Der Untergang der Füsse…

Der Entengang steht am Anfang

Als „Entenfüsse“ wird der Aussenrotationsgang oder auch Zehenaussengang deiner Füsse bezeichnet. Deine Zehen zeigen beim Gehen und Stehen nach aussen. Auch wenn das bei kleinen Kindern häufig vorkommt und sie daraus normalerweise herauswachsen, kann sich der Aussenrotationsgang auch ausbilden oder verschlimmern, während man heranwächst.

Hauptkraftlinien im normal oder im aussenrotiert ausgerichteten Fuss.

Dies wird als „Untergang der Füsse“ angesehen, da dabei die Hauptkraftlinie im Fuss über die schwächste Stelle des grossen Balkon des Innengewölbes wegläuft, welches dann beginnt einzusinken. Optimal würde diese Kraftlinie von der Ferse in der Mitte des (parallel stehenden!) Fusses zu den Zehen verlaufen.

Bei dieser geraden Fusshaltung wird der Fuss ideal als eigentliche Längsfeder genutzt, d.h. alle federnden Gewölbe des Fusses (innen, aussen und das vordere) führen dazu, dass der Fuss durch das eigene Körpergewicht in der Standphase des Gehens/Laufens nach unten gedrückt wird und dann vor der Schwungphase durch Lösen dieser Federspannung 70 Prozent der Energie für das Abstossen liefern kann. Bei parallelen Füssen geschieht also das Abstossen entspannt und ohne grossen Energieaufwand.

Senk- und Plattfüsse – auch Spreizfuss…

Dramatischer für unsere Füsse wirkt sich aber aus, dass beim nach aussen gerichteten „Entenfuss“ durch die drastisch vermehrten Kräfte, die auf das Innere Längsgewölbe wirken, dieses langsam kollabiert – und damit der Beginn des Senk- und Plattfusses besiegelt wird.
Zudem bewirkt der immer damit einhergehende Fersengang (Gewicht nur im hinteren Teil des Fusses und Vorfuss nicht belastet) ein Untergang und Einsinken des vorderen Quergewölbes und damit die Entstehung des Spreizfusses mit der Komplikation Hallux valgus und Hammerzehen.
Dies geschieht beim Joggen viel schneller und stärker, da die Kräfte, die dabei die Gewölbe unserer Füsse aushalten müssen bis zum dreifachen Körpergewicht gesteigert sind.

Die Lösung dieses Haltungsproblems liegt nun nicht in den Füssen, sondern in unserer Gesamthaltung, die bewirkt, dass unsere Füsse als Endorgan dann nach aussen gezogen werden. Diese Haltung wiederum wird durch unsere Funktion im Gehen und Laufen bedingt (und auch verändert!). Wir müssen also die Haltung und Funktion unseres ganzen Körpers anschauen.

Welche Haltung/Funktion verursacht diese Aussenrotation?

Wir werden unten sehen, dass eine verspannte und dann auch verkürzte Extensoren- oder Streckermuskelschlinge des Beines den Fuss erst nach aussen zieht!

Extensorenschlinge des Beines
1) Stärkste Aussenrotatoren der Hüfte sind die Gesässmuskeln (v.a. Musculus gluteus maximus und medius)
2) Strecker im Kniegelenk (v.a. M. quadriceps femoris)
3) Unterschenkelstrecker (v.a. M. tibialis anterior >> Shin Splint)

Welche Haltung und welcher Laufstil verspannt nun diese Muskelschlinge?

Geh mal raus und schau Dir all die Jogger*innen an. Dort siehst Du schön, wie ein zu aufrechter Laufstil mit Fersengang und dem Schwerpunkt hinter dem Lot (meist auch Kopf als Ausgleich vorne, also mit leichtem Rundrücken) zu einer allgemeinen Aussenrotation des Beines führt und die Füsse dann nach aussen zeigen.

Was tun?

Zuerst mal: Niemals das „Endorgan“ Fuss gerade stellen wollen! Ist zwar einleuchtend, aber grundfalsch. Die Füsse sollen (vor allem in der Schwungphase) voll entspannt sein können.
Die Veränderung des Laufstils wird dann schlussendlich auch den Fuss wieder mehr nach innen rotieren lassen. Die Fussstellung verbessert sich also passiv, von selbst – bis unsere Füsse dann optimalerweise wieder parallel zueinander sind.

Oben haben wir gesehen, dass die verspannten und verkürzten Strecker und Aussenrotatoren des Beines den Fuss nach aussen ziehen. Wie kann ich diese Muskelschlinge in der Schwungphase des Beines voll entspannen? Wie verändere ich diese zu aufrechte Haltung, die mich (durch die Schwerkraft) eher nach hinten zieht und die ein aktives Heben des Beines in der Schwungphase bewirkt – und damit eine verspannte Streckerschlinge?

