eine KHK hat,scheint es am optimalsten, falls alle 20 Minuten Inaktivität (Sitzen, Liegen) 7 Minuten leichte körperliche Aktivität/Bewegung folgt! (Ramadi A et al.: Relationship between breaks in sedentary behaviour and free living physical activity … in individuals with coronary artery disease. ePoster Canadian Cardiovascular Congress, Oct. 2018, Toronto)
    Oder:

  • HIIT: einmal pro Stunde 20 Sekunden Sprint auf der Stelle…
    Ganz so wenig Mühe kostet es doch nicht, was Wissenschaftler im Fachblatt Medicine and Science in Sports and Exercise vorstellen. Das Team der University of Texas in Austin testete Freiwillige, die auf einem feststehenden Ergometer mit Schwungrad vier Sekunden lang alles gaben. Nach einer Pause von 45 Sekunden ging es erneut für vier Sekunden in die Vollen, insgesamt fünfmal. Stündlich wiederholten die Probanden die Belastung über acht Stunden hinweg, also die Länge eines Arbeitstages.
    In der Sportmedizin galt lange die Auffassung, dass Ausdauer optimal trainiert, wer dreimal pro Woche 50 Minuten joggt, radelt, schwimmt oder rudert. Mit regelmässig 150 Minuten wöchentlich könne, so die Annahme, das Leben um mehrere Jahre verlängert werden. In jüngster Zeit setzte sich die Erkenntnis durch, dass intensive Belastungen von über 6 Stunden pro Woche für unser Herz und Kreislauf sehr schädlich sind, aber solche von 75 Minuten pro Woche in kleinen Einheiten ähnlich nützlich sind. «Weekend Warrior», also gestresste Managertypen, die nur Samstag oder Sonntag Läufe oder Radtouren unternehmen, hören das sicher gerne (aber bitte nicht auch noch leistungsbetont, selbstoptimiert!).
    Nun wird das Training sogar in den Sekundenbereich verknappt.
    Ich finde das super – wenig bringt schon ganz viel! Einmal pro Stunde 20 Sekunden wären im Alltag aber leichter umzusetzen und genauso sinnvoll. Statt des Trainingsrades könne ein Sprint auf der Stelle oder ein schneller «Hampelmann» ähnliches leisten. Auch draussen im Grünen kann ein kurzer Anstieg mal besonders schnell gemacht werden.
    Die Studie hält wichtige Anregungen bereit: Kurz das sesshafte Leben unterbrechen und ein paarmal täglich ausser Atem kommen, stimuliert genussvoll Muskeln, Leber und Kreislauf. Würde man die Menschen so auf zehn Minuten intensive Betätigung am Tag bringen, wäre die Rate der Herzkreislaufkrankheiten halbiert!
    (Studien hier & hier)

  • Fluglärm ist ein kardiovaskulärer Risikofaktor!
    (1) Hansell AL, Blangiardo M, Fortunato L et al. Aircraft noise and cardiovascular disease near Heathrow airport in London: small area study. BMJ 2013 (8. Oktober); 347: f5561
    2) Correia AW, Peters L, Levy JI et al. Residential exposure to aircraft noise and hospital admissions for cardiovascular diseases: multi-airport retrospective study. BMJ. 2013 (8.Oktober); 347: f5561)

    In diesen zwei Studien wurde der Zusammenhang zwischen der Belastung durch Fluglärm und kardiovaskulären Erkrankungen untersucht. In London (3,6 Mio. Personen rund um den Flughafen Heathrow) war das relative Risiko, wegen eines Schlaganfalls oder einer akuten kardiovaskulären Erkrankung hospitalisiert zu werden, signifikant erhöht, wenn die Region mit der höchsten Lärmbelastung (über 63 dB) mit derjenigen mit der geringsten (unter 51 dB) verglichen wurde. In der US-Studie (6 Mio. Personen in der direkten Umgebung von 89 Flughäfen) waren die Zuweisungsraten für akute kardiovaskuläre Erkrankungen bei einer Zunahme der Lärmbelastung um 10 dB um jeweils 3,5% höher. Eine kausale Bedeutung weiterer Umweltfaktoren konnte für die Faktoren Luftverschmutzung und Verkehrslärm in der US-Studie ausgeschlossen werden.
    >>>mehr über Lärm als Dauerstress in meinem Blog>>>
  • Mehr Raum im Oberkörper tut dem Herzen und seinem Kreislauf sehr gut! Als Menschen (mit der Wirbelsäule im Brustraum hinten im Rücken) verkürzen wir im Leben vor allem vorne in der Frontallinie und leiden häufig im Alter an einem Rundrücken. Eine Verlängerung der Frontal- und Mittellinie und damit mehr Innenraum und mehr Aufrichtung im Oberkörper können strukturelle Methoden erreichen, deren Ziel eine grössere „Tiefenaktivität“ der innen gelegenen Rumpfstabilisatoren (und eine Entspannung der oberflächlichen Rumpfhülle) ist: Alexandertraining, Polarity, Rolfing,…
    Katzen haben schon immer gewusst, was sich gegen eine Verkürzung der Vorderwand machen lässt:

      und als Mensch auf zwei Beinen tut man dies am besten gegen eine Wand –
    und dies ist die beste Übung gegen einen Rundrücken!
    hier auf dieser Website >>>

A-B-Typologie durch Friedman und Roseman:

Den sog. A-Typ könnte man auch einen „Sympathikotoniker“ nennen >>> siehe mehr hier!
Diese Untersuchungen stammen zum grössten Teil aus medizinischen Untersuchungen zu koronargefährdendem Verhalten. Die so genannte Typ-A-Persönlichkeit hat zur Erklärung von Herz-Kreislauferkrankungen  besondere Beachtung gefunden (inzwischen weiss man, dass nicht jede Typ-A-Person einen Herzinfarkt erleiden wird; auch die entspannteren Typ-B-Persönlichkeiten bleiben nicht von koronaren Herzkrankheiten verschont).
Typ A Verhalten ist gekennzeichnet durch:
Starke Wettbewerbsorientierung: diszipliniert, tüchtig, verantwortungsbewusst, dominierend, aggressiv, feindselig.
Neigung zu extremer Verausgabung: verspannt, überlastet, gestresst, immer in Zeitnot, ungeduldig.
erhöhte Reizbarkeit und Gereiztheit im Zusammenhang mit Neurotizismus und Tendenzen zu Angst und Depression.
psychophysisches Risikoverhalten: unregelmässige Ernährung, mangelnde Körperbewegung im Wechsel mit sportlichen Höchstleistungen, wenig kontrollierter Genussmittelkonsum, Schlafdefizite.
Typ A ist ebenfalls durch ein spezifisches Muster von Coping-Strategien gekennzeichnet, z.B. versucht er immer mehr in immer weniger Zeit zu erreichen. Doch nicht die hohe Leistungsorientierung, sondern die defensive Komponente (Feindseligkeit) hat sich in späteren Untersuchungen als das zentrale krankheitsfördernde Merkmal herausgestellt.
Eine feindselige Haltung gegen Mitmenschen führt zu einem höheren Herzinfarktrisiko als Fettleibigkeit, Rauchen und hohe Blutfettwerte! Das fanden US-Psychologen heraus, die drei Jahre lang 774 ältere Männer beobachteten. Durch permanente Antipathie führen sich die Betroffenen selbst Stress zu. Dieser Stress könnte etwa zu schädlichen hormonellen Reaktionen oder zu Herzrhythmusstörungen führen, vermuten die Forscher. Knapp sechs Prozent der Probanden, die sich auf Grund eines Fragebogens als sehr feindselig erwiesen hatten, bekamen in dieser Zeit eine Erkrankung der Herzkranzgefässe. In einer zweiten Studie wurden 792 ältere Frauen beobachtet: Die Gruppe mit der grössten Feindseligkeit hatte eine doppelt so grosses Risiko einen Herzinfarkt zu erleiden wie die Gruppe mit der kleinsten Feindseligkeit (Am J Epidemiol 2002 Dec 15;156(12):1092-9).

Das Risiko abschätzen.

Der einfachste Test: 40 Liegestützen!

Wenn eine Ärztin prüfen will, wie gesund das Herz eines Patienten ist, macht sie mit ihm einen Leistungstest – idealerweise auf dem Fahrradergometer oder dem Laufband. Doch das ist zeitaufwendig, und die wenigsten Arztpraxen verfügen über die teuren Sportgeräte.
Jetzt könnte allerdings noch eine dritte Testmöglichkeit dazukommen – eine, die jeder Hausarzt durchführen kann und die nur ein bis zwei Minuten beansprucht. Der Arzt müsste seinen Patienten einfach nur auffordern: Machen Sie einmal so viele Liegestütze, wie Sie können, und ich sage Ihnen danach, wie gesund Ihr Herz ist.
Auf diese verblüffende Formel sind Forschende der Harvard University gekommen. Über einen Zeitraum von zehn Jahren haben sie die Daten von mehr als 1000 Feuerwehrleuten ausgewertet.
Als Ausgangspunkt ihrer Untersuchung ermittelten die Forschenden, wie viele Liegestütze und wie viel Zeit die Männer auf dem Laufband absolvieren können, wenn sie sich submaximal verausgaben, also bei 80 bis 90 Prozent ihrer maximalen Belastungsgrenze.
Nach zehn Jahren wurde gegenübergestellt, ob und allenfalls wie stark sich die Anzahl der machbaren Liegestütze auf die Herz-Kreislauf-Stabilität und ein mögliches Infarktrisiko der Männer ausgewirkt hatte.
Das Ergebnis: Die Probanden, die mehr als 40 Liegestütze am Stück machen konnten, hatten ein um bis zu 96 Prozent geringeres Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen wie zum Beispiel einen Herzinfarkt. Im Laufe der zehn Jahre hatte es unter den Studienteilnehmern 37 Infarktfälle gegeben – 36 davon bei Männern, die weniger als 40 Liegestütze schafften. (Studie)

Berechnungen

Für die Berechnung des kardiovaskulären Risikos gibt es verschiedene Instrumente (PROCAM, EU-Score, Framingham Score).
Wie oben schon erwähnt, sind hier die Faktoren im Vordergrund, die einfach in der ärztlichen Praxis gemessen werden können – und für die eine pfannenfertige Behandlung (meist mit Medikamenten!) bereit liegt. Diese messbaren Werte (Blutdruck, Blutfette, Blutzucker) sind aber weitgehend bereits Sekundärsymptome von viel wichtigeren Risikofaktoren, wie Dauerstress, Bewegungsarmut und Genetik.

Der am besten validierte Score ist der Framingham Score. Gleichzeitig ist bekannt, dass auch das Vorhandensein eines Metabolischen Syndroms das Risiko für eine koronare Herzkrankheit erhöht, aber mit dem Framingham Score lässt sich das Risiko präziser vorhersagen. (Metabolic Syndrome vs Framingham Score for Prediction of Coronary Heart Disease, Stroke, and Type 2 Diabetes mellitus. Wannamehtee SG et al. Arch Intern Med 2005; 165: 2644-50:  Das metabolische Syndrom ist ein genauerer Prädiktor für das Auftreten eines Diabetes mellitus.

Framingham-Studie

Punkte und 5-Jahreswahrscheinlichkeit (%) für das Auftreten einer KHK (koronarern Herzkrankheit):

Punkte % Punkte % Punkte % Punkte %
0 bis 1 < 1 9 2 17 6 25 14
2 1 10 2 18 7 26 16
3 1 11 3 19 8 27 17
4 1 12 3 20 8 28 19
5 1 13 3 21 9 29 20
6 1 14 4 22 11 30 22
7 1 15 5 23 12 31 24
8 2 16 5 24 13 32 25

PREDICT-Studie: Abnehmendes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse

Was Hausärzt*innen intuitiv in ihrer täglichen Praxis schon vermuteten, erhält nun Unterstützung durch eine Untersuchung an über 400 000 PatientInnen aus Hausarztpraxen («primary care patients») in Neuseeland ohne klinisch bekannte, vorbestehende kardiovaskuläre oder renale Erkrankungen: Das wirk­liche Risiko, ein kardiovaskuläres Ereignis zu erleiden, ist deutlich geringer als in den schon etwas in die Jahre gekommenen, aber immer noch die Basis unserer Interventionen bestimmenden Risikostratifizierungen (Framingham-Daten et al.)! Bei etwa 55-jährigen PatientInnen beträgt das Risiko eines kardiovaskulären Ereignisses innerhalb der nächsten fünf Jahre lediglich 2,3% bei Frauen und 3,2% bei Männern (bei europäischer Herkunft noch tiefer).
Ärzt*innen werden ihre Vorgehensweisen an diese veränderte Epidemiologie adaptieren müssen, um Überbehandlungen zu vermeiden. Anderseits müssen wir im Sinne der Persona­lisierung Risikopopulationen neu definieren (und erkennen) und damit Unterbehandlungenauf individueller Basis zu verhindern suchen. (The Lancet 2018, doi.org/10.1016/S0140-6736(18)30664-0)

ESC Score¹

10-Jahres-Risiko für tödliche kardiovaskuläre Krankheiten in europäischen Regionen mit niedrigem kardiovaskulärem Krankheitsrisiko (z.B. Schweiz):

Dieser Score ist sehr brauchbar in der täglichen (Hausarzt-)Praxis: Man kann gut ersehen, ob z.B. die Bestimmung des Cholesterins überhaupt einen Sinn macht. Man sieht auch schnell die Wertigkeit der verschiedenen Risikofaktoren (z.B. Rauchen gegenüber Blutfetten oder Blutdruck), was sich also lohnt zu behandeln.

Was überhaupt nicht beachtet wird, ist der Dauerstress und der Bewegungsmangel!

Mit positiver Familienvorgeschichte für KHK muss man das Risiko in diesem Score verdoppeln – was aber neuerdings auch sehr umstritten ist (meist kleineres und sehr individuelles Risiko)! (DeBacker G et al. European guidelines on cardiovascular disease prevention in clinical practice. The Third Joint Task Force of European and other Societies on Cardiovascular Disease Prevention in Clinical Practice (constituted by representatives of eight societies and by invited experts) executive summary. Eur Heart J 2003; 24: 1601–10)

Risikoberechnung der koronaren Herzkrankheit unter  www.kardiolab.ch : PROCAM Risk Calculator (hier ist auch Familienrisiko eingeschlossen) und speziell für Frauen: Framingham Risk Assessment.
oder hier: www.riskscore.org.uk

Nach einem akuten Koronarsyndrom (Herzinfarkte mit oder ohne ST-Veränderungen, instabile Angina pectoris) lässt sich auf Grund der Ergebnisse der Beobachtungsstudie GRACE (Fox KA et al. Prediction of risk of death and myocardial infarction in the six months after presentation with acute coronary syndrome: prospective multinational observational study (GRACE)). BMJ 2006 (25. November); 333: 1091-6) mit relativ einfach zu ermittelnden Angaben das Sterbe- und Reinfarktrisiko berechnen. Das vereinfachte GRACE-Modell kann als Rechner vom Internet heruntergeladen werden: www.outcomes.org/grace .

Wir haben 3 Milliarden Herzschläge im Leben zu Gute!

Die Herzfrequenz ist ein noch viel zu wenig beachteter kardiovaskulärer Hauptrisikofaktor. Nach dem Alter, dem männlichen Geschlecht, der genetischen Prädisposition und der Hypertonie sollte die Herzfrequenz bereits an fünfter Stelle der wichtigsten Risikofaktoren aufgeführt werden.
Es ist davon auszugehen, dass allen Menschen gewissermassen ein Kapital von rund drei Milliarden Herzschlägen auf den Lebensweg mitgegeben wird!
Wer sparsamer damit umgeht, lebt länger, wer verschwenderisch ist, entsprechend kürzer. Mit einem Puls von 80 Schlägen pro Minute sind 71 Lebensjahre möglich, mit einer Frequenz von 100 dagegen nur 57 Jahre! Mit einer Herzfrequenz von 60 lässt sich ein Alter von 96 Jahren, mit etwas Sport und einem Ruhepuls von 50 gar von 115 Jahren erreichen! Auch bei Tieren ist übrigens die Lebenszeit frequenzabhängig. Kleine Tiere wie Mäuse mit einem Puls von 400 bis 500 Schlägen pro Minute werden nur 3 bis 4 Jahre alt, dagegen Elefanten mit einer Herzfrequenz von etwa 30 und Wale (6 bis 40 pro Minute) 30 Jahre.
Warum ist eine geringe Herzfrequenz so vorteilhaft? bei langsamem Herzschlag dauert die Diastole länger. Eine geringe Herzfrequenz verbessert die Koronarperfusion, weil sich der Koronarfluss weitgehend auf die Diastole beschränkt, und vermindert überdies den Sauerstoffverbrauch des Herzmuskels. Ein erhöhter Puls verstärkt dagegen den oxydativen Stress und den Umbau des Herzens (Remodeling). Das Herz dilatiert (erweitert sich) also bei einer Tachykardie (hoher Puls) schneller als bei einer Bradykardie (langsamer Puls).

Yoga mit Meditation hilft gegen Vorhofflimmern

In dieser Studie wurden die Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern zunächst mit drei Monaten sportlichen Aktivitäten ihrer Wahl behandelt. Anschliessend nahmen die Leute drei Monate lang an einem überwachten Yoga-Programm mit Atemübungen, Yoga-Stellungen, Meditation und Entspannung teil. Keiner der Probanden hatte vorher bereits Erfahrung mit den fernöstlichen Übungen.
Es zeigte sich, dass während der Yoga-Interventions-Phase die Episoden von Vorhofflimmern um die Hälfte zurückgingen. Ausserdem verringerten sich Angst- und Depressions-Symptome und die Lebensqualität stieg.
Als Wirkungsmechanismus werden günstige Einflüsse auf den Sympathikotonus diskutiert. (mehr zur Entspannung >>>hier!).

Und… gegen Vorhofflimmern hilft massiv ein völliger Alkoholstopp!

Statine – Medikamente gegen den Herzinfarkt?

Eine Metaanalyse von 25’000 Personen (Durchschnittsalter 73 Jahre, Follow-up 3,5 Jahre), die Statine (Blutfettsenker) einnahmen oder nicht, ergab bei den Statin-Nutzern eine relative Reduktion der Myokardinfarktrate um 40% und der Schlaganfallrate um 25%!
Die Mortalität (Sterblichkeit) jeglicher Ursache wurde durch diese Statineinnahme jedoch nicht beeinflusst!
Welche Todesursache hätten Sie denn gern? Herzinfarkt oder Demenz?!
(Savarese G, et al. J Am Coll Cardiol. 2013; doi:10. 1016/j.acc.2013.07.069)

Der Albtraum beginnt danach: Posttraumatische Belastungsstörung nach einem Herzinfarkt

Todesangst und Kontrollverlust! Wer einen Herzinfarkt hat, geht auch psychisch durch extreme Zeiten. Ungefähr jeder Zehnte leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Bei dieser Störung haben Patienten Albträume und einen gestörten Schlaf. Zudem drehen sie das Ereignis dauernd im Kopf und haben eine grosse Angst vor einem weiteren Infarkt.
Und diese Symptome sind riskant. Sie können einen weiteren Herzinfarkt auslösen. Eine posttraumatische Belastungsstörung verdoppelt das Risiko, in den nächsten ein bis zwei Jahren an einem weiteren Herzinfarkt zu sterben.
Je grösser die psychische Belastung nach dem Herzinfarkt, desto höher ist das Risiko für einen erneuten Aufenthalt im Spital. Forscher vermuten, dass traumatisierte Patienten weniger gut auf die Gesundheit achten. So schaffen es traumatisierte nach dem Herzinfarkt zum Beispiel seltener, das Rauchen aufzugeben oder ihre Medikamente regelmässig einzunehmen.
Prophylaktisch ist entscheidend, die Symptome früh zu erkennen. Dabei sind vor allem die Spitäler gefordert. Das Personal der Herzabteilungen spielt dabei eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, traumatische Reaktionen zu verhindern. Ärzte und Pflegepersonal sollten die verunsicherten Herzpatienten ernst nehmen und ihnen mit einer guten Aufklärung und Beratung wieder Sicherheit vermitteln. Herzspezialisten sollten in den ersten Monaten nach einem Herzinfarkt psychische Symptome immer wieder gezielt erfragen. So könnte man dem Patienten bei Bedarf früh eine Psychotherapie bieten.
Besonders gefährdet sind Patienten über 60 Jahre ist. Sie erleiden eher eine posttraumatische Belastungsstörung. Der Grund: Mit steigendem Alter kann man weniger gut mit Stress umgehen und man wird schmerzempfindlicher. Auch Menschen ohne funktionierendes soziales Netz und die bereits an einer psychischer Krankheit leiden, sind mehr gefährdet.
Auch Patienten können vorbeugen: Ein Herzinfarkt hinterlässt das Gefühl, dass etwas mit dem Körper nicht in Ordnung ist. Daher sollte man wieder positive Erfahrungen machen. Dabei hilft Bewegung. Ausserdem sollen Patienten mit Freunden, Ärzten und Therapeuten über ihre Ängste sprechen. Man sollte zudem versuchen, im Herzinfarkt einen Sinn zu erkennen. Zum Beispiel, indem man ihn zum Anlass nimmt, das Rauchen aufzugeben, sich gesünder zu ernähren oder sich mehr zu bewegen.
Das hilft nach dem Herzinfarkt:
– Sprechen Sie mit vertrauten Menschen über Ihre Erlebnisse.
– Machen Sie regelmässiges Bewegungstraining wie Gehen, Gymnastik oder Übungen am Heimtrainer. Auch Schwimmen, Langlauf, leichtes Joggen und Fahrradfahren eignet sich. Tun Sie das, was Ihnen Freude macht.
– Vermeiden Sie Stress.
– Machen Sie Entspannungstraining wie autogenes Training, progressive Muskelentspannung oder Yoga. Es hilft gegen Nervosität, Herzjagen und hohen Blutdruck.
– Ernähren Sie sich abwechslungsreich und gesund: mit wenig tierischem Fett, wenig Zucker, viel Obst und Gemüse.
– Achten Sie auf Ihr Gewicht
– Lassen Sie sich regelmässig vom Arzt untersuchen
– Gehen Sie den Ursachen des Herzinfarktes auf den Grund: Welche Prioritäten habe ich bis jetzt im Leben gesetzt? >>>Lesen Sie dazu hier auf dieser Website!
– Suchen Sie Hilfe bei Problemen am Arbeitsplatz oder in der Familie.
Mehr Infos:
Über die (allgegenwärtige) Todesangst hier auf dieser Website!
Merkblatt «Empfehlungen für den Umgang mit belastenden Ereignissen», herausgegeben vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und der Föderation Schweizer Psychologinnen und Psychologen: www.nfszh.ch/hilfen-fuer-betroffene

Veröffentlicht am 15. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
16. Mai 2024

Rauchen und Stopp!