Die Antwort kann man in Stichwörtern umschreiben: Gehen/Laufen mit dem Gewicht des (vorne konvexen) Oberkörpers, mit der Schwerkraft also – Ganzfusslaufen (nicht nur Vorfuss allein) – entspanntes Schwingen der Beine aus dem Hüftgelenk heraus: eine Bewegung, die entspannt, beinahe passiv wie ein Pendel, von selbst geschieht – mit völlig entspanntem Quadriceps-, Gluteus- und Unterschenkelstrecker-Muskeln in der Schwungsphase…
Auf meiner Joggingseite habe ich darüber bereits ausführlich geschrieben – und dies beantwortet all unsere Fragen >>>
Auch hier an anderem Ort >>>

Auch Charlie Chaplins Oberkörper ist vorne konkav und neigt nach hinten (Becken ist vor dem Lot) und der Kopf nach vorne…

Gehen, Wandern, Joggen: Bewegung aus Entspannung und von Innen >>>

Bein- und Fussfehlstellungen sind Fehlhaltungen des ganzen Körpers >>>

Folgen einer verspannten Extensorenschlinge des Armes >>>

Photo by Umanoide on Unsplash

Letzte Aktualisierung durch Thomas Walser:
03. Februar 2025

Bein- und Fussfehlstellungen

Fehlstellungen von Beinen und Füssen haben ihren Ursprung in der Haltung des Oberkörpers und in der Weise wie sich die Beine aus dem Rumpf heraus bewegen!

Die leichte Schwerpunktverlagerung beim Gehen nach vorne zeigt dies schön auf:
Wenn unser Brustbein beim Gehen eine leichte Schiebebewegung nach vorne vollführt (1), das Becken dadurch etwas zurückbleibt  (2) und dann die Beine locker hinten nach schwingen (3), können alle Bein- und Fussmuskeln in dieser Schwungphase völlig entspannt bleiben.

Dadurch hängt das Schwungbein durch seine natürlich so angeordneten Strukturen spiralartig und in schön „gerader“ Achse aus der Hüfte. Es pendelt dadurch eigentlich am Psoasmuskel und seinen Faszien („im Filet“) aus dem Bauch.

Auch die Füsse setzen so automatisch parallel zueinander optimal gerade auf und ebenfalls in einer Spiralbewegung (beim entspannten Fuss immer von der Ferse, hinten lateral bis ganz vorne über die Grosszehe – also nie nur auf dem Vorfuss!), was sehr viel zur Stabilität und Federung beiträgt. >>>mehr darüber hier!

Beinachsenfehlstellungen (X-Beine = Genu valgum und O-Beine = Genu varum)

Zur Korrektur ist es absolut wichtig, dass die Gangart ökonomischer wird: Schwerpunktverlagerung, wie oben beschrieben, lockere Aufhängung der Beine in der Schwungphase, parallel und gerade aufsetzende Füsse sind wesentlich.
Absolute Voraussetzung zur Vorbeugung von lateraler oder medialer Arthrose des Kniegelenkes ist die Entlastung der Knie durch die bessere Federung im Hüftgelenk (Becken hinten beim Gehen) und in den Füssen (Der Fuss wird nur als Längsfeder von der Ferse bis ganz nach vorne benützt, falls der Schwerpunkt des Oberkörpers beim Gehen etwas vor dem Lot ist!).

(Bei den O-Beinen (1) wird das innere, mediale Kniegelenk mehr abgenützt, bei den X-Beinen (2) das äussere, laterale.)

Chondropathia Patellae (Jogger’s Knee, Runner’s Knee)

Durch chronische Überlastung kommt es hier zu einer schmerzhaften Reizung des retropatellaren Gelenkknorpels (also auf der Rückseite der Kniescheibe). Es liegt meist ein zu straffe Patellarsehen vor (die Kniescheibe ist eine Verknöcherung in dieser Sehne des M.Quadriceps). Die Ursache davon ist ein Fehlgebrauch der Quads  beim Gehen und Stehen: Die Quads können sich in der Schwungphase der Beinbewegung nicht entspannen, da das Becken zu weit vorne ist und der Körperschwerpunkt zu weit hinten liegt (siehe Abb. unten). So verkürzen die Quadricepsmuskeln mit der Zeit enorm und lassen die Kniescheiben immer straffer und enger am darunter liegenden Knochen reiben! Es können auch embryonal abartige Formen der Kniescheiben vorliegen, welche aber auch unbedingt entspannte, lange Quads benötigen.

Becken hinten und Kopf wie Boje locker drauf ist optimal – Becken vorn und Kopf vorn ergibt viele Fehlhaltungen und Probleme…

Der Rundrücken (Kyphose) hat dieselben Ursachen wie das Runner’s Knee und deshalb sollte beides ganzheitlich angegangen werden! >>>siehe dazu mehr hier!

Zum retropatellaren Schmerzsyndrom siehe auch hier >>>

Fussfehlstellungen sind Fehlhaltungen des ganzen Körpers!