Rauchen ist unsexy! „Kissing a smoker is like licking an ashtray!“

Was tun?!

Lesen Sie meine Einschüchterungen am besten NICHT, was Sie sich mit Rauchen antun…
Man hat gemerkt, dass das Nikotin-Craving neben der Verhaltens-Konditionierung (Gewohnheit) klar im Zusammenhang steht mit einer selektiv verminderten Amygdala-Antwort des Hirns auf Angstsignale. Dies besteht auch bei allen anderen Drogenabhängigen und ist eventuell auch eine vor bestehende Verletzlichkeit dieser Menschen. Deshalb wirken wohl auch die angstmachenden Warnhinweise auf den Zigarettenschachteln rein gar nichts! (Onur OA, et al.: Overnight deprivation from smoking disrupts amygdala responses to fear. Hum Brain Mapp 2011;May 26)

…und denken Sie darüber nach, was viel schädlicher ist als Nikotin:
Der neue Zeitgeist der Nulltoleranz!
Die Moral und damit die soziale Kontrolle funktioniert heute nicht mehr über Sex, sondern über Gesundheit! Die Kontrolle funktioniert über den Körper-, Schlankheits-, Fitnesskult, über die Ernährung und die Leistungsfähigkeit. Seit Sparta gibt es eine Form von Gesundheitsfaschismus. Das gehört zum menschlichen Dasein. Der Kult von Reinheit, Stärke, Körper – bis hin zur Rassereinheit im Nationalsozialismus. Gesundheitsbewegungen hatten immer etwas zutiefst Antiliberales. Umgekehrt hat der Genuss immer etwas Subversives, Ideentreibendes, Verdächtiges. Dadurch bekommt Rauchen heute langsam den Status von Pornografie. Etwas Abstossendes und Anziehendes zugleich.

In dieser ambivalenten Situation trennen sich auch die Glückssucher von den Unglücksvermeider, zwei völlig verschiedene Typen: Die einen stellen ihr Leben völlig auf Sicherheit ein (kein Rauch, gesundes Essen, keine AKW…) und die anderen suchen das Glück, den Exzess und sind bereit, Unglück (und frühen Tod und Krankheit durch Rauchen, etc.) zu riskieren!

Wie war es vor dem Rauchen?

Gehen Sie in sich und suchen Sie nach bildhaften Erinnerungen von Situationen, in denen Sie sich und die Welt geliebt – gesund gelebt und sich gut dabei gefühlt haben. Vielleicht war es ein Urlaub als Sie Kind waren: Sie machten lange Strandwanderungen mit einem Freund, und abends sass man auf der Düne und sah in den Sonnenuntergang. Sie rannten als Kind um die Wette und spielten ausgelassen. Lassen Sie diese Bilder in sich leben und führen Sie sich vor Augen, dass dabei der Atem ganz frei lief, ohne das eine Zigarette im Spiel war.

Wie hat alles angefangen?

Gehen Sie zurück, wie alles angefangen hat: Begannen Sie in den Jugendjahren zu rauchen, als das Interesse am anderen Geschlecht begann? War dies ein Riesenstress und war die Zigarette die richtige Droge zur Überwindung von Angst und Scham? Oder war das Rauchen in diesen frühen Jahren ein Versuch, etwas zu sein? Erwachsen zu sein? War das Rauchen ein Teil der Rebellion gegenüber dem Elternhaus? Ein Zusammengehörigkeitsritual Ihrer Peergroup?
Nun sind Sie aber in der heutigen Situation: Die Angst und Scham hat sicher ab- und Ihr sozialer Status zugenommen. Die Rebellion ist wohl nicht mehr nötig und die Rituale des Zusammenseins haben sich verändert. Ist die Zigarette wirklich noch notwendig?!

Probieren Sie, auf Ihren Körper zu hören!

Ich sage den Leuten nicht, dass sie mit Rauchen aufhören sollen, das bringt nichts! Stattdessen helfe ich ihnen, in ihre Körper zu sehen. Die meisten meiner Patient*innen haben mit zwölf oder 13 Jahren angefangen zu rauchen, um in der Schule cool zu sein oder um zu rebellieren.
Das Gefühl der Coolness und die Rebellion sind dann die Belohnung.
Um diese Belohnung zu bekommen, überwinden sie die Tatsache, dass Zigaretten schlecht schmecken, dass ihnen vielleicht sogar übel davon wird, weil es ja ein Gift ist. Als Nächstes entwickelt der Körper eine Nikotinsucht. Das Verhalten wird negativ verstärkt, weil die Leute sich schlecht fühlen, wenn sie nicht rauchen. Sie achten nur noch darauf, dass sie Nikotin bekommen, nicht darauf, wie Rauchen sich eigentlich anfühlt.
Die Lösung wäre, sich dahin zu bringen, beim Rauchen wieder aufmerksam zu werden, auf den Körper zu hören. Wie fühlt sich Rauchen eigentlich an? Was habe ich davon? Auf einmal merken Sie: Zigaretten schmecken furchtbar! Ich sauge überhitzten Rauch in meine Lunge! Es stinkt. Mein Partner hasst, wie mein Atem riecht.
Das Verhalten wird damit entzaubert. Das ist ein sehr wichtiger Schritt, um mit dem Rauchen aufzuhören.
Judson Brewer hatte mit dieser Behandlung in einer Studie fünfmal so hohe Erfolgsquoten wie ein Programm namens „Freedom from Smoking“, das in den USA als ein Goldstandard gilt.

„Meditativ“ Rauchen…

Machen Sie aus jedem Zug an Ihrer Zigarette eine „Meditation“: Warten Sie nach einem Zug, werden Sie sehr langsam, sehr achtsam auf das, was diese kleine Dose Droge wirklich bei Ihnen bewirkt! Sie müssen dazu wirklich Pausen machen, abwarten und sehr genau in sich rein fühlen. Sie werden merken, dass bereits kleinere Dosen das bewirken, was Sie wirklich von einer Zigarette erwarten.  Und…auf einmal merken Sie: Zigaretten schmecken furchtbar! Ich sauge überhitzten Rauch in meine Lunge! Es stinkt.
Alles wird bewusster – und die Anzahl Zigaretten und die Anzahl Züge an jeder Zigarette werden sich automatisch reduzieren.

Dann: Leben Sie als Raucher „Ihr Feuer“? Und wo – neben dem Rauchen – in Ihrem Leben?! Und wie leben Sie den Genuss in Ihrem Leben?
Ist Rauchen „Ihr Genuss“?

Wie beginne ich das Stoppen: mit Willenskraft? Nein: mit Gewohnheiten!

Wir überschätzen uns und unsere Willenskraft. Wir glauben, wenn wir uns nur am Riemen reissen, könnten wir jederzeit unser Verhalten steuern und unsere Ziele erreichen. Das stimmt aber leider nicht.

Wie heilt alles wieder?

Dann vergegenwärtigen Sie sich alle Heilungsschritte, die nach dem Rauchstopp sofort eintreten.
Und… es ist nie zu spät, mit Rauchen aufzuhören!

Die grösste Sucht… und die gefährlichste…

Ein Drittel der Männer und ein Fünftel der Frauen in der Schweiz und in Deutschland rauchen, sind also nikotinabhängig. Damit ist Rauchen unsere grösste Sucht – und sie ist auch die gefährlichste. Die im Tabakrauch bislang etwa 7000 analysierten verschiedenen Chemikalien neben Nikotin verursachen eine endlose Reihe gesundheitlicher Störungen- und massive Umweltschäden. Man kann heute ruhig behaupten, dass jede Zelle und jedes Organ im menschlichen Körper durch Rauchen geschädigt wird.

Der Leitsatz von Paracelsus, dass jedes Gift auch eine Heilwirkung hat und dies nur von seiner Dosis abhängt, darf so vom Tabakrauch nicht behauptet werden. Auch kleinste tägliche Mengen Zigaretten schädigen und helfen nichts. Selbst die Hilfe gegen Stress ist bereits als reiner Mythos entlarvt: Wie Andrew Parrot von der Universität East London nachwies, hilft Nikotin absolut nicht gegen Stress – faktisch ist die vermeintlich entspannende Wirkung des Rauchens vielmehr unmittelbarer Ausdruck der Sucht, da Rauchen dem immer als stressig erlebten Entzug eines abfallenden Nikotinspiegels „danach“ wie alle Abhängigen mit erneuter Stoffaufnahme begegnen. Rauchen „entspannt“ also nur insoweit, als es den Entzugsstress mindert. Da es aber gleichzeitig den faktischen (Sucht-)Stress für den Organismus erhöht oder auf dauernd hohem Niveau hält, bleibt der süchtige Raucher immer in einem Teufelskreislauf gefangen. Raucher manipulieren ihr endogenes Opiatsystem. Der Nikotinentzug entspricht dem Opiatentzug. Ohne Endorphinausschüttung verliert jedes Leben seine Freuden. Raucher sind folglich tatsächlich nur noch mit Nikotin einigermassen genussfähig. Doch sind durch das Rauchen immer alle fünf Sinne mehr oder weniger besetzt oder ausgeschaltet: man schmeckt nur noch wenig, riecht schlecht, der Rauch reizt die Augen und das Halten der Zigarette besetzt die Tastfunktion der Finger und auch das Gehör altert durch die mangelnde Durchblutung viel rasanter.
.

.

.

Rauchen ist eine massive Umweltzerstörung!

Das Rauchen schadet laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht nur der Gesundheit, sondern auch der Umwelt enorm. Jedes Jahr kosteten Herstellung und Konsum von Tabak mehr als acht Millionen Menschenleben, 600 Millionen Bäume, 200’000 Hektar Land sowie 22 Milliarden Tonnen Wasser und setzten rund 84 Millionen Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) frei, rechnet die WHO in einem neuen Bericht unter dem Titel «Tabak: Vergiftung unseres Planeten» vor. Die CO2-Menge entspreche dem Ausstoss von etwa 17 Millionen benzinbetriebenen Autos jährlich.

Tabakprodukte enthalten über 7000 giftige Chemikalien, die beim Wegwerfen in die Umwelt gelangen.Rund 4,5 Billionen Zigarettenfilter landen jedes Jahr in Ozeanen und Flüssen, auf Trottoirs und Böden und an Stränden. Die Kosten für die Beseitigung weggeworfener Tabakerzeugnisse tragen dabei immer die Steuerzahler und nicht die Industrie. Dies kostet China jährlich etwa 2,6 Milliarden Dollar und Indien etwa 766 Millionen Dollar.
Die WHO fordert Länder und Städte auf, die Industrie bei der Beseitigung der Tabakreste stärker in die Pflicht zu nehmen. Ausserdem soll die Politik ein Verbot von Zigarettenfiltern in Betracht ziehen. Diese enthalten Mikroplastik und tragen stark zur Plastikverschmutzung bei. Ihr gesundheitlicher Nutzen ist hingegen nicht nachgewiesen, so die WHO. (Mai 2022)

Ein Rauchstopp verbessert das seelische Gleichgewicht.

Ein Streit mit dem Partner oder Ärger bei der Arbeit – in solchen Situationen scheint eine Zigarette zu helfen. Doch Nikotin beruhigt die Nerven nur kurzfristig. Besser für die Psyche ist ein Rauchstopp. Zu diesem Schluss kommt eine neue Übersichtsstudie der unabhängigen Cochrane-Forscher 2021. Sie analysierten über 100 Studien mit insgesamt rund 170’000 Frauen und Männern. Nach dem Rauchstopp litten die Teilnehmer weniger an Stress, Ängsten und Depressionen als jene, die weiter rauchten. Den allermeisten geht es nach dem Rauchstopp deutlich besser. Nur in den ersten Tagen ist man wegen des Entzugs nervös oder unausgeglichen. Dann ist es wichtig, dass das Umfeld die Betroffenen unterstütze. Zudem soll man einen günstigen Zeitpunkt mit wenig Stress wählen und das Rauchzeug ganz verschwinden lassen.

Heilungsschritte:

Die Risiken des Rauchens steigen mit der täglichen Dosis linear (sind aber auch schon bei wenigen Zigaretten pro Tag massiv!), mit der Zeitdauer aber exponentiell. Deshalb ist eine Reduktion der Zigarettenmenge oder Wechseln auf eine „schwächere“ Zigarette nur wenig wirksam, jedoch ein Stopp (oder Pause – siehe Länge bis Besserungen unten) enorm viel wirksamer!
Sobald die letzte Zigarette geraucht ist, beginnt im Körper eine Reihe Veränderungen: Innerhalb von 20 Minuten erniedrigen sich der Blutdruck, die Körpertemperatur und die Herzschlagfrequenz auf die Werte, welche man als Nichtraucher hätte. Die Temperatur der Hände normalisiert sich. Die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit steigt.  Der Altersschwund der Sehschärfe verringert sich. Die Zähne erhalten nach der Reinigung ihre normale Farbe zurück. Nach acht Stunden ist der Raucheratem verschwunden und das Giftgas Kohlenmonoxid ist in den roten Blutkörperchen durch Sauerstoff ersetzt worden. Die Muskeln werden leistungsfähiger. Schon nach 24 Stunden ist das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, gesunken. Nach 48 Stunden finden Veränderungen in den Nervenenden statt, welche den Geruchs- und den Geschmackssinn wieder verfeinern. Die Blutgefässe in Magen und Darm arbeiten wieder optimal – dadurch verbessert sich die Nahrungsaufnahme. Das Risiko für Magenkrebs sinkt bereits.
Innerhalb von drei Tagen wird man wieder besser atmen können. Innerhalb zwei oder drei Monaten verbessert sich die Blutzirkulation. Damit wird das Gehen erleichtert, und die Lungenkapazität erhöht sich um bis zu 30 Prozent. Zwischen einem und neun Monaten verebbt die chronische Reizung der Nasennebenhöhlen, und die feinen Härchen in den Lungen, welche Fremdstoffe entfernen helfen, sind wieder nachgewachsen, was dem Raucherhusten ein Ende bereitet. man ist allgemein wieder leistungsfähiger. Schlafstörungen verschwinden, der Schlaf wird tiefer. Zwischen 6 bis 12 Monate nehmen auch die Durchblutungsstörungen (Kribbeln, Schmerzen) der Hände und Füsse ab.
Nach einem Jahr ist das Risiko einer Erkrankung der Herzkranzgefässe halb so gross wie das eines Rauchers. Die gelben Ränder an den Händen verschwinden. Zwischen 1 bis 2 Jahre sinkt die Thrombosegefahr in den Venen der Beine auf 50 Prozent. Nach zwei Jahren fällt das Risiko eines Herzinfarktes auf nahezu normale Werte. Die Parodontose (Zahnfleischentzündung) geht zurück. Nach 4 Jahren sinkt das Risiko für Lippen-, Mundhöhlen- und Zungenkrebs auf 50 Prozent. Nach fünf Jahren nimmt das Risiko eines Schlaganfalles ab, das Risiko, an Lungenkrebs zu sterben, ist wesentlich geringer gegenüber früher, das Risiko für Krebserkrankungen der Speiseröhre ist nur noch halb so gross wie das des Rauchers. Nach zehn Jahren sterben so wenige frühere Raucher an Lungenkrebs wie Nichtraucher. Die präkanzerösen Zellen sind von gesunden Zellen ersetzt worden. Nach 15 Jahren ist auch das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung nicht mehr grösser als das eines lebenslänglichen Nichtrauchers.

Also: Wer starkes Rauchen für nur ein Jahr unterbricht, hat bereits wieder eine viel bessere Lungenfunktion – und senkt das Risiko, früher zu sterben. Dies sagen auch Margit Pelkonen und ihr Team von der finnischen Universität in Kupio. Sie untersuchten während 30 Jahren finnische Raucherinnen und Raucher. Messungen des Lungenvolumens zeigten, dass eine einjährige Pause genügte, um die Lunge zu regenerieren. Allerdings noch nicht vollständig. Die besten Lungen hatten die kategorischen Nichtraucher. Die Forscher wollen damit Raucher mit missglücktem Aufhörversuch ermutigen, es erneut zu versuchen. Auch wenn sie wieder rückfällig würden, sei das noch lange kein Grund, frustriert zu sein.

Nehme ich beim Rauchstopp nicht viel Gewicht zu?!

NEIN!
Durchschnittlich nimmt man nach dem Stoppen mit den Zigaretten nur etwa 2 bis 5 Kilogramm zu. 10% nehmen sogar etwas ab! Und meist hat man nach einem Jahr wieder sein Ausgangsgewicht erreicht.

Auch wer nach dem Rauchstopp (vorübergehend) zunimmt, lebt gesünder!

Wer mit dem Rauchen aufhört, verringert sein Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich – auch wenn er an Gewicht zunimmt. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von Schweizer und US-Forschern, die gestern im «Journal of the American Medical Association» veröffentlicht wurde. Teilnehmer, die nicht an Diabetes litten und mit dem Rauchen aufhörten, hatten ein um gut 50 Prozent geringeres Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle. Dies sei trotz Gewichtszunahme der Fall gewesen, die im Schnitt nur bei 2,5 bis 3,5 Kilogramm lag, wie die Forscher von der Medizinischen Poliklinik der Universität und des Unispitals Lausanne berichten. Auch bei Diabetikern sank das Herz-Kreislauf-Risiko, allerdings nicht um einen statistisch signifikanten Wert. An der Langzeitstudie hatten zwischen 1984 und 2011 mehr als 3200 Menschen in den USA teilgenommen.

In den Vereinigten Staaten ist Rauchen die häufigste Ursache von vermeidbaren Todesfällen, wie es in der Untersuchung weiter heisst. Die Gewichtszunahme ist den Forschern zufolge die grösste Sorge der Raucher, die aufhören wollen. Demnach machten sich etwa 50 Prozent der Frauen und 25 Prozent der Männer Sorgen, nach einem Rauchstopp zuzunehmen, was sie davon abhalten könne, das Rauchen einzustellen. Amerikaner, die mit dem Rauchen aufhören, nehmen im Schnitt 3 bis 6 Kilo zu. Das zusätzliche Gewicht bleibt einige Zeit bestehen. Bei Diabetikern kann eine Gewichtszunahme die schädlichen Auswirkungen ihrer Erkrankung verschlimmern.
(aus dem Tages-Anzeiger vom 14.3.13)

Warum nimmt man eigentlich zu?!

Der Grund liegt meist nicht darin, dass man mehr und anders isst, sondern in einer veränderten Zusammensetzung der Darmflora nach dem Rauchstopp! Bei Menschen nach dem Rauchstopp verschiebt sich vorübergehend die Population der Darmbewohner in Richtung derjenigen Bakterienstämme, die auch bei Fettleibigen dominieren.

Arbeit schadet Rauchern!

Nikotinabhängige, die mehr als 50 Stunden pro Woche schuften, geben ihr Laster seltener auf als andere! Damit nicht genug: Im Durchschnitt qualmen sie sogar mehr. Und Exraucher werden in Stressphasen häufiger rückfällig, wie eine umfangreiche Analyse ergeben hat (j.socscimed.2014.04.031).
Also: Weniger arbeiten wenn Sie mit Rauchen aufhören und dabei bleiben wollen!

Wie abhängig bin ich?!

Um besser und standardisiert beurteilen zu können, wie
sehr ein Mensch vom Nikotinkonsum abhängig ist, wird von behandelnden Ärzten zunehmend
der Fagerström-Test verwendet. Beantworten Sie
die Fragen, indem Sie die richtigen Kontrollkästchen antippen und die Punkte
werden automatisch zusammengezählt. Zeigen Sie das Ergebnis Ihrem Arzt:

1. Wann nach dem Aufstehen rauchen Sie Ihre erste Zigarette?

  • innerhalb von 5 Minuten (= 3 Punkte)
  • 6 bis 30 Minuten (2 Punkte)
  • 31 bis 60 Minuten (1 Punkt)
  • nach 60 Minuten (0 Punkte)

2. Finden Sie es schwierig, an Orten, wo das Rauchen verboten
ist (z.B. Kirche, Bücherei, Kino usw.) das Rauchen zu unterlassen?

  •  Ja (1 Punkt)
  • Nein (0 Punkte)

3. Auf welche Zigarette würden Sie nicht verzichten wollen?

  • die erste am Morgen (1 Punkt)
  • andere (0 Punkte)

4. Wie viele Zigaretten rauchen Sie im allgemeinen pro Tag?

  • bis 10 (= 0 Punkte)
  • 11 bis 20 (1 Punkt)
  • 21 bis 30 (2 Punkte)
  • 31 und mehr (3 Punkte)

5. Rauchen Sie am Morgen im allgemeinen mehr als am Rest des
Tages?

  • Ja (1 Punkt)
  • Nein (0 Punkte)

6. Kommt es vor, dass Sie rauchen, wenn Sie krank sind und
tagsüber im Bett bleiben müssen?

  • Ja (1 Punkt)
  • Nein (0 Punkte)

Ihr Punktetotal: 

0 bis 2 Punkte
stellt keine bzw. eine nur sehr geringe
Nikotinabhängigkeit dar: Ein Aufhören wird "kinderleicht" sein und
jederzeit gelingen!

3 bis 4 Punkte: geringe Nikotinabhängigkeit: Das Stoppen
wird Ihnen relativ einfach fallen. Tun Sie es!

5 bis 10 Punkte: mittlere bis hohe Nikotinabhängigkeit. Das Aufhören
wird etwas schwieriger, aber gelingt mit den untenstehenden Tricks!

Wie schaffe ich es also aufzuhören?

Dazu Mark Twain: "It's easy to quit smoking. I've done it hundreds of times!"

Mit dem Rauchen aufzuhören, ist nicht einfach, aber Millionen Menschen haben es geschafft, und so können Sie es auch.
Den Kampf gegen den inneren Schweinehund ist hier sehr eindrücklich beschrieben.

Ist es nur eine Sache meines Willens?

Nein! Der Einsatz von "Willenskraft" ist letztlich anstrengend und nutzlos und eine Vorbereitung auf das Versagen. Wenn ich die Überzeugungen, die die Gewohnheiten gewählt haben, transformiere, ändern sich die Gewohnheiten selbst. Sie müssen heute nicht kämpfen, um keine Zigarette zu rauchen. Sie verändern den "Selbsthass", der diese selbstzerstörerische Gewohnheit gewählt hat. Lernen Sie, sich und der Welt mehr zu vertrauen, zu lieben. Gehen Sie nochmals zurück, wie alles begann (siehe oben)...

Vorbereiten auf die Entwöhnung

  • Man darf zuerst mal behaupten, dass auch ein spontaner, rascher Entschluss sehr erfolgreich sein kann! Nach einer neueren Studie zeigte es sich , dass nicht vorausgeplante Stoppversuche sogar mit höherer Wahrscheinlichkeit zum Erfolg führen als solche, die von langer Hand zu einem späteren Zeitpunkt geplant waren: http://bmj.bmjjournals.com/cgi/content/full/332/7539/458 .
  • Setzen Sie ein Datum fest, an dem Sie mit dem Rauchen aufhören wollen.
  • Versuchen Sie, einen Freund/eine Freundin zu überzeugen, ebenfalls, mit Ihnen, mit dem Rauchen aufzuhören. So können Sie sich gegenseitig unterstützen. Der Lebenspartner, der auch raucht, stoppt nach Möglichkeit gleichzeitig!
  • Mit Rauchen zu stoppen ist eine ganz natürliche Entwicklung, falls man jeden Tag beginnt etwas zu laufen! Leicht wird das selbstverständlich nicht, aber Rauchen und tägliches Lauftraining passen einfach nicht zusammen.  Und das Laufen hilft sehr, die Entzugserscheinungen zu überwinden oder schon gar nicht aufkommen zu lassen (z.B. keine Gewichtszunahme!). Sich mehr zu Bewegen und dann das Rauchen aufzugeben bedeutet den symbolischen Abschied von seinem früheren Leben.
  • Notieren Sie sich, wann, wo und wie Sie rauchen. Schreiben Sie auf, bei welchen Gelegenheiten Sie gewöhnlich eine Zigarette anzünden: beim Frühstück, nach dem Essen, beim Autofahren oder... Dahinter schreiben Sie Ihre jeweilige Stimmungslage.
  • Ändern Sie Ihre Rauchgewohnheiten. Legen Sie Ihre Zigaretten an einen anderen Platz. Halten Sie sie nicht in der Hand, die Sie meistens benutzen. Nehmen Sie die Schachtel nicht überallhin mit, so dass Sie beim Lesen, Autofahren, Telefonieren und so weiter rauchen müssen.
  • Bestimmen Sie eine Stelle, an der Sie rauchen und nirgendwo anders.
  • Wenn Sie rauchen möchten, warten Sie einen Moment ab, bevor Sie die Zigarette anzünden. Versuchen Sie zunächst etwas anderes zu machen, wie Kaugummi zu kauen oder ein Glas Wasser zu trinken und warten Sie, ob das Bedürfnis vergeht.
  • Kaufen Sie nur jeweils eine Schachtel.
  • Hilfsmittel wie Pflaster oder Pillen sind nicht nötig – sie können, gemäss neueren Studien die Chancen sogar  verringern: Betroffene sind versucht, die Verantwortung auf das Hilfsmittel abzuwälzen statt die Sache selber in die Hand zu nehmen. Dabei findet der Entzug überwiegend im Kopf statt.
    Zu diesem Schluss kamen auch australische Wissenschaftler. Sie analysierten 511 Rauchstopp-Studien. Das Ergebnis: Die meisten Nikotin-Aussteiger gewöhnen sich ihr Laster ganz ohne Unterstützung ab.
  • Und falls Sie darauf fixiert sind: Fragen Sie Ihren Arzt nach Medikamenten, die die Entzugssyndrome mildern und das Verlangen nach Nikotin reduzieren. Sie können beispielsweise Nikotin-Pflaster oder Kaugummi für die ersten «Nichtraucherwochen» bekommen. (siehe weiter unten)
  • Planen Sie bereits gut, wie Sie sich viel mehr bewegen können (damit Sie nicht nach dem Rauchstopp zunehmen). Markieren Sie dreimal in der Woche grüne Balken von je einer Stunde in Ihrer Agenda und planen Sie darin diejenige Art von Bewegung, die Sie auf lange Zeit lustvoll tun wollen.

Am ersten Entwöhnungstag 

  • Werfen Sie alle Zigaretten fort und stelIen Sie die Aschenbecher weg.
  • Ändern Sie Ihre morgendlichen Gewohnheiten, besonders Ort und Zeit, an denen Sie normalerweise frühstücken. Oder frühstücken Sie auswärts.
  • Wenn Sie unbedingt rauchen müssen, tun Sie stattdessen irgend etwas anderes. Plagt Sie die Lust auf eine Zigarette, sollten Sie einen kurzen, strammen Spaziergang um den Häuserblock machen. Der Grund: Bewegung aktiviert das Belohnungszentrum im Hirn. Das hebt die Stimmung und hilft gegen Entzugssymptome!
  • Stecken Sie sich etwas in den Mund wie Kaugummi, harte Bonbons oder Zahnstocher.
  • Markieren Sie bereits einen dieser einstündigen grünen Balken in der Agenda für einen lustvolle Bewegung. Denn leichte sportliche Betätigung mindert die Entzugserscheinungen enorm.
  • Belohnen Sie sich am Ende des Tages. Schauen Sie sich einen Film an oder essen Sie Ihr Lieblingsgericht.

Nicht-Raucher bleiben

  • Treiben Sie regelmässig Sport: Gehen Sie spazieren, fahren Sie Rad oder treiben Sie den Sport, der Ihnen gefällt. Bereits ein fünfminütiger Spaziergang aktiviert das Belohnungszentrum im Hirn und senkt das Verlangen nach Zigaretten und mildert die mit der Rauchentwöhnung oft einhergehenden Symptome wie Stress, Beklemmung und Konzentrationsschwierigkeiten.
  • Denken Sie an die positiven Wirkungen des Nichtrauchens, beispielsweise an Ihr positives Selbstbild: Sie sind in der Lage, mit schlechten Gewohnheiten zu brechen. Denken Sie auch an den gesundheitlichen Gunsten, den Sie und Ihre Familie davontragen, wenn sie in einer rauchfreien Umgebung leben und schliesslich an das Vorbild, das Sie anderen setzen.
  • Wenn Sie Stress spüren, denken Sie über das Problem nach und versuchen Sie es zu lösen. Sagen Sie sich, dass durch Rauchen nichts wirklich besser wird.
  • Essen Sie regelmässig, so, dass Sie nie hungrig sind. Niemals das Hungergefühl mit einer Zigarette ablenken.
  • Stecken Sie das Geld, das Sie für Zigaretten ausgeben würden, in eine Spardose und beobachten Sie, wie sich der Betrag vermehrt. Planen Sie, sich etwas Besonderes davon zu kaufen.
  • Erzählen Sie anderen Leuten, dass Sie mit dem Rauchen aufgehört haben. Ihre Freunde, die immer noch rauchen.. möchten wissen, wie Sie es geschafft haben.
  • Wenn Sie trotz alledem mal eine Zigarette rauchen müssen, geben Sie Ihr Vorhaben, Nichtraucher zu werden, nicht gleich vollständig auf. Selbst schon kürzere Pausen bringen Ihrer Gesundheit sehr viel Nutzen! Viele ehemalige Raucher haben mehrere Versuche gebraucht, bevor sie es endgültig geschafft haben, Nichtraucher zu werden. Machen Sie weiter! Auch Sie schaffen es!
  • Entwerfen Sie Strategien gegen die diversen möglichen Nikotinentzugssymptome:

App erleichtert Unterstützung beim Rauchstopp

Der Rauchstopp ist einfacher, wenn man von nahestehenden Personen zum Durchhalten motiviert wird. Eine neue App für Mobiltelefone erleichtert es Ausstiegswilligen, sich in einer Krise mit einer Freundin oder einem Freund zu vernetzen und um Unterstützung zu bitten. Mit diesem Programm können auch zwei Rauchende gemeinsam aufhören. Tabakfachleute der Universität Genf entwickelten die App. Mehr Infos unter www.smokefree.ch.
(Bundesamt für Gesundheit)

Kwit (für Android und iOS, gratis):
Die App unterstützt Menschen nach dem Rauchstopp. Sie zeigt, welche Fortschritte die Gesundheit macht und wie viel Geld man bereits gespart hat. Speziell: Die App funktioniert wie ein Spiel. Man kann zu immer höheren Erfolgs-Levels aufsteigen. Wenn die Lust auf eine Zigarette quält, zieht man eine Motivationskarte und erhält einen Tipp, wie man widersteht. Die App ist schön gemacht und abwechslungsreich. Allerdings muss man sich registrieren. Zudem sind einige Funktionen nur in der Abo-Version für Fr. 8.- pro Monat verfügbar, zum Beispiel Angaben zur gewonnenen Lebenszeit oder unbeschränkte Einträge ins Tagebuch. Das ist zu teuer.
Fazit: Die Gratis-Version erleichtert den Kampf gegen das Nikotin. Die Abo-Version kann man sich sparen. Apple & Android

Übrigens: eine Bemerkung zu den abschreckenden Aufschriften auf den Zigarettenpackungen

Warnhinweise auf Zigarettenpackungen sind doch hilfreich! Sie helfen Ex-Rauchern dabei, Nichtraucher zu bleiben. Dies konnten Forscher des Health Centre for Tobacco Control in St. Carlton, Australien 2012 in einer Studie mit 2000 Teilnehmern bestätigen. Über die Hälfte gaben an, dass Warnhinweise wie  «Rauchen kann tödlich enden» und Bilder von kranken Lungen sie davon abschreckten, erneut zur Zigarette zu greifen. Den grössten abschreckenden Effekt stellten die Forscher fest, wenn Text und Bilder auf den Packungen immer wieder neu gestaltet werden.

Medikamente zur Nikotinentwöhnung?!

Am besten hören Sie mit einem Schlag auf. Hilfsmittel wie Pflaster oder Pillen sind nicht nötig – sie können die Chancen sogar verringern: Betroffene sind versucht, die Verantwortung auf das Hilfsmittel abzuwälzen statt die Sache selber in die Hand zu nehmen. Dabei findet der Entzug überwiegend im Kopf statt.
Zu diesem Schluss kamen auch australische Wissenschaftler. Sie analysierten 511 Rauchstopp-Studien. Das Ergebnis: Die meisten Nikotin-Aussteiger gewöhnen sich ihr Laster ganz ohne Unterstützung ab.
Wenn in einer Paarbeziehung beide rauchen, hören wenn möglich auch beide gleichzeitig damit auf. Sonst ist die Gefahr eines Rückfalls zu gross. Und: Wer sich nach dem Rauchstopp körperlich mehr bewegt, verbessert seine Erfolgschancen nachweislich.

Nikotinersatzpräparate

Nikotin kann paradoxerweise verwendet werden, um sich von einer Nikotinabhängigkeit zu befreien. Die sogenannte Nikotinersatztherapie erhöht die Chance, mit dem Rauchen aufzuhören. Es stehen verschiedene Darreichungsformen wie Kaugummis, Pflaster und Mundsprays zur Verfügung.
Lesen Sie den ausführlichen Artikel im PharmaWiki hier >>>
 www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Nicotin

und auf meiner Website hier >>> nikotinep/

Die Antidiabetesmittel Ozempic oder Wegovy als Antisuchtmittel?

Es hat sich nun gezeigt, dass Semaglutid & Co neben dem Appetit auch ein Suchtverlangen (gegen Rauchen, Alkohol,...) unterdrückt. Dies passt natürlich zum gehypten Auftritt dieser Medikamente. Die Social-Media-Posts gehen nun mit Erfolgsmedlungen durch die Decke...
In solcher Euphorie wird immmer übers Ziel ausgeschossen, weshalb man noch nicht mit gutem Gewissen diese neue Indikationsausweitung als bare Münze nehmen kann.
Zudem hatten wir dies schon etliche Male, dass eine Sucht mit Medikamenten behandelt wurde, worauf man darauf regelmässig von diesen neuen Mittel abhängig wurde, deren Langzeit-Nebenwirkungen man noch gar nicht kennt. Dies geschah auch intensiv mit Amphetaminen zum Abnehmen, mit Nikotinersatzpräparate gegen das Rauchen, usw..

Warten wir also die laufenden Studien aus der Forschung ab - und auf mehr Langzeiterfahrung.
Weiterlesen >>>

E-Zigaretten zur Nikotinentwöhnung (Dampfen oder Vaping)

Man muss wissen, dass man hier nur eine Sucht mit der anderen ersetzt, was beim Entzug  allgemein nicht erwünscht ist! Die meisten Benützer von E-Zigaretten bleiben bei diesen.
Zudem sind die Langzeitschäden offensichtlich sehr gefährlich und unabsehbar!

Für die Umwelt sind die Billigprodukte eine grosse Belastung:
Denn sie enthalten relativ grosse Akkus. Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) bezeichnet solche Einwegprodukte als «Ressourcenverschwendung». Die Behörde hat ausgerechnet, wie hoch der Materialverbrauch ist. «Je nach Batterie in der Einweg-E-Zigarette wirft man pro Monat etwa den Akku eines kleinen Smartphones weg». Wer jeden Monat vier Einweg-E- Zigaretten konsumiert, verschleisst demnach ungefähr die Batterie eines iPhone SE. Das Problem verschärft sich allerdings, weil ein Grossteil der E-Zigaretten oft im Abfall statt im Recycling landen. Wie bei Mikrowellen, Staubsaugern und anderen Elektrogeräten üblich, könnten aber auch die Dampfapparate in jede Verkaufsstelle zurückgebracht werden. Doch oft wissen Konsumentinnen und Konsumenten nicht, dass sie diese Geräte zurückbringen müssen. Die Rücklaufquote ist deshalb sehr niedrig.
Zudem: Wenn sie im Abfall landen, kann es gefährlich werden!
Wenn E-Zigis im Abfall landen, ist das nicht nur schlecht für die Umwelt, sondern birgt auch Gefahren. Die enthaltenen Lithium-Ionen Batterien können leicht in Brand geraten. Das ist beim Transport in den Fahrzeugen der Kehrichtabfuhr gefährlich und kann auch in den Kehrichtverbrennungsanlagen zu grossen Bränden führen.

Karies durch E-Zigaretten und Vapen?
E-Zigaretten, ursprünglich als Nikotinersatz und Entwöhnungshilfe eingesetzt, erfreuen sich durch das zusätzliche Verdampfen von feinen Aromen einer grossen Beliebtheit (sogenanntes «Vapen»). Zunehmend vapen auch Personen, die noch nie geraucht haben, und leider gehören auch Kinder und Jugendliche dazu. Allerdings häufen sich die Berichte der damit verbundenen Gesundheitsrisiken, sodass vor dessen Genuss nur abgeraten werden kann.
Ein weiteres Risiko des Vapens scheint nun auch Karies zu sein: In den USA wurde während drei Jahren bei 13 216 Personen im Alter von 16–40 Jahren mit Kariesdiagnose festgehalten, ob sie – neben den klassischen Kariesrisiken (unzureichendes Zähneputzen, Naschen, Drogenkonsum) – E-Zigaretten benutzen oder vapen. 136 Personen bestätigten, 13 080 verneinten dies. Während E-Rauchende/Vapende in 79,1% der Fälle in eine hohe Kariesrisikogruppe gehörten, war dies bei den Nichtvapenden bei 59,6% der Fall (p <0,001). (JADA. 2022, doi.org/10.1016/j.adaj.2022.09.013)

Klares Fazit: Finger weg!!