Auch beim Fuss gilt, was ich oben beschrieben habe: Die Haltung und Bewegung unseres ganzen Körpers macht dann erst zum Schluss vielleicht auch noch eine Fussfehlstellung. Der Fuss ist nur das „End-Organ“. Übungen der Füsse und auch Schuheinlagen müssen deshalb immer mit Änderungen der Körperhaltung einhergehen! Aus diesem Grund „macht“ man am besten in der Bewegung nichts Aktives in den Füssen. Die gute Fusshaltung „passiert“ dann passiv zum Schluss einer optimalen, sprich ökonomischen Bewegung! Das entspannte Rausschwingen des Schwungbeines mit lockerer Muskel-Aufhängung des Beines auf allen vier Seiten  (vorne, hinten, aussen und innen) ist die absolute Voraussetzung, dass ein Fuss mit der Zeit wieder in eine bessere Form kommen kann, respektive sich geschwächte Längs- oder Quergewölbe wieder kräftigen und aufrichten können!

Oder anders gesagt:
Ein Fuss der (mit der Spitze) nach aussen zeigt, ist der Beginn eines kollabierenden Fusses!
Dieser Fuss ist eine Notmassnahme des menschlichen Körpers gegen ein Nach-Hinten-Fallen (zusammen mit dem Spannen der vorderen „Zuggurten“, also der oberflächlichen Bauchmuskeln (>>>ergibt – zusammen mit dem Nach-vorne-Kommen der Halswirbelsäule und des Kopfes – eine vordere Verkürzung und Kollabieren im Oberkörper und der Quadricepsmuskeln (>>>siehe Chondropathia Patellae).
Der nach aussen gerichtete Fuss hat auch immer eine gespannte (und verkürzte) äussere (Hüften, Fascia Lata) und hintere (Pomuskeln) Aufhängung des Beines.

 Plattfuss (Pes planus) – Senkfuss – Knickfuss – Hohlfuss

Die Längsgewölbe sind beim Plattfuss auch in der Ruhestellung der Füsse zum Boden hin durchgedrückt. Eine weniger ausgeprägte Form davon ist der Senkfuss, bei dem dies nur bei Belastung geschieht. Der Knickfuss (Pes valgus) geht oft mit dem Senk- oder Plattfuss einher. Dort ist der innere Fussrand platt, aber der seitliche Fussrand angehoben. Der Knickfuss ist übrigens im Kleinkindesalter bis etwa 10jährig völlig normal und behebt sich später meist von selbst.

Als Therapie muss die Gangart so verändert werden, dass der ganze Fuss von Ferse bis zu den Zehen wieder federartig gegen den Boden gespannt werden kann >>> siehe unter anderem hier: www.dr-walser.ch/laufen/

Dasselbe kann man auch über den Hohlfuss (hoher, starrer Rist) sagen!

Spreizfuss (Hallux valgus, Hammerzehen, Krallenzehen)

Ein Spreizfuss mit seinem eingefallenen vorderen Quergewölbe entsteht meist durch Nicht-Gebrauch des Vorfusses, d.h. durch ausgeprägten Fersengang bei zu weit hinten liegendem Körperschwerpunkt beim Gehen (siehe oben). Dies muss auf jeden Fall auch korrigiert werden. Einlagen allein führen hier zu einer weiteren und endgültigen Schwächung des vorderen Quergewölbes mit dem Resultat, dass zuletzt schmerzfreies Barfussgehen unmöglich wird!
Dieses optimale, entspannte Gehen ist nicht das „Vorfussgehen“ nur auf den Fussballen, sondern immer (auch bergauf z.B.) ein „Ganzfussgehen“. Ein voll entspannter Fuss setzt immer zuerst mit der Ferse auf – das Hauptgewicht erfolgt dann aber im Mittel- und Vorfuss.

Zur Unterstützung der meist fast verschwunden Muskeln im Vorfuss kann auch folgende Übung regelmässig, am besten mehrmals täglich gemacht werden:

Lumbricales-Muskelübung:
Man stellt den Fuss im Sitzen locker, flach auf den Boden auf, tastet die vorderen Köpfchen der Mittelfussknöchelchen von oben (violett abgebildet).

Man hebt diese Knochenköpfchen dann so an, dass das Quergewölbe etwas schmaler wird. Mit der Hand kann man diese Art Bewegung der Lumbricalesmuskeln gut vormachen.

Man zieht dabei nicht die Zehen an, sondern hebt nur das Quergewölbe, was zu Beginn sehr schwer fällt, da unser Hirn die Verbindungen zu diesen kleinen Wurmähnlichen Muskeln etwas verloren hat!
Übung mehrmals wiederholen – und auch mehrmals täglich bei jeder Gelegenheit (auf der Toilette, beim Warten,…). Man klebt sich am besten an mehreren Orten daheim und am Arbeitsort rote kleine Punkte hin. Wenn man dann einen solchen sieht, beginnt man die Übung…

Hier auch mein Blogbeitrag zum Untergang unseres Fusses >>>

Veröffentlicht am 17. Juni 2017 von Dr. med. Thomas Walser
Letzte Aktualisierung:
10. Dezember 2022