Cytisin aus der Pflanze Goldregen

Cytisin ist ein Alkaloid, das in Pflanzen der Leguminosae-Familie vorkommt und in Osteuropa bereits seit den 60er Jahren als Antitabakmedikament (Markenname: Tabex) gebraucht wird. Es ist wie Vareniclin ein partieller nikotinerger Acetylcholinrezeptor. Ausserhalb Osteuropas ist es relativ unbekannt. Die Kosten sind tief im Vergleich zu anderen Nikotinersatztherapien und die Behandlung ist kurz (25 Tage). In einer grösseren Studie war Cytisin besser als die herkömmliche Nikotinersatztherapie, es traten aber innerhalb von 6 Monaten fast doppelt so viele Nebenwirkungen (v.a. Nausea, Erbrechen, Schlafstörungen) in der Cytisin-Gruppe auf.  (Walker W, Howe C, Glover M et al: Cytisine versus Nicotine for Smoking Cessation. New Engl J Med 2014;371:2353-62)

Nikotinrezeptoragonist Vareniclin (Champix)

Der partielle Champix erhöht bei gesunden motivierten Rauchern die Chance, ein Jahr lang nicht zu rauchen, gegenüber Plazebo unwesentlich. Das bedeutet andererseits, dass trotz umfangreicher psychologischer Begleitmassnahmen, die unter Alltagsbedingungen in der Regel nicht in diesem Ausmass zu realisieren sind, die meisten Anwendern weiter rauchen. Vareniclin ist dem Noradrenalin-Dopamin-Wiederaufnahmehemmer Bupropion (ZYBAN) langfristig nicht überlegen. Nur in firmengesponserten Untersuchungen schneidet das Konkurrenzprodukt häufig wenig schlechter ab. Vergleiche mit Nikotinersatztherapie zeigen auch in etwa dieselbe Wirkung. Vareniclin ist aber wesentlich schlechter verträglich: 30% klagen über Übelkeit, ebenso viele über Schlafstörungen.
Nebenwirkungen zusammengefasst:
1 von 3 leidet unter Übelkeit.
1 von 15 hat abnorme Träume.
1 von 23 leidet an Schlaflosigkeit.
1 von 50 hat Kopfschmerzen.
1 von 143 entwickelt bei/unter Therapie schwerwiegende Nebenwirkungen (Verletzungen, Infekte, Krebs...).

Kosten: Ein Behandlungszyklus von 12 Wochen kostet ca. 600.- CHF, also etwa 500.- Euro.
(Am Fam Physician, 2017 Sep 1;96)

Meines Erachtens kommt der Nikotinagonist allenfalls als Mittel der letzten Reserve in Betracht, wenn eine medikamentöse Unterstützung bei der Nikotinentwöhnung erforderlich ist und Nikotinersatztherapie fehlgeschlagen hat. (arznei-telegramm 2007; 3: 26). Ich rate klar davon ab!
Ein Nachteil von Champix gegenüber den Nikotinersatzpräparaten ist auch, dass es eine Gewichtszunahme nach dem Rauchstopp nicht bremst. Ob Vareniclin sinnvoll mit einer anderen Pharmakotherapie (z.B. Nikotinpflaster) kombiniert werden kann, ist vorläufig unbekannt. Der Vorteil einer verlängerten Einnahme von Vareniclin über 24 statt 12 Wochen ist nicht vorhanden.

Zudem lesen Sie auch mein "Nachwort für Schnellschiesser", was auch für Champix gilt!

Antidepressiva erleichtern den Rauchstopp?

Ich rate ebenfalls schwerstens davon ab.
Von den gängigen Antidepressiva haben sich lediglich Bupropion und Nortriptylin als umstrittene Entzugsbegleiter erwiesen. Ihnen gemeinsam ist die noradrenerge Wirkkomponente, die ebenso wie eine dopaminerge offenbar den Verzicht aufs Rauchen erleichtern soll. Serotonerge haben dagegen bislang enttäuscht (die üblichen SSRI).
Was bislang aber noch überhaupt nicht untersucht wurde: Ob vielleicht nur die Nebenwirkungen dieser Substanzen zum Entwöhnungserfolg beitragen. So macht Bupropion einem Teil der Konsumenten den Mund trocken - mag sein, dass die Zigarette dann einfach nicht mehr schmeckt.
Eine neuere Studie zeigt, dass Bupropion als Zusatztherapie zu herkömmlichen Raucherentwöhnungsprogrammen (Nikotinsubstitution und Beratung) die Raucherabstinenzrate nicht erhöht (www.evimed.ch/cgi-bin/WebObjects/nuSite.woa/evimed/journal_club.html?rubricseq=120&tocexternalid=853)!

"Wenn eine medikamentöse Hilfe angezeigt erscheint, stellen Nikotinpräparate wegen ihrer vergleichsweise geringen Risiken die erste Wahl dar." (pharma-kritik, 28; 12/2006; 45-48

E-Zigaretten: Achtung: Einstiegsdroge mit unbekannten Langzeitfolgen!

Hier eine sehr entlarvende, unabhängige und recht eindeutige Arbeit aus dem Arzneitelegramm 2/14 zu den "modernen" E-Zigaretten >>> e-zigaretten.pdf !

Schon 2016 zeigen Studien, dass «Dampfen» überhaupt nicht harmlos ist:
E-Zigaretten gelten als saubere Alternative zu Tabakprodukten. Doch amerikanische Forscher schlagen Alarm: Die Geräte schaden den Atemwegen.
E-Zigaretten sind besonders beliebt bei Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren. Das zeigt das Schweizer Suchtmonitoring. Sie werden häufig auch von Jugendlichen benützt, die vorher nie geraucht haben - gelten also als Einstiegsdroge zum späteren Rauchen!
Und die Geräte sind nicht harmlos: Sie verdoppeln das Risiko, an Bronchitis zu erkranken! Auch bei ehemaligen E-Zigarette-Benützern treten Atemwegskrankheiten häufiger auf. Das haben Forscher der University of Southern California herausgefunden. Sie untersuchten über 2000 Jugendliche im Alter zwischen 16 und 18 Jahren.
Gleichzeitig warnt auch die nordamerikanische Gesundheitsbehörde United States Public Health Service, der «Dampf» aus E-Zigaretten enthalte ein problematisches Chemikaliengemisch von Konservierungsmitteln, Duft- und Geschmacksstoffen und Verneblungsmitteln, also schädliche Stoffe wie Metalloxide, Lösungsmittel und Aromen. Das darin enthaltene Nikotin kann natürlich auch süchtig machen. Es verführt allgemein zu anhaltenderem Gebrauch als mit normalen Zigaretten. Die toxischen Einwirkungen werden dadurch stärker und unbestimmter
Dazu kommt: Explodierende E-Zigaretten führen immer wieder zu schweren Verbrennungen, vor allem im Gesicht.
Deshalb: Hände weg von E-Zigaretten. Ich plädiere sogar für ein Verkaufsverbot unter 18 Jahren. E-Zigaretten sind höchstens als vorübergehende Ausstiegshilfe für schwere Raucher geeignet.

Weitere Studie, die zeigt, dass es für unsere Lungen- und Bronchienzellen keine Rolle spielt, ob klassische Zigaretten geraucht oder E-Zigaretten und Hochtemperatur-Tabakerhitzer benützt werden. Toxizität, Oxidativer Stress, Entzündungsreaktionen und Remodelling waren gleich schlimm!
(Sohal SS et al.: IQOS exposure impairs human airway cell homeostasis: direct comparison with traditional cigarette and e-cigarette. ERJ Open Res 2019;5:00159-2018.)

Weshalb verdienen die Tabakmultis noch immer viel?!

Die Umsatzsteigerung wird mit teuren Preisen bei Zigaretten erreicht. Die Konsument*innen machen dafür aber Steuererhöhungen verantwortlich. Da der Tabakindustrie ständig Konsument*innen durch früheren Tod abhandenkommen, müssen jüngere Leute ein positiveres Bild vom Rauchen bekommen, damit sie trotz allem anfangen. Dafür wird auch zu zweifelhaften Methoden (Schleichwerbung) in Social-Media-Kanälen gegriffen.
In diesem Video lernt man die Tricks und Kniffe kennen, die erklären, warum die Tabakindustrie weiterhin so erfolgreich ist:

Weitere interessante Links aus der infomed-screen:

Tobacco Control
Das Rauchen von Tabak - meistens in Form von Zigaretten entspricht einer krankhaften Sucht mit ungewöhnlich dramatischen Folgekrankheiten. Betroffene Individuen sind dieser Krankheit in den meisten Fällen hilflos ausgeliefert, die Gesellschaft ist daran gewöhnt, das Suchtverhalten zu tolerieren und die Behörden und Regierungen begünstigen mit ihrer passiven Haltung in unerhört zynischer Weise das vorzeitige Ableben der Süchtigen. Diese Realität, die offensichtlich der Tabakindustrie seit langem bekannt ist, ist wohl vielen Ärztinnen und Ärzten zu wenig bewusst. Dank dem umfangreichen Antitabak-Aktivismus im Internet offeriert dieses Medium eine ausgezeichnete Informationsbasis zum Problem des Rauchens.
So kann man beispielsweise mit dem Editorial «Nicotine Addiction» im British Medical Journal ( http://www.bmj.com/cgi/content/full/320/7232/391 ) beginnen und sich anschliessend über eine der zahlreichen Antitabak-Sites ein sehr umfassendes Bild verschaffen, wie die Industrie vorgegangen ist und auch heute noch vorgeht, wenn es darum geht, junge Leute süchtig zu machen.
Zum Beispiel: Zigarettenproduzenten extrahieren das Nikotin zunächst aus dem Tabak, um es dann in bis zu vierfacher Konzentration wieder beizufügen. Dies fördert das Süchtigwerden von Erstrauchern und schafft neue Kunden.

Die interessantesten internationalen Adressen sind die folgenden:

www.tobaccofactfile.org
das Tobacco Control Resource Centre der britischen Ärztegesellschaft - sehr informativ!

http://www.cdc.gov/tobacco/
Die «Tobacco Information and Prevention Source» der amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention.

http://www.tobacco.org/
«Tobacco BBS»: eine sehr vielfältige Site mit einer Riesenauswahl von aktuellen News.

http://tc.bmjjournals.com/
Die Adresse der Zeitschrift «Tobacco Control (ein Abo ist notwendig)

Ergänzend noch ein paar Schweizer Adressen:

http://www.at-schweiz.ch/
Die Adresse der Arbeitsgemeinschaft Tabak-Prävention Schweiz

http://www.proaere.ch/
Pro Aere, die schweizerische Gesellschaft für rauchfreie Luft und gegen die Tabaksucht

https://www.stopsmoking.ch/
Ein computergestütztes Entwöhnungsprogramm

Die Liste könnte Seiten füllen!

Tabaklobby  und Kinderfänger - wie cool ist rauchen wirklich? zu den Machenschaften der Tabakindustrie (Schweiz Med Forum 2011; 11(21 und 22:389-393))

Was man sich mit Rauchen antut:

  • Allgemein gesagt, altert unser Körper mit jeder Zelle und jedem Organ viel schneller: gut sichtbar wird dies an einer Raucherhaut, die jünger welk und faltig wird. 30% aller Todesfälle bei den 35- bis 69-Jährigen sind nikotinbedingt.
  • Krebsfördernd
    (bisher über 70 karzinogene Stoffe im Tabakrauch analysiert): Lunge, obere Atemwege, Speiseröhre, Bauchspeicheldrüse, Blase, Magen, Brust, Leber, Niere, Leukämie, Dickdarm, Prostata, Lymphom, Plasmozytom, Gebärmuttermund
  • Bedingt oder mitbedingt:
    Lungentuberkulose, chronisch obstruktive Lungenkrankheit, Pneumonie, ischämische Herzerkrankungen (Herzinfarkt, Angina pectoris,...), Aortenaneurysma, Arteriosklerose, Hypertonie, Hirnschlag, Hirnblutung (verdoppeltes Risiko für intrazerebrale Hämorrhagien und Subarachnoidalblutungen - T.Kurth et al., Stroke 2003;34:1151-1155),
    Magengeschwüre, Schilddrüsenunterfunktion, Durchblutung (kalte Hände
    und Füsse), chronische Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung),Leberzirrhose,...
    Rauchen öffnet einem bakteriellen Angriff Tür und Tor: invasive Pneumokokken-Infektionen (Bakteriämie, Meningitis, etc. bei Immunkompetenten) treten fast nur bei Raucher auf!
    Auch das Risiko einer akuten Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) korreliert mit der Anzahl der gerauchten Zigaretten.
    Rauchen verstärkt auch die chronische Darmentzündung M.Crohn - dort ist
    jede Zigarette zuviel! Rauchen beschleunigt  und verschlimmert den Verlauf einer MS (Arch Neurol 66(7):858-864, July 2009)!

  • Auch wenig Rauchen ist schlecht fürs Herz:  Frauen, die "nur" drei bis fünf Zigaretten pro Tag rauchen, verdoppeln bereits ihr Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden. Dasselbe Schicksal erleiden Männer, die sechs bis neun Zigaretten täglich rauchen. Schon kleine Tabakmengen, so das Fazit einer grossangelegten dänischen Studie (12'000 Männer und Frauen während 22 Jahren), können die Gesundheit erheblich schädigen!  (Prescott E et al., Importance of light smoking and inhalation habits on risk of myocardial infarction and all cause mortality, J Epidemiol Community Health. 2002 Sep;56(9):702-6.)

Die Lungenfunktion nimmt leider auch bei weniger als 5 gerauchten Zigaretten pro Tag schnell ab (siehe Studie von 2019 aus Kopenhagen)!

Null-Toleranz beim Rauchen

Die anamnestische Angabe von sogenannten «pack-years» für den  Zigarettenkonsum subsumiert eine relativ vorhersehbare Dosis-(Neben-)Wirkungs-Beziehung. Das dürfte aber nur bedingt zutreffen. Eine  Metaanalyse von immerhin 141 Kohortenstudien fand für Personen, die  lediglich eine Zigarette pro Tag rauchten, folgende Risikoveränderungen im Vergleich zu Niemals-Rauchern: Zunahme um 48 respektive 25% für koronare Herzkrankheit oder Schlaganfall für Männer. Bei Frauen fiel – wie vermutet – die Risikoerhöhung noch prominenter aus: 57 respektive 31% mehr. Interessant ist auch der Befund, dass bei Konsum einer Zigarette pro Tag bereits etwa die Hälfte des Risikos (im Vergleich zum Konsum eines ganzen Pakets pro Tag!) eingefahren wird, eine solche kardiovaskuläre Erkrankung zu erleiden. (BMJ 2018, doi.org/10.1136/bmj.j5855)

  • "Man nimmt doch mit Rauchen ab - und dies ist doch gesund?!"
    Im Gegenteil: Obwohl RaucherInnen einen kleineren BMI haben als Nichtraucher, haben sie eine metabolisch gefährlichere Fettverteilung, d.h. sie haben eher mehr Bauchfett, also eine Apfelform des Körpers (siehe www.dr-walser.ch/metabolisches_syndrom/!). (Obesity Research 13:1466-1457.August 2005.)
    .
  • Rauchen fördert Demenz!
    In der so genannten Whitehall II-Studie liessen die kognitiven Leistungen zwischen dem 44. bis 69. Lebensalter bei Rauchern signifikant schneller ab als bei Nichtrauchern. Dies gilt auch für Ex-Raucher, deren Werte sich erst nach 10jähriger Abstinenz wieder denen der Nichtraucher annäherten. Laut der Studie war bei einem 50-jährigen Raucher ein ähnlicher geistiger Abbau zu beobachten wie bei einem 60-jährigen Nichtraucher. Bei Frauen war dies weniger deutlich. (S.Sabia et al., Arch Gen Psychiatry, Feb. 2012)
  • Rauchen lässt das Gehirn schrumpfen.
    Nahezu alle Bereiche des Gehirns sind betroffen, wie eine neue Studie zeigt. Die durch Tabak verursachten Schäden sind offenbar nicht zu reparieren.
    Die Psychiater und Radiologen von der Washington University in St. Louis zeigen im Fachmagazin «Biological Psychiatry», wie eng Rauchen und Gehirngrösse zusammenhängen. Das Team um Laura Bierut hat dazu auf den Datensatz der UK Biobank zurückgegriffen und in die Studie mehr als 32’000 Erwachsene aufgenommen, deren Hirngrösse mittels bildgebender Verfahren erfasst wurde. Dabei zeigte sich, dass bei jenen Probanden, die regelmässig geraucht haben, die Hirngrösse kleiner war als beim altersentsprechenden Durchschnitt.
    «Bis vor kurzem haben Wissenschaftler die Auswirkungen des Rauchens auf das Gehirn tendenziell übersehen oder vernachlässigt», sagt Bierut in einer Pressemitteilung. «Das lag auch daran, dass wir uns auf die furchtbaren Schädigungen von Herz und Lunge konzentriert haben.» Doch je genauer die Folgen für das zentrale Nervensystem untersucht wurden, desto deutlicher zeigte sich, wie schlecht Rauchen für das Gehirn ist. Das Denkorgan altert vorzeitig, und damit steigt das Risiko für Raucher, schon früh an kognitiven Einschränkungen zu leiden oder an Demenz zu erkranken.
    Das Forscherteam stellte weiter fest, dass es eine eindeutige Dosis-Wirkungs-Beziehung gibt. Je mehr Zigarettenpackungen pro Jahr und während der gesamten Raucherkarriere bisher konsumiert worden waren, desto kleiner das Gehirn. «Das klingt schlecht, und das ist auch schlecht», sagt Bierut. «Zu einem geringeren Hirnvolumen kommt es mit zunehmendem Alter sowieso. In einer alternden Gesellschaft ist das ein wichtiger Punkt, denn Alter und Rauchen ergänzen sich als Risikofaktoren für eine Demenz.» Etwa 14 Prozent aller Alzheimererkrankungen weltweit führen Forscher auf Zigarettenkonsum zurück.
    Nahezu alle Bereiche des Gehirns sind bei Rauchern laut Studie von den Schrumpfungsprozessen betroffen, die weisse wie die graue Substanz, auch wenn letztere stärker beeinträchtigt war. Besonders ausgeprägt waren die Schädigungen zudem in der Hirnrinde und dem Hippocampus. Diese beiden Regionen sind besonders für kognitive Leistungen wie Sprache, abstraktes Denken und das Erinnerungsvermögen zuständig. Auch die als Ventrikel bezeichneten Hohlräume im Gehirn waren bei den Rauchern grösser als bei den Nichtrauchern.
    Als mögliche Ursache für die Hirnschrumpfung kommen mindestens zwei Mechanismen infrage. Einerseits wirken Nikotin und viele andere in Tabakprodukten enthaltene Substanzen als Zellgifte, die sich schädlich auf die Schutzbarriere der Blut-Hirn-Schranke auswirken. In der Folge kann das Hirngewebe direkter angegriffen werden. Andererseits drosseln die Inhaltsstoffe von Zigaretten und anderen Tabakwaren die Durchblutung in den Hirnarterien und tragen dazu bei, dass die Blutgefässe schneller verkalken. Diese Schädigungen kumulieren sich und beschleunigen so den Volumenverlust des Gehirns.
    Offenbar ist der Rückgang der Hirnmasse irreversibel, denn auch Menschen, die schon vor Jahren mit dem Rauchen aufgehört haben, weisen kleinere Gehirne auf als jene, die nie geraucht haben. Die gute Nachricht ist immerhin, dass der Schwund nicht weiter voranschreitet, wenn Abhängige den Tabakkonsum beendet haben. Die ursprüngliche Grösse des Gehirns wird allerdings nicht wieder erreicht.

  • Sehen: Bei Rauchern kann bereits das Rauchen einer Zigarette die Blutzufuhr zum Sehnerv drastisch reduzieren.
    Raucher leiden deshalb hochsignifikant mehr unter degenerativen Augenerkrankungen (z.B. der Makuladegeneration, die zur Erblindung führt). Daneben spielt hier auch die Neurotoxizität der Zigaretten eine Rolle.
  • Schlafen: Rauchen führt zu Einschlafstörungen: Nichtraucher schlafen nach einer guten Viertelstunde ein. Die Raucher schaffen dies erst nach mehr als 25 Minuten, und wer mehr als 20 Zigaretten raucht, bezahlt das pro Stück mit einer weiteren halben Minute! Ausserdem setzt bei den Rauchern nachts häufiger kurz der Atem aus (Schlaf-Apnoe-Syndrom), und ihre Beinmuskeln zucken häufiger. Von beidem wacht man meist nicht auf, ist aber morgens weniger ausgeschlafen. Diese Symptome sind intensiver, je länger jemand geraucht hat und je mehr es täglich war.
  • Depression: Rauchende Studenten (Uni Belgrad und Pristina) leiden zwei- bis dreimal häufiger an Depressionen als Nichtraucher. Es gibt viele sonstige Hinweise, dass Rauchen und Depressionen eng miteinander verbunden sind.
  • Hören: Eine grosse Studie bei ca. 4000 Personen zwischen 48 und 92 Jahren ergab, dass Raucher ein 1.7fach höheres Risiko haben, vorzeitig einen Hörverlust im Alter zu erleiden. Das Innenohr reagiert eben sehr empfindlich auf ungenügende Sauerstoffzufuhr.(R.G. Matschke, HNO Berlin 1999: 47, 599-601)
  • Impotenz und Unfruchtbarkeit: Jede Zigarette wirkt wie ein Tritt in die Weichteile. Obwohl die Tabakwerbung immer noch mit dem Klischee von Männlichkeit arbeitet, ist Nikotin ein Potenzkiller ersten Ranges: es fördert Potenzprobleme, da es Blutgefässe verengt und die Blutzufuhr zum besten Mannsstück proportional mit der Zigarettenanzahl fällt. Wie stark Rauchen potenzschädigende Einflüsse hat, zeigt eine Studie der Boston University Medical School. Während nur 25 Prozent der männlichen Bevölkerung rauchen, waren von 1000 erektionsgestörten Männern 78 Prozent Raucher. Und selbst wenn sie "es" schaffen: Bei Rauchern leidet die Spermaqualität und -quantität ganz beträchtlich (http://www.jr2.ox.ac.uk/bandolier/band102/b102-5.html).
  • Rauchende Männer haben vermehrt Haarausfall. Der Zigarettenkonsum zerstört die Haarfollikel. Auch die Papillen werden beschädigt, die Blut und Hormone für das Haarwachstum liefern. Rauchen könnte aber auch die Produktion von Östrogenen erniedrigen, die den Effekten der männlichen Sexualhormone, der Androgene, entgegenwirken (Archives of Dermatology, Bd.143, S.1401).
  • Knochen: Das beste, was man für seine Knochen tun kann, ist - Nichtrauchen. So zeigen Studien, dass Raucher durchschnittlich 276 Tage benötigten, bis ihre gebrochenen Schienbeine wieder heil waren; Nichtraucher gesundeten doppelt so schnell und konnten nach genau 146 Tagen wieder richtig laufen.
    Raucher müssen zudem mit einem vierfach grösseren Risiko leben, dass ihre Knochen nicht richtig zusammenwachsen. Rauchende Frauen haben vermehrt Osteoporose im Alter.
  •  Schmerzen, z.B. Rückenschmerzen: 
    in Rauchstopp kann bei Menschen mit Rückenschmerzen ein wichtiger Beitrag zur Behandlung sein. Eine Studie im Journal of Bone and Joint Surgery (2012; 94: 2161-2166) dokumentiert eine signifikante Linderung der Schmerzen, wenn die Patienten auf das Rauchen verzichteten. Es zeigte sich: Wer weiterrauchte, hatte nach der Behandlung (Physiotherapie, Schmerzmittel oder beides) gleich viel Schmerzen wie vorher. Wer aufhörte, dem tat der Rücken weniger weh. Rauchen ist also nicht nur ein Risikofaktor für viele schmerzhafte Erkrankungen, zu denen neben den Folgen der Atherosklerose (Koronare Herzerkrankung, periphere arterielle Verschlusskrankheit) auch der chronische Rückenschmerzen gehören. Raucher sind generell schmerzempfindlicher als andere Menschen, berichtet Glenn Rechtine von der Universität von Rochester. Von den 5.333 Bandscheiben-Patienten, die sich an der Klinik mit axialer (Rückenschmerzen) oder radikulärer (Beinschmerzen) Symptomatik vorgestellt haben, gaben aktive Raucher in allen Schmerzskalen höhere Werte. Nichtraucher würden generell über weniger Schmerzen klagen, meint Rechtine. Der Orthopäde führt die vermehrte Schmerzempfindlichkeit auf die Wirkung von Nikotin zurück.
    Der Ratschlag an alle Rückenschmerzpatienten lautet deshalb, das Rauchen aufzugeben. Patienten, die ihn befolgten, erlebten der Studie zufolge in den folgenden acht Monaten eine deutliche Linderung ihrer Beschwerden, während es bei den Patienten, die weiter rauchten, keine signifikanten Verbesserungen gegeben habe.
  • Rheuma: Raucher haben ein höheres Risiko, eine Rheumatoide Arthritis zu bekommen. ...und bei ihnen wirken dann auch noch die typischen Anti-Rheuma-Medikamente ca. um 50% schlechter! Dies ist das Resultat einer Forschungsarbeit von Wissenschaftlern der Medizinischen Klinik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Die Forscher konnten nachweisen, dass Zigarettenrauch körpereigene Eiweisse verändern kann. Das Immunsystem attackiere dann diese Eiweisse.
  • Tabak macht ungeschickt! Nikotinkonsum mindert die feinmotorische Geschicklichkeit (New Scientist, Vol.164, No.2214, 1999, S.25).
  • Kinder und Passivrauchen: Eine rauchende Schwangere hat mehr Früh-, Fehl- und Totgeburten. Es besteht eine höhere perinatale Sterblichkeit und mehr Missbildungen (auch bei alleinigem väterlichen Rauchen) und ein um ca. 200 g niedrigeres Geburtsgewicht. Im Säuglingsalter ist das Risiko für den plötzlichen Kindstod massiv erhöht. Im Kleinkindesalter: mehr Mittelohrentzündungen und häufigere akute Erkrankungen der Atemwege. Ältere Kinder leiden häufiger an chronischen Erkrankungen der Atemwege, Asthma und haben ein höheres Allergie- und auch Krebsrisiko (Non-Hodgkin-Lymphom, akute lymphoblastische Leukämie, Wilmstumor). Selbst im Erwachsenenalter haben Personen ein höheres Lungenkrebsrisiko, die in der Kindheit Passivrauchen ausgesetzt waren und bei Frauen zeigt sich eine etwa um die Hälfte reduzierte Fruchtbarkeit, wenn ihre Mütter während der Schwangerschaft geraucht haben.
  • Starke Raucher nehmen (im Zigarrenrauch mit Radon, etc.) Radioaktivität auf, die jährlich ca. 250 Lungen-Röntgenbildern entsprechen!!
  • Rauchen kann Schmerzen verstärken: Raucher klagen bis zu 50 Prozent häufiger über starke Schmerzen in Gelenken und Muskeln als Nichtraucher. Dies fand ein Forscherteam des Southampton General Hospital bei der Befragung von rund 13000 Personen heraus. Selbst Ex-Raucher leiden unter stärkeren Schmerzen als Nie-Raucher. Die Forscher vermuten, dass entweder Nikotin die Schmerzwahrnehmung im Hirn nachhaltig verändert oder dass der Tabakrauch verschiedene Körpergewebe direkt schädigt.
    Auch Migräne oder Cluster-Kopfschmerzen werden nach Rauchstopp stark
    gebessert.
  • Passivrauchen macht auch Katzen krank! Die Stubentiger atmen den Zigarettenrauch nicht nur ein, sie lecken sich die giftigen Substanzen auch noch aus dem Fell. Katzen in Raucherhaushalten erkranken laut US-Forschern mehr als doppelt so häufig wie ihre Artgenossen in rauchfreien Wohnungen, unter anderem an Lymphdrüsenkrebs. (Elizabeth R.Bertone et al., Am J
    Epidemiol 2002; 156:268-273)
  • Auch für die Leber gefährlich: Hannover (D) – Rauchen ist nicht nur schädlich für die Lunge und für das Herz, sondern auch für die Leber. Das schreibt die Deutsche Leberstiftung in einer Mitteilung. Der Grund: Die Leber filtert Giftstoffe aus dem Blut, darunter auch
    Nikotin. Besonders verheerend ist das Rauchen, wenn die Leber bereits angegriffen ist. Nikotin verschlimmert beispielsweise eine Fettleber. Wer mehr als ein Pack Zigaretten pro Tag raucht, riskiert eine Leberzirrhose.
    (Deutsche Leberstiftung)

 Chemie-Cocktail in der Zigarette:

Zigaretten sind hochkomplexe Chemie-Cocktails. Erstmals in der Schweiz nahm das Institut für Rechtsmedizin in Bern die Mischung unter die Lupe. Mit erschreckendem Resultat.

Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit», das weiss inzwischen jedes Kind. Manche Raucher achten deshalb darauf, nur Zigaretten mit möglichst tiefem Teer- und Nikotingehalt zu rauchen. Doch diese beiden Angaben sind nur die Spitze des Eisberges. Zigaretten enthalten daneben unzählige giftige Substanzen, die ebenfalls der Gesundheit schaden.

Eine komplexere Mischung als Designerdrogen

Die Konsumentenmagazine Kassensturz, A bon entendeur und saldo liessen zwölf Zigarettenmarken im Institut für Rechtsmedizin in Bern (IRM) untersuchen. Das Ergebnis ist erschreckend: Das Labor entdeckte rund 50 chemische Substanzen. 35 Chemikalien mischt die Zigarettenhersteller möglicherweise absichtlich in den Tabak. Selbst bei der beliebten Marke American Spirit, die auf der Packung mit «100 Prozent zusatzfreiem natürlichem Tabak» wirbt, hat das Institut Substanzen gefunden, die vermutlich beigemischt wurden.

Werner Bernhard, Direktor der chemischen Abteilung am IRM, ist von der hohen Zahl an Stoffen überrascht: «In Heroin beispielsweise finden wir bei Routineanalysen bis zu sieben chemische Stoffe. Nicht mal bei Designerdrogen stossen wir auf eine so hochkomplexe Chemikalienbombe.»

Besonders bedenklich findet der Chemiker die in dem Chemie-Cocktail gefundenen Amine: «Nicht alle davon kommen im natürlichen Tabak vor. Die Hersteller müssen sie in den Tabak gemischt haben. Dank ihnen wird mehr Nikotin freigesetzt und aufgenommen. Im Hirn können sie die Nikotinwirkung verstärken.»

Dank den Aminen macht die Tabakindustrie die Raucher schneller und stärker süchtig. Selbst bei so genannten leichten Zigaretten mit einem niedrigen Nikotingehalt erreichen die Hersteller mit Aminen, dass der Körper mehr Nikotin aufnimmt als bei unbehandelten Zigaretten mit einem hohen Nikotingehalt. Auch Light-Zigaretten machen deshalb schnell süchtig.

In der Chemiemixtur der Zigarettenindustrie entdeckte das Institut viele weitere, zum Teil giftige Substanzen, wie Rückstände von Herbiziden oder Lösungsmitteln. Xylol etwa, das unter anderem als fettlösendes Putzmittel gebraucht wird, fand das Labor in 8 der 12 untersuchten Zigaretten. Dieser Stoff ist laut Lebensmittelverordnung in Zigaretten verboten. Oder Pyridin, eine hochgiftige, möglicherweise zugesetzte Substanz.

Dazu Edgar Oehler, Präsident der Vereinigung der Schweizerischen Zigarettenindustrie: «Das Pyridin besteht aus zahlreichen Substanzen, die als natürliche Stoffe in der Tabakpflanze vorkommen. Die Mitglieder unserer Vereinigung - Philip Morris SA, Japan Tobacco International AG Dagmersellen, British American Tobacco Switzerland SA - bestätigen, dass sie den Zusatz Pyridin nicht als Additiv verwenden.»

Bundesamt ist alarmiert und will intervenieren

Beim Bundesamt für Gesundheit in Bern (BAG) zeigt man sich ob der erschreckenden Resultate alarmiert: «Unter den im Tabak festgestellten Zusatzstoffen befinden sich allem Anschein nach solche, die laut Verordnung nicht zugelassen sind», sagt Thomas Zeltner, Direktor des BAG. «Wir werden die Resultate bestätigen lassen und dann bei den Zigarettenherstellern intervenieren.»

Neben den illegal vorhandenen Stoffen gelangen mit dem Rauch einer Zigarette aber auch offiziell zugelassene Stoffe in den Körper, von denen man aber nicht weiss, wie sie sich im Verbrennungsprozess verändern und welchen Schaden sie im Körper anrichten.

Benzaldehyd beispielsweise, im künstlichen Bittermandelaroma enthalten, überdeckt den herben Geruch des Tabaks. Kakao soll insbesondere Jugendlichen - ähnlich wie der Zucker in Alcopops - das Rauchen versüssen. Und der beliebte Zusatz von Menthol (nicht auf den Packungen deklariert), das auf die Schleimhäute eine betäubende Wirkung hat, überdeckt die Reizung der Atemorgane und erleichtert dem Konsumenten das tiefe Inhalieren des süchtig machenden Nikotins.

Überhaupt scheint es, dass die Hersteller mit allen Mitteln, die ein chemisches Labor zur Verfügung stellt, versuchen, den Tabak zu überdecken, das Rauchen rauchfrei und die Konsumenten schneller süchtig zu machen. 600 solche Substanzen mussten die Hersteller bei Gerichtsprozessen in den USA 1998 offen legen.

Clive Bates, Direktor der britischen Organisation Action on Smoking and Health in London, findet klare Worte für die Chemie-Cocktails der Tabakhersteller: «Die Verwendung der Zusatzstoffe und die chemische Veränderung des Rauches ist ein zentraler Teil der Marketingstrategie der Zigarettenhersteller.»

«Bund muss Grenzwerte und Verbote festlegen»

Angesichts der Tendenz der Tabakhersteller, den Chemie-Cocktail in ihren Zigaretten immer noch komplexer zu machen, fordert Werner Bernhard vom IRM jetzt ein Eingreifen des Gesetzgebers. «Für einige natürlich vorkommende Stoffe und für die Zusätze brauchen wir Grenzwerte im Gesetz, andere müssen ganz klar verboten werden.»

Äusserst komplexe Mixtur

Die Resultate des Institutes für Rechtsmedizin in Bern geben Hinweise auf den Zusatz einer Vielfalt von Substanzen, welche nicht erlaubt sind. Einige sind nicht 100-prozentig nachweisbar, was auf den Zusatz äusserst komplizierter Mischungen von Chemikalien während der Herstellung der Zigaretten hinweist. Weitere Analysen zur Bestätigung und Feststellung der Konzentration der Zusätze sind laut Untersuchungsleiter Werner Bernhard notwendig.
- Pyridin: Kann die Verfügbarkeit des Nikotins erhöhen und eine zusätzliche Wirkung auf das Zentralnervensystem ausüben. Ist laut Verordnung des Bundes nicht zugelassen. Unangenehm riechendes Lösungsmittel, wirkt haut- und schleimhautreizend.
- Xylol: Entfettendes Lösungsmittel. Steht im Verdacht, Krebs zu erregen.
- Benzaldehyd: Künstliches Bittermandelaroma, wie es in Parfüms verwendet wird.
- Menthol: Alkohol, der die Wahrnehmung der Schleimhautreizung dämpft.
- Phenolderivate: Zusatzstoffe, die dafür sorgen, dass Plastik nicht spröde wird.
(Monika Balmer Copyright © Saldo, 17.2001, 24. Oktober 2001 )

Bronchuskarzinom: zu spät, um das Rauchen aufzugeben?

Nach der Diagnose eines Bronchuskarzinoms glauben viele Betroffene, es sei nun zu spät, um das Rauchen aufzugeben. Evidenz zu dieser Frage bringt eine prospektive Kohortenstudie, in die zwischen 2007 und 2016 Betroffene mit nicht-kleinzelligem Bronchuskarzinom in den Stadien I–IIIa aufgenommen worden waren. 517 Studienteilnehmende rauchten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung des Bronchuskarzinoms. Von ihnen gaben 220 (43%) das Rauchen daraufhin auf, die übrigen 297 (57%) rauchten weiter. Der weitere Verlauf wurde bei allen jährlich mit strukturierten Interviews erfasst. Bezüglich Tumorhistologie, Tumorstadium und Behandlung bestanden keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Bei Personen, die nach der Diagnosestellung das Rauchen aufgegeben hatten, dauerte es bis zum Tod am Bronchuskarzinom median 8 Jahre, bei denjenigen, die weiter rauchten, 6 Jahre. Das mittlere progressionsfreie Überleben betrug 5,7 gegenüber 3,9 Jahren, die mediane Überlebenszeit betrug insgesamt 6,6 gegenüber 4,8 Jahren. 3-Jahre- und 5-Jahre-Überlebensraten ergaben dasselbe eindeutige Bild. Diese Unterschiede waren in allen Untergruppen (Alter, Histologie, Tumorstadium, Therapiemodalitäten, Anzahl der Zigaretten-«pack-years», Begleitkrankheiten, Alkoholkonsum) vorhanden. Vom Rauchstopp profitierten besonders jene, die das Rauchen in den ersten drei Monaten nach Diagnosestellung aufgegeben hatten.
Weiterlesen: rauchstopp-spaet.pdf

 
(Copyright beim Cartoonisten/Illustrator)

Nachwort für "Schnellschiesser":

Ich halte es allgemein bei neuen Medikamenten mit der 7-Jahre-Regel:
Erst wenn ein Medikament 7 Jahre auf dem Markt ist, können exaktere Daten über die Nebenwirkungen aufgestellt werden - und erst nach 7 Jahren verschreibe ich ein Arzneimittel, das sich positiv bewährt hat! Bei Lifestylemedikamenten würde ich diese Zeit sogar auf 10 oder 15 Jahre ausdehnen, da die Gründe zur Einnahme nicht lebenswichtig sind, die User mehrheitlich junge Menschen sind und deshalb später auftretende Nebenwirkungen verheerend wären! (Lasser KE, et al. Timing of new black box warnings and withdrawals for prescription medications. JAMA 2002;287:2215-20: Rund 10% der in den Jahren 1975-99 von der FDA registrierten, rezeptpflichtigen Medikamente haben sich seither für schwere ADRs (adverse drug reactions) eine "black box warning" zugezogen oder wurden aus dem Markt genommen - in der Hälfte der Fälle im Laufe der ersten 7 Jahre nach Registrierung! Fazit: Die Sicherheit registrierter
Medikamente lässt sich erst abschliessend beurteilen, wenn ein Medikament mehrere Jahre auf dem Markt war.

Das Rauchen war aber gleichzeitig auch immer etwas geradezu Göttliches, was keineswegs nur an der Verkörperung des „Blauen Engels“ durch Marlene Dietrich, einer der grössten Raucherikonen des 20. Jahrhunderts, lag. Denn die Zigarette, das müssen selbst militante Nichtraucher zugeben, diente kulturhistorisch oft als Verstärker der Schönheit. Ob bei Humphrey Bogart oder Lauren Bacall, James Dean oder Marlene Dietrich, Steve McQueen oder Claudia Cardinale: Hier galt die Zigarette nicht als stinkendes Suchtmittel, sondern diente als ästhetisches Add-on, das Erotik und Eleganz, Laszivität und Lässigkeit ausstrahlte. Weiterlesen >>>

gute Literatur:

- Vera Kaltwasser, Mit Achtsamkeit zum Nichtrauchen, 2013, Beltz

- Maja Storch, Rauchpause, Huber-Verlag, Bern

Letzte Aktualisierung durch Thomas Walser:
11. Januar 2024

Wie gesund lebe ich?

Eine Anleitung zur Überprüfung des Gesundheitsverhaltens

Der Dalai Lama wurde gefragt, was ihn am meisten überrascht: „Der Mensch, denn er opfert seine Gesundheit, um Geld zu machen. Dann opfert er sein Geld, um seine Gesundheit wiederzuerlangen. Und dann ist er so ängstlich wegen der Zukunft, dass er die Gegenwart nicht geniesst. Das Resultat ist, dass er nicht in der Gegenwart lebt. Er lebt, als würde er nie sterben. Dann stirbt er und hat nie wirklich gelebt.“

Verwandte Seiten: Salutogenese, Kohärenzgefühl, Das Leben wieder geniessen, Krebsheilung, Art of Aging (Wie kann ich gesund alt werden!), Entspannung/Meditation, Guter Sex/Gute Beziehung, Lebendigsein!
Fragen, die zu Dir führen! Und noch mehr Fragen!

Bereits in der hippokratischen Medizin der Antike glaubte man, dass jeder Mensch auf seine Weise krank wird. Damals war man überzeugt, dass Gesundheit stark mit der Lebensweise zusammenhängt.
Man nahm an, dass der Mensch gesund bleibt, wenn er ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Ruhen und Arbeiten, Schlafen und Wachen, sowie einen ausgeglichenen Gefühlshaushalt wahrt. Es ging um ein Gleichgewicht, das der Körper stets neu herstellen muss. Schon in der Antike erkannte man den Zusammenhang zwischen Körper und Seele, zwischen Krankheit und psychosozialem Umfeld.
Wir sollten Gesundheit als Grundbefähigung und innere Bewältigungsfähigkeit sehen. Gesundheit bedeutet dynamische Anpassung und Transformation, die es Menschen ermöglicht, auch unter widrigen Umständen lebenswichtige Ziele zu erreichen.
Gesundheit also als Resilienz? Ich sehe das weniger statisch. Gesundheit ist nicht die Fähigkeit, zu einem ursprünglichen Zustand zurückzukehren. Der Mensch entwickelt sich immer weiter, er muss sich verändern. Gesundheit ist kein Zustand, sondern eine Ressource, die sich unter Belastungen zeigt. Es geht um Entwicklungs- und Bewältigungspotenzial.
Betrachten wir die Trauer. Man kann nicht sagen: „Ich habe einen Verlust erlebt, jetzt muss ich Trauerarbeit leisten, und dann geht es mir wieder wie vorher. “ Es wird nie mehr wie vorher sein! Die Trauer verändert den Menschen, seine Lebensziele, sein Bewusstsein, sein Verhältnis zur Welt. Der Mensch entwickelt sich ständig weiter. Nur wenn der Trauernde seine Fähigkeit zur Entwicklung verliert, indem er sich zurückzieht und handlungsunfähig wird, verliert er seine Anpassungsfähigkeit und gerät in einen krankhaften Zustand.

Ein Mensch kann also gesund sein, selbst wenn er nicht mehr wie früher funktioniert – solange er einen Umgang damit findet. Wenn wir Gesundheit fördern wollen, müssen wir die Menschen befähigen, mit den Schwankungen des Lebens zurechtzukommen und erfolgreich mit der Welt zu interagieren. Jeder Mensch hat grundsätzlich das Potenzial dazu.

Lebe massvoll, lustvoll, natürlich und mit viel Bewegung!

Eine Untersuchung der Harvard Medical School, eine der längsten (60 Jahre Beobachtung) und umfassendsten Forschungen zur menschlichen Entwicklung, zeigt:
Wir können zu grossen Teilen selbst bestimmen, ob wir gesund bleiben und wie wir altern!
Was unterscheidet denn Menschen, die im Alter von 60 bis 80 zufrieden und gesund sind (Happy-Well) von den traurigen Kranken (Sad-Sick)
George E. Vaillant et. al. (Aging Well. Little, Brown & Company, Boston 2002, ISBN 0-316-98936-3).

Sieben Faktoren sind wichtig:
Tabakabstinenz („wahrscheinlich der wichtigste Faktor!“),
gesundes Gewicht / gesunde Ernährung,
wenig Alkohol,
regelmässige Bewegung,
solide Liebesbeziehung
,
erwachsener Umgang mit emotionalen Konflikten und Stress,
lange und gute Ausbildung
(sich ein Leben lang wundern!),
nicht aber Geld/Vermögen
und auch nicht die Gene!

Aus dem eben Gesagten kann man schliessen, dass Gewissenhaftigkeit (Selbstkontrolle, Pflichtbewusstsein…) eine der wichtigsten Faktoren zur Erlangung von Gesundheit ist. Neben dem, dass gewissenhafte Menschen weniger rauchen und Alkohol trinken und massvoller essen, gelingt es ihnen, sich bessere Lebensbedingungen zu erarbeiten. Wer schon in der Kindheit selbst-diszipliniert zu Werke geht, bekommt eher gute Noten, schafft eher eine anspruchsvolle Ausbildung und wohnt in einer gesünderen Umgebung.
Die Selbstkontrolle und – damit zusammenhängend – „Alles mit Mass!“ ist also der wahre Glücklich-Macher. Selbstkontrolle macht Kinder im späteren Leben stark. Leute mit viel Selbstkontrolle führen im Schnitt bessere und längere Beziehungen als Menschen, die sich weniger im Griff haben. Sie werden mehr gemocht und anerkannt. Sie sind weniger gestresst, fühlen sich weniger schuldig, können sich besser an neue Situationen anpassen und sind weniger beratungsresistent. Sie begehen auch weniger Verbrechen. Sie überwinden sogar Vorurteile besser. Und, nach all dem, nicht überraschend: Sie leben länger.(Roy Baumeister: Die Macht der Disziplin. Campusverlag, 2012)

Alles schön und gut: Aber eine Überdosis Disziplin ist nicht mehr gesund!

Siehe dazu auch mein Blogbeitrag über Cortisol bei zu starker Disziplin!
Wichtig ist der Wechsel von Spannung und Entspannung, von Kontakt und Rückzug, von Selbstkontrolle und Genuss! Eine eigentliche Rhythmisierung unseres Lebens. Es gibt also auch die Rückseite der Medaille durch eigentliche „Selbstknechtung“, was in Stress, Depression und Burnout enden kann. Deutungshilfe bietet der deutsche Philosoph Byung-Chul Han. Laut Han hat sich der Westen von einer Kontroll- in eine Leistungsgesellschaft umorganisiert (siehe dazu den spannenden Bericht aus dem Tages-Anzeiger).

Dazu passt, dass grosse Studien bei Ausdauersportarten zeigen, dass ein Wechsel von kurzen, sehr intensiven Trainingseinheiten und längeren langsame, ja bedächtige Einheiten für die Gesundheit optimal ist. >>> strukturelleintegration.info/2017/06/02/ausdauer/).
Zudem ist für die Gesundheit – und wir sprechen hier nicht über die Ausdauer – die Häufigkeit der Bewegung wichtiger als die Intensität oder die Dauer! „Mässig, regelmässig“ ist also die Devise.

Zudem wird immer mehr klar, dass Selbstkontrolle und Disziplin beim Gesundheitsverhalten zu eng gesehen wurden. In vielen Studien zeigte sich, dass Selbstkontrollierte zwar mehr Sport treiben, gesünder essen, sich weniger von der Arbeit abhalten lassen und bessere Leistungen erzielen – aber nur, sofern sie feste Gewohnheiten haben! Sie essen fast täglich zur gleichen Zeit, treiben Sport zu festen Zeiten und gehen fast täglich immer zur gleichen Zeit schlafen. Leute mit hoher Selbstkontrolle strukturieren ihr Leben so, dass sie gar nicht erst in Not kommen, sie anwenden zu müssen.

Willenskraft? Selbstkontrolle? Nein: Gewohnheiten!

Wir überschätzen uns und unsere Willenskraft und unsere Selbstkontrolle. Wir glauben, wenn wir uns nur am Riemen reissen, könnten wir jederzeit unser Verhalten steuern und unsere Ziele erreichen. Das stimmt aber leider nicht.

Kurzum: Unerwünschtes Verhalten zu unterdrücken, nützt mal wieder sehr wenig. Und: Was man nicht gerne macht, sollte man automatisieren!

Zur Selbstoptimierung noch mehr hier unten!

Gesund zu leben, zahlt sich aus

Eine gesunde Lebensweise senkt das Risiko für chronische Krankheiten noch deutlicher als bislang vermutet:

Wer noch nie geraucht hat, viel Obst, Gemüse und dafür wenig Fleisch isst, kein massives Übergewicht hat und sich pro Woche mehr als drei Stunden bewegt, reduziert im Vergleich zu Menschen mit gegenteiligem Verhalten sein Erkrankungsrisiko um 80 Prozent. (Langzeitstudie des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung mit mehr als 25’000 Teilnehmern, 2009).
Im Einzelnen sinken bei einer derart bewussten Lebensweise das Diabetes-Risiko um 93 Prozent und die Gefahr eines Herzinfarkts um 81 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden, vermindert sich immer noch um die Hälfte und das Krebsrisiko um 36 Prozent.
Wer einen BMI unter 30 aufweist, vermindert allein dadurch sein Risiko für chronische Krankheiten um mehr als die Hälfte. Wer darüber hinaus auch in seinem Leben noch nie geraucht hat, senkt die Gefahr, chronisch zu erkranken, sogar um 70 Prozent. Aber auch Raucher und Ex-Raucher können ihr Risiko durch eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und ein normales Körpergewicht um bis zu 70 Prozent senken.

Eigene Einschätzung Ihres Gesundheitsverhaltens

Sie finden hier eine Sammlung von Aspekten, die Sie anregt, über Ihr Verhalten und Ihre Lebensführung nachzudenken.

Gefühle und Gedanken | Kreativität | Entspannung/Schlaf | Erholung im Urlaub | körperliche Aktivität | körperliche Fürsorge | Ernährung | Produktivität/Arbeit | Wohnen | Beziehung | Umweltbewusstsein | soziales Interesse | Lebenszufriedenheit | speziell für Männer | speziell für Lehrer/Betriebsleiter/Politikerspeziell für Kinder

1. Wahrnehmen und Ausdrücken von Gefühlen und Gedanken

  • Zuerst einmal ist mir klar, dass meine Gedanken meine Gefühle beeinflussen und somit massgeblich mein Verhalten, wenn ich es zulasse.
  • Gedanken sind erst einmal nur Gedanken und keine Fakten! Nicht was wir denken ist das Problem, sondern wie wir unsere Gedanken beurteilen.
  • Kann ich wahrnehmen, welche Gedanken und Gefühle mir gut tun – und kann ich dann bewusst wählen, diese zuzulassen.
  • Was ist meine Strategie, wenn ich mich schlecht fühle?
  • Meist ist mir bewusst, was ich gerade fühle und empfinde.
  • Wenn ich mit etwas nicht einverstanden bin, kann ich dies ausdrücken.
  • Ich fühle mich frei, anderen meine Gefühle mitzuteilen.
  • Für mich ist es in Ordnung, sowohl heiter und fröhlich als auch ängstlich, traurig und ärgerlich zu sein.
  • Ich kann anderen verständlich machen, was ich empfinde.
  • Es beunruhigt mich nicht, wenn ich manchmal auch heftige Gefühle habe.
  • Ich freue mich über Zuwendung, Anerkennung und Lob von anderen.
  • Wenn ich traurig bin, gestatte ich es mir, zu weinen.
  • Ich nehme es wahr, wenn andere bedrückt sind.
  • Meine Ansichten und Interessen kann ich auch Menschen gegenüber vertreten, die sehr sicher auftreten.
  • Ich kann Sexualität und Intimität geniessen.
  • Ich kann freundlich zu Mitmenschen sein – auch geben/schenken ohne eine Gegenleistung zu erwarten, einfach so (zu Kindness hier weiterlesen).
  • Wenn ich Hilfe brauche, suche ich sie bei Freunden oder Fachleuten.
  • Für mich haben Gefühle eine Bedeutung, auch wenn sie mich manchmal daran hindern, die Dinge „nüchtern“ zu betrachten.
  • Wenn ich ärgerlich oder zornig bin, fresse ich das nicht in mich hinein, sondern drücke meine Gefühle aus. Dies kann auch bedeuten, dass ich in mich gehe und erkenne, aus welchen Glaubenssätzen und Kernüberzeugungen diese Gefühle kommen.
  • Ich weiche Auseinandersetzungen nicht „um des Friedens willen“ aus.
  • Ich kann mich in schwierigen Lebenssituationen nachsichtig behandeln.

2. Kreativität und Ausdrucksfähigkeit

  • Ich habe Freude daran, mich durch Kunst, Tanz, Musik, Theaterspielen, usw. auszudrücken.
  • Ich habe Freude daran, täglich einige Zeit ohne Planung oder Strukturierung zu verbringen. Auch das mobile Internet ist dann nicht verfügbar (Smartphones, Tablets…)!
  • Ich habe oft Ideen und Einfälle, die aus mir selber kommen, in denen ich nichts nachahme.
  • Es macht mir Spass, mich manchmal mit ungewöhnlichen Ideen zu beschäftigen und sie mit anderen auszutauschen.
  • Ich interessiere mich für meine Träume und für das, was sie mir sagen.

3. Entspannung, Schlaf

  • Ich fühle mich selten müde oder ausgelaugt (ausser nach einer anstrengenden Arbeit – und vor dem Bettgehen).
  • Ich schlafe nachts leicht ein (in 10 bis 15 Minuten).
  • Ich bekomme meist genug Schlaf, d.h. morgens steh ich gut auf und bin vormittags nicht müde.
  • Wenn ich aufgeweckt werde, fällt es mir meistens leicht, wieder einzuschlafen.
    Es gibt Zeiten, in denen ich gerne allein sein mag.
  • Wenn es keine Möglichkeit gibt, Probleme sofort zu lösen, kann ich sie auch ruhen lassen.
  • Mindestens 15 bis 20 Minuten täglich meditiere ich oder versuche, mich zu zentrieren.
  • Ich verwöhne mich (ohne mich dafür schuldig zu fühlen), zum Beispiel durch Massagen, Nichtstun.
  • In meinem Alltag pflege ich ein Gleichgewicht zwischen Kontakt und Rückzug. Dabei meint Rückzug: Entspannung, Nichts-Tun und keine Füll-Aktivitäten, wie Blick in mein Smartphone,…
  • Hierzu: Beherrsche ich das Internet (v.a. Social Medias) oder beherrscht es mich? Weiterlesen zu Digital-Detox… und wie fehlende Achtsamkeit unsere Gedächtnisleistung schmälert.
  • Damit zusammenhängend, arbeite ich auch nur 30 bis 40 Stunden pro Woche und benötige deshalb weniger Geld für Konsum und Luxus (Mehr dazu hier in diesem Blog!).
  • Im Winter schlafe ich etwas mehr und im Sommer weniger – und richte meinen Arbeitstag demgemäss ein: Mehr hier: www.dr-walser.ch/saisongerecht-leben/

Mehr zu Entspannungsmethoden/Meditation hier >>> www.dr-walser.ch/entspannung/

4. Erholung im Urlaub

  • Ehe ich eine Auszeit oder einen Urlaub plane, frage ich mich, wovon ich mich erhole. Grundsätzlich gilt: Kontrasterfahrungen sind wichtig! Wenn Du ständig in der Öffentlichkeit stehen und mit vielen wechselnden Menschen in Kontakt bist, brauchst Du Zeiten, in denen Du dich von der Welt zurückziehen und mal allein sein kannst. Wer in einem sozialen Beruf tätig ist, ständig für andere da ist, steht nach Möglichkeit in Urlaubszeiten selbst im Mittelpunkt und lässt sich „bedienen“. Wer ständig freundlich zu Kunden sein muss, sucht seine Erholung wohl besser nicht in Gruppen.
    Fernreisen mit Zeitverschiebung bringen Anregung. Erholung bieten sie schon allein deshalb wenig, weil der Körper einige Tage benötigt, um sich an die Zeitverschiebung zu gewöhnen. Ich plane dafür genügend Zeit ein.
  • Ich mache mehrere, gut übers Jahr verteilte Urlaubstage, da sie sinnvoller sind als der grosse mehrwöchige Urlaub am Stück.
  • Ich habe nicht zu grosse Erwartungen an den Urlaub. Es ist mir bewusst, dass der Erholungseffekt nach den Ferien nicht lange anhält. Spätestens nach vier Wochen ist er verschwunden.
  • Es ist mir auch bewusst, dass „faul sein“ erlaubt ist. Die Balance zwischen Entspannung und Bewegung ist wichtig. Durch sportliche Betätigung werden Spannungen abgebaut und man erlebt sich als kompetent. Dies ist eine gute Voraussetzung für die Regeneration. Nicht nur im Urlaub die Joggingschuhe anziehen oder den Tennisschläger schwingen. Die beste Erholung garantiert die regelmässige, in den Alltag integrierte Bewegung.
  • Ich kann im Urlaub schnell von der Arbeit abschalten und die Arbeit gedanklich hinter mich lassen. Ich kann Abstand gewinnen und mich innerlich freimachen.
  • Ich mache im Urlaub auch Mastery-Erfahrungen, also körperliche oder intellektuelle Herausforderungen, wie einen Berg besteigen, eine Fremdsprache lernen oder einen See durchschwimmen.
  • Ich kann in meiner Freizeit frei wählen, wann und wie ich etwas mache, das mir Freude bereitet.

Mehr zu Entspannungsmethoden hier >>> www.dr-walser.ch/entspannung/

5. Körperliche Aktivität

  • Ich habe in den letzten zwei Jahren sportlich etwas Neues gelernt oder begonnen.
  • Ich steige häufig Treppen, statt den Lift zu benutzen.
  • Meine täglichen Aktivitäten schliessen mittlere Anstrengungen ein (z.B. Betreuung kleiner Kinder, Arbeiten im Haushalt, Gartenpflege, Fusswege während der Arbeit…).
  • Meine täglichen Aktivitäten enthalten zeitweise auch schwere körperliche Arbeiten (z.B. Transport, Tragen schwerer Objekte, landwirtschaftliche Arbeit …).
  • Ich gehe täglich mindestens zwei Kilometer zu Fuss. Dies ist auch in kleineren Etappen mehrmals täglich möglich.
  • Mindestens dreimal pro Woche laufe ich 20 Minuten in mässiger und mittlerer Belastung (mehr).
  • Mindestens einmal pro Woche mache ich 15 bis 20 Minuten lang Yoga (oder andere Dehn-, Streck- oder Entspannungsübungen).
  • Ich mache fast täglich etwas Gymnastik.
  • Ich dusche regelmässig, erst warm, dann kurz kalt.
  • Ich gehe ein- oder zweimal im Monat in die Sauna.
  • Häufig geniesse ich sexuelle Aktivitäten mit mir oder anderen.

6. Körperliche Fürsorge

  • Ich rauche nicht! (= die wohl wichtigste Gesundheitsmassnahme überhaupt!)
  • Ich reinige meine Zähne regelmässig (mindestens zweimal pro Tag und einmal länger und mit (Interdentalbürstchen).
  • Ich sorge dafür, dass ich mich so wenig wie möglich Abgase, chemische Dämpfe und Lärm aussetze.
  • Ich nehme Änderungen in meinem körperlichen, seelischen und geistigen Befinden bewusst wahr und suche fachliche Hilfe bei auffälligen Änderungen.
  • Ich nehme sehr selten Medikamente oder Drogen. Ich trinke auch nicht jeden Tag Alkohol.
  • Ich sorge dafür, dass ich regelmässig ausreichend Schlaf bekomme.
  • Ich mag die Berührung durch andere.
  • Ich mag andere Menschen berühren, wenn ich das Bedürfnis dazu habe.
  • Ich „trainiere“ mein Gehirn (und für „Gehirnjogging“ genügt nicht das Lösen von Kreuzworträtsel oder Sudoka!)  mit Musizieren, Tanzen, Meditieren, Lernen von Fremdsprachen, Beschäftigung mit philosophischen Themen, Umgang mit Kindern!
  • Ich probiere täglich draussen etwas „Sonne zu tanken“ (siehe hier über den „Segen der Sonne“)

7. Ernährung

  • Der grösste Teil meiner Nahrung ist pflanzlichen Ursprungs: Obst, Gemüse, Salate, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Nüsse (davon 1 Handvoll pro Tag) und Früchte (etwa 2 Handvoll Obst täglich).
  • Rohe, ungekochte Nahrung ist nicht die Ausnahme, sondern fester Bestandteil meiner Ernährung.
  • Fleisch esse ich höchstens ein- bis zweimal die Woche und achte auf Weidefleisch.
  • Ich vermeide soweit wie möglich tierische Fette und ersetze sie durch pflanzliche (hochwertige Öle sind Oliven-, Lein- und Rapsöl).
  • Ich esse selten raffinierte Nahrung und achte auf Esswaren im vollwertigen Naturzustand.
  • Ich bevorzuge Nahrung ohne chemische Zusätze und achte beim Einkaufen auf die Kennzeichnung von Zusätzen. Als Regel kann gelten, dass ich Esswaren einkaufe, die auch meine Urgrossmutter als Essen erkannt hätte.
  • Ich trinke mindestens 1,5 bis 2 Liter Flüssigkeit täglich.
  • Ich trinke weniger als sechs Tassen Kaffee pro Tag.
  • Mein Alkoholkonsum ist niedrig (nicht mehr als ein halber Liter Bier oder ein viertel Liter Wein pro Tag). – mit vielen alkoholfreien Tagen.
  • Mein Appetit ist gut (weder zu gering noch zu gross).
  • Mein Körpergewicht ist normal („normal“, was ist das?!).
  • Ich nehme mir Zeit und Ruhe für meine Mahlzeiten und kaue jeden Bissen ausgiebig. Das Smartphone ist während des Essens nicht auf dem Tisch!
  • Ich kann das Essen ohne Schuld- und Reuegefühle lustvoll geniessen.
  • Ich mache auch Unterschiede zwischen dem Winter und dem Sommer, indem ich meine Ernährung etwas meinem unterschiedlichen Verhalten anpasse (Mehr dazu hier: www.dr-walser.ch/saisongerecht-leben/)
    (Lesen Sie auch dies zum Essen!)

8. Produktivität, Arbeit

  • Finanziell fühle ich mich sicher.
  • Das Einkommen entspricht meiner Leistung.
  • Ich habe wenig Angst um meine berufliche Zukunft.
  • Mir macht meine Tätigkeit mehrheitlich Spass. Teils bin ich auch im wirklichen Flow.
  • Mein Beruf ist meine „Berufung“, d.h. ich kann dabei mindestens die drei wichtigsten Charakterstärken brauchen (siehe Test dazu hier: charakterstaerken.org).
  • Ich fühle mich selten in unangemessener Weise bewertet und kontrolliert.
  • Ich arbeite gern mit meinen KollegInnen zusammen.
  • Ich verrichte meine Arbeit in einer angenehmen Umgebung.
  • Mein Arbeitsplatz gefährdet mich nicht (z.B. durch Chemikalien, giftige Gase, Strahlen, Staub, schlechte Luft, extreme Temperaturen, Lärm, ungesicherte Maschinen, grosse Unfallgefahr).
  • Mein Pendelweg zur Arbeit ist kurz – und ich kann (mindestens einen grossen Teil davon) zu Fuss gehen.
  • Ich fühle mich selten unter Zeitdruck oder gehetzt.
  • Ich fühle mich selten überfordert.
  • Ich fühle mich selten unterfordert.
  • In meiner Arbeit existieren Qualifizierungsangebote. Ich kann bei meiner Arbeit etwas lernen.
  • Ich kann im Betrieb aufsteigen.
  • Wenn ich Spannungen mit Vorgesetzten, Kollegen, Untergebenen habe, finden wir meist Lösungsmöglichkeiten.
  • Ich kann meine Arbeit in gewissem Umfang selbst einteilen.
  • Ich habe genügend Pausen während der Arbeit.
  • Ich empfinde meine Arbeit als sinnvoll und anregend. Meine Arbeit ist auch nützlich für die Gesellschaft.
  • Ich arbeite maximal 45 Stunden pro Woche (mehr dazu hier in diesem Blog!).
  • Ich arbeite im Winter (späterer Arbeitsbeginn) etwas weniger als im Sommer (Mehr hier: www.dr-walser.ch/saisongerecht-leben/).

zum Thema „Zeit vs. Geld/Arbeit“: >>> walserblog.ch/2017/02/17/zeit-vs-geld/
und hier „Wie viel Lebenszeit kostet mir mein Konsum?“ hier in diesem Blog!

Zur Arbeit noch der Philosoph Byung-Chul Han: „Es ist vielleicht an der Zeit, über eine Lebensform nachzudenken, in der die Arbeit keine Rolle mehr spielt. Der altchinesische Denker Zhuangzi würde sie „Wandern in Musse“ nennen.“

9. Wohnen

  • Ich bin mit meiner Wohnsituation zufrieden.
  • Ich fühle mich in meiner Wohnung zu Hause.
  • Ich habe das richtige Ausmass von Kontakt zu Mitbewohnern, Nachbarn.
  • Ich mag die Strasse und die Umgebung, in der ich wohne.
  • Sind meine Nachbarn glückliche Menschen oder wohnen meine Freunde in meiner Nähe? (Die Wahrscheinlichkeit, ebenfalls glücklich zu werden, steigt dank einer zufriedenen Nachbarschaft gemäss eine Studie im British Medical Journal um 35 Prozent).
  • Die Wohnbedingungen (Grösse der Wohnung, Grünflächen, frische Luft, ruhige Lage, Geschäfte, Anregungen) sind genau richtig für mich.
  • Ich wohne nicht zu weit von meinem Arbeitsort weg (kurze Pendelzeit!).
  • Die Landesgegend (und auch das Land) in dem ich wohne gefällt mir.

10. Beziehung

  • Ich liebe und habe zärtliche Gefühle zum Menschen mit dem ich zusammenlebe.
  • Ich habe Mitgefühl zu anderen und…  zu mir selbst.
  • Mein Lebenspartner ist glücklich und zufrieden. Gemäss Studien ist dies genau so wichtig, wie das eigene Glück und fördert meine eigene Gesundheit – unabhängig davon, wie glücklich ich selbst bin!
  • Mit meinem Partner trage ich Krisen und Konflikt offen und fair aus.
  • Wir sind zueinander selten sarkastisch, zynisch, versteckt und indirekt aggressiv, schroff zurückweisend oder anderweitig scheusslich.
  • Ich und mein Partner können sich das Gefühl geben, den anderen zu verstehen und zu unterstützen. Unsere Beziehung ist auch „Anerkennen von Unterschieden“. Um dieses Unterschiedliche meines Partners zu Erforschen, sind Fragen (offene und zirkuläre!) sehr wichtig.
  • Positive Gefühle wie Lob und Wertschätzung können wir uns gut mitteilen.
  • Negative Gefühle wie Wut und Ärger können ich und mein Partner angemessen äussern.
  • Mein Lebenspartner traut mir persönliche Entwicklungsschritte zu, bekräftigt mich auf dem angestrebten Weg, fordert zu Handlungen heraus und geht auf mich ein.
  • Mein sexuelles Leben ist reich, kreativ und befriedigt mich (>>> sex/)
  • Ich bin gewissenhaft, offen für Neues/ Erfahrungen und auch „sozial verträglich“ (ein netter Mensch…).
    Lesen Sie mehr über diese drei Persönlichkeitsmerkmale, die für die Chancen einer lang dauernden Beziehung wichtig sind: >>> walserblog.ch/2015/02/14/gewissenhaft-macht-gesund
  • Pflegen Sie auch gute (weitere) Freundschaften? Haben Sie einen Freund*in, dem Sie anvertrauen würden, dass Sie fremd gegangen sind, dass Sie drei Millionen im Lotto gewonnen haben oder dass die eigene Mutter Alkoholikerin war?
  • Reservieren Sie einen Abend in der Woche diesen Freundschaften – so wie man ja auch regelmässig schwimmen, joggen oder ins Fitnessstudio geht?
  • Man benötigt eine gewisse Selbstachtung und Selbstliebe um offen zu sein für Freundschaften mit anderen. Besitzen Sie dies?
  • Können Sie sich darauf einigen, wie Sie Ihre Zeit aufteilen – allein, gemeinsam, mit Freunden und Familie, bei der Arbeit?
  • Sind Ihre Tages- und Wochenrhythmen, Ihr Tempo, Ihre Perspektiven auf die Lebenszeit und Ihre Einstellung zur Pünktlichkeit ähnlich oder ergänzen sie sich so, dass Sie die gemeinsame Zeit geniessen und die Herausforderungen des Lebens meistern können?

11. Umweltbewusstsein

  • Ich konsumiere so wenig wie möglich! („Wie viel Lebenszeit kostet mir mein Konsum?“ hier in diesem Blog!).
  • Ich versuche, die Verschwendung von Energie sowohl zu Hause als auch im beruflichen Bereich zu vermeiden.
  • Mir ist bewusst, dass die Regenwälder im Amazonas abgeholzt und verbrannt werden, da dort Rinder weiden werden, die v.a. wir in Europa (und China) essen. Zudem wird das Soja und Mais, das dort angebaut wird in grossen Mengen zu uns exportiert (für Futter unserer Tiere)!
    Weniger Fleisch essen zeugt also auch von Umweltbewusstsein.
    Ebenfalls bevorzugen von saisonalen und regionalen Esswaren.
    Ich werfe möglichst wenig Essen weg!
  • Ich benutze ungiftige, abbaubare Reinigungsmittel.
  • Ich benutze soweit wie möglich öffentliche Verkehrsmittel – oder gehe zu Fuss oder mit dem Fahrrad.
  • Ich sorge für die Weiterverwendung von Flaschen, Papier, Kleidung, organischem Abfall.
  • Ich fliege so wenig wie möglich in die Ferien. Ich mache dabei auch keine sehr langen Autofahrten.

    • (mit Erlaubnis und Copyright von Psychologie Heute)

.

12. Soziales Interesse

  • Ich informiere mich über lokale, nationale und internationale Ereignisse.
  • Ich habe Interesse an gesellschaftlichen Problemen und unterstütze Ziele, Personen, Gruppen meiner Wahl.
  • Wenn es mir möglich ist, gebe ich Zeit und Geld für Ziele aus, die mir wichtig sind.
  • Kenne ich meine Werte, was mir wichtig ist im Leben und Zusammenleben. Dazu ist gut, meine drei wichtigsten Charakterstärken zu kennen und sie zu leben (siehe Test dazu hier: charakterstaerken.org).
    Daraus ergeben sich drei weitere Fragen:
  • Was ist mir persönlich wichtig?
  • Wofür möchte ich stehen?
  • Wofür möchte ich „bekannt sein“?
    .
  • Wenn ich Auto fahre, nehme ich Rücksicht auf Fussgänger und andere Mitbenützer der Strasse.
  • Ich bin Mitglied einer oder mehrerer Gruppen (Club, soziale/politische Organisation, Musikband …).
  • Ich versuche gemeinsam mit KollegInnen unsere Interessen am Arbeitsplatz zu vertreten.
  • Ich gebe im Leben mehr als ich nehme (u.a. Spenden,…).

13. Einstellung zum Leben, Lebenszufriedenheit

  • Mein persönliches Dasein erscheint mir sinnvoll.
  • Mein tägliches Leben ist oft voll Freude und Befriedigung (Blogbeitrag dazu!).
  • Ich bleibe mir selbst treu.
  • Ich habe eine Ahnung, was „Selbstfürsorge“ für mich bedeutet und ich probiere dies zu leben. Selbstfürsorge basiert auf drei Säulen: Achtsamkeit, Selbstdisziplin (= Empathie für sich selbst – in der Zukunft!), Abgrenzung.
  • Ich lebe präsent und bewusst im Augenblick.
  • Ich lebe so, dass ich später nichts zu bereuen habe.
  • Wenn ich an den Tod denke, dann fühle ich mich vorbereitet und ohne Angst.
  • Wenn ich heute sterben würde, dann hätte ich das Gefühl, dass mein Leben einen Wert hatte.
  • Auch die schweren Zeiten in meinem Leben haben für mich Bedeutung und ihren Sinn.
  • Die Art, wie ich Menschen, die Welt und meine Existenz sehe, gibt mir Kraft.
  • Ich habe Vertrauen in die Zukunft.
  • Ich vertraue meinen Mitmenschen zuerst meist (und ein Misstrauen ist sicher nicht primär). Siehe mein Blogbeitrag dazu.
  • Auch wenn manche Situationen schwierig sind, macht es mir Freude zu leben.
  • Veränderungen in meinem Leben machen mir keine Angst.
  • Lebe ich „authentisch“?
    (mit Erlaubnis und Copyright von Psychologie Heute: www.psychologie-heute.de)

    .

14. Spezielle Fragen an den Mann

  • Wie gesund bzw. ungesund verhalte ich mich? Inwiefern/wo wirkt sich mein Verhalten schädlich oder fördernd auf meine Gesundheit aus (Stichworte: Rauchen, Alkohol, Safer-Sex/Sexsucht, Verkehrsverhalten, Dickleibigkeit, Arbeitssucht, Machtsucht, Brutalität)?
  • Wie nehme ich mich selber wahr?
  • Wie kann ich sorgfältiger mit mir selber umgehen?
  • Kann ich auch Unvollkommenheiten in mein Leben integrieren?
  • Bin ich auf äussere Werte wie Geld, Erfolg, Status und Statussymbole fixiert?
  • Wie verhält es sich mit meinen Grenzüberschreitungen und Kontrollverlusten?
  • Wie bin ich in Kontakt mit meiner wilden, gefährlichen Seite? Und bin ich dort gleichzeitig auch achtsam? Achtsam mir gegenüber und beachte ich an meinen Grenzen auch diejenigen meiner Mitmenschen?
  • Liefere ich häufig ungebetene Erklärungen und Ratschläge (Mansplaining)?
  • Oder Victim Blaming: angesichts männlicher Übergriffigkeit erst einmal über das Verhalten der Frau zu sprechen?
  • Wie erlerne ich konstruktive Formen von Aggressivität und Durchsetzungsvermögen und wie fördere ich deren Verbreitung?
  • Wie funktionieren meine Beziehungsmuster?
  • Wie pflege ich Männerfreundschaften?
  • Wie fördere ich Solidarität unter Männern?
  • Wie integriere ich neben dem Berufs-Mann den Ehe-Mann und Vater gleichwertig in mein Leben?
  • Wie pflege ich meine „Eigenwelt“ neben den Bereichen der Arbeit und der Familien- oder Beziehungswelt?
  • Wie trage ich dazu bei, mehr Gemeinschaftssinn zu entwickeln?
  • Kann ich mich im Spannungsfeld zwischen instrumentaler und ganzheitlicher Vernunft für Gesundheitsförderung und Lebensqualität entscheiden, auch wenn ich dabei scheinbar persönliche Karrierenachteile in Kauf nehme?
  • Wie weit treibe ich den Individualismus? Engagiere ich mich v.a. zur Erfüllung meiner Macht- und/oder Selbstbestätigungsgelüste?

Die Zehn Gebote als Krisenprophylaxe für den Mann
und über die Schwäche des »starken Geschlechts«: Warum Männer früher sterben als Frauen: Neueste Daten und Vermutungen zu einer alten Frage
und sexuelle Gewalt gegen Männer und wie toxische Gendernormen verhindern, das die Männer deshalb keine oder sehr späte Hilfe holen!

Mehr zur Männergesundheit auch hier: www.gesunde-maenner.ch

15. Spezielle Fragen für die LehrerIn/BetriebsleiterIn/PolitikerIn

SCHULE
Die Gesundheitsförderung in der Schule koppelt man am besten von Verhaltenskontrolle ab, da sie dann nur Widerstand hervorruft. Wie kann ich Schüler dazu bringen, mehr Früchte und Wasser zu konsumieren, weniger zu rauchen und sich mehr zu bewegen – ohne, dass das Ganze mit Verboten, Strafen und Kontrolle verbunden ist?
Also: Nicht a priori Alkohol und Tabak usw. verdammen, sondern eine gemeinsame Diskussion darüber entfachen – auch zum Thema ambivalente Einstellung gegenüber dem Thema Gesundheit.
Kann ich eine echte Partizipation zulassen, sprich: Befragung der Schülerinnen und Schüler, welche Gesundheitsprobleme sie wahrnehmen und was sie ändern wollen und wo sie Ansatzpunkte der Änderungen sehen?

Dann immer emotionale Kompetenz stärken! Fünf Kriterien sind hier wichtig: Wissen und Denken über Emotionen, das Erkennen und der Ausdruck von Gefühlen, die Emotionsregulation sowie Empathie. Die Vermittlung der Emotionsregulation ist laut vielen Autoren dabei die wichtigste  pädagogische Aufgabe, wenn es um Gefühle geht. Vor allem in den Lehrplänen für naturwissenschaftliche Fächer, Informationstechnologie oder Wirtschaft gibt es bisher leider nur sehr wenige Bezüge auf emotionale Kompetenzen.

BETRIEB
Werden Arbeitsanalysen durchgeführt?
Wird die Ergonomie der Arbeitsplätze überprüft?
Werden toxische Belastungen ermittelt?
Wird Gesundheitsberichterstattung durchgeführt, um zu ermitteln, in welchen Abteilungen welche Erkrankungen in welcher Häufigkeit auftreten?
Werden Gesundheitszirkel implementiert, um herauszufinden, wie die Arbeitnehmer welche Gesundheitsprobleme wahrnehmen und welche Lösungen es hierfür gibt?
Werden Arbeitsplätze geschaffen, die mit Gesundheitsförderungsexpertinnen besetzt werden?

GEMEINDE
Es lautet die wichtigste politische und alltägliche Entscheidung heute wohl: Trägt man selbst mehr zum kittenden Vertrauen oder eher zum spaltenden Misstrauen der Gesellschaft bei?
Werden sichere Radwege geschaffen?
Werden Planung und Realisierung von Naherholungsgebieten, in denen zum Beispiel gejoggt werden kann, gefördert?
Gibt es Innenstädte, in denen der Autoverkehr eingeschränkt ist?
Wird etwas zur Senkung der Lärmbelastung und zur Verbesserung der Luftqualität realisiert?
Wird der bürgerliche Gemeinsinn aktiviert, das heisst, dass Bürgerinnen gemeinsam ihre Gemeinde gesundheitsförderlicher gestalten (auch Stärkung nachbarschaftlicher Bindungen, Pflege von Vereinen…)?

16. Spezielle Fragen an Ihr Kind

Passung:
Beispiel: Ein Kind ist kognitiv durchschnittlich bis vielleicht etwas unterdurchschnittlich begabt. Die Eltern haben aber Erwartungen, dass es in der Schule gute Noten erziele, damit es später mehr Möglichkeiten im Leben hat. Das Kind ist aber nicht in der Lage, diese kognitive Leistung zu erbringen. Und da kommt es zu einer fehlenden Passung, weil das Kind unseren Erwartungen nicht gerecht werden kann. Das führt dazu, dass das Kind ein eingeschränktes Wohlbefinden entwickelt, dass es ihm auf lange Sicht nicht gut geht – obwohl die Eltern das Beste für es wollen. Eltern sollen die Interessen der Kinder unterstützend aufnehmen und Impulse geben – die Stärken ihrer Kinder fördern und die Schwächen akzeptieren und versuchen, mit ihnen so umzugehen, dass es zu ihrem jeweiligen Entwicklungsstand passt.
Es
läuft in der Kindheit meist auf die „Vier V“ heraus:
Sei vertraut, verlässlich, verfügbar, liebevoll. Das sind vier Bedingungen, die wichtig sind und die Bezugspersonen den Kindern gegenüber erfüllen sollen. Und das ist auch für eine gute Entwicklung förderlich. Mehr braucht es nicht.

Und noch speziell zum Umgang mit dem Internet:
In Kanada gibt es eine Initiative («The Canadian 24-Hour Movement Guidelines for Children and Youth»), die empfiehlt, dass Kinder und Jugendliche folgende drei Dinge beachten sollten:

  • 60 Minuten pro Tag körperliche Aktivität,
  • weniger als zwei Stunden pro Tag vor einem Bildschirm (TV, PC, Smartphone etc.) und
  • Schlafdauer zwischen 9 und 11 Stunden.

In den USA halten nur gerade 5% aller Kinder und Jugendlichen (9–11 Jahre) diese Empfehlungen laut einer aktuellen Studie auch ein. Die mittlere Bildschirmzeit betrug in der Studie 3,6 Stunden pro Tag. Eine deutliche Reduktion wäre jedoch lohnenswert; denn die kognitiven Fähigkeiten verbesserten sich mit weniger Zeit am Bildschirm und mehr Schlafdauer. Die körperliche Aktivität hatte keinen (zusätzlichen) Einfluss.
The Lancet 2018, doi.org/10.1016/S2352-4642(18)30278-5.

Spezielle Fragen an Ihre Tochter in den jugendlichen Blütenjahren >>>

Mehr Verantwortung übernehmen könnte ich hier

Gefühle | Kreativität | Entspannung/Schlaf | Erholung im Urlaub | körperliche Aktivität | körperliche Fürsorge | Ernährung | Produktivität/Arbeit | Wohnen | Beziehung | Umweltbewusstsein | soziales Interesse | Lebenszufriedenheit | speziell für Männer | speziell für Lehrer/Betriebsleiter/Politikerspeziell für Kinder

Hier ein Test zu Ihrer Berufs- und Lebenszufriedenheit (Charaktertest VIA (values in action) – ca. eine halbe Stunde Zeitaufwand): www.charakterstaerken.org der Forschergruppe um Willibald Ruch der Uni Zürich.

„Langlebigkeit“:

  • Mythos 1:
    Pestizide in Lebensmittel machen uns krank.

    Gefühlte versus reale Risiken für die Gesundheit!
    Welche Themen für uns persönlich und subjektiv die grössten gesundheitlichen Risiken darstellen, sind meist überhaupt nicht die wahren Gefahren! Wahrnehmungsunterschiede sind abhängig von Medienberichten, Gewöhnlichkeit des Risikos sowie Schrecklichkeit.
    Oder anders gesagt: Man stirbt nicht an den Dingen, vor denen man sich fürchtet! (aus Tagesanzeiger, 26.03.2016, Constantin Seibt, Fürchte dich nicht)

    Die grossen Risiken sind also: Völlerei, Bewegungsmangel, Rauchen und der alltägliche Strassenverkehr (Im Jahre 2011 starben in Deutschland im Strassenverkehr 3991 Personen = 11 Tote durch PKW-Unfälle täglich – „So etwas passiert anderen, nicht mir!“).
    Eine weitere spannende Faktensammlung zur Lebenserwartung hier >>>
    Und… dies alles soll nicht heissen, dass man nichts gegen Pestizide in unseren Nahrungsmittel tun soll! Biologisch hergestellte Pflanzen zu essen, bedeutet auch, dass der Bauer, der sie produziert hat, die Erde und auch seine Tiere sorgfältig und natürlich behandelt!

Hierzu auch mein Blogbeitrag, ob wirklich alles „Natürliche“ besser ist!

  • Mythos 2:
    Das heilsame Lachen
    Frohe Stimmung und Bekundung guter Gesundheit gehen oft Hand in Hand. Die Gefühlslage erweist sich als gewichtiger für die Einschätzung der eigenen Gesundheit als Hunger, Obdachlosigkeit und Sicherheit vor Kriminalität. Doch auch hier wird die gefühlte Gesundheit erfasst. Und dies heisst nicht, dass sie auch objektiv wirklich gesund sind! Also sorgt häufig eine robuste Gesundheit für eine gute Stimmung! Es ist sogar so, dass Frohnaturen Menschen sind, die sich wenig Gedanken über mögliche Missgeschicke machen. Dies wird vielen zum Verhängnis und sie rauchen eher, trinken mehr Alkohol und pflegen mit Vorliebe riskante Hobbies. Folgerichtig starben viele von ihnen bei Unfällen oder frühzeitig an den Suchtfolgen. No risk – no fun also!
  • Mythos 3:
    Die kranken Neurotiker
    Umgekehrt kann es durchaus Vorteile haben, zu jenen Menschen zu gehören, die immer etwas befürchten oder beklagen (im Fachjargon „Neurotizismus“ genannt). Er fühlt sich zwar unglücklicher und kränker, aber er lebt länger! Objektiv sind sie tatsächlich „gesünder“ – doch will ich „objektiv gesünder“, aber unglücklich sein – oder lieber glücklich, aber etwas kurzlebiger?! (Howard Friedmann, M.Kern: Personality, well-being and health. The Annual Review of Psychology, 65, 2014, 719-742)
  • Mythos 4:
    Religion verlängert das Leben
    Viele Studien suggerieren, dass Gottgläubige gesünder sind. Wenn man dies aber näher betrachtet, findet man dabei als wichtigste Faktoren, dass dies Menschen auch disziplinierter und massvoller lebten – und dass dies die Gründe für mehr Gesundheit waren.
    Die einzige „Religion“, die gesünder macht, ist sicher der „Humanismus“ und das Studieren der Philosophie, das Sich-Wundern!
  • Mythos 5:
    Die Ehe hält jung
    Bei Männer stimmt dies zwar – wohl aber, weil ihre Frau mehr soziale Kontakte schafft, ihn auch mal ermahnt, weniger zu rauchen oder zu trinken und mal zum Arzt zu gehen… Frauen dagegen gewinnen durch das Ehedasein nichts! Es gilt sogar: Je jünger die Ehefrau, umso länger lebt der Mann. Umgekehrt stimmt dies aber auch nicht! (Sven Drefahl: How does the age gap between partners affect their survival? Demography, 47/2, 2010, 313-326)
  • Mythos 6:
    Bloss keinen Stress!
    Stress an sich schadet nicht! Akuter und vorübergehender Stress! Jedoch chronische Stresssituationen, Dauerstress sind sehr ungesund! Wenn jemand seiner Arbeit nicht gewachsen ist oder überhaupt ständig zuviel von ihm verlangt wird, dies ist krankmachend. Und… chronischer Stress in der Jugend (z.B. auch durch Armut!) verändert uns rein neurobiologisch negativ (hier unten lesen Sie mehr darüber). Dauerstress ist der ärgste Feind des Kohärenzgefühls (siehe bei Salutogenese).
    Übrigens: Die erfolgreichen Arbeitstiere leben nicht zuletzt deshalb gut und lange, da sie besonders gewissenhaft sind. Also auch hier ist wieder die Selbstkontrolle der wichtigste Faktor zur Gesundheit.
    .
    • Mythos 7:
      Geld bringt Gesundheit und ein langes Leben!
      In seiner Studie «Wellbeing and Policy» untersucht der britische Ökonom Richard Layard, wie stark das Glücksempfinden vom Gehalt abhängt. Das überraschende Ergebnis: Die Korrelation ist viel geringer als angenommen. Geistliche, die 2013 kaum mehr als 20 000 £ verdienten, sind zufriedener als Chefs und hohe Kader, die es durchschnittlich auf fast 120 000 £ brachten. Besonders zufrieden sind auch Bauern und Sekretärinnen. Beide verdienen etwa gleich viel wie Bauarbeiter, die aber besonders unglücklich sind.Als wegweisend für die Entwicklung des Forschungszweigs gilt eine Erkenntnis des amerikanischen Ökonomen Richard Easterlin aus dem Jahr 1974: Reiche sind innerhalb eines Landes zwar glücklicher als Arme, aber wenn der Wohlstand eines Landes insgesamt steigt, ändert dies nichts am Glücks-empfinden. Layard erklärt das «Easterlin-Paradox» damit, dass sich Menschen intensiver mit ihrem Umfeld vergleichen, also das relative Gehalt in den Mittelpunkt rücken, statt ihr absolutes Gehaltsniveau wertzuschätzen.Vor allem Banken sind laut Layard mit der Angewohnheit, hohe leistungsabhängige Boni auszuschütten, auf dem Irrweg. Die Ausschüttungen führten zu einer Unzufriedenheit, die in keinem Verhältnis zum Wert des Geldes stehe. In einem Umfeld, in dem mit guten Leistungen viel Geld zu verdienen sei, leisteten Leute nicht mehr, sondern weniger. Vielleicht aus Angst, zu versagen.Unter Ökonomen stösst die Entwicklung auch auf Kritik. Alternativen zum BIP würden mit einer spezifischen Agenda im Hinterkopf konstruiert und könnten leicht von Regierungen manipuliert werden, argumentiert etwa der Schwede Johan Norberg. Er spricht von «Glücks-Paternalismus». Das BIP sei nicht perfekt, aber immerhin wertfrei. Davon abzugrenzen ist die reine „Lebenserwartung“, die mindestens in den USA mit steigendem Einkommen zunimmt. Dies gilt aber vor allem für die ganz Armen und die ganz Reichen. Dort ist das Verhalten gegenüber der eigenen Gesundheit völlig verschieden: Ärmere Menschen sind weniger gebildet, rauchen mehr und sind weniger körperlich aktiv… (Chetty R, et al. JAMA.2016;315 (16):1750-66)
      Daraus lässt sich zunächst eine naheliegende Forderung ableiten: Man spricht am besten weniger über Geld. Layard verweist zur Unterstützung auf ein Experiment der Uni Berkeley. Dort wurden die Gehälter der öffentlichen Angestellten auf einer Website veröffentlicht. Bei Uni-Angestellten, die das zunächst nicht mitbekamen, änderte sich nichts am Wohlempfinden, während bei jenen, die gezielt informiert wurden, die Zufriedenheit messbar zurückging.
      Die Glücksforschung, eine wachsende Teildisziplin der Ökonomie, kombiniert Empirie mit neurowissenschaftlichen Erkenntnissen. Sie bringt Ergebnisse hervor, über die sich selbst der Dalai Lama freuen würde. Einkommen und Aufstiegschancen spielen bei der zentralen Frage, ob Menschen mit ihrem Leben zufrieden sind, eine viel geringere Rolle als jahrzehntelang angenommen. Körperliche und seelische Krankheiten sind in entwickelten Volkswirtschaften ein triftigerer Grund, unglücklich zu sein, als Armut.
      Update 2021:
      Geld macht glücklich, das gilt in der Wissenschaft als Konsens – aber nur bis zu einer gewissen Einkommensobergrenze. Ein Forscher sah sich nun die Beziehung zwischen Einkommen und Wohlbefinden erneut an und stellte fest, dass die Befragten von umso grösserem Wohlbefinden berichteten, je höher ihr Einkommen war – eine Obergrenze liess sich nicht definieren.   Es wurden dazu die Angaben von mehr als 33 000 US-Amerikaner*innen zwischen 18 und 65 Jahren ausgewertet. Sie machten unter anderem Angaben zu ihrer allgemeinen Lebenszufriedenheit und ihrem momentanen Wohlbefinden. Diese Unterscheidung ist wichtig, weil das momentane Wohlbefinden in anderen Studien nur selten erfasst worden sei. Das mag der Grund sein, dass er – anders als frühere Studien – keine Einkommensglück-Obergrenze feststellen konnte. Die Auswertung zeigte aber auch: Befragte mit geringerem Einkommen, denen Geld nicht so wichtig war, waren zufriedener. Dass die Bedeutung des Geldes eine Rolle spielt, zeigt eine weitere Studie: Befragt wurden hier knapp 700 Personen in ländlichen und städtischen Regionen in zwei Ländern mit sehr geringem Durchschnittseinkommen. Ihre Zufriedenheit war hoch – Geld war den Befragten aber auch nicht wichtig. Geld macht also nur dann glücklich, wenn es uns viel bedeutet. (S. Miñarro u. a.: Happy without money; Plos One, 2021 & M. A. Killingsworth: Experienced well-being rises with income, even above $ 75,000 per year. PNAS, 118/4, 2021)

      Hierzu auch mein Blogbeitrag über MISWANTING!
  • Mythos 8:
    Der Ärger mit dem Ärger!
    „Nichts und niemand kann Dich ärgern – ausser Du dich selbst!“ Fritz Perls
    Zudem gibt es keine „kleinen“, alltägliche Aufregungen oder Ärger. Sie alle stören den Frieden meines Geistes gleichermassen. Sie alle verhindern, dass ich jemals etwas gelassener werde: Lesen Sie dazu meinen Blog.
    .
  • Mythos 9:
    Das Natürliche ist immer besser als das Chemisch-Synthetische!

    Meine liebste Denkfalle ist die Annahme, dass alles Natürliche gesünder und milder wäre als etwas Chemisches, Synthetisches. Als Beispiel: Alle pflanzlichen Medikamente sind besser als synthetische. Da will ich nur an – kaum erforschte – toxisch wirkende Pflanzen, wie Digitalis (Fingerhut) erinnern, die (in falscher Dosis) selbst tödlich wirken können!

Armut in der Jugend – Was sie anrichtet!

Armut ist Stress – chronischer Stress! Stress heisst rein biologisch, den Körper für die Flucht bereitzumachen. Die Stresshormone, die dabei ausgeschüttet werden, haben – je nachdem, ob es sich um einen milden, kurzzeitig auftretenden Stressfaktor oder um einen massiven, längeranhaltenden handelt – unterschiedliche Auswirkungen auf das Gehirn. Chronischer Stress ist anders als kurzzeitiger Stress nicht hilfreich, um eine Aufgabe zu bewältigen, sondern sorgt dafür, dass die Fähigkeit zur Problemlösung abnimmt. Denn Teile des präfrontalen Cortex schrumpfen bei chronischem Stress, während das Angstzentrum im Hirn, die Amygdala angeregt wird.

Forschungsergebnis liefern heute den Schlüssel zum Verständnis, wie sehr das sozioökonomische Umfeld das weitere Leben bestimmt. Und zwar schon bei 5-jährigen Kindern. Es wird bereits dann der Grundstock gelegt für die Gesundheit, die ein Mensch 20 Jahre später haben wird. Studien zeigen, dass 10-jährige Kinder aus ärmeren Familien doppelt so viel Stresshormon im Blut haben, wie Kinder aus reicheren Familien. Damit wird deutlich, dass die Startbedingungen über Wohl und Wehe entscheiden. Auf neurobiologischer Ebene.

Eine Warnung an Gesundheitsförderer

Der Gesundheitsexperte schreibt vor, dass sich der Laie gesundheitsgerecht verhalten soll oder seine Gesundheit mehr in die Hand nehmen soll, ohne zu fragen, ob der Laie Gesundheit will, und schon gar nicht, wenn er ungefragt muss. Mit den schönen Worten der Gesundheitsförderung (zur Gesundheit befähigen) wird also etwas unterschlagen, was als Pflicht zur Gesundheit besser umschrieben wäre. Gesundheit wird zur Norm. Eine Erfolg versprechende Gesundheitsförderung hätte nicht nur kulturelle Muster wahrzunehmen und zu berücksichtigen, sie müsste sich auch fragen, ob es ihrem Anliegen gut tut (Menschen zur Gesundheit zu befähigen), wenn dieses mit einer staatsbürgerlichen Pflicht sozusagen identisch ist. Möglicherweise ist dies ein wesentliches Problem, an dem Gesundheitsförderung bisher gescheitert ist. Es ist gut, falls mir bewusst ist, dass sie auf die eine oder andere Weise etwas mit Machtausübung verbunden ist (gemäss Foucault ein Teil der Disziplinarmacht von mittleren und höheren Schichten gegenüber den unteren). In unserer Gesellschaft werden diejenigen diskriminiert, die dem Anschein nach zentrale Werte des Abendlandes verstossen, gegen die Idee der Mässigung beziehungsweise des rechten Masses (griechische Antike), gegen christliche Gebote, die sich zum Beispiel gegen Völlerei (Adipositas) oder Süchte (Drogen, Rauchen) richten. Diese Debatte über Mässigung passt aber wenig zu dem hedonistischen Bild, mit dem sich unsere Gesellschaft gerne umhüllt. Maximale Lust, maximaler Spass scheinen das Gebot der Stunde zu sein, also Party ohne Ende. Das Paradoxon des Kapitalismus, mit dem einerseits grenzenloser Luxus und Genuss versprochen werden, dessen Geist allerdings radikale Askese einklagt. Hoher Blutdruck, Schlaflosigkeit, Leistungssportler werden deshalb nicht diskriminiert. Die bürgerliche Aufklärung kreiert allerdings einen historischen Gegenspieler, die Romantik, die von vernünftiger Lebensführung nun gar nichts wissen will. Sie setzt auf das Gefühl, auf Müssiggang, Entgrenzung, Risiko und Todessehnsucht.
Oder: Jeder hat ein Recht auf ungesundes Verhalten, das oft attraktiv und bequem ist. Es existiert hier kein „gut“ oder „böse“, kein „normal“ oder „sündig“ (Christoph Klotter: Warum wir es schaffen nicht gesund zu bleiben. Eine Streitschrift zur Gesundheitsförderung. 2009, Reinhardt, München).
Gesundheit ist ein Wert, der mit anderen Werten wie Genuss, Müssiggang, Risiko konkurriert. Vieles, was als unvernünftig, unsittlich usw. etikettiert wird, wird attraktiv. Ein Verhalten als Sünde zu definieren, führt dazu, diese Verhalten eher zu verstärken. Gesundheitsförderung positioniert sich am besten in einer Balance zwischen Produktivität und Spiel. Sie ist nach Möglichkeit nicht alleine um Nützlichkeit zentriert. Sie könnte sich auch damit anfreunden, selbst ein Teil des Unproduktiven zu sein, des Müssigganges, des Faulenzens, des Spiels.

Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts!

Wenn wir Gesundheitsförderung betrachten, müssen wir zum Schluss noch die Charta des Spiritus Rector, des Ideen- und Ratgebers anschauen, der WHO: Für diese erschöpft sich das Ganze nicht in Rückenkursen und Stressbewältigungstraining, sondern sie ist ein nahezu sozialrevolutionäres Programm. Gesundheit für alle bedeutet Frieden, Sicherheit, Bildung, Essen, Einkommen, ein stabiles Ökosystem, nachhaltige Ressourcen und soziale Gerechtigkeit, also Demokratie und Menschenrechte. Eine Gesundheitsförderung versetzt die Menschen am besten in die Lage, sich um ihre Gesundheit zu kümmern und befähigt sie, bessere Kontrolle über ihre Lebensbedingungen zu haben. Die Gesundheitsförderung geht also auch die Politik an, die Schule, den Betrieb, die Gemeinde.
Gesundheit ist eine ausgewogene Ganzheit, ein Gleichgewicht, eine Harmonie von Kräfte und Funktionen: uns intensiv um unser physisches Selbst kümmern; den Verstand konstruktiv nutzen; unsere Gefühle ausdrücken; kreativ mit unserer Umwelt verbunden sein; unsere physische Umwelt wichtig nehmen; unser Leben als sinnvoll erfahren. Gesundheit hat zu tun mit Lebendigkeit, mit Lebenssinn und mit der Fähigkeit, trotz Leiden und Anfechtung sein Leben zu führen, sich zu entfalten, die oder der zu werden, die oder der man ist. Damit trägt Gesundheit auch zum Funktionieren von Freundschaften, Familien und Gemeinschaften bei. Gesundheit in diesem umfassenden Sinn sollte für alle Menschen erreichbar sein.

Selbstoptimierung

Die Philosophin Ariadne von Schirach beschreibt in Ihrem Buch «Du sollst nicht funktionieren» die Folgen dieses Leistungsdruckes der Selbstoptimierung als fatal:
„Jenseits von Burnout, Einsamkeit und Angst ist doch das Schlimmste an der unablässigen Selbstoptimierung dieser überall bemerkbare Verlust von Lebensfreude. Wir verlernen, uns gehen zu lassen. Die Fähigkeit, Hingabe, Lust und Rausch zu erleben und zu geniessen, kommt uns durch diese dauernde Selbstbeobachtung und -kontrolle abhanden. Doch das ist nicht alles.
Die Philosophie rät seit Jahrtausenden, der Mensch solle sich um seine Seele kümmern. Das bedeutet, eine Beziehung zu seinem Inneren zu haben – zu seinen Gefühlen, Träumen und Werten. Zu seiner eigenen Lebendigkeit. Wenn diese Beziehung verloren geht, verlieren wir auch den Sinn unseres Lebens.
Selbstoptimierung als eine Form von Kontrolle suggeriert nun Sicherheit. Auch angesichts der umfassenden Beschleunigung versuchen wir, an etwas festzuhalten: an unserer Jugend oder an unserer Leistungsfähigkeit.
Zugleich versuchen wir uns immer wieder auf allen möglichen Märkten zu beweisen – vom Dating- bis zum Arbeitsmarkt.
Dadurch wird der Selbstwert zum Marktwert. Dabei vergisst man leicht, dass jeder Mensch, genau so wie jedes Stück Natur und jedes Tier, an sich wertvoll ist. Dieses Wissen müssen wir uns zurückerobern.

Also zurück zur Authentizität?
Da muss man differenzieren: Das Authentische des Menschen ist nicht nur sein Inneres, sondern eben Inneres und Äusseres zusammen. Diese puritanische Haltung, wir müssten uns nur auf das Innere konzentrieren und der verlogenen äusseren Welt abschwören, bringt uns auch nicht weiter.
 Was bringt uns denn weiter? Wäre ein Mittelmass aus Selbstoptimierung und Lebenskunst optimal?
Ich glaube, der entscheidende Gedanke hinter dieser Frage betrifft nicht nur das Mass, sondern auch die Motivation. Es ist sinnvoller, die Energie, die wir in die Optimierung unseres Selbst stecken, dafür zu nutzen, das Bild, das wir abgeben möchten, mit unserer inneren Wirklichkeit in Korrespondenz zu bringen.
In einer Zeit, in der die Welt so sinnlos und brutal wirkt, liegt es an jedem Einzelnen, Widerstand gegen Konkurrenz, Kälte und Gier zu leisten. Das beginnt mit einem nutzlosen Lächeln, das wir dem anderen schenken, anstatt ihn oder sie einfach nur abzuchecken. Es ist an der Zeit, wieder Lieben zu lernen und das Leben zu wagen, anstatt es nur zu verwalten.“
Es ist also sehr gut zu erkennen, dass es nicht so wichtig ist, dass sie eine bessere Version von sich selbst werden. Es ist viel wichtiger, ein anständiger Mensch zu werden.
Es ist völlig in Ordnung, Träume zu haben und unmögliche Ziele zu verfolgen. Aber es lohnt sich auch zu bedenken, dass alles im Leben nur vorübergehend ist. Auch gibt es etwas, was Psychologen die „hedonische Tretmühle“ nennen: Wann immer Sie etwas erreichen, gibt es immer irgendein weiteres Ziel, das Sie erreichen möchten. Das Erreichte wird schnell schal. Und so läuft man immer im Kreis, immer auf der Suche nach dem nächsten Ziel und wird nie glücklich und zufrieden sein. Wenn Sie das einmal erkannt haben, dann ist es an der Zeit zu fragen: Was ist wirklich wertvoll – nicht nur für mich, sondern für möglichst viele Menschen, ob sie mir nahestehend sind oder nicht.
.
Veröffentlicht am 02. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
10. Juli 2024